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Beständeübersicht

Bestand

11177 Oberfinanzpräsident Dresden

Datierung1916 - 1949
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)17,40

Bestand enthält auch 10 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Findbucheinleitung





Basierend auf den Regeln der Reichsverfassung von 1871 lag die Finanzhoheit für die Erhebung der direkten Steuern bis zum Jahre 1919 bei den Ländern als den souveränen Gliedstaaten des deutschen Bundesstaates. Nur die Zölle [01] und die Einnahmen der indirekten Steuern fielen dem Reich zu. Zur Erhebung bedienten sich die Reichsstellen den in den Staaten eingerichteten Finanzbehörden auf Landesebene, eine eigene Reichsfinanzverwaltung existierte faktisch nicht. Ausnahmen bildeten das Reichsschatzamt mit gerade einmal neun Bediensteten im Jahre 1880 und der Reichsbevollmächtigte für Steuern und Zölle, dessen Aufgabe, die Sicherung einer einheitlichen Anwendung reichsrechtlicher Normen in den Bundesstaaten, kaum zum Tragen kam [02] . Auch der seit den 1890er Jahren durch die Außen- und Rüstungspolitik Kaiser Wilhelms II. steigende Finanzbedarf des Reiches und die demzufolge vom Reichsschatzamt vorangetriebenen Initiativen zur Einführung direkter Reichssteuern änderten am finanzpolitischen Übergewicht der Bundesstaaten gar nichts: Das Reich blieb der "Kostgänger" der Länder [03] . Ohne an der Finanzverfassung des Reiches etwas zu ändern, waren die Aufgaben des Reichsschatzamtes während des Ersten Weltkrieges um die organisatorische und finanzielle Aufsicht über die Kriegswirtschaftsgesellschaften erweitert worden. Da das Aufkommen aus indirekten Steuern und Zöllen nicht zum Unterhalt des Reiches ausreichte, hatte man mit den Matrikularbeiträgen auf ein System zurückgegriffen, dass schon zur Finanzierung des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" gedient hatte. Für die Matrikularbeiträge wurde die Einwohnerzahl und nicht die tatsächliche Finanzkraft eines Landes zugrunde gelegt. Dieses System bevorzugte die reichen, steuerstarken Länder, darunter auch Sachsen. Die Höhe der Matrikularbeiträge wurde vom Reichstag durch Gesetz festgelegt. Im Ergebnis führte dieses System dazu, dass bei steigenden Steuerüberschüssen der Länder auf Reichsebene ein ständiges Defizit und im Ergebnis steigende Staatsverschuldung zu konstatieren waren. Beispielhaft zeigt sich die Untauglichkeit der Finanzverfassung des Bismarckreiches an der Einführung der Erbschaftssteuer im Jahre 1906 als erster großer direkter Reichssteuer: Die Länder zwangen das Reich, diese zur Verbundsteuer umzugestalten, nachdem das Einnahmenpotential sichtbar wurde und dies, obwohl die dem Reich verbliebenen Einnahmeteile nicht zur Finanzierung der Reichsausgaben und zur Deckung des Defizits ausreichten. Es bedarf an dieser Stelle keiner näheren Erläuterungen, dass diese Konstruktion der Finanzverfassung den enormen finanziellen Erfordernissen des Ersten Weltkrieges und der für die Kriegsführung notwendigen Zentralisierung exekutiver und finanzpolitischer Aufgaben in keiner Weise standhalten konnte.

Den führenden Köpfen in der Finanzverwaltung auf Reichsebene, aber auch in den Ländern war klar, dass Kriegs- und Kriegsfolgelasten des Ersten Weltkrieges mit dem System einer Finanzverfassung zukünftig nicht zu lösen sein würde, in der eine Aufgabenkonzentration beim Reich, die Finanzhoheit aber hauptsächlich bei den Ländern liegen sollte. Bereits im August 1917 legte deshalb Johannes Popitz, damals Referent im preußischen Innenministerium, unter dem Titel "Zur Frage des Verhältnisses der drei Steuergläubiger Reich, Länder und Gemeinden zueinander" [04] eine Denkschrift vor, deren Kerngedanke die Verlagerung der Steuer- und Finanzhoheit von den Ländern auf das Reich war. Länder und Gemeinden sollten danach in finanzpolitischer Hinsicht zu dem Reich nach geordneten Gebietskörperschaften werden.

