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Beständeübersicht

Bestand

11136 Clara-Schumann-Schule Dresden-Johannstadt

DatierungUm 1890 - 1966
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)1,20
Im Jahr 1802 gründete der Kandidat der Theologie Pretzsch in Dresden eine Privatschule für Mädchen. Diese achtklassige Töchterschule wurde seit 1833 von seinem Sohn Moritz Pretzsch und seit 1859 von Bernhard Dietrich geleitet. Im Jahr 1874 erteilte die sächsische Regierung Dietrich den Auftrag zur Errichtung eines staatlichen Lehrerinnenseminars. Die neue Anstalt wurde 1875 mit 34 Schülerinnen eröffnet. Die Töchterschule mit 272 Mädchen wurde ihr als Übungsschule angegliedert. 1877 war der Aufbau des Seminars mit fünf Klassen durchgeführt; 1878 fanden die ersten Kandidatenprüfungen statt. Im Jahr 1894 gehörten dem Lehrkörper 9 männliche und 15 weibliche Lehrkräfte an; die Schülerschaft bildeten 110 Seminaristinnen und 170 Schülerinnen. Nachdem die Schule sich von 1875 bis 1898 im Grundstück Zwingerstraße 5 befand, wurde in den Jahren 1896 - 1898 das Seminargebäude Marschnerstraße 8 gebaut, zu dem im Jahr 1914 noch der Neubau Marschnerstraße 10 und 1937 ein Zwischengebäude zwischen Alt- und Neubau hinzukamen. Seit 1897 bestand die "Vereinigung ehemaliger Schülerinnen des Königlich Sächsischen Lehrerinnenseminars Dresden". Im Jahr 1906 wurde die achtjährige Töchterschule zur zehnjährigen Höheren Mädchenschule erweitert. Das Seminar wurde seit Ostern 1914 zu einer Doppelanstalt mit einem vierklassigen und einem sechsklassigen Zug ausgebaut. Nach sechs Klassen Seminarbesuch war unter besonderen Voraussetzungen eine Zulassung zum Studium möglich.

Im Jahr 1922 wurde das Lehrerinnenseminar in eine neunstufige Deutsche Oberschule umgewandelt. Sie erhielt im Jahr 1925 den Namen "Staatliche Höhere Mädchenbildungsanstalt Dresden-Johannstadt (Oberschule und Höhere Mädchenschule)", abgekürzt HMBJ. Als staatliche Einrichtung unterstand die Schule weiterhin unmittelbar dem Ministerium für Volksbildung, ohne dass eine Zwischeninstanz eines Bezirks- oder Stadtschulrats bestand. 1928 wurden die beiden letzten Seminarklassen und die letzte Grundschulklasse entlassen. Die HMBJ umfasste nun 42 (21 männliche und 21 weibliche) Lehrkräfte und 666 Schülerinnen in 23 Klassen. Im Jahr 1935 waren es 64 (32 männliche und 32 weibliche) Lehrkräfte und 809 Schülerinnen in 29 Klassen, 1942 dagegen nur noch 39 Lehrkräfte für 30 Klassen mit 940 Schülerinnen. Rektoren waren von 1859 bzw. 1875 bis 1892 Bernhard Dietrich, 1893 - 1909 Dr. Rudolf Buddensieg, 1909 - 1924 Paul Bartusch, 1924 - 1927 Dr. Max Schmaler und 1927 - 1945 Dr. Ernst Reichel. Neben der wissenschaftlichen Oberstufe wurde seit 1934 ab Obersekunda eine praktische mit der Bezeichnung Frauenoberschule aufgebaut, aus der 1937 die ersten Abiturientinnen entlassen wurden. Seit 1939 trug die Schule den Namen "Clara-Schumann-Schule, Staatliche Oberschule für Mädchen, Dresden-Johannstadt". Als Fremdsprachen wurden Englisch vom 1. Schuljahr an und in der Oberstufe Latein oder Französisch gelehrt, als Wahlfach auch eine dritte Fremdsprache.

