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Beständeübersicht

Bestand

20860 Grohmann & Frosch, Eisenhochbau, Leipzig

Datierung1889 - 1950
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)5,33

Bestand enthält auch 2 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Geschichte der Fa. Grohmann & Frosch

Bereits 1871 nahm die metallverarbeitende Industrie Leipzigs den zweiten Platz aller Produktionszweige ein. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Leipzig viele neue Betriebe gegründet und ihr Standort verlagerte sich in die Vororte der Stadt. Vor allem der Leipziger Westen wurde ein Industriezentrum. Gleichzeitig mit der Ansiedlung von neuen Betrieben wurde das Gebiet auch infrastrukturell weiter erschlossen, so durch die Erweiterung des Eisenbahnnetzes und den Straßenbau.

Am 18. Dezember 1888 schlossen Wilhelm Frosch und der Kaufmann Rudolph Grohmann einen Gesellschaftsvertrag auf zehn Jahre ab. Den Hauptteil des Gründungskapitals steuerte der Kaufmann Grohmann bei, der auch die Leitung und Verwaltung der neu gegründeten Firma "Verzinkerei-Wellblech-Walzwerk-Fabrik eiserner Baukonstruktionen Grohmann & Frosch (Leipzig-Plagwitz)" übernahm. Wilhelm Frosch wurde die technische Leitung übertragen. In verschiedenen Werkstätten in Berlin, Nordhausen, Mühlhausen und in seiner Heimatstadt Halle/Sa. sammelte Herr Frosch praktische Erfahrungen und besuchte von 1883 bis 1885 die Technische Lehranstalt in Chemnitz. Von dort wurde er nach Leipzig vermittelt und arbeitete in der Firma C. F. Weithas und Nachfolger in Leipzig-Lindenau als Assistent des Direktors, später wurde er mit der Gesamtleitung der Fabrik beauftragt. In dieser Firma wurden Eisenkonstruktionen und Wellbleche gefertigt. Wilhelm Frosch verfügte damit über langjährige praktische Erfahrungen und theoretisches Wissen, um die neugegründete Firma leiten zu können.

Das Baugelände für die Fabrik von 3000 m2 wurde von der Leipziger Westend-Baugesellschaft erworben und befand sich in Plagwitz, in der Weißenfelser Straße. Mit 23 Beschäftigten, Arbeitern, Verzinkern, Schmieden und Schlossern und einem Angestellten begann 1889 die Produktion. In der Firma wurden Dachkonstruktionen, Wellbleche, Konstruktionen für Brücken und den Bergbau nach den gewünschten Maßen entworfen und gefertigt und je nach Bedarf verzinkt. Das Unternehmen war schon bald recht erfolgreich und beträchtliche Gewinne wurden erzielt, so daß dem aus Altersgründen 1897 ausgeschiedenen Kaufmann Grohmann sein Gesellschafteranteil ausgezahlt werden konnte. Für neue Fabrikgebäude und für den Bau eines neuen Verwaltungshauses waren auch die notwendigen Mittel vorhanden. Das Unternehmen war so gefestigt und mit Hilfe des Bankhauses Becker & Co genügend gesichert, daß es von Wilhelm Frosch als Alleininhaber weitergeführt werden konnte. [01] 1898 wurde durch die Firma ein Jahresumsatz von l Million Reichsmark erzielt.

Über die Lage der Arbeiter und Angestellten in der Firma ist wenig bekannt, sie wird sich jedoch kaum von der in anderen Betrieben Leipzigs unterschieden haben. Die Arbeit selbst war schwer, zum Teil mußten die Konstruktionen und Träger der Dächer und Brücken im Freien montiert werden. Erst im 20. Jahrhundert wurden neue große Konstruktionshallen gebaut.