Diesen Grundgedanken folgte sodann auch die Weimarer Reichsverfassung. [05] Das Reich erhielt nach den Artikeln 8 und 11 nicht nur die konkurrierende Gesetzgebung für sämtliche Steuern und Abgaben, sondern es konnte die Konkurrenz der Länder ausschließen, solange deren Überlebensfähigkeit gesichert blieb. Unter der Leitung von Matthias Erzberger wurde in den Jahren 1919 bis 1921 eine durchgreifende Finanzreform umgesetzt, die erstens durch die Neuordnung und Vereinheitlichung des territorial zersplitterten Steuersystems, zweitens durch die Einrichtung eines reicheinheitlichen Systems von direkten Steuern mit der Einkommen- und der Körperschaftssteuer, die als Verbundsteuern ausgestaltet waren, als Herzstück, drittens mit der Vereinheitlichung der Finanzverwaltung und ihrer Überführung in die Organisationshoheit des Reiches und schließlich viertens mit der Verabschiedung eines Normenwerkes mit den Kernelementen des "Gesetzes über die Reichsfinanzverwaltung", der Reichsabgabenordnung und der Reichshaushaltsordnung gekennzeichnet war.

Die zuvor existierenden parlamentarischen Mitwirkungsrechte der Länderparlamente für Steuerangelegenheiten des Reiches wurden abgeschafft. Von Seiten der Länder – und hier insbesondere der steuerkräftigen süddeutschen Länder und Sachsens - gab es zu Anfang noch Widerstand [06] , der vor dem Hintergrund der Tilgung der eigenen Kriegskosten, darunter nicht zuletzt der Kriegsanleihen und der rasch absehbaren Kriegsfolgekosten im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, zunehmend leiser wurde. Der "Fiskalschock" den der Erste Weltkrieg ausgelöst hatte, wurde für alle deutlich sichtbar, und man geht nicht fehl, wenn man darauf hinweist, dass es das Ziel der Länder war, möglichst wenig dieser Lasten tragen zu müssen. [07]

Die Gründung der Landesfinanzämter Dresden und Leipzig zum 1. Oktober 1919 als Finanzverwaltungsbehörden der Mittelstufe markiert für Sachsen das Ende der alten, auf das Königreich zurück gehenden, Verwaltungsstruktur des Finanzwesens.

Im Königreich Sachsen [08] war mit der "Verordnung über die Organisation der Verwaltungsbehörde für indirekte Staatsabgaben" vom 10.12.1833 auch im Steuerbereich eine neue Behördenstruktur geschaffen worden. Eingerichtet wurden drei Instanzen: das Finanzministerium als oberste Verwaltungsbehörde, die Zoll- und Steuerdirektion (ab 1909 Generalzolldirektion) als Mittelinstanz sowie die Hauptsteuerämter und Hauptzollämter als untere Steuerbehörden. Sie lösten die frühneuzeitlichen Geleits- und Akzisekommissariate und Akziseinspektionen ab. Hauptzollämter befanden sich direkt an den Hauptzollstraßen in den Grenzbezirken. Hauptsteuerämter waren Behörden, die im Landesinneren oder im Grenzbezirk lagen, jedoch ohne direkte Berührung mit einer Hauptzollstraße. Ab dem 01.07.1900 wurde einheitlich von Hauptzollämtern gesprochen. Diese waren verantwortlich für die Einnahme des Zolls auf importierte und exportierte Waren, für die Steuern auf Alkohol und Tabak, den Elbzoll und die Chaussee-, Wege-, Brücken-, Fähren- und Pflastergelder.