Im Jahr 1921 erwarb die Schule das Schullandheim in Seeligstadt bei Arnsdorf, das im Mai 1922 eingeweiht wurde. Im September 1935 übernahm sie von der aufgelösten Dürerschule ein zweites Schullandheim in Gohrisch bei Königstein in der Sächsischen Schweiz. Über der Turnhalle wurde in den Jahren 1928/29 ein Gymnastiksaal und darüber ein Dachturnplatz aufgestockt. Im Jahr 1931 erhielt die Schule moderne Duschräume mit 12 Fuß- und 10 Ganzduschen sowie Umkleide- und Handtuchtrocknerraum. Seit 1934 wurde das Rudern als zweite Kürturnstunde eingeführt. Die Schule hatte seit 1935 ein eigenes Ruderboot und stellte 1938 die erfolgreichste deutsche Mannschaft im Frauenrudern, die bei 13 Starts zehn Siege, zwei 2. Plätze und einen 3. Platz errang. 1938 wurde eine federnde Sprunggrube (zur Bekämpfung von Fußschäden als erste dieser Art) gebaut, 1939 ein Ruderbecken modernster Konstruktion. Seit 1938 wurden täglich Leibesübungen durchgeführt.

In der jahrzehntelangen stetigen Aufwärtsentwicklung der Schule kamen die immer mehr qualifizierte Bildung und der soziale Aufstieg des Lehrerstandes, der Ausbau des deutschen und insbesondere des sächsischen höheren Schulwesens und die Verbesserung und wachsende Wertschätzung der Frauenbildung in der Zeit von 1875 bis 1933 zum Ausdruck. Unter der Herrschaft des Faschismus vollzog sich besonders während und infolge des Zweiten Weltkrieges der Niedergang und schließlich die Auflösung der Schule.

Nachdem in den Jungenschulen das 9. Schuljahr schon seit 1938 wegfiel, damit die Schüler ein Jahr früher zur Wehrmacht einberufen werden konnten, wurde auch die Staatliche Höhere Mädchenbildungsanstalt Dresden-Johannstadt seit 1938 als Clara-Schumann-Schule in eine nur noch achtklassige Deutsche Oberschule umgewandelt. Während in den Jungenschulen schon 1938 die letzte Oberprima nach 9 Jahren zusammen mit einer Unterprima nach 8 Jahren entlassen wurden, gingen an der Clara-Schuman-Schule die letzten neunstufigen Klassen erst Ostern 1940 zu Ende. Von da an umfasste die Schule nur noch die acht Schuljahre der Klassen 1 bis 8 mit einem sprachlichen und einem hauswirtschaftlichen Zug. Da das Schulgebäude vom 24. Februar 1940 bis zu den Sommerferien 1940 durch das "Volksdeutsche Lager Nr. 47" mit 832 Wolhyniendeutschen belegt war, musste der Unterricht während dieser Zeit mit fortwährend umzustellenden Plänen in der Altstädter und in der Neustädter Höheren Mädchenschule gehalten werden. Erst nach gründlicher Renovierung konnte die Schule im November 1940 ihre eigenen Räume wieder beziehen. Dazu kamen weiterhin laufend starke Störungen und Ausfälle des Unterrichts infolge Einberufungen von Lehrkräften zur Wehrmacht, Schichtunterricht wegen Kohlenmangel besonders in den strengen Wintern 1939/40 und 1941/42, Kriegseinsätzen mehrerer Schulklassen in der Landwirtschaft und ansteckenden Krankheiten. Die Einwirkungen der Kriegsverhältnisse hatten dauernd Veränderungen der Lehrverteilung und der Stundenpläne zur Folge. Der Schluss des Schuljahres wurde im Jahr 1941 von Ostern auf die großen Ferien verlegt. Seit Ende 1940 war das Landheim in Gohrisch beschlagnahmt, erst als Hilfskrankenhaus für Pirna, dann für die "Kinderlandverschickung" aus luftgefährdeten Gebieten, besonders aus Hamburg und Düsseldorf. Auch die Schule wurde immer mehr von Schülerinnen aus luftgefährdeten Gebieten besucht, deren oft nur vorübergehende Anwesenheit noch zusätzlich Unruhe in den Schulbetrieb brachte. Seit dem Schuljahr 1943/44 wurden nach und nach Bibliotheken, Lehrmittel und Instrumente im Keller des Altbaues sichergestellt oder nach verschiedenen Orten in der Umgebung Dresdens ausgelagert. Gleichzeitig wurde die Beschaffung von Lehrbüchern immer schwieriger. Die Schule erwarb Lehrbücher durch Sammlung und Ankauf und gab sie leihweise an Lehrer und Schüler aus, wodurch die Hilfsbücherei, die seit Jahren den verbilligten Ankauf von gebrauchten Büchern vermittelt hatte, ganz zur Leihbücherei wurde. Im Oktober 1944 wurden die 8. Klassen ohne Abitur zum Arbeitsdienst einberufen, mit der später nicht verwirklichten Zusicherung, dass ihnen nach dessen Abschluss am Ende des Schuljahres das Reifezeugnis zuerkannt werden würde. Nachdem die Schule seit 1942 einer Klasse der als Lazarett beschlagnahmten Fletcherschen Oberschule Gastrecht gewährt hatte, wurde sie Weihnachten 1944 selbst als Lazarett beschlagnahmt. Die Klassen verlegte man in andere Schulen, z. B. in die Oberschule Dresden-Plauen.

