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Beständeübersicht

Bestand

40184 VEB Braunkohlenwerk Dölitz (bei Leipzig)

Datierung1945 - 1959
Benutzung im Bergarchiv Freiberg
Umfang (nur lfm)1,00
1. Geschichte des Bestandsbildners

Im Jahr 1894 wurde auf dem Gebiet des Dölitzer Rittergutes ein zwölf Meter mächtiges Braunkohleflöz erbohrt und ein Jahr später wurden zwei Schächte im Senkschachtverfahren niedergebracht. Die Betriebsanlagen bestanden aus einem hölzernen Teufgerüst mit Kübelförderung, einem Kesselhaus inklusive Schornstein sowie einem Maschinenhaus. Zeitgleich mit der ersten Rohbraunkohlenförderung im Jahr 1902 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in die "Gewerkschaft Leipzig - Dölitzer Kohlenwerke".
In den folgenden Jahren wurden die Betriebsanlagen modernisiert und um ein Schachthaus mit Maschinenraum, ein weiteres Kesselhaus mit Schornstein, eine Kaue, mehrere Kohlebunker sowie eine Brecher- und Sortieranlage erweitert. Nordwestlich des Schachtes an der Friederikenstraße entstanden ein neues Kontor und das Beamtenhaus. Die industrielle Förderung der im Pfeilerbruchbau gewonnenen Kohle begann 1906.
Als Folge der Eingemeindung Dölitz' nach Leipzig 1910 übernahm die Stadt Leipzig 1917 mehrheitlich die Kuxe der Gewerkschaft Leipzig - Dölitzer Kohlenwerke. Das Bergwerk wurde zum Eigenbetrieb der Leipziger Stadtwerke und diente der Brennstoffversorgung städtischer Einrichtungen.
Vermutlich wurde der Betrieb 1924 in das Eigentum der AG Sächsische Werke (ASW) überführt, welche als öffentliches Unternehmen gegründet worden war mit dem Ziel, die seit den Anfängen der Elektrizitätswirtschaft auf eine große Anzahl von Gemeinden und privaten Elektrizitätswerken verteilte Versorgung Sachsens mit Strom auf der Basis der im Lande vorhandenen Braunkohle zusammenzufassen. Die Gründung der ASW erfolgte am 13.11.1923, einziger Aktionär war der Freistaat Sachsen. Auf Grund eines am 14.03.1924 mit dem Freistaat Sachsen abgeschlossenen Vertrages übernahm die ASW die staatlichen Braunkohle- und Elektrizitätsunternehmen einschließlich eines umfangreichen Grundbesitzes und das Steinkohlenwerk Zauckerode vom Freistaat. Zwecke des Unternehmens waren u. a. die Erzeugung und Abgabe von Elektrizität und Gas sowie der Absatz der gewonnenen Kohle und der daraus hergestellten Erzeugnisse.
Im Rahmen der Modernisierungs- und Erweiterungsarbeiten in den 1920er Jahren entstand in Dölitz unter anderem eine Förderbrücke als Verbindung der Hängebank mit der neuen Trockensortier- und Bunkeranlage. Damit einher ging durch die Einführung der Seilfahrt eine Mechanisierung unter Tage. Ab 1928 verband eine von Adolf Bleichert & Co. erbaute Seilbahn Leipzig - Gohlis mit dem Elektrizitätswerk Süd am Bahnhof Connewitz, welche Braunkohle vom Schacht zum Werk sowie Asche in entgegen gesetzter Richtung zum Verfüllen der Bruchfelder transportierte. 1932 begann das Abteufen eines weiteren Wetter- und Fluchtschachtes für die östlichen Kohlenfelder in Leipzig - Probstheida.
In den Jahren 1941 bis 1945 setzten die Kohlenwerke Kriegsgefangene als Arbeitskräfte ein, um eine ausreichende Brennstoffversorgung Leipzigs zu gewährleisten. Mit der Auflösung der Gewerkschaft Leipzig - Dölitzer Kohlenwerke 1943 erhielt die Stadt das Restvermögen.