Auf der unteren Verwaltungsebene wurden durch Verordnung vom 01.11.1834 zweiundzwanzig Bezirkssteuereinnahmen für direkte Steuern gebildet, die jeweils für eine bestimmte Anzahl von Ämtern zuständig waren. Die bis dahin bestehenden Kreis- und Amtssteuereinnahmen, die Stiftssteuereinnahme Wurzen und die Kammergutsteuereinnahme Pillnitz wurden aufgelöst. Die Bezirkssteuereinnahmen waren verantwortlich für das Einfordern und Berechnen der Schock-, Quatember-, Verbrauchs-, Grund-, Gewerbe- und Personal-, Stempelsteuern sowie Kavallerieverpflegungsgelder und Landrentenbankgelder. Sie entschieden auch über Steuerbefreiungen und zahlten Invalidenpensionen aus.

Eine Besonderheit des sächsischen Steuersystems der Kaiserzeit war die seit 1873/78 erhobene Einkommenssteuer. [09] Eine Vermögenssteuer wurde im Vergleich zu anderen deutschen Ländern erst spät, nämlich im Jahre 1906 eingeführt. Bereits 1903 hatte man sich entschlossen, Gewerbekapital zu besteuern. Die Erhebung der Einkommensteuer in Sachsen folgte übrigens dem Deklarationsgrundsatz und galt für alle, deren Jahreseinkommen 1.600 Mark überstieg [10] .

Mit dem Gesetz über die Reichsfinanzverwaltung vom 10.09.1919 wurden die Landesfinanzbehörden dem Reich unterstellt. Durch Verordnung vom 27.09.1919 galten alle Behörden, die für die Festsetzung und Erhebung von Zöllen und Reichssteuern verantwortlich waren, als Finanzämter.

Mit der Einrichtung einer reichseinheitlichen Finanzverwaltung [11] stand an der Spitze das mit Erlass vom 21. März 1919 eingerichtete Reichfinanzministerium, als Mittelbehörden fungierten die Landesfinanzämter und als Unterbehörden die Finanzämter, Hauptzollämter und Zollämter. Den Landesfinanzämtern oblag die Leitung der Finanz- und Steuerverwaltung einschließlich der Zölle in ihrem territorialen Zuständigkeitsbereich. Beim Übergang der Verwaltung auf das Reich musste das tätige Personal der ehemals sächsischen Zoll- und Steuerverwaltung einschließlich der vom zurückgekehrten Bediensteten ohne eine Auswahlmöglichkeit und ohne Einschränkungen aus sozialen Gründen übernommen werden. [12] Der Aufbau einer effizienten, schlanken Reichssteuerverwaltung blieb daher wegen der Mitspracherechte der Länder in diesen Bereichen unmöglich. Für die durch den Übergang der Steuerhoheit auf das Reich entstandenen Einnahmeverluste erhielten die Länder auf der Basis des Finanzausgleichsgesetzes [13] Ausgleichszahlungen aus dem Steueraufkommen des Reiches. Die Aufteilung erfolgte nach dem Aufkommensprinzip, d. h. Bemessungsgrundlage der Verteilung war nicht die Bevölkerungszahl, sondern das Steueraufkommen der einzelnen Länder. Das damit verursachte Steuerkraftgefälle wurde durch die so genannte "Arme Länder-Klausel" (§ 35 des Finanzausgleichsgesetzes) ausgeglichen.

Auf Antrag der Landesregierungen konnte den neuen Behörden die Verwaltung des Landesvermögens übertragen werden – diesem Wege wurde in Sachsen gefolgt. Ihnen unterstanden weiterhin die Verwaltung der Reichsliegenschaften und die Reichsbauverwaltung. Für die Überwachung des Devisenverkehrs gab es die Devisenstellen, die neben der Kontrolle der Handelsbeziehungen mit dem Ausland in den dreißiger Jahren zunehmend die Enteignung vom jüdischen Vermögen mit den Mitteln des Steuerrechts betrieben und ab 1938 die "Vermögensverwertung" besorgten [14] .

