Beständeübersicht
Bestand
10736 Ministerium des Innern
Datierung | (1760 - 1831) 1831 - 1945 |
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Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 722,66 |
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1. Behördengeschichte und Zuständigkeit
1.1 Ursachen und Wirkung der Verfassungs- und Verwaltungsreform 1831
Bis 1831 wurden die Geschäfte der inneren Verwaltung des Landes Sachsen in oberster Instanz hauptsächlich vom Department für innere Angelegenheiten des Geheimen Kabinetts, außerdem aber zusammen mit den Justiz-, Polizei- und Medizinalsachen, von der Landesregierung wahrgenommen.
Sachsen war zwar seit 1806 Mitglied des Rheinbunds, blieb jedoch was die Verfassungs- und Verwaltungsverhältnisse betrifft, beim altständischen System des Staatsaufbaus, während andere europäische und Rheinbundstaaten im Inneren eine durchgreifende Modernisierung vollzogen. König Friedrich August bestätigte sogar ausdrücklich den Status quo vor den Ständen. Der Reformdruck war zu dieser Zeit durch einen wirtschaftlichen Aufschwung der sächsischen Industrie gemildert, der durch die Kontinentalsperre hervorgerufen worden war. Dass zwischen 1808 und 1815 insgesamt 43 Schriften zum Problem der Staatsreformen nachgewiesen sind, beweist nicht nur den im Vergleich mit den süddeutschen Königreichen Bayern und Württemberg bestehenden Reformbedarf in Sachsen, sondern dass insbesondere innerhalb der sachkundigen Beamtenschaft nach einem Weg gesucht wurde, den absolutistischen Staatsaufbau und vor allem seine Verfassungsverhältnisse zu modernisieren. [01] Viele dieser Initiativen wurden unterdrückt oder sogar verfolgt. Doch statt der Einrichtung von Fachministerien und der Durchsetzung des Büroprinzips in der Verwaltung wurde noch im Jahre 1817 mit der Auflösung des Geheimen Konsiliums in Sachsen zunächst die absolutistische Machtfülle des Königs und seines Kabinettsministers Einsiedel überhaupt erst hergestellt. Einsiedel als Chef des Geheimen Kabinetts erhielt immer umfassendere Vollmachten. Der neu eingerichtete Geheime Rat hatte nur beratende Funktionen. Diese durch Zentralisation und Konzentration gekennzeichnete Verwaltungsreform ohne Veränderung der alten Behördenorganisation rief erhebliche Opposition einerseits innerhalb der Beamtenschaft, andererseits innerhalb der Stände hervor, die auf dem Landtag 1817 aufbrach. Der Landtag 1817/18 trat am 18.10.1817 erstmals unter den neuen Bedingungen zusammen.
Das Dekret an die Landstände vom 20.10.1817 beinhaltet die neue Organisation der Zentralbehörden. Die Stände waren sehr unzufrieden mit dieser Neuordnung. In immer neuen Anträgen verlangten sie Verbesserungen. Aufgrund der außerordentlich harten Auseinandersetzungen dauerte der Landtag 8 Monate und verursachte enorme Kosten [02] .
Die Wiederherstellung des durch die Kriegsereignisse und Besetzung schwer getroffenen Landes wurde durch eine schwere Agrarkrise (1817-20) und eine Weiterentwicklung hemmende gesellschaftliche Verhältnisse gebremst. Die industrielle Revolution hatte in Sachsen bereits seit ca.1800 eingesetzt und zwar insbesondere in den auch nach 1815 bei Sachsen verbleibenden Landesteilen [03] . Daraus erwuchs besonders die Frage der Lebensmittel- und Rohstoffversorgung Sachsens zu einem Problem. Eine zunehmende Urbanisierung - in sächsischer Ausprägung vor allem eine starke Industrialisierung von Landgemeinden - setzte spätestens jetzt Agrarreformen auf den Plan, auch wenn bestimmte Ausprägungen des feudalen Herrschaftssystems wie die Erbuntertänigkeit in Sachsen nie verbreitet waren.
Die nach Aufhebung der Kontinentalsperre 1813 dem Wettbewerbsdruck durch englische Fabrikware ausgesetzte Manufaktur- und Heimindustrie war durch Steuererhöhungen für Rohstoffe und Zollschranken der Nachbarstaaten im Niedergang begriffen.
