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Beständeübersicht

Bestand

50087 Elbe-Oder-Kanal-Verein Görlitz

Datierung1913 - 1940
Benutzung im Staatsfilialarchiv Bautzen
Umfang (nur lfm)
1. Behördengeschichte

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts war der Bau eines Mittellandkanals in Planung, einer Wasser-straße, die Rhein, Weser, Elbe und Havel miteinander verbinden sollte. In dessen Umsetzung sah man in Schlesien jedoch einen landwirtschaftlichen und industriellen Nachteil. Darum wollte die Breslauer Handelskammer mit einer Denkschrift die Erbauung eines Elbe-Oder-Kanals zwischen Torgau und Maltsch anregen. Im Berliner Abgeordnetenhaus wurde das Projekt jedoch aus politischen Gründen abgelehnt. Anfang des 20. Jahrhunderts griff die Handelskammer in Görlitz dieses Projekt wieder auf. Sie fand mit den Kammern in Dresden, Chemnitz und Cottbus, sowie mit anderen Städten Partner und gewann damit politischen Rückhalt. Obwohl zwischenzeitlich der Erste Weltkrieg wütete, führte dies keineswegs zur Unterbrechung in der Planung. 1918 wurde der Regierungsbaumeister Schulz aus Berlin von der Görlitzer Handelskammer beauftragt, eine umfassende Denkschrift über das Vorhaben anzufertigen. Bis 1924 versuchte man sich damit bei der Reichsregierung Gehör zu verschaffen. Diese Bemühungen blieben vorerst erfolglos.
1924 stellte Landesbaurat Freystedt aus Liegnitz in einer eigenen Denkschrift neue Projektansätze vor. Die Handelskammer von Görlitz bestand jedoch auf eine einheitliche Planung, die in Berlin durch alle teilnehmenden Körperschaften vertreten werden sollte, um so die Chancen auf Unterstützung der Regierung zu erhöhen und die wirtschaftliche Machbarkeit zu gewährleisten.
Um die Ansätze beider, Freystedt und Schulz, in eine gemeinsame Planung einfließen zu lassen, wurde am 11. Mai 1925 der Elbe-Oder-Kanal-Verein in Görlitz gegründet. Da der Verein keinen festen Sitz hatte, übernahm die Stadt Görlitz als Gründungsmitglied den sämtlichen Schriftverkehr. Zu den späteren Mitgliedern des Vereins zählten mehr als hundert Städte, Kommunalverbände, Kammern, Firmen und Gewerkschaftsverbände. Bei der ersten offiziellen Mitgliederversammlung am 17. Juni 1925, die in Görlitz stattfand, wurden der Vorstand, der Beirat und weitere Mitglieder gewählt. Den Vereinsvorsitz bildeten die Oberbürgermeister von Görlitz und Liegnitz zusammen. Für die Erstellung einer eigenen Satzung orientierte sich der Verein an Entwürfe und Ausfertigungen bereits bestehender Kanal- und Schifffahrtsvereine im deutschsprachigen Raum.
Um das Großprojekt zu finanzieren, stand der Verein im engen Kontakt mit dem Reichsverkehrsministerium, welches sich dafür beim Reichstag einsetzte. Dort wurde erklärt, dass die beteiligte Interessengemeinschaft drei Fünftel der Mittel für die Vorarbeiten selbst und der Staat nur zwei Fünftel davon zu tragen hätten. Von der großen Bedeutung des neuen Verkehrsweges für Schlesien überzeugt, erklärten sich die Mitglieder bereit, diese Summe aufzubringen. Um das Eigenkapital und die Fördermittel innerhalb der am Kanal anliegenden Kommunen effektiv verteilen zu können, wurde ein Punktesystem erdacht, welches aus dem voraussichtlichen Warenverkehr des Kanals für die einzelnen Gemeinden berechnet wurde.
1927 war die Einrichtung eines Kanalbauamtes durch den Verkehrsminister in Senftenberg geplant, um eine Studie zur Machbarkeit für einen Kanal zur Verbindung der Elbe und der Niederlausitzer Braunkohlegebiete zu entwickeln. Auch die Oderstrombauverwaltung Breslau sollte entsprechende Vorarbeiten leisten. Bis 1930 erfolgten vom Verein und den Behörden umfangreiche Planungen. Dazu wurde unter anderem vom 15. bis zum 20. Oktober 1928 das Kanalgebiet bereist.
Die geplante Umsetzung des Elbe-Oder-Kanals war mit hohe Kosten verbunden, zum Beispiel die Errichtung großer Staubecken, um die Schiffbarkeit der Oder zu erhalten. Jedoch konnte der Verein von seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung überzeugen. Damit standen die Chancen für eine erfolgreiche Verwirklichung gut. Die politischen Umbrüche zur Zeit des Nationalsozialismus und letztendlich der zweite Weltkrieg verhinderten die bauliche Umsetzung des Elbe-Oder-Kanals, was in die Auflösung des Vereins 1945 mündete.


