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Beständeübersicht

Bestand

40200 Zusammengefasster Bestand Lausitzer und mitteldeutsche Braunkohlenindustrie

Datierung1883 - 2009
Benutzung im Bergarchiv Freiberg
Umfang (nur lfm)116,27

Bestand enthält auch 1353 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Vorwort
Geschichte der Lausitzer und mitteldeutschen Braunkohleindustrie (Registraturbildner)

Die wirtschaftliche, kulturelle, soziale und später auch die industrielle Entwicklung Sachsens sind seit jeher vom Bergbau geprägt. Das wohl spektakulärste und augenfälligste Beispiel anthropogener Bergbau(folge)landschaften bieten dabei die beiden Braunkohlenreviere, welche sich zumindest teilweise auf das Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen erstrecken, nämlich a) das mitteldeutsche sowie b) das Lausitzer Braunkohlerevier. Das mitteldeutsche Braunkohlenrevier liegt im Großraum Leipzig und erstreckt sich über die Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt in den Raum Zeitz, Halle und Bitterfeld sowie nach Thüringen in das Gebiet von Meuselwitz und Altenburg. Darüber hinaus werden die nordwestlich davon gelegenen Lagerstätten bei Aschersleben-Nachterstedt (Sachsen-Anhalt) sowie das Helmstedter Revier (Niedersachsen) dazugerechnet. Das Lausitzer Braunkohlerevier besteht aus Abbaugebieten in der brandenburgischen Niederlausitz (um Senftenberg und Cottbus) sowie in der zu Brandenburg (um Spremberg) und Sachsen (um Hoyerswerda) gehörenden Oberlausitz. Ein weiterer - inzwischen stillgelegter Teil – lag zwischen Görlitz und Zittau und setzte sich östlich der Neiße fort.

Vor der Industrialisierung der beiden Regionen wurde Braunkohle aus zahlreichen kleinen lokalen Gruben gefördert und als häusliches Brennmaterial oder als landwirtschaftlicher Dünger genutzt. Im mitteldeutschen Raum begann die Förderung in kleinem Umfang bereits im 17. Jahrhundert in Tagebauen oder oberflächennahen untertägigen Bergwerken. In der Lausitz wurde am Standort des späteren Braunkohlenkombinats Lauchhammer 1789 Braunkohle gefunden und ein erster Braunkohlenschacht dort 1815 niedergebracht. Der Brennstoffbedarf der Spremberger Tuchfabriken und Glashütten war dann in den 1860er Jahren das auslösende Moment für die Gründung mehrerer Grubenbetriebe in der Oberlausitz. Denn seit Ende der 1850er Jahre Braunkohle verschwelt und brikettiert wurde[01] , konnte sich die Lausitzer Braunkohle auf dem deutschen Brennstoffmarkt gegen die Steinkohle aus Schlesien und aus dem Ruhrrevier durchsetzen. Nach 1870 nahm die Braunkohlegewinnung strukturbestimmende Ausmaße an; 1882 wurde bei Domsdorf die Brikettfabrik Louise eröffnet, 1911 entstand bei Hirschfelde (Zittau) das erste deutsche Braunkohlegroßkraftwerk. Seit dieser Zeit übertraf die Förderung aus den offenen Tagebauen diejenige der Braunkohlenbergwerke (Tiefbaugruben), da zunehmend Großgeräte für die umfangreichen Abraumbewegungen und die Kohleförderung eingesetzt wurden. Zur Vollendung gebracht wurde dieses Prinzip des technisch effizienten Grubenbetriebs 1924 mit der Errichtung der weltweit ersten Abraumförderbrücke in der Grube "Agnes" im brandenburgischen Plessa. Der erste Großtagebau in Mitteldeutschland entstand 1921 im Südraum von Leipzig (Tagebau Böhlen, 1969 in Tagebau Zwenkau umbenannt). Damit einher ging ein Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für den kostengünstigen Transport zwischen den Gruben, Fabriken und Abnehmern, eine Zunahme der Beschäftigten und der regionalen Bevölkerung sowie eine Wandlung der Siedlungsstrukturen. Orte verloren ihren dörflichen Charakter, wurden devastiert oder völlig neue Siedlungen für die Arbeiter der Tagebaue gegründet. Bald wurde Braunkohle nicht mehr nur als Brennstoff für Industrie und Privathaushalte genutzt, sondern als Grundstoff für die industrielle Kohlechemie. Im Zuge der nationalsozialistischen Autarkiepolitik wurden Verfahren zur Treibstoffherstellung auf Braukohlenbasis forciert und es entstanden im mitteldeutschen Revier zwischen 1935 und 1942 die Braunkohlenverarbeitungswerke in Böhlen und Espenhain.