Die im Freistaat Sachsen gebildeten zwei Landesfinanzamtsbezirke hatten die folgenden territorialen Zuständigkeiten: Das Landesfinanzamt Dresden war für die Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen sowie die Amtshauptmannschaften Oschatz, Döbeln, Flöha und Marienberg zuständig. Es übernahm die Aufgaben der Generalzolldirektion Dresden und der Bezirkssteuereinnahme Dresden. Das Landesfinanzamt Leipzig umfasste die verbleibenden Gebiete der Kreishauptmannschaften Leipzig, Chemnitz und Zwickau. Im Jahr 1942 wurde durch die Auflösung des Oberfinanzpräsidenten Karlsbad der Dresdner Amtsbezirk auf die Regierungsbezirke Aussig und Eger ausgedehnt. Mit Wirkung vom 01.04.1937 hatten die Landesfinanzämter bereits zuvor die Bezeichnung Oberfinanzpräsident erhalten [15] . Ab dem 1. Februar 1943 wurden die Oberfinanzpräsidenten Dresden und Leipzig zum "Oberfinanzpräsidenten Sachsen" zusammengelegt, Dienststellen wurden aber nach wie vor in beiden Städten unterhalten.

Im Reichsvergleich gehörten die beiden sächsischen Landesfinanzämter hinsichtlich Größe und Steuerkraft zur Mittelgruppe [16] . Während die Landesfinanzämter Berlin, Münster und Düsseldorf zwischen 2 und 2,5 Millionen Lohn- und Einkommenssteuerpflichtige in ihren Bezirken nachweisen konnten, waren im Bezirk des Landesfinanzamtes Leipzig 1,35 Millionen, im Bezirk des Landesfinanzamtes Dresden 1,30 Millionen Lohn- und Einkommenssteuerpflichtige nachweisbar [17] . Das LFA Dresden hatte gegenüber Leipzig eine gewisse Präponderanz, da von ihm die Geschäfte des Präsidenten sowie der Abteilungsleitungen I und II mit wahrgenommen wurden. Geleitet wurde das Landesfinanzamt Dresden durch einen Präsidenten, der direkt dem Reichsfinanzminister unterstellt war und zum Beamten des Reiches ernannt wurde. Er hatte für die einheitliche Anwendung des Abgaben- und Steuerrechtes in seinem Bezirk zu sorgen. Er war der unmittelbare Dienstvorgesetzte aller Finanz- und Zollbeamten im Bezirk. Die Oberfinanzkasse und die Präsidialgeschäftsstelle waren ihm unmittelbar unterstellt. Das Landesfinanzamt Dresden gliederte sich zunächst in zwei Fachabteilungen, denen Abteilungspräsidenten, ab 1924 Abteilungsdirektoren vorstanden. Abteilung I war für Besitz- und Verkehrssteuern zuständig, Abteilung II. für Zölle und Verbrauchssteuern. Die zunächst bestehende, für die Verwaltung des Reichsvermögens (darunter rechneten auch die Kasernen in der Albertstadt) zuständige Abteilung III wurde zum 1. April 1922 aufgelöst, ihre Aufgaben wurden von der Präsidialabteilung mit übernommen. Das Finanzgericht beim Landesfinanzamt Dresden war erste Instanz für Anfechtungsklagen in Steuersachen, zweite Instanz war der Reichsfinanzhof in München.

Nach der Umbenennung der Landesfinanzämter in Oberfinanzpräsidenten erfolgte im Mai 1938 auch eine Reorganisation der Behörde. [18] Sie gliederte sich nunmehr in drei Abteilungen, das Finanzgericht und die Devisenstelle. Die Abteilung Personal und Verwaltung wurde direkt vom Behördenchef geleitet und war mit den üblichen Aufgaben der Dienststellenorganisation – Personal, Haushalt, Recht und Liegenschaften betraut. Die Abteilung Steuer, deren Leitung einem Finanzpräsidenten oblag, war für die Verwaltung aller Reichssteuern mit Ausnahme der Zölle und Verbrauchssteuern zuständig. In den Aufgabenbereich der Abteilung Zoll fielen die Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern sowie die Durchführung von Vorschriften zu Ein- und Ausfuhrverboten. Die Abteilungen waren einheitlich in zu Gruppen zusammengefasste Sachgebiete gegliedert, dies waren in der Abteilung Steuer die Gruppe für Steuern von Einkommen, Umsatz und Betriebsführung, die Gruppe für Reichsbewertung, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Grundsteuer und die Landessteuern. Zu den Aufgaben dieser Gruppe gehörten auch Fragen der Bodenschätzung, die Erhebung der Reichsnährstandsbeiträge und der Aufbringungsumlage [19] . Die dritte Gruppe dieser Abteilung war für Verkehrsteuren zuständig. Die Abteilung Zoll umfasste die Gruppe für Zölle und diejenige für Verbrauchssteuern. Leiter der Gruppen waren Regierungsdirektoren oder Oberregierungsräte, wobei der Abteilungsleiter auch jeweils Leiter einer Gruppe war.