2. Bestandsgeschichte

Den Angaben der Zentralen Bestandsnachweiskarte (ZBN) zufolge wurde das Archivgut 1945 ins damalige Landesarchiv Bautzen übernommen. Dabei umfasste der Bestand 0,4 lfm (18 AE). Nicht belegt ist die abgebende Stelle. Von 1945 bis 1992 lagerte der Bestand im Archivstandort Ortenburg in Bautzen. 1992 erfolgte die Umlagerung in das Archivdepot "Offizierskasino" in der Löhrstraße in Bautzen. Mit den anderen dort lagernden Beständen wurde er 1996 in das Magazin des Staatsarchivs Leipzig verbracht. Die Rückkehr nach Bautzen erfolgte im September 2001. Hier war inzwischen ein Magazinneubau für das Staatsfilialarchiv errichtet worden, welcher sehr gute Lagerungsbedingung für das Archivgut bietet.
Eine erste Verzeichnung erfolgte laut ZBN 1959 durch Anny Kunze. Die dabei erstellte Findkartei ist aber nicht mehr auffindbar.
Vom 23. bis zum 27. August 2021 begann die Bestandsbearbeitung durch Lina Sophie Wagenknecht. Sie entmetallisierte die Unterlagen und verpackte diese in etikettierte Dreiklappmappen. Die Akten wurden in einem alterungsbedingt gut erhaltenen Zustand aufgefunden. Den überwiegenden Teil bildete eine Loseblattsammlung, die Akten mit der Provenienz des Görlitzer Magistrats waren vereinzelt gebunden. Durch die technische Bearbeitung vergrößerte sich der Bestandsumfang auf 0,5 lfm. Da es sich bei der Akteneinheit Nr. 16 um eine Dublette handelte, wurde diese kassiert. Alle Archivalien wurden in archivgerechte, säurefrei-basisch gepufferte Archivkartons verpackt und der Bestand als organische Einheit magaziniert.
Am 22. November 2021 begann Julian Globisch, Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste/Fachrichtung Archiv im 3. Ausbildungsjahr, mit der Bestandserschließung. Der Bestand hatte im Zuge der Neuaufstellung der Tektonik des Staatsfilialarchivs zu Beginn der 2000er Jahre das Bestandskürzel 50087 erhalten. Eingeordnet ist der Bestand in die Tektonikgruppe 11 "Vereine, Vereinigungen und Religionsgemeinschaften". Die Verzeichnung erfolgte unter Verwendung der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs und mittels der Archivsoftware AUGIAS 9.2. Bei der Verzeichnung wurden folgende Angaben aufgenommen:

- Archivsignatur
- alte Archivsignatur
- Bestellnummer
- Provenienz
- Titel
- Enthält-Vermerk
- ggf. Darin-Vermerk
- Schadensklasse
- Umfang
- Datierung
- ggf. Bandnummer

Aufgrund des geringen Umfangs sind die Archivalien chronologisch geordnet und nach Bandnummern eingereiht.
Nach Auskunft des Ratsarchivs der Stadt Görlitz befinden sich weitere Unterlagen zum Elbe-Oder-Kanal-Verein im dortigen Archiv.
Grund für die Erschließung des Bestands war seine Relevanz für die Erforschung der Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte Ostdeutschlands. Außerdem besitzt der Bestand eine nicht zu unterschätzende heimatgeschichtliche Bedeutung.


3. Quellen
Informationen zur Behördengeschichte sind Archivalien des Bestandes entnommen.
  • 1959 | Findkartei
  • 2024-03-07 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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