1906 erwarb Wilhelm Frosch die Verzinkerei von Wilhelm Wille in Leipzig-Lindenau. Dort wurde eine Stahlbauanstalt errichtet, die nach dem neuesten technischen Standard ausgestattet wurde. Zum 25jährigen Bestehen, kurz vor dem ersten Weltkrieg, hatte sich der Betrieb wie folgt entwickelt: [02]


1889
1914
Arbeiter
22
620
Angestellte
l
75
Produktion
4500 Tonnen
19000 Tonnen
Grund und Boden
3000 m2
38000 m2
Umsatz
12 2000 RM
5 000 000 RM


	

Im Jahre 1914 erzielte das Unternehmen einen Reingewinn von rund 250.000.- RM. Damit gehörte diese Firma mit ihren zwei Werken zu den größeren in Leipzig. Der 1914 beginnende I. Weltkrieg brachte für den Betrieb eine gute Auftragslage, aber auch Arbeitskräftemangel. [03] Frauen und Jugendliche mußten während dieser Zeit die zum Teil sehr schweren Arbeiten ausführen. Am 1. Januar 1920 wurde die Stahlbauanstalt herausgelöst. Es existierten zwei Firmen:
1. Verzinkerei und Wellblechwalzwerk Leipzig-Plagwitz
2. Stahlbauanstalt Eisenhochbau Leipzig-Lindenau.
Im Zusammenhang mit der Trennung in zwei Firmen wurden die Familienmitglieder Kommanditisten und Gesellschafter. Die größten Anteile und die Geschäftsleitung blieb weiterhin in der Hand von Wilhelm Frosch, der insbesondere für die Stahlbauanstalt viele Jahre der Alleininhaber war. Auf Grund des Produktionsprofils waren die Firmen Grohmann & Frosch eng verflochten. Viele Aufträge wurden gemeinsam ausgeführt, so waren ein Teil der in der Stahlbauanstalt gefertigten Erzeugnisse für die Verzinkung im Plagwitzer Werk vorgesehen. Es gab auch nur eine Kasse und Buchhaltung.

In den Jahren 1924 bis 1928 wurden die Werksanlagen in beiden Werken erweitert bzw. umgebaut. Die Weltwirtschaftskrise 1929 hatte Auswirkungen auf die Firmen Grohmann & Frosch. Nur den geringeren Teil seines Arbeiterstammes konnte Wilhelm Frosch weiterbeschäftigen. Anfang der 30er Jahre besserte sich die Auftragslage, das Produktionsprofil wurde allmählich auf die Rüstung umgestellt, zum Beispiel wurden jetzt Stahlkonstruktionen für Flugzeughallen und Rüstungsbetriebe hergestellt, später U-Bootteile, Benzintanks, Munitionskästen u.a. Kennzeichnend für die Werke war, daß nicht nur Erzeugnisse gefertigt, sondern diese zum Teil selbst entwickelt wurden.

1939 waren in den beiden Firmen Grohmann & Frosch ca. 1000 Arbeiter und Angestellte, wovon der überwiegende Teil im Werk Lindenau tätig war, beschäftigt.
Während des Zweiten Weltkrieges waren im Werk der Stahlbauanstalt Eisenhochbau Leipzig-Lindenau russische, französische, italienische und slowakische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter beschäftigt.

Nach dem Tod von Wilhelm Frosch am 23. Juni 1943 wurde W. Hochstetter, ein angeheirateter Enkel, persönlich haftender Gesellschafter der Firma Stahlbauanstalt Eisenhochbau Leipzig-Lindenau und zugleich Direktor. Frau Clara Frosch, die Witwe des ehemaligen Firmeninhabers, und die Tochter Elsa Dickhäuser sowie deren Mann übernahmen als Inhaber bzw. Gesellschafter die Firma Verzinkerei und Wellblechwalzwerk GmbH Leipzig-Plagwitz.

Im November 1945 wurde im Lindenauer Betrieb die alte Geschäftsleitung abgelöst und durch Betriebsangehörige ersetzt. Als Bevollmächtigter für das Werk Plagwitz wurde im März 1946 Rommel, ein Neffe von Clara Frosch, eingesetzt. Treuhänder waren hier Batereau, später Rossbacher. Infolge geringer Kriegsschäden konnte in diesem Werk schon bald mit der Produktion begonnen werden. Die Eigentumsfrage wurde nicht sofort zuungunsten der Familie Frosch entschieden. Es gab längere Auseinandersetzungen mit den Firmeninhabern bzw. deren Vertretern. [04]

