Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

21062 Großbuchbinderei E. A. Enders, Leipzig

Datierung1873 - 1979
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,50

Bestand enthält auch 2 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Vorbemerkung

Das vorliegende Findbuch ist das Ergebnis einer 2008 erfolgten Retrokonversion des bereits zu diesem Bestand vorhandenen maschinenschriftlichen Findbuches aus dem Jahr 1991. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die maschinenschriftlich vorliegenden Angaben mit nur geringfügigen inhaltlichen Veränderungen in die digitale Form überführt. Eine – fachlich wünschenswerte – Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.

Geschichte der Großbuchbinderei E. A. Enders

Die Entwicklung der Großbuchbinderei E. A. Enders, Leipzig, ist eng mit der Bedeutung Leipzigs als Zentrum der graphischen Industrie in Deutschland im betreffenden Zeitraum verknüpft. Die Buchproduktion, die Schriftgießereien, Druckereibetriebe und graphischen Anstalten der Messestadt nahmen an einem enormen Aufschwung teil. Die Ausweitung der Produktion auf allen genannten Gebieten war die logische Folge dieser günstigen Entwicklung. Die Buchbinderei war dabei der jüngste Industriezweig. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann sein Aufschwung. In kürzester Zeit erfolgte der Aufstieg von kleinen, rein handwerklichen Anfängen zu maschinellen Großbetrieben.
Als beispielhaft für diese Entwicklung ist die Geschichte der Großbuchbinderei E. A. Enders, Leipzig, zu sehen. Ihr Begründer war Emil Alexander Enders. Er wurde am 23. Oktober 1827 in Leipzig als Sohn des Ökonomen Karl Traugott Enders geboren. Im Jahre 1846 schloss er eine fünfjährige Lehre als Buchbinder ab. Nach der Zeit der Wanderschaft und einer weiteren Ausbildung eröffnete er Anfang September 1859 eine kleine Werkstatt in der Leipziger Querstraße 5. Im Dezember 1859 erhielt er seinen Meistertitel, erwarb das Bürgerrecht und trat in die Kommunalgarde ein. In den ersten Jahren erzielte er mit seinem Betrieb nur geringe Umsätze. Erst die Geschäftsverbindungen mit der Kommissionsbuchhandlung Franz Wagner, Leipzig, und mit Dr. Max Abraham (später Edition Peters), für welche er die Buchbindereiarbeiten des "Bureau de Musique" übernahm, ermöglichten es ihm, einige Gesellen einzustellen. Ein weiterer wichtiger Geschäftspartner war Staakmann (Musikbarsortiment). Der Betrieb vergrößerte sich, zog in die Rossstrasse und war daneben auch in der Talstraße ansässig. Hier begann die Entwicklung zum Großbetrieb.
Am 19. November 1888 verstarb der Firmengründer Emil Alexander Enders. Seine Witwe vertraute die Geschäfte dem gemeinsamen Sohn Max Enders an, der zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt war.
Seine Ära war durch eine bedeutende Erweiterung des Betriebes gekennzeichnet. Stellte die Buchbinderei bisher hauptsächlich Broschüren und Musikalieneinbände her, so schuf Max Enders fünf Abteilungen für verschiedene Sparten (Notenabteilung, Abteilung für Verlagszwecke und Industrie, Zeitungs-, Preislisten- und Prospektabteilung, Abteilung für Sammelmappenfabrikation und Abteilung für handgearbeitete Bände). Erstmals kam es zu einem großflächigen Einsatz von Maschinen in der Produktion. Ein Fabrikgebäude wurde in der Salomonstraße 10 errichtet, in dem 75 Personen an 40 Maschinen arbeiteten. Später baute man in der Inselstraße 3-9 weitere Arbeits- und Lagerräume. Einen umfangreichen Nebenbetrieb richtete man 1920 in der Karlstraße 37-41 in München ein.
Im Jahre 1913 wurde Max Enders zum königlich-sächsischen Kommerzienrat ernannt. Der Betrieb umfasste inzwischen 500 Mitarbeiter und 230 Maschinen in den fünf genannten Abteilungen. Der 1. Weltkrieg brachte den sämtlichen buchgewerblichen Betrieben einen Rückschlag und die Produktion konnte nur mit Hilfe von weiblichen Hilfskräften aufrechterhalten werden.
Im Jahre 1929 starb Max Enders. Die Firma ging daraufhin in eine Erbengemeinschaft, bestehend aus Enders' zweiter Ehefrau Elisabeth Karoline Enders und seiner Tochter erster Ehe, Margarethe Amali Hertha Enders, über. Die Erbengemeinschaft löste sich 1935 auf und Tochter Hertha übernahm das Geschäft. Sie setzte ihren zweiten Ehemann, Georg Regner von Bleyleben, zunächst als Prokuristen ein und verpachtete ihm schließlich 1938 das Unternehmen. Ein Verkauf wurde durch testamentarische Bestimmungen verhindert (Nr. 39). Im Dezember 1943 wurden durch einen Bombenangriff große Teile des Betriebes zerstört. Über die Stellung und über die Arbeitsweise der Firma "Großbuchbinderei E. A. Enders" aus dieser Zeit ist in der Literatur bzw. den Akten dieses Bestandes fast nichts überliefert worden.
Nach dem 2. Weltkrieg trat der Sohn aus der ersten Ehe von Hertha Regner von Bleyleben, Werner Ruef Enders, in die Firma ein. Am 1. April 1946 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt Georg Regner von Bleyleben fungierte als persönlich haftender Gesellschafter, Hertha Regner von Bleyleben und Werner Ruef Enders als Kommanditisten. Die Rolle als persönlich haftender Gesellschafter übernahm Werner Ruef Enders am 1. April 1949. Georg Regner von Bleyleben zog mit seiner Ehefrau Hertha nach München.
Auf Anordnung der Abgabeverwaltung wurde die Firma E. A. Enders am 17. April 1953 in Treuhandverwaltung genommen, weil Steuerrückstände vorhanden waren. Im Juni 1953 verließ Werner Ruef Enders wegen Steuerschulden aus Kriegsschädenrücklagen das Gebiet der DDR. Auf Grund der Ministerratsbeschlüsse vom 11. Juni 1953 und durch die Verordnung des Erlasses dieser Steuerrückstände kehrte er zurück und beantragte die Aufhebung der Treuhandschaft für die Firma Großbuchbinderei E. A. Enders. Nach seinem endgültigen Verlassen der DDR im Sommer 1961 wurde die Firma Anfang Oktober 1961 erneut in eine Treuhandschaft übergeben. Der Privatbetrieb wurde durch die Deutsche Investitionsbank verwaltet. Die Produktion der Firma E. A. Enders wurde ab dem 1. Januar 1970 von der Staatsdruckerei der DDR, Betriebsteil Leipzig, übernommen (Nr. 368).