Am 13. Februar 1945 wurden beide Schulgebäude durch Bomben zerstört. Erhalten blieben nur Kellerräume, das Ruderbecken, die Duschräume und die Turnhalle mit dem Gymnastikraum. Von den noch etwa 38 Lehrkräften wurden 22 ausgebombt. Soweit feststellbar, kamen 9 Schülerinnen ums Leben. Viele Schülerinnen verließen mit ihren Eltern Dresden, ebenso 6 Lehrkräfte. Trotz der allgemeinen Katastrophe bemühten sich Lehrer, eine Art Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten. In der 68. Volksschule in Dresden-Leubnitz wurde eine Schulkanzlei eingerichtet. Ersatzunterricht im Luftschutzkeller und in Privatwohnungen musste jedoch wegen der weiteren Alarme sehr bald aufgegeben werden.

In den Monaten nach dem Bombenangriff und nach der Kapitulation wurden von den Lehrkräften in der Schulruine Aufräumungsarbeiten durchgeführt. Im September/Oktober 1945 versuchte man im Gymnastikraum und in den Kellerräumen nach Einziehung von Holzwänden und Beschaffung von Interimssitzgelegenheiten wieder eine Art Unterricht abzuhalten, bis die Kälte das unmöglich machte. Ende Oktober wurden alle Lehrer, soweit sie Mitglieder der NSDAP gewesen waren, aus ihren Ämtern entlassen, die wenigen übrigen ebenso wie die Schülerinnen auf andere Schulen (Blasewitz, Reick, Fletcher) verteilt. Zahlreiche in opfervoller Arbeit geborgene Lehrmittel und Einrichtungsgegenstände wurden an andere Schulen überlassen. Nachdem der Neubau der Schule schon vor einigen Jahren beseitigt worden war, wurde zu Anfang des Jahres 1963 auch der Altbau abgerissen, dessen Kellerräume bis dahin von verschiedenen Firmen benutzt worden waren.

Die Schulakten wurden in die Oberschule Dresden-Plauen gerettet, aus der sie das Sächsische Landeshauptarchiv im Jahr 1960 übernahm. Der Bestand enthält Personalakten und Prüfungsunterlagen. 1963 verfasste der letzte Oberstudiendirektor Dr. Reichel eine durch Originalschriftstücke ergänzte Zusammenstellung zur Schulgeschichte, die die Quelle für die vorliegende Findbucheinleitung bildet. Ferner stellte er ein Fotoalbum mit Bildern zur Geschichte der Schule zusammen und brachte dem Landeshauptarchiv gedruckte Jahresberichte aus den Jahren 1900 - 1944. Diese Unterlagen werden noch durch ein "Goldenes Buch" mit Lebensläufen der Lehrkräfte ergänzt, mit der der Bestand 110 Akten umfassen wird. (1)

Dresden, den 1. Juli 1963
Dr. Gerhard Schmidt


(1) Es wurde im Juli 1972 durch Studienrätin i. R. Elsbeth Schlote übergeben.
Bericht über das königliche Lehrerinnen-Seminar nebst höherer Töchterschule zu Dresden (1925 ff.: Bezeichnung Staatliche Höhere Mädchenbildungsanstalt Dresden-Johannstadt; 1940 ff.: Clara-Schumann-Schule Dresden-Johannstadt). Dresden, versch. Jahrgänge

Gruß und Botschaft von der Marschnerstraße. 1925 - 1944. - Schulzeitung
Personal.- Zensuren und Prüfungen.- Schulgeschichte.
1802 als private Töchterschule gegründet, wurde die Einrichtung 1875 dem soeben eingerichteten Königlichen Lehrerinnenseminar angegliedert. 1906 wurde sie in eine zehnstufige höhere Mädchenschule umgewandelt,1922 in eine neunstufige Deutsche Oberschule. Seit 1925 wurde die Schule als Staatliche Höhere Mädchenbildungsanstalt Dresden-Johannstadt bezeichnet, 1938 in Clara-Schumann-Schule umbenannt. Als solche bestand die direkt dem Ministerium für Volksbildung unterstellte Schule bis zum Jahre 1945.

Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
  • | Elektronisches Findmittel
  • 1963, Nachtrag 1972 | Findbuch
  • 2024-02-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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