Ab 1942 gliederte sich der Oberfinanzpräsident Dresden in vier Abteilungen. Der 1. Abteilung Personal und Verwaltung waren nunmehr auch die Devisenstelle und die Oberfinanzkasse zugeordnet. Die 2. Abteilung "Steuern" war zuständig für die Durchführung der Einheitsbewertung, Bodenschätzung, Steuererhebung und Beitreibung, sowie der Erhebung der sog. "Reichsfluchtsteuer". Abteilung 3 war aus dem ehemaligen Finanzgericht hervorgegangen und bearbeitete demzufolge Anfechtungssachen bei der Erhebung direkter und indirekter Steuern. Abteilung 4 war für Zollsachen zuständig. Mit der Auflösung des Oberfinanzpräsidenten Karlsbad dehnte sich der Behördensprengel auch in die Gebiete der heutigen Tschechischen Republik hinein aus. Der Oberfinanzpräsident war zunächst im Gebäude des sächsischen Finanzministeriums am Carolaplatz, nur kurz in der Dippoldiswalder Gasse und ab 1931 in der Devrientstr. 4 untergebracht. Das Amtsgebäude wurde bei den Bombenangriffen auf Dresden im Februar/März 1945 schwer beschädigt.

Nach der deutschen Kapitulation und dem Übergang der Verwaltungshoheit an die Besatzungsmächte wurde der Oberfinanzpräsident durch Verordnung der SMAS am 21. Juli 1945 in Landesfinanzdirektion Sachsen umbenannt. Mit Wirkung vom 01.05.1946 wurde diese in die Landesverwaltung Sachsen, Finanzen und Steuern eingegliedert.



2. Bestandsgeschichte



Erste Aktenablieferungen des Oberfinanzpräsidenten an das Hauptstaatsarchiv Dresden sind für Anfang 1941 nachweisbar. Dass eine Reichsbehörde überhaupt an ein Staatsarchiv eines Landes abliefert, geht auf Absprachen zwischen dem Reichsarchiv und den Staatsarchiven der Länder aus dem Jahre 1925 zurück, die ein entsprechendes Verfahren festschrieben. In fünf Ablieferungen wurden 1941, 1943, 1944/45 und schließlich 1952 rund 800 Sachakten und rund 3.000 Personalakten [20] dem Hauptstaatsarchiv Dresden übergeben. Die Akten waren bei der Übergabe grob nach den Hauptgruppen des Aktenplans für die Reichsfinanzverwaltung geordnet und wurden nach dieser Ordnung zunächst einmal aufgestellt und zugänglich gemacht. Die Ablieferungen waren, soweit dies noch feststellbar ist, nicht vollständig. Sie umfassten auf Grund der oben beschriebenen verwaltungsgeschichtlichen Gegebenheiten auch Akten der Oberfinanzpräsidenten Leipzig und Karlsbad, die im Zuge der abschließenden Verzeichnung herausgelöst wurden. Die Personalakten wurden bereits 1954 aus Kapazitätsgründen aus Dresden an das damalige Landesarchiv Glauchau, später Außenstelle Glauchau des Staatsarchivs Dresden, abgegeben und werden seit der Auflösung der Außenstelle 1994 in der Außenstelle Kamenz des Hauptstaatsarchivs verwahrt. Die Bearbeitung der Sachakten erfolgte erst in den 1990er Jahren durch ABM-Kräfte, um den Bestand zunächst für Auskünfte zugänglicher zu machen. Mit der Qualität der Verzeichnungsarbeiten konnte dieses Ziel kaum erreicht werden, daher erfolgte ab 2003 eine vollständige Neubearbeitung des Bestandes durch Ragna Nicolaus. Die vorgefundene Aktenbildung schien teilweise willkürlich, deshalb wurden nun einige Akten getrennt, um die Bildung aussagekräftiger Aktentitel zu ermöglichen. Weiterhin wurden Aktentitel wie "Allgemeine Devisenangelegenheiten" geändert, da solche für die Erschließung von Unterlagen der Devisenstelle nicht hilfreich sind. Die Bildung der Klassifikationsgruppen erfolgte in Anlehnung an die Gliederung des Bestandes Oberfinanzpräsident Potsdam, wie sie in der Bestandsübersicht des Landeshauptarchivs Potsdam vorgefunden wurde [21] , sowie den Aktenplan der Reichsfinanzverwaltung und in den Akten enthaltene Geschäftsverteilungspläne, modifiziert anhand der vorhandenen Überlieferung. Mehrfachexemplare von insbesondere gedruckten Gesetzen und Verordnungen sowie Registraturhilfsmittel im Gesamtumfang von 0,3 lfm wurden bei der Verzeichnung kassiert. Begründet durch die Verluste bei den Bombenangriffen, möglicherweise jedoch auch durch gezielte Vernichtungen in der Registratur des Oberfinanzpräsidenten fehlen die in vergleichbaren Beständen anderer Archive überlieferten Fallaktenserien zur Enteignung, Beschlagnahme und "Verwertung" des Vermögens jüdischer Bürger leider fast vollständig. Für Informationen hierzu kann z.B. auf die in den Bankbeständen vorhandenen Akten zurückgegriffen werden.