Nach Kriegszerstörung, Wiederaufbau und Verstaatlichung der Anlagen wurden ab 1968 konzernähnliche Braunkohlenkombinate mit einer Vielzahl großräumiger Tagebaue, Brikettfabriken, Kokereien, Schwelereien und Kraftwerken sowie den erforderlichen Ausrüstungsbetrieben gebildet. Im Südraum Leipzigs entstand z.B. das "Braunkohlenkombinat Espenhain" mit über 50.000 Beschäftigten. Im Lausitzer Revier entstanden das Braunkohlenkombinat Senftenberg, welches dort allein siebzehn Tagebaue betrieb und im Jahr 1989 etwa 1/6 der Braunkohlenweltproduktion förderte, sowie ab 1955 nördlich der Stadt Hoyerswerda mitten in einer bis dahin weitgehend unbesiedelten Heidelandschaft das "Gaskombinat Schwarze Pumpe"[02] . Durch diesen später einmal größten Braunkohleveredlungsbetrieb der Welt stieg die Zahl der Einwohner in dem vormals kleinen, heute zu Sachsen gehörigen sächsischen Ort Hoyerswerda innerhalb von drei Jahrzehnten von weniger als 10.000 auf schließlich über 70.000 Menschen, für die hier eine - dem Anspruch nach - sozialistische Stadt mit industriell gefertigten Wohnungen in der markanten Großblock- und Plattenbauweise und den ergänzenden Funktionsbauten geschaffen wurde.

Im Jahr 1980 folgte ein weiterer Konzentrationsprozess und (fast) alle bis dahin bestehenden Braunkohlenkombinate wurden in den Kombinaten Bitterfeld (Mitteldeutschland) und Senftenberg (Lausitz) zusammengeführt. Diese Struktur blieb dann bestehen, bis mit der DDR auch deren staatswirtschaftliche Strukturen untergingen und in den Braunkohlerevieren ein radikaler Umbruch einsetzte.

Die jährliche Produktion von rund 300 Millionen Tonnen Rohbraunkohle wurde auf weniger als 80 Millionen Tonnen reduziert und zahlreiche Tagebaue und Brikettfabriken (sowie praktisch die gesamte mitteldeutsche Kohlechemieindustrie) wurden stillgelegt. Rechtsnachfolger der ehemals volkseigenen Braunkohlenindustrie wurde die Bundesrepublik Deutschland. Mit der Verwaltung und Verwertung dieser Industriebranche wurde die Treuhandanstalt betraut, die zuerst die wirtschaftlich lukrative Braunkohlengewinnung von der Last des Strukturwandels und Sanierungsbedarfs trennte. So entstanden durch Privatisierung der staatswirtschaftlichen Kombinate im Lausitzer Revier aus dem Braunkohlekombinat Senftenberg die "Lausitzer Braunkohle AG" (LAUBAG)[03] , aus dem Gaskombinat Schwarze Pumpe die "Energiewerke Schwarze Pumpe AG" (ESPAG)[04] und im mitteldeutschen Revier aus dem einstmals "volkseigenen" Braunkohlenkombinat Bitterfeld die "Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlenwerke AG"[05] .

Die Treuhandanstalt konnte aber nur solche ehemaligen DDR-Staatsbetriebe privatisieren, deren Unternehmenstätigkeit Investoren rentierlich erschien oder die über Betriebsvermögen verfügten. Die nichtprivatisierbaren Braunkohlenbetriebe sowie die Bergbaualtlasten in der Lausitz und in Mitteldeutschland wurden der eigens gegründeten "Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH" (LMBV) übertragen, welche bis heute die ehemaligen Bergbauflächen saniert, die Wasserqualität der Tagebaurestseen sicherstellt, die Böschungen der Gruben stabilisiert, Immobilien vermarktet und die Wirtschaft sowie den Tourismus in den ehemaligen Bergbauregionen fördert[06] . Mit erheblichen öffentlichen Mitteln wurden 32 (von insgesamt 39) Braunkohlentagebauen renaturiert[07] und es entstanden durch untereinander verbundene Seen einmalige Bergbaufolgelandschaften.



Bestandsgeschichte
Mit der Lausitzer und mitteldeutschen Braunkohleindustrie wurden auch deren Registraturen und Betriebsarchive abgewickelt und aufgelöst. Da die gesamte Branche Teil der DDR-Staatswirtschaft war, gehörte gem. § 4 (2) Archivgesetz für den Freistaat Sachsen auch deren Überlieferung in staatlichen Archivgewahrsam. Die Abteilung Bergarchiv Freiberg ist innerhalb des Sächsischen Staatsarchivs zuständig für die Überlieferung der mittleren und unteren sächsischen Bergverwaltung sowie der sächsischen Bergbau- und Hüttenbetriebe und der zugehörigen wirtschaftsleitenden Einrichtungen. Dies betrifft insbesondere Betriebe, deren Hauptgegenstand die Gewinnung von Rohstoffen war, aber auch weitere damit eng verknüpfte, der Bergverwaltung unterstehende Unternehmen sowie deren Rechts- und Funktionsvorgänger. Unglücklicherweise wurden die Registraturen der DDR-Braunkohlenindustrie in den 1990er Jahren in mehrere Teile zerrissen; privatisierte Unternehmen erhielten mindestens die für die weitere Betriebsführung erforderlichen Unterlagen, Personalunterlagen und Gehaltsnachweise wurden für öffentliche Stellen herausgelöst ebenso wie solche für Aufgaben der Bergbausanierung. Lediglich die nicht benötigten Altunterlagen wurden unmittelbar an staatliche Archive abgegeben. Dem Bergarchiv Freiberg sind seit dem Jahr 2008 geschätzt etwa 5.000 lfm Unterlagen der abgewickelten DDR-staatlichen Braunkohlenindustrie sowie auch der nachfolgenden Bergbausanierungsunternehmen angeboten, davon etwa 1.000 lfm Unterlagen aktenweise gesichtet und bewertet und davon schließlich ca. 1/5 übernommen worden[08] . Diese Überlieferung war vollständig verunordnet und keineswegs zusammenhängend oder vollständig, denn es waren bereits zur DDR-Zeit Altunterlagen stillgelegter Bergbaubetriebe an die zuständigen staatlichen Archive abgegeben worden[09] . Neben den dominierenden Akten sind zahlreiche Karten, Pläne und Risse, audiovisuelle, fotografische sowie auch elektronische Unterlagen überliefert. Dokumentiert sind insbesondere die Entstehung und Entwicklung der Braunkohlenbetriebe, die Ausrüstung der Betriebe mit Maschinen und Anlagen und sogar deren Stilllegung, Verschrottung oder heutige Nachnutzung sowie vielfältige soziale, politische und kulturelle Aspekte dieses Industriezweiges.

Wenngleich die Zuständigkeit des Bergarchivs Freiberg sich nur auf die Überlieferung der DDR-Braunkohlenindustrie nebst ihrer Vorgänger erstreckt und somit weder die bundeseigenen Bergbausanierungsunternehmen[10] noch die der privatwirtschaftlichen Konzerne erfasst, so sind hier doch große Mengen entsprechender Unterlagen mit überliefert. Von den privaten Unternehmen der Braunkohlenindustrie sind dies insbesondere Druckschriften aus den 1990er Jahren, welche den ungemein dynamischen Strukturwandel der Branche und seine Folgen für die Wirtschafts- und Sozialstruktur in den neuen Ländern dokumentieren. Von der LMBV und ihren Funktionsvorgängern sind umfangreiche Akten sowie Karten, Risse und Pläne über die Flächensanierung und –verwertung sowie über die Planung, Finanzierung und Gestaltung der beschriebenen Bergbaufolgelandschaften überliefert. Mit diesen Unterlagen ist nicht nur ein wertvoller Teil der Überlieferung der Lausitzer und mitteldeutschen Braunkohlenindustrie in archivischen Gewahrsam gelangt, sondern auch ein bestimmender Teil der Überlieferung der regionalen Geschichte.



Dr. Heitmann



Bestandsinhalte:


Lausitzer Braunkohlenindustrie:

Ilse Bergbau AG.- Eintracht Kohlenwerke.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Berzdorf (siehe auch Bestand 40192).- VEB Franz Mehring Brieske-Ost.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat Oberlausitz Hagenwerder mit Vorgängern und inkorporierten Betrieben (siehe auch Bestand 40192).- VEB Braunkohlenwerk Hirschfelde.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk und Braunkohlenkombinat Glückauf Knappenrode.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk John Schehr, John Scheer Laubusch.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Spreetal.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Frieden Weißwasser.- VEB Braunkohlenwerk Alfred Scholz Welzow.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Heide / Zeißholz.- LAUBAG.- LMBV.



Mitteldeutsche Braunkohlenindustrie:

Anhaltinische Kohlenwerke.- Landkraftwerke Kulkwitz.- Grube Leopold, Bitterfeld.- VEB BKK Bitterfeld.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat und Braunkohlenwerk Borna (siehe auch Bestand 40183).- VEB BKK Espenhain (siehe auch Bestand 20681 VEB Braunkohlenveredlung Espenhain).- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat und Braunkohlenwerk Regis bei Borna (siehe auch Bestand 40126).- MBV.- LMBV.



Sachthemen (Auswahl):

Bergschäden.- Devastierungen, Ortsverlegungen.- Flussverlegungen.- Recht.- Rekultivierung / Wiederurbarmachung, Bergbaufolgeseen.- Wasserwirtschaft.



Hinweise auf Benutzungsbeschränkungen:


Die Unterlagen unterliegen teilweise Schutzfristen nach §10 SächsArchivG oder enthalten besonders geschützte Daten nach § 9 Abs. 2 SächsArchivG.



Korrespondierende Bestände:

Sächsisches Staatsarchiv - Bergarchiv Freiberg
40038 Deponierte Braunkohlenrisse

40041 Fiskalische Braunkohlenrisse

40048 Bergamt Görlitz (preußisches Bergrevier)

40067 Bergbehörde Borna

40068 Bergbehörde Senftenberg

40071 Bergamt Borna

40093 VVB Braunkohle Leipzig

40125 Zentralwerkstatt Regis

40126 VEB Braunkohlenwerk Regis

40127 Braunkohlenwerke des Meuselwitz-Rositzer Reviers

40128 Braunkohlenwerke des Leipzig-Bornaer Reviers

40184 VEB Braunkohlenwerk Dölitz

40185 VEB Braunkohlenwerk Kulkwitz

40192 VEB Braunkohlenwerk Oberlausitz



Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig
20681 VEB Braunkohlenveredlung Espenhain

20640 ASW (Aktiengesellschaft Sächsische Werke), Braunkohlen- und Großkraftwerk Espenhain

20632 ASW (Aktiengesellschaft Sächsische Werke), Braunkohlen- und Großkraftwerk Böhlen



Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden
11605 AG Sächsische Werke (ASW), Dresden



Bergbaumuseum Bochum
BBA 123 Ilse Bergbau GmbH, Bonn



Brandenburger Landesarchiv
901 Laus BKW; Rep. 901 Lausitzer Braunkohlenwerke; 1856-1999; Rep. 861 Bergbehörde Senftenberg; Rep. 14C Bergrevier Senftenberg u.a.



Landesarchiv Sachsen-Anhalt
Tektonikgruppe 07.01. Bergbau; Bestand F 516 Anhaltische Kohlenwerke AG, Halle (Saale) u.a.



Landesarchiv Thüringen
Bestand 1-33-0500 Thüringisches Bergamt Altenburg u.a.



Sächsisches Wirtschaftsarchiv
U180 Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), Zeitz

(Provenienzen: A. Riebeck'sche Montanwerke. - Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG. - Gewerkschaft Hohenzollernhall. - Anhaltische Kohlenwerke AG. - Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlenwerke AG, BKW Regis. - Phönix AG für Braunkohlenverwertung Mumsdorf. - VEB Braunkohlenwerk Deuben. - SAG für Brennstoffindustrie, Kombinat Profen. - VEB Braunkohlenwerk Regis. - VEB Braunkohlenwerk Zeitz. - VEB Braunkohlenwerk Zipsendorf. - VVB Braunkohle Senftenberg. - VE Braunkohlenkombinat Bitterfeld- Stand lt. Internetseite von Juni 2023)



Stiftung Kraftwerke der LEAG Lausitz Energie Kraftwerke AG (Stand 2023) - teilweise digitalisiert und über die Internetseite der SLUB Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek einsehbar - Braunkohlenwerk und Kraftwerk Hirschfelde und Kraftwerk Hagenwerder



