Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

11718 Zentrum Mikroelektronik Dresden

Datierung1959 - 1995
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)65,50
Firmengeschichte

Die offizielle Gründung der Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AME) fand am 1. August 1961 statt. Bereits 1960 erhielt Prof. Hartmann, zu diesem Zeitpunkt noch Werkdirektor des VEB Vakutronik Dresden, den Auftrag ein Institut für die Entwicklung von Festkörperschaltkreisen und anderen Erzeugnissen der Mikroelektronik aufzubauen und zu leiten. Die Arbeitsstelle nahm am 1. Oktober 1961 ihre Tätigkeit auf. Neben Prof. Hartmann waren dort noch sieben weitere Mitarbeiter beschäftigt. Die Jahre von 1961 bis 1965 waren vor allem durch die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten geprägt. Wahrscheinlich konnte die AME die ihr zugedachten Aufgaben erst ab Mitte 1965 umsetzen. Prof. Hartmann skizzierte die Entwicklung der ersten 10 Jahre in einem Brief an den Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Dr. Weiz, vom 28. Oktober 1971. "Infolge der komplizierten Situation war es nicht vor dem 1. März 1963 möglich, geeignete Räume teilweise zu beziehen: das Haus 137 im Industriegebiet Klotzsche. Ende 1963 konnten die in diesem Gebäude tätigen Betriebe und Institutionen verlagert werden, und im September 1965 wurde der größere Teil der Laboratorien, [...], in Betrieb genommen [...]. Der letzte Abschnitt: Aufbau der ersten weitgehend staubarmen Räume in der Halbleiterindustrie der DDR wurde im März 1966 erfolgreich abgeschlossen."

Zu diesem Zeitpunkt wurde der erste mit Hilfe provisorischer Anlagen hergestellte pn-Übergang gemessen. Im April 1967 waren die ersten in der AMD entworfenen und hergestellten integrierten Transistoren soweit entwickelt, dass die Messergebnisse gut ausfielen. Ein Jahr später bestätigten Untersuchungen am ersten Festkörperschaltkreis der Transistor-Transistor-Logik die Richtigkeit der topologischen, strukturellen und technologischen Ausgangsparameter. Die Herstellung der ersten Festkörperschaltkreise erfolgte im April 1971 in der Versuchsfertigung. Wichtige Investitionsvorhaben waren 1968-1969 der Bau der Versuchsfertigung und 1970-1971 die Errichtung eines Rechenzentrums. Bis 1971 wuchs die Belegschaft auf über 900 Mitarbeiter. Aus Anlass des 10jährigen Bestehens wurden eine Festveranstaltung im Dresdner Hygiene-Museum sowie ein dreitägiges wissenschaftliches Kolloquium im Dresdner Rathaus durchgeführt.
Bis 1974 war Prof. Hartmann Direktor der AMD. Nach dessen Ausscheiden übernahm Dr. Kempe als amtierender Leiter die Aufgaben des Direktors. Vom 01. Juli 1976 bis zum 31. Dezember 1978 und vom 01. Januar 1979 bis zum 31. März 1980 leiteten Prof. Dr. Ing. Albrecht sowie Prof. Dr. Merkel die Arbeitsstelle.

Zeitweise gab es eine Abbaukonzeption für die Dresdner Mikroelektronik. Jeder Fortschritt musste gegen die schwierigen politischen und wirtschaftlichen DDR-Verhältnisse errungen werden. Dies belegt schon die verhältnismäßig lange Aufbauphase.
Letzter Höhepunkt war schließlich 1988 der Megabit-Chip aus Dresden, der als Erzeugnis von Carl Zeiss Jena vorgestellt wurde und für Aufsehen und Schlagzeilen sorgte.

Die wichtigsten in der AME/AMD entwickelten und gefertigten Geräte und Anlagen waren:

• Mehrzonenrohrofen
• Schichtdickenmeßgerät
• Ionenratemesser
• Orientierungsmeßplatz für Schneideinrichtungen
• Glow-Probenmeßplatz
• MOS-Meßplatz
• Temperaturregelanlagen und Temperaturprofilmeßgerät
• Stromkonstanthalter für die Galvanik
• Diffusionsanlagen
• Temperaanlagen
• Vierspritzen-Meßplatz
• Hallmeßplatz
• Kennlinienmeßgerät
• Kontaktmeßgerät
• Temperaturabhängiger Lebensdauermeßplatz
• Justier- und Belichtungseinrichtung
• Trockenofen
• Beschickungs- und Arbeitsboxen
• Transport- und Aufbewahrungsgefäß
• clean-room mit Zubehör
• Drahtkontaktiereinrichtung
• automatischer x-y-Tisch
• Epitaxieranlage
• Geldannahmestelle- und Wasserreinigungsanlage
• Impulsgeber für Magnetschwinger
• HV-Bedampfungsanlage
• HV-Pumpstände
• Vorvakuumanlage
• Steuergerät zur EB-Anlage
• Plasteabkantmaschine

Am 01. April 1980 wurde der VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden durch den Zusammenschluss der Betriebe VEB Elektromat Dresden und der Arbeitsstelle bzw. des Instituts für Mikroelektronik Dresden gebildet. Der Betrieb gehörte zum VEB Kombinat Mikroelektronik Erfurt, das am 01. Januar 1978 gegründet wurde.