Der Betrieb in Lindenau (Spinnereistr.) wurde zum 1.1.1947 enteignet. [05] Die endgültige Enteignung des Betriebes in Plagwitz (Weißenfelser Str.) erfolgte zum 1. Juli 1948. [06] Zwischen beiden Firmen bestanden auch nach 1945 enge wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Verflechtungen. Beide Betriebe wurden ab 1.7.1948 zusammengeschlossen und unterstanden der WB ABUS, Sitz Halle. [07]

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Die erste Übernahme von Akten erfolgte 1985 mit einer Verzeichnungskartei. Die Akten wurden bereits im Verwaltungsarchiv des damaligen VEB Schwermaschinenbau S. M. Kirow Leipzig erschlossen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch viele Akten und Fotos im Betriebsarchiv und bei der SED-Parteileitung, die den Auftrag hatte, eine Betriebsgeschichte zu schreiben. In den Jahren 1988 bis 1990 erfolgten Aktenübernahmen vorwiegend aus der Zeit nach 1945. Es waren darunter auch Dokumente des Bestandes "Grohmann & Frosch, Eisenhochbau Leipzig", die von dem übrigen Archivgut getrennt wurden. Während der Erschließung stellte sich heraus, daß es, wie in der Geschichte des Registraturbildners dargestellt, seit 1920 zwei Firmen gab. Da jedoch zwischen beiden Betrieben eine starke funktionale, organisatorische und registraturmäßige Kontinuität bestanden hat, wurde nach § 47 der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze ein zusammengefaßter Bestand gebildet.

Nach der Erschließung wurde das Findhilfsmittel redaktionell überarbeitet und nach dem Ordnungsmodell für die Bestände kapitalistischer Industriebetriebe strukturiert. Eine Bewertung und Kassation der Akten erfolgte nur unter dem Gesichtspunkt, Mehrfachüberlieferungen auszuschließen.

1994 erfolgte eine weitere Bearbeitung des Bestandes. Auf Grund der festgestellten Änderung der Eigentumsform 1948 fiel die Entscheidung, den Bestand "Grohmann & Frosch, Eisenhochbau, Leipzig" einheitlich bis zum 1.7.1948 zu führen. Die Akten ab 1945, die bis dahin als Teilbestand bei "VEB Schwermaschinenbau S. M. Kirow" lagerten, wurden herausgelöst, umsigniert und als Nachtrag dem Bestand "Grohmann & Frosch" angegliedert. Der Nachfolgebetrieb, VEB Leipziger Stahlbau und Verzinkerei, bildet ab 1948 einen Teilbestand im Bestand 20818 VEB Schwermaschinenbau S. M. Kirow.

Überlieferungsschwerpunkte

Die Überlieferungsdichte des Bestandes ist sehr unterschiedlich. Gut überliefert sind Lohn- und Gehaltsunterlagen und die Grundstücks- und Baudokumentation. Der zeitliche Umfang der Akten erstreckt sich über einen Zeitraum von 1889 bis 1950, mit einer Ausnahme bis 1963. Aus der Zeit der Gründung der Firma und den ersten Jahren sind nur einige Akten überliefert. Der Schwerpunkt der Überlieferung liegt in den 30er und 40er Jahren.
Leitungsakten der Firma vor 1930 fehlen. Zur Rechtsstellung des Unternehmens sind mit dem Gesellschaftervertrag von 1943 und der Enteignungsurkunde vom 1. Juli 1948 wichtige Quellen vorhanden. Daneben gibt es Dokumente, auch Fotos, die aussagekräftig für die Betriebsgeschichte sind.

Eine relativ geschlossene Reihe von Lohn- und Gehaltsunterlagen von 1895 bis 1945 und der Gehälter der Angestellten des Werkes Lindenau von 1912 bis 1943 lassen Untersuchungen zur sozialen Lage der Arbeiter und Angestellten zu. Weiterhin gut überliefert ist Archivgut, das über die Beschäftigung von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern während des II. Weltkrieges Auskunft gibt. Die genaue Auflistung der Personalien der Gefangenen ist evtl. bei Nachforschungen für die Rente o. ä. nützlich.