[01] Entgegen der Vorschrift des Art.38 RV durch die Franckensteinsche Klausel nur bis zu einem bestimmten Plafond, der übersteigende Betrag fiel an die Länder.
[02] Witt, Christian, Reichsfinanzminister und Reichsfinanzverwaltung. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (23) 1975, S.4.
[03] Zur Rolle der Finanzverfassung im föderalen System vgl. Gerhard Lehmbruch, Der unitarische Bundesstaat in Deutschland: Pfadabhängigkeit und Wandel. MPIfG Discussion Paper 02/2002, S. 47 ff.
[04] Witt (1975), S.7. Popitz gilt als "Vater" der Umsatzsteuer.
[05] Zum folgenden Lehmbruch (2002) S.55-58.
[06] Vgl. etwa die Protokolle der Konferenzen der Finanzminister der Länder im Dezember 1918 und im Juli 1919, Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10851 Ministerium der Finanzen Nr. 5594.
[07] Der Begriff nach: Marc Hansmann, Der Weg in den Schuldenstaat, In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (55) 2007, S.428. Übrigens sind dabei die Binnenbelastungen der entscheidende Faktor, nicht die Reparationen. Dies zeigen auch die Pressebeiträge in den Nrn. 658 – 661 in: Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10702 Staatskanzlei – Nachrichtenstelle.
[08] Die folgenden Ausführungen zur Organisation der königlich sächsischen Finanzverwaltung verwenden die für die Beständeübersicht des Hauptstaatsarchivs von Elke Olbrich verfassten Textteile.
[09] Eckhart Schremmer, Einfach und gerecht? Die erste deutsche Einkommensteuer von 1874/78 in Sachsen als Lösung eines Reformstaus in dem frühindustrialisierten Land. In: Scripta Mercaturae 35.2001(2002),2, S. 38-64.
[10] Heute gilt das Veranlagungsprinzip. Vgl. zur Anpassung 1920 Hauptstaatsarchiv Dresden Bestand 10736 Ministerium des Innern, Nrn. 4686, 4687 und 4693.
[11] Grundlegend für die verwaltungsgeschichtliche Entwicklung ist: Bathe, Horst und Kumpf, Johann Heinrich (Bearbeiter): Die Mittelbehörden der Reichsfinanzverwaltung und ihre Präsidenten 1919-1945. Eine Dokumentation. Finanzgeschichtliche Sammlung der Bundesfinanzakademie, Brühl 1999.
[12] So die Auswirkungen des § 4 des Gesetzes über die Reichsfinanzverwaltung vom 10. September 1919, RGBl 1919, S.1766 f.
[13] Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden (Finanzausgleichsgesetz) vom 27.4.1926 vgl. RGBl. I S. 203
[14] Friedenberger, Martin: Die Finanzverwaltung und die Vernichtung der deutschen Juden. In: Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus. Darstellung und Dokumente. Hrsg. v. Martin Friedenberger u.a. ( Veröffentlichungen der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz Bd.1) Bremen 2002, S.10-24.
[15] RGBl. I S. 311
[16] Übersicht bei Witt(1975) S.45.
[17] Witt (1975) Fußnote 166, sowie Bathe (1999) S.29 f.
[18] Dienstordnung für die Oberfinanzpräsidenten vom 20. Mai 1938, RFBl 1938, S.555 f. §§ 3 und 4. Die Dienstordnung ist auch abgedruckt bei Bathe (1999), S. 227 f.