Die Grundsteinlegung für die Zentrale Verfahrensentwicklung (ZVE) fand 1981 statt. Die ZVE 1 und 2 konnten 1984 und die ZVE 3 1989 in Betrieb genommen werden. Die ZVE war ein Forschungs- und Entwicklungskomplex, der nahtlos in die Produktion überging.

Zum 01. Januar 1987 erfolgte die Aufspaltung des VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden in das VEB Forschungszentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) und dem VEB Elektromat Dresden. Das ZMD war dem Kombinat Carl Zeiss Jena zugeordnet. Betriebsdirektor des ZMD war Prof. Dr. Gottschling.

Im Juli 1990 wurde das Zentrum Mikroelektronik Dresden gemäß Treuhandgesetz in die Zentrum Mikroelektronik Dresden GmbH umgewandelt, welche ab dem 01. Juli 1991 als Mikroelektronik und Technologie GmbH Dresden firmierte und am 01. September 1992 in Liquidation ging.

Quellen:
11718 Zentrum Mikroelektronik Dresden Nr. 334, 404, 778, 779, 812
Jörg Marschner: "Es begann in einer Baracke. Werner Hartmann begründete in Dresden die Mikroelektronik."; In: Sächsische Zeitung vom 14./15.04.2007
Wolfgang Fahland: "Das leichte Schwergewicht. Über die frühe Geschichte der Dresdner Mikroelektronik bis 1990"; In: Sächsische Zeitung vom 16.03.2006



Prof. Dr.-Ing. Werner Hartmann (1912 - 1988), Pionier der Mikroelektronik in Dresden

Werner Hartmann wurde am 30. Januar 1912 in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Oberrealschule studierte er von 1930 bis 1935 technische Physik an der TH Berlin-Charlottenburg. Bereits seine Diplomarbeit und seine Dissertation unter Prof. Schottky und seine spätere Tätigkeit unter Nobelpreisträger Prof. Hertz brachten ihm die Probleme der Halbleiterphysik nahe. Der promovierte Physiker war bei Siemens und der Fernseh-GmbH tätig gewesen und musste nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wie andere prominente deutsche Wissenschaftler in der Sowjetunion arbeiten. Er selbst soll die Internierung als Beitrag zur Wiedergutmachung für deutsche Schuld betrachtet haben. Nach der zehnjährigen Tätigkeit in der Sowjetunion baute er 1955 den damaligen VEB Vakutronik, einen Betrieb für Kernstrahlungsmesstechnik, auf, dessen Werk- und Hauptentwicklungsleiter er bis 1961 war. 1956 erfolgte nach seiner Habilitation die Berufung zum Professor mit vollem Lehrauftrag an die damalige Fakultät für Kerntechnik der Technischen Hochschule Dresden.

Prof. Hartmann war 1958 mit der Leitung und dem Aufbau der Abteilung Kernstrahlungsmesstechnik an der TH Dresden befasst. Er erkannte schon damals, als es den Begriff "Mikroelektronik" noch gar nicht gab, den großen technischen und zivilisatorischen Fortschritt, der mit dieser Technologie einsetzte. "Die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet ist von überragender volkswirtschaftlicher Bedeutung" konstatierte Hartmann 1961, anlässlich der Gründung der Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AME). Damit gehört Prof. Hartmann im europäischen Maßstab zu den Pionieren der Mikroelektronik. Bereits 1960 beauftragte man ihn, ein Institut für die Entwicklung von Festkörperschaltkreisen und anderen Erzeugnissen der Mikroelektronik aufzubauen und zu leiten.

Die AMD entwickelte sich unter Prof. Hartmanns Leitung zu einem Industrieinstitut mit hohem wissenschaftlichen Niveau. Die AMD hat dabei bemerkenswerte Erfolge erzielt und wesentliche Grundlagen für die DDR-Mikroelektronik geschaffen. Er entwickelte mit seinen Mitarbeitern den kompletten Waferprozeß für bipolare Schaltkreise und präsentierte 1968 die ersten in der DDR gefertigten Chips: ein Einfach-NAND-Gatter und ein Doppel-NAND-Gatter. Dann wurde eine MOS-Technologie entwickelt, mit der 1973 ein japanischer Taschenrechner-Chip nachgebaut wurde. Durch diese Leistungen sah sich die Regierung der DDR veranlasst, ihn 1970 zum zweiten Male mit dem Nationalpreis II. Klasse zu ehren.