Anhand der Akten, die den Gliederungspunkten Produktion, Absatz und Werbung zugeordnet wurden, z. B. Bestellungen und Aufträge, läßt sich belegen, daß sich die Firmen jeweils zu Kriegszeiten auf die Rüstungsproduktion umstellten. Die Akte mit den Jahresumsätzen von 1889 bis 1963 ist erwähnenswert [08] , gibt sie doch einen Überblick über die ökonomische Entwicklung der Firmen.

Zur Forschung und Entwicklung sind keine Dokumente überliefert. Patentunterlagen geben Auskunft über die schöpferische Arbeit der technischen Angestellten der Firmen, die Erzeugnisse und Verfahren selbst entwickelten. Zum Beispiel erhielten die Firmen die Patente für Vertikal-Fahrradständer und für das Verfahren für das Schweißen im Stahlbau.

Akten mit dem Überlieferungsschwerpunkt nach 1945 bzw. nach 1948 wurden dem Bestand "VEB Schwermaschinenbau S. M. Kirow Leipzig" zugeordnet. Hier finden sich Quellen und Kopien von Dokumenten der Firmen Grohmann & Frosch. Insbesondere unter dem Gliederungspunkt zur Betriebsgeschichte lassen sich Informationen zur Entwicklung des Betriebes vor 1945 finden. Da die Überlieferung insgesamt fragmentarisch ist, bleiben die Auswertungsmöglichkeiten des Bestandes begrenzt.


M. Külow

Januar 1994



[01] 50 Jahre Grohmann & Frosch und Eisenhochbau Grohmann & Frosch Leipzig. Festschrift, Leipzig 1939, S. 32.
[02] Ebenda, S. 50.
[03] Ebenda, S. 53.
[04] StAL,Grohmann & Frosch, Nr. 252.
[05] StAL, Grohmann & Frosch, Nr. 236.
[06] StAL, Grohmann & Frosch, Nr. 232, 235.
[07] StAL, Kirow, Nr. 295.
[08] StAL,Grohmann & Frosch, Nr. 115.

Grohmann & Frosch, Eisenhochbau Leipzig: Erinnerungsschrift 50 Jahre 1889 - 1939 Grohmann & Frosch und Eisenhochbau Grohmann & Frosch Leipzig. (L)
Leitung.- Personalunterlagen, auch von Fremdarbeitern und Zwangsarbeitern.- Finanzen.- Grundstückangelegenheiten.- Produktion.- Absatz.
Mit Gesellschaftervertrag vom 18. Dezember 1888 wurde durch Wilhelm Frosch und Rudolph Grohmann die Firma Leipziger Verzinkerei, Wellblechwalzwerk, Fabrik eiserner Bauconstruction, Grohmann & Frosch, Plagwitz, ab 1890 nur noch Grohmann & Frosch, gegründet. Der Betrieb produzierte Dachkonstruktionen, Wellbleche und Konstruktionen für Brücken und den Bergbau. Der Betrieb gliederte sich in eine Verzinkerei und Wellblechwerk in Leipzig-Plagwitz und eine Stahlbauanstalt in Leipzig-Lindenau. Letztere wurde 1920 unter der Firma Eisenhochbau Grohmann & Frosch ein juristisch selbständiges Unternehmen. In den 1930er Jahren stellten beide Betriebe ihr Produktionsprofil auf U-Boot-Teile, Benzintanks und Munitionskisten um. Die Betriebe wurden nach 1945 fortgeführt und 1947/48 auf der Grundlage des Volksentscheides vom 30.Juni 1946 enteignet. Sie hießen zunächst Grohmann & Frosch Volkseigene Betriebe Sachsens und Eisenhochbau Grohmann & Frosch, Volkseigene Betriebe Sachsens und unterstanden der Industrieverwaltung Maschinenbau. 1948 gingen sie als Zweigbetriebe in die ABUS - VVB für die Ausrüstung von Bergbau und Schwerindustrie, Halle/S., ein.
Es handelt sich um einen zusammengefassten Bestand mit den Provenienzen Grohmann & Frosch und Eisenhochbau Grohmann & Frosch.
  • | Ohne Findmittel 0,04 lfm
  • 1991 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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