Nach dem Einmarsch der Sowjetarmee 1945 ging das Bergwerk kurzzeitig in sowjetischen Besitz über. Am 13.11.1947 wurde es gemäß dem Gesetz über die Überführung von Bergwerken und Bodenschätzen in das Eigentum des Landes Sachsen vom 08.05.1947 aus dem Eigentum der Stadt Leipzig in Landeseigentum, d.h. die Verwaltung der Kohlenindustrie Sachsen, später die VVB Braunkohle in Borna, überführt.
Dem volkseigenen BKW Dölitz wurden im Jahr 1951 das 1948 verstaatlichte Braunkohlenwerk "Grube Flora" bei Ragewitz (seit 8. Januar 1949 "Volkseigentum") sowie der VEB Braunkohlenwerk Leipnitz, welcher aus den Staatlichen Sächsischen Braunkohlenwerken Leipnitz hervorgegangen war, als Betriebsteil bzw. Betriebsabteilung angegliedert.
Ein technisch-betriebswirtschaftliches Gutachten aus dem Jahr 1949 hatte der Dölitzer Kohle eine gute Qualität, gute Brenneigenschaften und eine gute Brikettierfähigkeit bescheinigt, jedoch zugleich auf die geringe Wirtschaftlichkeit des Grubenbetriebes und die deshalb notwendigen Subventionen verwiesen und daher die Einführung neuer Abbaumethoden, die Erzielung von Gewinnen durch den Eigentransport der Kohle zu den Verbrauchern und die Selbstkostensenkung gefordert. Da die Kohle im Tiefbau gewonnen wurde, war ein jährlicher staatlicher Zuschuss von rund 2,5 Millionen DM erforderlich. Weil die Braunkohle wesentlich günstiger in umliegenden Großtagebauen gewonnen werden konnte, verfügte der DDR-Ministerrat Mitte der 1950er Jahre die Stilllegung der Tiefbaue in Dölitz und Ragewitz. Im Januar 1959 wurde das Braunkohlenwerk Dölitz aufgelöst und gehörte fortan als Betriebsabteilung Dölitz zum VEB Braunkohlenwerk Kulkwitz . Die Betriebsabteilung Leipnitz gehörte ab diesem Zeitpunkt zum Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Grimma. Am 13.06.1959 erfolgte die letzte reguläre Förderschicht in Dölitz. Für den eigenen Kesselhausbedarf wurde jedoch noch bis Ende 1961 Kohle gefördert.
Auf dem Betriebsgelände waren während der DDR-Zeit verschiedene andere Bergbauinstitutionen untergebracht. In den Jahren 1953 bis 1957 diente der Schacht Dölitz als Lehrgrube für 350 Bergbaulehrlinge, für die 1954 ein Lehrinternat sowie ein Schulgebäude errichtet wurden. Später wurden die Anlagen durch die Oberste Bergbehörde mit dem angegliederten Institut für Grubensicherheit und die Versuchsstrecke Freiberg als Testgelände genutzt. Außerdem entstanden neben dem Betriebsgelände Anlagen für die "Hauptstelle für das Grubenrettungs- und Gasschutzwesen". Im Rahmen der Umnutzungen fand die Verschrottung der technischen Anlagen statt. Die Wetterschächte in Leipzig - Dölitz sowie Probstheida wurden 1964 und 1973 verfüllt. Die Verplombung des Förderschachtes folgte 1984. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel blieb aber ein Abbruch der gesamten Anlage aus, so dass 1993 der Schacht Dölitz in die Liste der Kulturdenkmale der Stadt Leipzig aufgenommen werden konnte. Als Bestandteil der Mitteldeutschen Straße der Braunkohle zeigt der Schacht stellvertretend die Bedeutung des Braunkohlentiefbaus im Südraum Leipzig auf.