Literatur:

Heitmann, Clemens unter Mitarbeit von Matthias Fiedler und Sebastian Müller, Entstehung, Entwicklung und Bedeutung der Lausitzer und mitteldeutschen Braunkohlenindustrie im Spiegel ihrer Überlieferung im Bergarchiv Freiberg, in: Archiv und Wirtschaft · 43 (2010), S. 11 – 23

Katrin Verch, Sicherung und Bewertung der Braunkohlenbestände, in: Brandenburgische Archive. Mitteilungen aus dem Archivwesen des Landes Brandenburg. Hrsg. vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem Landesverband Brandenburg im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V., S. 15-19

[Hlm: http://www.blha.de/FilePool/BA_26_09.pdf ]

Verch, Katrin, Zur Bewertung des Schriftgutes liquidierter Betriebe der DDR aus dem Informations- und Dokumentationszentrum Brandenburg der DISOS GmbH, in: Brandenburgische Archive. Mitteilungen aus dem Archivwesen des Landes Brandenburg. Hrsg. vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem Landesverband Brandenburg im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V., 17+18/2001, S. 36 - 38



[01] Rohbraunkohle ist aufgrund des hohen Wassergehalts hinsichtlich ihrer Transport- und Brenneigenschaften wirtschaftlich ineffizient. Erst nachdem 1858 auf der "Grube Theodor" in Ammendorf südlich von Halle an der Saale (1861 umbenannt in "Brikettfabrik von der Heydt") eine von Carl Exter (1816-1870) ersonnene Presse zur Brikettierung von Braunkohle in Betrieb genommen wurde, konnten durch Trocknung und Pressung Braunkohlenbriketts hergestellt und als Brennmaterial erfolgreich vermarktet werden.
[02] Der Name "Schwarze Pumpe" rührt vom Namen eines Gasthofes her, in dessen Nähe Ende des 19. Jahrhunderts die "Kolonie Schwarze Pumpe" für Arbeiter der umliegenden Braunkohlengruben und sonstigen Industriebetrieben entstand. Seit 1998 gehört die Gemeinde Schwarze Pumpe zur brandenburgischen Stadt Spremberg.
Die enorme Bedeutung des späteren "Gaskombinats Schwarze Pumpe" und der beliefernden Braunkohlebetriebe ergibt sich aus der Struktur der DDR-Energieversorgung. Da der ostdeutsche Teilstaat über keine eigenen Erdgasvorkommen verfügte und teure Importe anderer Energieträger (z.B. Öl) scheute, wurde in zentralen Anlagen aus Braunkohle Kokereigas ("Stadtgas") hergestellt – ein technischen Verfahren, das in Westeuropa seit den 1960er Jahren sukzessive durch die Erdgasversorgung abgelöst wurde. In der DDR verlief die technische Entwicklung gegenläufig; die Zentralverwaltungswirtschaft setzte weiterhin auf die Kohlevergasung und übertrug dem 1970 gegründeten "Gaskombinat Schwarze Pumpe" die gesamte Gasversorgungskette in der DDR einschließlich der Forschung und Entwicklung.
[03] 1994 wurde die LAUBAG von der Treuhandanstalt an ein Konsortium aus deutschen Energieversorgern veräußert. Wegen wettbewerbsrechtlicher Auflagen kam es im Jahr 2000 erneut zu Eigentümerwechseln und seit 2002 firmiert die ehemalige LAUBAG als Vattenfall Mining AG.
[04] 1993 ging die ESPAG durch Verschmelzung in der LAUBAG auf.
[05] Der größte Teil der 1990 entstandenen Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlenwerke AG wurde 1994 an ein britisch-amerikanisches Firmenkonsortium sowie 2009 wiederum an das ehemalige tschechische staatliche Energieunternehmen CEZ verkauft und firmiert seitdem als Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG). Diese betreibt heute im Leipziger Südraum die beiden Großtagebaue Vereinigtes Schleenhain und Profen sowie drei Kraftwerke und liefert den Brennstoff für mehrere Großkraftwerke im mitteldeutschen Raum.
[06] Die LMBV entstand 1995 durch Zusammenlegung der Lausitzer Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LBV) sowie der Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (MBV) und befindet sich heute vollständig im Eigentum des Bundes.
[07] Dies waren ca. 224 Restlöcher sowie zahllose sanierungsbedürftige Betriebsflächen mit einer Fläche von insgesamt 100.000 Hektar. In die der LMBV übertragenen ehemaligen Braunkohlebergbauflächen in den Ländern Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden bis zum Jahr 2008 etwa 8,5 Milliarden Euro investiert.
[08] Diese Unterlagen bilden den hier vorliegenden Zusammengefasster Bestand 40200 Lausitzer und mitteldeutsche Braunkohleindustrie. Der Bestand umfaßt ca. 106 lfm Akten, 1.000 Stück Karten, Pläne und Risse, 21 AVM-Objekte (Bewegtbildfilme) sowie große Mengen fotographisches Material.
[09] Entsprechend bestehen im Bergarchiv Freiberg u.a. die Einheitsbestände (= Provenienzbestände) 40093 VVB Braunkohle Leipzig (1945 – 1969) und 40184 VEB Braunkohlenwerk Dölitz (1945 – 1959) sowie die zusammengefaßten Bestände 40127 Braunkohlenwerke des Meuselwitz-Rositzer Reviers (1858 – 1951) und 40128 Braunkohlenwerke des Leipzig-Bornaer Reviers (1860 – 1952). Daneben gibt es große Bestände einzelner DDR-Betriebe, z.B. im Bergarchiv Freiberg der Bestand 40126 VEB Braunkohlenwerk Regis oder im Staatsarchiv Leipzig der Bestand 20681 VEB Braunkohlenveredlung Espenhain.
Da die Braunkohlenreviere deutlich über die Grenzen des heutigen Freistaates Sachsen hinausragen, waren nicht nur aufwendige Provenienzrecherchen der regelmäßig ungeordneten Altunterlagen, sondern auch umfangreiche Bestandsabgrenzungen notwendig. Grundsätzlich wurde hier nach dem Territorialitätsprinzip (Aufteilungsprinzip) verfahren, d.h. die Unterlagen wurden anteilig auf die für den Sprengel zuständigen staatlichen Archive Sachsens, Sachsen-Anhalts und Brandenburgs aufgeteilt (bei den großräumigen Tagebaubetrieben, die ohne Rücksicht auf vormals nicht bestehende Landesgrenzen angelegt wurden, hat dieses Prinzip allerdings seine Grenzen). Die fotographische Überlieferung der Branche wird derzeit noch gesichtet mit dem Ziel einer entsprechenden Aufteilung.
[10] Neben der LMBV existieren noch die bundeseigene Wismut GmbH zur Sanierung der Uranbergbauanlagen sowie die "Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Bergwerksbetrieben mbH" (GVV) zur Stilllegung und Sanierung unwirtschaftlicher Betriebe des Kali-, Erz- und Spatbergbaus in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Lausitzer Braunkohlenindustrie:
Ilse Bergbau AG.- Eintracht Kohlenwerke.-
Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Berzdorf (siehe auch Bestand 40192).- VEB Franz Mehring Brieske-Ost.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat Oberlausitz Hagenwerder mit Vorgängern und inkorporierten Betrieben (siehe auch Bestand 40192).- VEB Braunkohlenwerk Hirschfelde.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk und Braunkohlenkombinat Glückauf Knappenrode.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk John Schehr, Laubusch.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Spreetal.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Frieden Weißwasser.- VEB Braunkohlenwerk Alfred Scholz Welzow.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenwerk Heide / Zeißholz.-
LAUBAG.- LMBV.

Mitteldeutsche Braunkohlenindustrie:
Anhaltinische Kohlenwerke.- Landkraftwerke Kulkwitz.- Grube Leopold, Bitterfeld.-
VEB BKK Bitterfeld.- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat und Braunkohlenwerk Borna (siehe auch Bestand 40183).- VEB BKK Espenhain (siehe auch Bestand 20681 VEB Braunkohlenveredlung Espenhain).- Volkseigener Betrieb Braunkohlenkombinat und Braunkohlenwerk Regis bei Borna (siehe auch Bestand 40126).-
MBV.

Sachthemen (Auswahl):
Bergschäden.- Devastierungen, Ortsverlegungen.- Flussverlegungen.- Recht.- Rekultivierung / Wiederurbarmachung, Bergbaufolgeseen.- Wasserwirtschaft.
  • 2010 | Findbuch/Datenbank (Akten)
  • 2011 | Findbuch/Datenbank (Risse)
  • 2024-02-20 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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