Die Folgen dieser wirtschaftlichen Probleme für die soziale Lage der sächsischen Bevölkerung waren dramatisch. Um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, wurde der administrative Druck auf die unteren Volksschichten erhöht. Dieses Vorgehen führte aber zu einer weiteren Radikalisierung. Unter dem Eindruck der französischen Julirevolution kam es in Sachsen sowohl in den Städten als auch auf dem Lande zu massiven Unruhen.
Die nunmehr seit Jahrzehnten blockierten Bestrebungen einiger jüngerer Beamter zur grundlegenden Neugestaltung des sächsischen Staatswesens, die auch seit Ende der 1820er Jahre wieder vermehrt geäußert wurden, erhielten so erheblichen Nachdruck "von der Straße".
Erst unter dem Eindruck der französischen Julirevolution kam es 1830 in Sachsen zu einem Aufbrechen der Erstarrung. Unmittelbarer Auslöser waren massive Unruhen in Stadt und Land, die ihre Wurzel vor allem aber in den Auswirkungen der tief greifenden Wirtschaftskrise hatten.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss nationalstaatlicher Bestrebungen in Europa überhaupt. So wurde mit besonderer Sympathie der griechische Unabhängigkeitskampf 1821-29 verfolgt. Die Verfassungen nicht nur anderer deutscher, sondern europäischer Länder wurden zu erklärten Vorbildern in der sächsischen Verfassungsdiskussion. Wie Thomas Nipperdey herausgearbeitet hat, war 1830 das Jahr, in der eine zweite Welle von Verfassungs- und Verwaltungsreformen in Europa und in Deutschland v.a. in norddeutschen Territorien in Gang gesetzt wurde. Zu nennen sind neben Sachsen das Herzogtum Braunschweig, das Königreich Hannover und vor allem auch das Kurfürstentum Hessen-Kassel, wo der liberale Verfassungsrechtler Sylvester Jordan einen sehr fortschrittlichen Verfassungsentwurf vorlegte [04] .
Eingeleitet wurden die Reformen dadurch, dass es unter dem Eindruck der revolutionären Bewegung den Geheimen Räten gelang, den Reformen gegenüber aufgeschlossenen Prinz Friedrich August als Mitregenten durchzusetzen und den Kabinettsminister Einsiedel (der noch im Frühjahr 1830 insbesondere die oben erwähnten Vorschläge zu einer durchgreifenden Reform der Verwaltung als Unsinn bezeichnet hatte) zum Rücktritt zu bewegen.
Nach Zustimmung der Stände unterzeichneten König Anton und Kronprinz Friedrich August als Mitregent am 4. September 1831 die Verfassungsurkunde, die am Vormittag dieses Tages den Deputierten der Stände übergeben und in das Landhaus gebracht wurden [05] .
Die Verfassung vom 4. September 1831 [06] ist nicht Schlussstein der Reform (wie die Verfassungen in den Rheinbundstaaten), sondern ihr auch programmatisch zu wertender Ausgangspunkt. Sie umfasst insgesamt 8 Abschnitte. Sie legte Einheit, Unteilbarkeit und Einheitlichkeit des Staatsgebietes fest, dabei wurden erstmalig auch die Oberlausitz und die Schönburgischen Rezeßherrschaften in das Staatsgebiet eingegliedert. Sie trennte Staatsbesitz von Besitz der Königlichen Familie, traf Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten der Untertanen (von Bürgern ist noch keine Rede!), zu Kirche, Bildung und Kultus sowie Stiftungen.
Mit ihr gelang die Einführung eines parlamentarischen Zweikammersystems, in dem – nach englischem Vorbild - erstmals in Deutschland Abgeordnete des Handels und der Industrie (in der zweiten Kammer) vertreten waren. Die Regelungen des § 41 zur Regierung des Landes und zum Staatsdienst, sowie der Rechtspflege leiteten nunmehr auch in Sachsen einen umfassenden Prozess einer Staatsreform ein [07] . Die Trennung von Verwaltung und Justiz wurde für die oberste Verwaltungsebene vollzogen, an die Stelle der alten frühneuzeitlichen Behördenstruktur mit ihren sich überschneidenden Kompetenzen und ihrer schwerfälligen kollegialen Arbeitsweise trat bereits zum 1. Dezember 1831 ein modernes Ministerialsystem mit den Ressorts Äußeres, Inneres, Finanzen, Justiz, Kultus und öffentlicher Unterricht und Militär, sowie dem Ministerium des Königlichen Hauses als "Schnittstelle" für die Zusammenarbeit zwischen Ministerialverwaltung und Regent. Der König behielt eine einflussreiche Position. Einberufung, Eröffnung und Schließung des Landtages oblag ihm. Er behielt das Recht, Minister zu ernennen und abzuberufen [08] .