Neben seiner Industrie- und Hochschultätigkeit fand er auch noch Zeit zu einer großen Zahl von Veröffentlichungen, zu reger Vortragstätigkeit und zur Mitarbeit in verschiedenen wissenschaftlichen Gremien. Er war ein international bekannter Fachmann und genoss bei seinen Mitarbeitern wegen seiner fachlichen Kompetenz, seiner Geradheit und seinem Sinn für das Wesentliche Hochachtung. So schätzten die Mitarbeiter an ihm seinen beispielhaften Ordnungssinn verbunden mit hoher Disziplin und Korrektheit, seinen klaren Stil, sowohl in der wissenschaftlichen Arbeit als auch in der Leitungstätigkeit.

Dank seiner Souveränität und seiner fachlichen Integrität konnte Hartmann lange als Parteiloser an der Spitze der AMD stehen. Drei Jahre vor seinem 65. Geburtstag, 1974, wurde er seines Amtes enthoben und damit seiner Wirkungsmöglichkeiten beraubt.
Werner Hartmann ist, von der Öffentlichkeit fast völlig vergessen, am 08. März 1988 in Dresden gestorben.

Sein wissenschaftlicher Nachlass wurde 1997 an die Technischen Sammlungen der Stadt Dresden übergeben.

Wissenschaftlern wie Werner Hartmann ist es mit zu verdanken, dass sich der Dresdner Norden gegenwärtig zu dem deutschen Standort für Mikroelektronik mausert. Am Anfang aller Mikroelektronik in Dresden stand die von ihm gegründete Arbeitsstelle für Molekularelektronik, aus der sich das Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) entwickelte. Mit der Wiedervereinigung blieb Dresden eine erste Adresse für neue Investitionen im Bereich der Mikroelektronik, weil die auf Hartmann zurückreichenden Grundlagen, vor allem das Potential an hervorragenden Fachleuten, einen wesentlichen Standortvorteil bilden. Die geradezu stürmische Fortentwicklung der Mikroelektronik in unseren Tagen ist in Dresden nicht denkbar ohne seinen Begründer.

Quellen:
Jörg Marschner: "Es begann in einer Baracke. Werner Hartmann begründete in Dresden die Mikroelektronik."; In: Sächsische Zeitung vom 14./15.04.2007
Wolfgang Fahland: "Das leichte Schwergewicht. Über die frühe Geschichte der Dresdner Mikroelektronik bis 1990"; In: Sächsische Zeitung vom 16.03.2006
Aufbau der Arbeitsstelle für Molekularelektronik.- Investitionen.- Erzeugnisentwicklung.- Leitungssitzungsprotokolle.- Reiseberichte.- Plan Wissenschaft und Technik.- Patente.- Veröffentlichungen.- Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit.- Arbeitsgemeinschaften.- Standardisierung.- Sozialistischer Wettbewerb.- Innerbetrieblicher Schriftwechsel.- Ausbildung und Weiterbildung.- Neuererwesen.- Strukturpläne und Stellenpläne.- Betriebsparteiorganisation.- Organisationsanweisungen.- Internationale Zusammenarbeit.- Betriebszeitung.
1961 wurde die Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AMD) gegründet. Die Aufbauphase dauerte mehr als ein Jahrzehnt. Wichtige Investitionen waren von 1968 bis 1969 der Bau der Versuchsfertigung und von 1970 bis 1971 die Errichtung eines Rechenzentrums. Das Institut entwickelte Festkörperschaltkreise und andere mikroelektronische Erzeugnisse. AMD präsentierte 1968 die ersten in der DDR produzierten Chips. Im April 1971 erfolgte die Herstellung des ersten Festkörperschaltkreises in der Versuchsfertigung. Letzter Höhepunkt war 1988 der Megabit-Chip aus Dresden, der als Erzeugnis von Carl Zeiss Jena vorgestellt wurde. 1976 wurde AMD in Institut für Mikroelektronik Dresden (IMD) umbenannt. Das Institut schloss sich 1980 mit dem VEB Elektromat Dresden zum Zentrum für Forschung, Technologie und Mikroelektronik Dresden zusammen. Später hieß der Betrieb nur noch Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) und wandelte sich 1990 in eine GmbH um. Seit 1992 trägt die Firma die Bezeichnung Mikroelektronik und Technologie GmbH, Dresden.
  • 2000 | Findbuch
  • 2024-10-29 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang