08.11.2019

Archivale im Fokus

Ausschnitt aus Mandat, die bei der Bundesversammlung, wegen der Preßfreiheit und der entdeckten revolutionären Umtriebe gefaßten Beschlüsse betreffend, vom 13ten November 1819 (SächsStA-D, 10088 Oberkonsistorium, Loc. 10748/03, Bl. 60a) 
© gemeinfrei

Gegen die Freiheit der Meinung – Durch die Umsetzung der Karlsbader Beschlüsse von 1819 in Sachsen wurde die Zensur von Zeitschriften massiv ausgeweitet.

Im August 1819 fand in Karlsbad auf Einladung des österreichischen Außenministers Metternich eine Konferenz statt, an der neben Vertretern aus Österreich, Preußen, Hannover, Bayern, Württemberg, Baden, Nassau und Mecklenburg auch das Königreich Sachsen teilnahm. Als Versammlungsstätte hatte man den böhmischen Kurort gewählt, da die Konferenz geheim bleiben sollte und man die Zusammenkunft so als eher zufälliges Treffen von Ministern und Diplomaten darstellen wollte. Anlass war die Angst vor einer Revolution, auch ausgelöst durch die Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue durch den Burschenschaftler Karl Ludwig Sand im März 1819.

Man wollte nationale und liberale Tendenzen im Deutschen Bund bekämpfen: Die dazu in Karlsbad gefassten Beschlüsse sahen die staatliche Kontrolle der Universitäten und ein Verbot der Burschenschaften, die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Zensur von Zeitungen, Zeitschriften und Druckschriften sowie die Einrichtung einer Zentraluntersuchungskommission zur Aufdeckung revolutionärer Bestrebungen vor. Ebenso wurden Modalitäten zur militärischen Intervention des Deutschen Bundes bei Unruhen in einem der Mitgliedsstaaten festgelegt.

Dieses Maßnahmenpaket wurde in Gestalt von drei Gesetzen am 20. September 1819 auf dem Bundestag in Frankfurt am Main verabschiedet. Damit diese auch in den Gliedstaaten wirksam werden konnten, mussten sie dort formell in Kraft gesetzt werden. In Sachsen geschah dies vor 200 Jahren durch ein Mandat vom 13. November 1819, gegengezeichnet von dem Hof- und Justizsekretär Friedrich Moßdorf. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass ausgerechnet dessen Sohn Bernhard sein ganzes Leben für die – heute selbstverständlichen – Freiheiten eintreten sollte, die durch diese Maßnahmen unterdrückt werden sollte. Als Jurastudent in Leipzig war er Mitglied eines burschenschaftlichen Geheimbundes, nahm 1821 am griechischen Unabhängigkeitskrieg gegen die osmanische Herrschaft teil und wurde eine der zentralen Figuren des Anfang 1831 gegründeten Dresdner Bürgervereins, der für die Aufnahme weitgehender bürgerliche Rechte und Freiheiten in die sächsische Verfassung eintrat, darunter ein Aufgehen Sachsens in einem deutschen Nationalstaat. Als Verfasster eines alternativen Verfassungsentwurfs wurde Bernhard Moßdorf verhaftet und als einer der Haupträdelsführer der Unruhen in Dresden im April 1831 zu 15 Jahren Haft auf der Festung Königstein verurteilt, wo er im November 1833 unter nicht geklärten Umständen verstarb.

In den Beständen des Sächsischen Staatsarchivs befindet sich eine umfangreiche Überlieferung zur Geschichte der Zensur mit dem Schwerpunkt im 18. und 19. Jahrhundert sowie zum Ringen um bürgerliche Rechte und Freiheiten. Die Verzeichnungsangaben einiger einschlägiger Bestände wie 10088 Oberkonsistorium oder 10034 Kommission zur Untersuchung der Aprilunruhen in Dresden können bereits online recherchiert werden:

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