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Im Jahr 1990 wurde der Bestand Großbuchbinderei E. A. Enders Leipzig – Staatsdruckerei der DDR, Betriebsteil Leipzig, vom Staatsarchiv Leipzig übernommen. Er war über einen längeren Zeitraum in einer Holzbaracke aufbewahrt worden und befand sich deshalb in einem sehr schlechten Zustand. Die Übernahme erfolgte ohne Abgabeverzeichnis. Der Bestand wurde nach den Ordnungs- und Verzeichnisgrundsätzen für die staatlichen Archive der DDR (OVG) erschlossen. Vom Registraturbildner waren die Akten nach Sachgebieten und zum Teil chronologisch angelegt worden. Aus diesem Grund wurden kaum Änderungen vorgenommen. Das lose Schriftgut des Bestandes wurde zu entsprechenden inhaltlichen Verzeichniseinheiten formiert. In der ersten Bewertungsphase wurde die Hälfte des Bestandes (ca. 10 lfm) kassiert. Es waren vor allem finanztechnische Belege (Rechnungen) und diverse Drucksachen. Nach einer weiteren inhaltlichen Überprüfung des Bestandes wurden nochmals ca. 3 lfm kassiert. Bei dem kassierten Schriftgut handelte es sich vorwiegend um Rechnungen, Quittungen, Kundenschriftverkehr, vereinzelten Kundenaufträgen, Anträge auf Genehmigung von Geschäftsreisen sowie um Mehrfachüberlieferungen. Ausgangspunkt für die Bewertung war hierbei der inhaltliche und historische Wert für eine Rekonstruktion des Profils der Großbuchbinderei E. A. Enders. Insgesamt ist der Bestand Großbuchbinderei E. A. Enders mit 382 Verzeichniseinheiten erschlossen und verzeichnet. Der Bestand umfasst den Zeitraum von 1873 bis 1979, wobei der Schwerpunkt in der Zeit von 1953 bis 1969 liegt.