Wenn also auch in Sachsen der König eine starke Stellung gegenüber dem Parlament besaß, so war seine Macht doch durch die Rechenschaftspflicht seiner Minister diesem gegenüber beschränkt. Nach § 43 der Verfassung mussten Verfügungen des Königs durch den verantwortlichen Fachminister gegengezeichnet werden. Diese Einbindung des Königs in den Gesetzgebungsprozess, seine Position als Verfassungsorgan, ähnlich der Rolle des Königs in der bayerischen Verfassung von 1806/18 bzw. der des Großherzogs in der badischen Verfassung von 1818 können als durchaus modernes Element gelten [09] . Die Verantwortlichkeit der Minister unterschied sich dabei deutlich von den allgemeinen Verantwortlichkeiten zur pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung [10] und einer sich daraus ergebenden Rechenschaftspflicht, sondern die Ministerverantwortung erhielt durch die Regelungen der §§ 41 Abs.1, 42 und 142 Abs.1 Verfassungsrang. Der König handelt in allen Regierungsangelegenheiten durch seine Minister: Sie sind die verfassungsrechtlich notwendigen Gehilfen des Königs bei der Durchführung der Staatsgeschäfte. Hieraus leitet sich die besondere Ministerverantwortlichkeit ab, und hierauf bezieht sich das Institut der Ministeranklage mit dem folgenden, beim Staatsgerichtshof zu führenden Prozess. [11] Mittelbar gehört in diesen Rechtszusammenhang auch die von beiden Kammern der Ständeversammlung beim König vorzubringende Verfassungsbeschwerde nach § 140 der Verfassungsurkunde, die bei einer behaupteten Verfassungsverletzung durch die Minister oder durch die ihnen unterstellten Staatsbehörden zulässig war. Die Ständeversammlung mit ihren Kompetenzen bildete also ein echtes Gegengewicht gegenüber der Exekutive [12] . § 76 der Verfassungsurkunde bestimmte, dass die Stände "das gesetzmäßige Organ der Gesamtheit der Staatsbürger und Untertanen" sein sollten. Die sächsische Ständeversammlung war ein Zweikammerparlament, in dessen Zusammensetzung jedoch auch noch ältere Vorstellungen ständischer Vertretung eine Rolle spielten. Die Erste Kammer hatte 42 Mitglieder, die Zweite Kammer 75, darunter fünf Abgeordnete der Vertreter von Handel und Gewerbe und 25 Deputierte des Bauernstandes. Sie wurde nicht durch direkte und gleiche Wahlen, sondern durch Wahlmänner gewählt und nahm am 22. Januar 1833 ihre Arbeit auf.
1.2. Das Ministerium des Innern und sein Geschäftskreis
Das nach 1831 unter den Gesichtspunkten strengerer Ressorttrennung und stärkerer Differenzierung der Verwaltungszweige neu entstehende Ministerium des Innern erhielt damals – nach Zuweisung der Justizverwaltungsangelegenheiten an das Justizministerium und der fiskalischen an das Finanzministerium – den gesamten, noch verbleibenden Aufgabenbereich der inneren Verwaltung im Sinne der Staatsauffassung des 19. Jahrhunderts [13] . Das Ministerium des Innern ist wie das Ministerium der Justiz im Zuge der Trennung von Verwaltung und Justiz neu aufgebaut worden. Jedoch wurden in ihm viele Aufgaben der nunmehr aufgelösten alten obersten Verwaltungsbehörden gebündelt. Im Vergleich mit den anderen Ministerien war also das Aufgabengebiet besonders weit gefächert. Es umfasste Grenz- und Hoheitssachen ebenso wie Polizei- und Medizinalangelegenheiten, außerdem die Bereich Handel, Gewerbe, Industrie und Handwerk sowie Handelseinrichtungen und Betriebe, sofern sie nicht staatseigen waren und damit dem Finanzministerium unterstanden. Aber auch Angelegenheiten der Landwirtschaft, Statistik, der Brandversicherung, die Überwachung der Strafanstalten erfolgte in diesem Ressort, die Kunstakademien und die zum Hausfideikommiss gehörenden Sammlungen wurden hier ebenfalls verwaltet.
Das Ministerium des Innern entwickelte sich aufgrund der Übernahme zahlreicher Aufgaben insbesondere durch die Auflösung der Landesdirektion 1835 und die Übernahme der Pressezensur 1836 zu einer Behörde mit außerordentlich umfassenden Zuständigkeiten, die durch die in den folgenden Jahren stürmisch verlaufende Industrialisierung beibehalten und noch erweitert wurden. Zu diesem Bereich gehörte neben der Behandlung der Grenz- und Hoheitssachen, der land- und kreisständischen Verhältnisse, der Kommunalsachen, der Polizei- und Medizinalangelegenheiten vor allem die Bearbeitung des für die gesamte Entwicklung des Landes besonders wichtigen Hauptzweige der Volkswirtschaft, damals als Gewerbe-, Innungs- und Kommerzienwesen bezeichnet.
Dieser Aufgabenstellung entsprechend übernahm das Ministerium 1832 einen Teil der Beamten sowie der Registratur des Geheimen Kabinetts der Landesregierung und der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, die sämtlich zu bestehen aufgehört hatte.
In der Übergangszeit, von 1832 bis 1835, bediente sich das Ministerium zur Durchführung seiner Aufgaben der Landesdirektion, die bis zur Errichtung von Mittelbehörden der inneren Verwaltung an die Stelle der alten Landesregierung getreten war. Zwischen 1835 und 1933 hat sich der anfangs nur im Allgemeinen umrissene Zuständigkeitsbereich des Ministeriums, der Entwicklung von Staat und Wirtschaft entsprechend, immer weiter entfaltet und spezialisiert, wenn auch in folgerichtiger und organischer Weise. Diesem Prozess sind die Geschäftsverteilung und die Registraturzusammenhänge, ja bis zu einem gewissen Grade auch die für das Behördenarchiv des Ministeriums geschaffenen Gliederungen gefolgt. Tiefere Einschnitte im Aufbau des Ministeriums fallen naturgemäß in die Zeit stärkerer Umbildung der politischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen des Landes, so in die Jahre 1832 – 1835, 1849 – 1855, 1867 – 1870, 1919 und 1933.
Im Einzelnen lässt sich an der Struktur einer so zentralen Behörde, wie sie das Innenministerium darstellt, die politische, staatsrechtliche und wirtschaftliche Entwicklung des Landes ablesen [14] . Da das Finanzministerium für wichtige Gebiete der Volkswirtschaft, etwa das Berg- und Hüttenwesen, das Eisenbahn- und Verkehrswesen, den Straßen- und Wasserbau, die Landwirtschaft, das Forstwesen, in erster Linie nur dann zuständig war, wenn Staatseigentum vorlag oder Veränderungen auf Staatskosten ausgeführt wurden, so blieb dem Innenministerium das staatliche Aufsichtsrecht und die Verwaltungstätigkeit auf dem weiten Gebiet der privaten Wirtschaft, einschließlich der Genossenschaften und Körperschaften aller Art. Daraus erklärt sich das starke Maß, in dem etwa das Eisenbahnwesen, von seinen privatwirtschaftlichen Anfängen um 1840 bis zum Verschwinden der Privatbahnen, die Tätigkeit des Innenministeriums beansprucht hat.
Ähnliches gilt für das sog. "nichtfiskalische Berg- und Hüttenwesen", einschließlich des Kohlebergbaus, dessen Bearbeitung 1851 vom Finanzministerium an das Innenministerium gelangte und erst nach 1860, mit Ausnahme der Steinbruchangelegenheiten, größtenteils wieder dem Finanzministerium zurück übertragen wurde, aber auch für viele andere Gebiete der Wirtschaft. Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Aufbau einer öffentlichen Strom- und Wasserversorgung nach 1900 fällt in die Zuständigkeit des Ministeriums des Innern.