Beide Teilbestände dokumentieren insbesondere das Betriebsgeschehen im engeren Sinne. So sind im Aktenbestand Unterlagen betreffend die Betriebsorganisation, die Berichtsführung, die Planung, die Materialwirtschaft, die Wasserführung sowie die Leitung und Schließung der Werke enthalten. Ebenfalls im Bestand enthalten sind Unterlagen über den Betriebsrat, die Betriebsgewerkschaftsleitung und den betrieblichen Wohnungsbau. Außer den Unterlagen des Braunkohlenwerks Dölitz sind auch Akten des VEB Braunkohlenwerk Leipnitz (bei Grimma) und des VEB Braunkohlenwerk "Grube Flora" Ragewitz (bei Grimma) überliefert.
Das betriebliche Risswerk zeigt ausschließlich das Betriebsgelände mit sozialen Einrichtungen, die Schächte, untertägigen Strecken und Abbaufelder sowie die umliegenden Fluren des Gebietes Leipzig-Dölitz. Risswerk zu den beiden anderen Betriebsteilen bzw. Betriebsabteilungen ist nicht überliefert.


2. Bestandsgeschichte

Die Unterlagen des Bestandes 40184 sind teilbestandsweise an das Bergarchiv Freiberg gelangt.

a) Der Teilbestand 40184-1 (Akten) wurde dem Bergarchiv Freiberg im Jahr 2008 vom Staatsarchiv Leipzig übergeben, in dem er sich seit den 1960er Jahren befand. Die Akten datieren lediglich aus dem Zeitraum von 1946 bis 1958.

b) Der Teilbestand 40184-2 (Risse) wurde dem Bergarchiv im August 2009 zusammen mit anderen Unterlagen durch das Leipziger Technologie- und Berufsbildungszentrum angeboten (TBZ gGmbH, Frederikenstraße 60, 04279 Leipzig, Herr Harald Fuchs, E-Mail: info@dr-harald-fuchs.de, Tel.: 01 63 - 6 97 84 03). Dieses hat seinen Sitz in den Räumen des ehemaligen DDR-Instituts für Bergbausicherheit sowie des Braunkohlenwerks Dölitz. Nach der Auflösung dieser Einrichtungen waren die Unterlagen vor Ort verblieben. Im August 2009 wurde dem Bergarchiv dann u.a. das Risswerk der "Gewerkschaft Leipzig-Dölitzer Kohlenwerke" übergeben und die Unterlagen in den bestehenden Bestand 40184 VEB Braunkohlenwerk Dölitz eingeordnet. Die Risse stammen ausschließlich aus dem Dölitzer Werk und datieren aus den Jahren 1925 bis 1950.

c) Im Mai 2010 wurden bei Erschließungsarbeiten im Bundesarchiv Berlin im dortigen Bestand DF 900 Institut für Bergbausicherheit Unterlagen des BKW Dölitz aufgefunden und zuständigkeitshalber an das Sächsische Staatsarchiv abgegeben. Diese wurden im Bergarchiv als VE 35 - 43 in den Bestand 40184-1 eingeordnet.

d) Im Juni 2022 wurden die beiden Kleinbestände 40193 VEB Braunkohlenwerk Leipnitz und 40175 VEB Braunkohlenwerk "Grube Flora" aufgelöst, erschlossen und in den Bestand 40184 eingeordnet. Die Unterlagen zum Braunkohlenwerk Leipnitz befinden sich unter den Nummern 1-46 bis 1-52 und umfassen den Zeitraum von 1945 - 58. Die Akten zum Braunkohlenwerk "Grube Flora" befinden sich unter den Nummern 1-53 bis 1-73 und umfassen den Zeitraum 1939 - 55. Die alten Archivsignaturen sind mit aufgenommen worden.