Überlieferungsschwerpunkte

Die Überlieferungsdichte innerhalb des Bestandes ist sehr unterschiedlich. Den Hauptteil des Bestandes bilden die Akten der Großbuchbinderei E. A. Enders, dessen Stammbetrieb sich in Leipzig befand. Auch einzelne Dokumente der Zweigstelle München sind überliefert. Sie geben über Kriegsschäden, bauliche Maßnahmen und betriebliche Statistiken Auskunft. Die Akten über die Leitung und Organisation der Großbuchbinderei E. A. Enders geben einen Einblick in die rechtliche Stellung der Firma und ihre spätere Umwandlung in andere Rechtsformen, so sind unter anderem der Gesellschaftsvertrag (Nr. 2), der Antrag auf Aufhebung der Treuhänderbestallung der Firma E. A. Enders (Nr. 30) sowie das Übergabeprotokoll der Firma an Werner Ruef Enders (Nr. 377) überliefert. Zahlreiche Bilanzen und Statistiken runden das Bild ab. Das Ausmaß der Kriegsschäden infolge von Bombenangriffen im Dezember 1943 lässt sich anhand einzelner Akten (Nr. 11-25) ermessen. Die Höhe der Schäden und die Kosten für die Enttrümmerung werden hier nachvollziehbar.
Auch das persönliche Umfeld der Firmeninhaber und ihrer Familien, ihr sozialer Status und ihre finanzielle Situation, lässt sich aus der Überlieferung rekonstruieren (Nr. 35-49). Die betriebsgeschichtliche Sammlung ermöglicht es, die Historie der Großbuchbinderei E. A. Enders zusammen zu fassen. Glückwunschkarten, Bücher, Festschriften, Zeitungsartikel sind dabei hilfreich. Daneben lassen sich auch zahlreiche Aussagen über die Verhältnisse innerhalb der Belegschaft des Betriebes machen. Gehalts- und Lohnnachweise, Lehrverträge und andere Unterlagen sind im Bestand vorhanden. Die Finanz- und Vermögensangelegenheiten sind überhaupt sehr dicht überliefert. Anhand der zahlreichen Statistiken, Bilanzen, Inventuren, Steuererklärungen, Betriebs- bzw. Wirtschaftsprüfungen kann die finanzielle Situation der Firma sowie der Familie Enders über den gesamten Zeitraum hinweg analysiert werden.
Neben dem Bereich der Finanzen und des Vermögens nehmen die Bereiche Produktion, Absatz und Werbung einen großen Umfang ein. In den Dokumenten der Produktion befinden sich insbesondere Aufstellungen von Werttaxen der Maschinen und maschinellen Betriebseinrichtungen aus den Jahren 1940-1941 (Nr. 232-234). Außerdem kann durch die Akte "Abschreibung" (Nr. 237) eine exakte wertmäßige Bestimmung der maschinellen Betriebs- und Geschäftsausstattung erfolgen. Des Weiteren kann aus der Akte (Nr. 240) eine Aufstellung der Erzeugnisse der Buchbinderei in der Zeit von 1959 bis 1969 entnommen werden. Bei den Akten, die den Absatz und die Werbung betreffen, handelt es sich zum größten Teil um Kundenschriftwechsel bzw. Aufträge. Besonders zu erwähnen sind die Aufträge des Springer-Verlages, Berlin (West), da sie den Werdegang bei der Bearbeitung der Ordern dokumentieren. Die Akten enthalten insgesamt vielfältige Informationen über den Betriebsalltag in der Großbuchbinderei E. A. Enders.

J. Knapp / B. Piesker

1991

Quellen und Literatur

• Festschrift E. A. Enders 1859-1909. Leipzig 1909. (Nr. 041)
• Präsidium der Internationalen Buchkunstausstellung in Verbindung mit der graphischen Industrie Leipzigs (Hg.): "Leipzigs Wirken am Buch". Leipzig 1927.
• Werner, Kurt: "Die Großbuchbinderei E. A. Enders Leipzig-München, in: Musterbetriebe deutscher Wirtschaft. Berlin 1929. (Nr. 041)

Th. Schmotz

2008
Gesellschaftersitzungen.- Familienangelegenheiten.- Finanzen und Vermögen.- Personal.- Produktion.- Absatz.- Verträge.- Treuhandverwaltung.- Betriebsgeschichtliche Sammlung.
Emil Alexander Enders eröffnete 1859 in Leipzig eine kleine Druckereiwerkstatt, die sich in den Folgejahren zum Großbetrieb entwickelte. 1913 hatte die Firma bereits 500 Mitarbeiter. Es wurden Bücher und Musikalien gebunden, Zeitungen und Prospekte hergestellt sowie handgearbeitete Bände gefertigt. 1920 entstand in München eine Zweigstelle. Die Firma blieb bis 1929 in Familienhand, dann ging sie an eine Erbengemeinschaft über. Im Dezember 1943 wurden große Teile des Betriebs durch einen Bombenangriff zerstört. 1946 wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgebildet, 1953 sowie 1961 die Firma E. A. Enders unter Treuhandschaft gestellt. Die Produktion des Unternehmens wurde 1970 durch die Staatsdruckerei der DDR, Betriebsteil Leipzig, übernommen.
  • 2017 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang