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Beständeübersicht

Bestand

20070 Königliches Landgericht Mittweida

Datierung1838 - 1856
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)1,90

Bis Mitte des 19. Jh. oblag die Gerichtsbarkeit im Amtsbezirk Mittweida dem Stadtgericht Mittweida sowie zahlreichen Patrimonialgerichten in den umliegenden Ortschaften. Im Rahmen der Umgestaltung der Untergerichte Sachsens mit dem Ziel der Abtretung der Patrimonialgerichtsbarkeit an den Staat ging aus den genannten Gerichtsstellen das "Königliche Landgericht Mittweida" hervor. Die Eröffnung erfolgte am 10. Oktober 1853.[01] Diesem Gericht wurden auch Teile der Justizämter Frankenberg mit Sachsenburg, Nossen und Rochlitz angegliedert. Bereits im Mai 1853 hatten der Stadtrat Mittweida und die Kommunalvertreter einstimmig die Abtretung der Ober- und Erbgerichtsbarkeit an den Staat beschlossen. Diese Jurisdiktion ging ebenso wie die der Rittergüter Auerswalde, Neusorge und Lichtenwalde mit der Eröffnung des Königlichen Landgerichts Mittweida auf dieses über. Bis 1856 gaben noch weitere vier Rittergüter ihre Patrimonialgerichtsbarkeit an das Landgericht ab. (Verzeichnis der abgegebenen Jurisdiktionen siehe Anlage 2)

Das Königliche Landgericht Mittweida stellte eine Gerichtsbehörde mit kollegialer Verfassung dar. Zum Direktor wurde Hermann Theobald Edelmann berufen (zuvor Appellationsrat beim Appellationsgericht Bautzen), der dieses Amt während der kurzen Dauer der Existenz des Königlichen Landgerichts ausübte und ab Oktober 1856 als Direktor des Bezirksgerichts Rochlitz tätig war. (Verzeichnis des Personalbestands siehe Anlage 1)

Seinen Sitz hatte das Landgericht Mittweida in einem neu erbauten viergeschossigen Gebäude am Markt. Dieses Gebäude umfasste neben der Hausmannswohnung und dem Wachlokal 22 Dienstzimmer, einen Verhandlungssaal, ein großes und 4 kleine Archivlokale sowie einen Depositenraum. Zum Gesamtkomplex gehörten weiterhin ein Wirtschaftsgebäude sowie das Gefangenenhaus mit 50 Gefängniszellen und einer Betstube.[02]

Das Gesetz vom 11. August 1855 über die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für die Rechtspflege und Verwaltung legte fest, dass die Rechtspflege - auch in erster Instanz - nur durch vom Staat bestellte Behörden auszuüben sei und die Patrimonialgerichtsbarkeit jeder Art auf den Staat übergehen sollte.[03] Ordentliche Gerichte der ersten Instanz bildeten die Gerichtsämter und die Bezirksgerichte. In Mittweida wurde im Oktober 1856 ein Königliches Gerichtsamt (unter dem Bezirksgericht Mittweida) eröffnet. Gleichzeitig stellte das Königliche Landgericht Mittweida seine Tätigkeit ein.

Der Bestand Königliches Landgericht Mittweida umfasst mehr als 100 Akten, die den Zeitraum von 1838 - 1856 betreffen. Die Akten gelangten größtenteils 1961 - 1969 im Rahmen der Übergabe von Archivgut der Provenienzen Amtsgericht Mittweida, Amtshauptmannschaft Rochlitz und Vorgängerbehörden in das Landesarchiv Leipzig (heute: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, StA-L). Abgebende Stellen waren das Landeshauptarchiv Dresden (heute: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, StA-D), die Kreisarchive Rochlitz und Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz) sowie in geringem Umfang das Stadtarchiv Mittweida und der Rat des Kreises Hainichen.[04]

Bereits in den 60er Jahren wurde der Bestand Königliches Landgericht Mittweida gebildet und in Karteiform verzeichnet. Im Rahmen einer intensiveren Bearbeitung der Justizbestände des 19. Jh. Ende der 90er Jahre wurden nach Provenienzprüfungen zusätzliche Akten aus den o. g. Beständen sowie aus Stadtgerichts- und Rittergutsbeständen herausgelöst. Die Akten bilden körperlich einen eigenen Bestand. Die Verzeichnung der Akten erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch das Orts- und Personenregister erstellt wurde. Erfasst wurden nach Möglichkeit auch die alten Registratursignaturen sowie die Vorprovenienzen. Enthält-Vermerke bilden die Ausnahme.