[19] Diese geht zurück auf das Aufbringungsgesetz vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. II S. 269). Hintergrund ist der Dawes-Plan zur Abwicklung der auf 5 Mrd. Goldmark festgelegten Reparationen des Deutschen Reiches. Um diese Summe aufzubringen, war auch die gewerbliche Wirtschaft beteiligt. Abgewickelt wurden die Zahlungen über die Bank für deutsche Industrieobligationen (Bafio). Mit dem Young-Plan wurde diese Regelung aufgehoben. Industrieobligationen wurden jetzt zur verdeckten Finanzierung der Aufrüstung und vor allem zur Verschiebung enteigneten bzw. beschlagnahmten jüdischen Kapitals benutzt. Nach 1942 wurde sie in die Finanzierung des sog. "Generalplans Ost" einbezogen.
[20] Diese Akten bilden einen Teil des Bestandes 19116 Personalakten sächsischer Behörden bis 1945. Sie sind nicht in dem vorliegenden Findbuch mit verzeichnet.
[21] Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam (Staatsarchiv Potsdam). Teil II: Behörden und Institutionen in der Provinz Brandenburg 1808/16 bis 1945 (Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs [Staatsarchiv Potsdam], Bd. 4). Weimar 1967.
Mosel, Curt von der: Handwörterbuch des sächsischen Verwaltungsrechts. Bd. 2. 13. Aufl. Leipzig, 1926, Sp. 730
Organisation und Verwaltungsangelegenheiten.- Runderlasse des Reichswirtschaftsministers und der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung.- Liegenschaftsverwaltung.- Eingezogenes Vermögen.- Steuer.- Lizenzen und Patente.- Warenverkehr.- Strafverfahren.- Devisenprüfungen.- Auslandskredite.- Wohnungsfürsorge für Bedienstete.- Personalakten.
Im Freistaat Sachsen wurden mit Wirkung vom 01.10.1919 zwei Landesfinanzamtsbezirke gebildet. Das Landesfinanzamt Dresden war für die Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen sowie die Amtshauptmannschaften Oschatz, Döbeln, Flöha und Marienberg zuständig. Es übernahm die Aufgaben der Generalzolldirektion Dresden und der Bezirkssteuereinnahme Dresden. Das Landesfinanzamt Leipzig umfasste die verbleibenden Gebiete der Kreishauptmannschaften Leipzig, Chemnitz und Zwickau.

Mit Wirkung vom 01.04.1937 erhielten die Landesfinanzämter die Bezeichnung Oberfinanzpräsident. Durch Runderlass des Reichsministers der Finanzen vom 16.12.1937 wurde die Bezeichnung Oberfinanzpräsident durch Oberfinanzpräsidium ersetzt. Durch Verordnung wurden am 01.02.1943 die Oberfinanzpräsidien Dresden und Leipzig zum Oberfinanzpräsidium Dresden zusammengelegt.

Durch Verordnung vom 21.07.1945 entstanden, wurde die Landesfinanzdirektion Sachsen mit Wirkung vom 01.05.1946 in die Landesverwaltung Sachsen, Finanzen und Steuern eingegliedert.

Weitere Angaben siehe 2.4.1 Reichsfinanzverwaltung
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  • 2016 | Findbuch / Datenbank
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