3. Bearbeitungsbericht

Im Bergarchiv Freiberg ist der Teilbestand 40184-1 (Akten) im Rahmen eines Werkvertrages im Sommer 2008 von Regina Schulz mittels des Archivprogramms AUGIAS erschlossen worden. Dabei wurde zuerst eine ältere archivische Findkartei retrokonvertiert. Anschließend wurde die Verzeichnungsangaben modifiziert und - soweit erforderlich - Enthältvermerke gebildet sowie eine sachthematische Klassifikation erstellt. Es wurden 36 Akten mit einer Laufzeit von 1934 bis 1960 erfasst. Vier Akten wurden auf Grund ihrer Laufzeit dem Bestand 40128-04 Gewerkschaft Leipzig-Dölitzer Kohlenwerke zugeordnet. Im Zuge der Verzeichnung erfolgte die technische Bearbeitung des Teilbestandes (Entfernung von Metallklammern sowie Einschlagen der Akteneinheiten in säurefreies Papier).
Der Teilbestand 40184-2 (Risse) ist im März 2010 im Rahmen eines studienbegleitenden Praktikums von Frau stud. Industriearchäologin Eva Nüsser erstmalig bearbeitet worden. Dabei wurden die übernommenen Unterlagen bewertet, erschlossen und sachgerecht verpackt. Es wurden alle Unterlagen für archivwürdig erachtet. Die Verzeichnung erfolgte im Archivprogramm AUGIAS. Eine technische Bearbeitung erfolgte nicht.


4. Korrespondierende Bestände

40024-03 Landesbergamt - Baugrunduntersuchungen
40024-07 Landesbergamt - Braunkohle
40038-1 Deponierte Braunkohlenrisse
40038-2 Deponierte Braunkohlenrisse, Winkelbücher
40051 Bergamt Leipzig
40067-1 Bergbehörde Borna
40085 Revierausschuss Freiberg
40093 VVB Braunkohle Leipzig, Sitz Borna
40128-04 Gewerkschaft Leipzig-Dölitzer Kohlenwerke
40128-05 Staatliche Sächsische Braunkohlenwerke Leipnitz
40128-09 Leipziger Braunkohlenwerke Kulkwitz AG, Kulkwitz
40128-13 Braunkohlenwerk "Grube Flora" Ragewitz
40185 VEB Braunkohlenwerk Kulkwitz



5. Literatur zum Bestand

Das nordwestsächsische Braunkohlenrevier, o. O und o. J.

Die Bestände des sächsischen Bergarchivs Freiberg, Halle 2003.

Ökonomische Geographie der Montanindustrie in der Deutschen Demokratischen Republik, Gotha und Leipzig 1966.

Straße der Braunkohle, Veredlungsstandorte, Schachtanlagen und Halden, Leipzig 2000.



Freiberg, den 27. November 2008 / Mai 2010
Dr. Clemens Heitmann
Eva Nüsser
Regina Schulz
Betriebsteile: VEB Braunkohlenwerk Dölitz (bei Leipzig).- VEB Braunkohlenwerk Leipnitz (bei Grimma).- VEB Braunkohlenwerk „Grube Flora“ Ragewitz (bei Grimma).
Leitung und Organisation.- Schließung der Werke.- Berichtsführung.- Planung.- Betriebsrat.- Betriebsgewerkschaftsleitung.- Interessengruppen.- Wettbewerbe.- Grubenangelegenheiten.- Materialwirtschaft.- Wasserführung.- Wohnungsbau.- Markscheiderei.
Die Gewerkschaft Leipzig-Dölitzer Kohlenwerke wechselte aufgrund des Gesetzes über die Überführung von Bergwerken und Bodenschätzen in das Eigentum des Landes Sachsen vom 8. Mai 1947 ihren Rechtsträger. An die Stelle des Rates der Stadt Leipzig trat die Verwaltung der Kohlenindustrie Sachsen, später die VVB Braunkohle in Borna. Das 1948 enteignete Braunkohlenwerk „Grube Flora“ bei Ragewitz war zum 8. Januar 1949 in so genanntes Volkseigentum übergegangen und kam 1951 als Betriebsteil zu Dölitz, dem darüber hinaus noch der VEB Braunkohlenwerk Leipnitz inkorporiert war. Da der Braunkohlentiefbau, in dem die drei Werke abbauten, unrentabel geworden war, verfügte der Ministerrat der DDR Mitte der fünfziger Jahre deren Stilllegung, die zu Beginn des Jahres 1959 abgeschlossen war. Die Anlagen dienten teilweise dem Institut für Grubensicherheit in Leipzig und der Versuchsstrecke Freiberg als Testgelände.
  • 2008, 2010 | Findbuch/Datenbank (Akten)
  • 2010 | Findbuch/Datenbank (Risse)
  • 2024-02-20 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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