Der Bestand Königliches Landgericht Mittweida zeichnet sich durch eine besonders gute Aktenlage bezüglich der Organisation und Eröffnung des Gerichts, der Gebäude, des Inventars und der Personalangelegenheiten aus. Im Bereich Strafgerichtsbarkeit finden sich einige Akten, die im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen der Jahre 1848/49 zu betrachten sind. Die überlieferten Zivilprozessakten befassen sich überwiegend mit Eigentumsdelikten oder Geldforderungen. Quantitativ erwähnenswert sind weiterhin die Akten zu Nachlass- und Vormundschaftsangelegenheiten sowie zu den Ablösungen. Die sozialen Differenzierungsprozesse in einer Region der sich entwickelnden Textilindustrie spiegeln sich in den Akten zur Armen- und Wohltätigkeitspflege wider. So kam es in diesen Jahren zum Bau eines Armenhauses, zur Gründung mehrerer Armenvereine und einer Armenkasse sowie zu zahlreichen Verordnungen und Statuten zum Armenwesen. Zusammen mit den übrigen Akten aus verschiedenen Bereichen der Gerichtsbarkeit und Lokalverwaltung ermöglicht der Bestand einen relativ guten Einblick in die Rechtspflege und die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Landgerichtsbezirk Mittweida in jener Zeit.

Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind das Gerichtsamt und das Königliche Bezirksgericht Mittweida sowie der Bestand Stadt Mittweida (Gerichtsakten) zu nutzen. Auch Rittergutsbestände (v. a. Ehrenberg und Königsfeld) können zur Ergänzung herangezogen werden.

Für die Bestandsgruppe Königliche Gerichte im StA-L wurde eine bestandsübergreifende Findbucheinleitung erarbeitet.[05] Die Einleitung zum Einzelbestand enthält deshalb nur in verkürzter Form einen historischen Abriss der Entwicklung des Registraturbildners, Angaben zur Bestandsgeschichte und -bearbeitung sowie Hinweise auf Überlieferungsschwerpunkte im Bestand.

Zur Vereinfachung übergreifender Recherchen wurde im vorliegenden Findbuch die für die Bestandsgruppe erarbeitete Klassifikation komplett übernommen; bei nicht belegten Klassifikationsgruppen erscheint im Inhaltsverzeichnis in Klammern der Vermerk "entfällt". Soweit es zweckdienlich erschien, wurde ein Verweis auf Akten in anderen Beständen vorgenommen


Anlage 1
Personalbestand des Königlichen Landgerichtes Mittweida von 1853 bis 1856
(Quelle: Staatshandbücher für das Königreich Sachsen, 1854 und 1855)


Direktor:

Hermann Theobald Edelmann


Gerichtsräte:

Herrmann Wirthgen

Gustav Adolph Barth

Johann Ehregott Clauß


Aktuare:

Ferdinand Gustav Konstantin August

Kurt von Buttlar

Richard Clemens Hösel


Außerdem waren am Königlichen Landgericht Mittweida noch Expedienten, Hauptsportelkassierer, Depositen- und Hauptsportelkontrolleure, Nebensporteleinnehmer und -kontrolleure, Registratoren, Wachtmeister, Boten, Diener und ein Hausmann angestellt.


Anlage 2
Abgabe von Patrimonialgerichtsbarkeiten an das Königliche Landgericht Mittweida
OrtGerichtsherrschaftJahrTag, Monat


Neusorge



Rittergut



1853



10. Oktober

Auerswalde

Rittergut

1853

10. Oktober

Lichtenwalde

Rittergut

1853

10. Oktober

Mittweida

Stadt

1853

10. Oktober

Königsfeld

Pfarrlehen

1855

16. Oktober

Kolkau

Rittergut

1855

30. Oktober

Ehrenberg

Rittergut

1856

31. Mai

Wechselburg

Herrschaft

1856

Juni



[01] LZ, 12.10.1853, S. 5081.
[02] StA-L, Kgl. LG Mittweida 72, 75, 79.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855, Dresden, S. 144ff.
[04] Vgl. Zu- und Abgangsbuch des StA-L, 1954 - 1975, VA Nr. 187.
[05] Vgl. V. Jäger, Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Königliche Gerichte, 1998.

Gerichtsverwaltung.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Ablösungen.- Lokalverwaltung.
Im Mai 1853 hatten der Rat und die Kommunalvertreter von Mittweida die Abtretung der dem Stadtgericht Mittweida obliegenden Ober- und Erbgerichtsbarkeit über Mittweida und einige umliegende Dörfer beschlossen. Diese Jurisdiktion ging ebenso wie die der Rittergüter Auerswalde, Neusorge und Lichtenwalde auf das am 10. Oktober 1853 eröffnete Königliche Landgericht Mittweida über. Auch die Teile der in Mittweida bisher von den Justizämtern Frankenberg mit Sachsenburg, Nossen und Rochlitz ausgeübten Gerichtsbarkeit wurden diesem Gericht überwiesen. In den Jahren 1855 und 1856 gingen Teile der Patrimonialgerichtsbarkeit der Rittergüter Kolkau und Ehrenberg, des Pfarrlehens Königsfeld sowie der Herrschaft Wechselburg an das Königliche Landgericht Mittweida. Nachfolger waren das Gerichtsamt Mittweida und das Königliche Bezirksgericht Mittweida.
Weitere Angaben siehe 2.3.4.2.3 Königliche Gerichte.
  • 1999 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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