Für die Früh- und Blütezeit der industriellen und technischen Entwicklung Sachsen findet sich darum reichhaltiges Material in den Beständen des Innenministeriums [15] . Das gilt ebenso für die schon genannten Gebiete des Bergwesens und der Eisenbahnangelegenheiten wie für zahlreiche Einzelfragen der verkehrtechnischen Entwicklung wie Schifffahrt, Kraftverkehr, elektrische Straßenbahnen, Luftverkehr, Telegraphie- und Fernsprechwesen und die Stromversorgung. Die entsprechenden Akten sind in den Findmitteln zu den Sektionen 13 und 15 nachgewiesen.
Zu der immer stärkeren Ausbreitung der Verwaltungstätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet, die ebenso durch die Entfaltung von Wirtschaft, Industrie und Technik selbst, wie durch wachsend Anteilnahme der Staatsorgane an ihnen verursacht ist, trat 1914 die Flut der kriegs- und nachkriegsbedingten Bewirtschaftungsmaßnahmen. Die zunehmende bürokratische Tätigkeit in diesen Verwaltungszweigen drohte den Rahmen des Ministeriums zu sprengen. Im Jahr 1919 wurde darum außer einem Arbeitsministerium auch ein eigenes Wirtschaftsministerium begründet. Letzteres übernahm die Geschäfte der bisherigen Ministerialabteilung III (Handel und Gewerbe) und der Abteilung V (Landwirtschaft) sowie des seit 1918 bestehenden Landeslebensmittelamtes, zugleich deren gesamte laufende und reponierte Registratur. Da die beiden neuen Ministerien räumlich mit dem Ministerium des Innern vereinigt blieben, wurden eine Reihe von Verwaltungsangelegenheiten, die die neuen Ministerien betrafen, z.B. Personalsachen und Beamtenangelegenheiten, weiterhin vom Ministerium des Innern bearbeitet.
In den Staatshandbüchern werden seit 1832 die Aufgaben des Ministeriums im Hinblick auf die Polizei als: Sicherheitspolizei (einschließlich Gendarmeriewesen), Preßüberwachung, Sitten-, Wohlfahrts- und Gesundheitspolizei, Armenpolizei, Bau- und Feuerpolizei umschrieben. Ihrer Bedeutung nach an der Spitze stand die in den Staatshandbüchern nicht genannte, seit 1831 und besonders seit etwa 1850 wirksame politische Polizei. Die fast lückenlose Reihe der unter den Sachbetreffen "Politische Polizei" (seit 1870 "Sozialdemokratische Angelegenheiten") und "Vereins- und Versammlungswesen" geführten Akten lässt die Entwicklung zwischen 1832 und 1920 relativ gut, von 1920 bis 1933 noch ausreichend erkennen. Seit 1920 unterliegt die Behandlung der Polizeiangelegenheiten innerhalb des Ministeriums des Innern stärkeren Schwankungen und häufigen organisatorischen Veränderungen. In verschiedenem Grade werden Landespolizei (seit 1920) und Staatspolizei (seit 1922) selbständige, räumlich und verwaltungsmäßig vom Ministerium im engeren Sinne getrennte Institutionen, wenn sie dem Ministerium auch de jure unterstellt blieben.
Einschneidende Verluste an Zuständigkeitsgebieten nach 1933 änderten schließlich die gesamte verwaltungsmäßige Stellung der Behörde. Die innenpolitisch besonders wichtigen Angelegenheiten wurden nicht mehr im Ministerium des Innern, sondern in der Staatskanzlei, der Reichsstatthalterei und an anderen Stellen bearbeitet, die ihrerseits ausführende Organe der allein noch entscheidungsbefugten Reichsbehörden geworden waren.
Ergänzend sei kurz auf die Entwicklung der wichtigsten dem Ministerium nach geordneten Behörden hingewiesen. Auch sie lassen den Charakter des Ministeriums des Innern als eines kombinierten Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums deutlich erkennen.
In den Jahren 1832 - 1835 wurden die Kreisdirektionen (seit 1873 Kreishauptmannschaften) und Amtshauptmannschaften als Mittelbehörden der inneren Verwaltung dem Ministerium nachgeordnet. Sie traten damit an die Stelle der 1835 aufgelösten Landesdirektion. Bis zur endgültigen Trennung von Verwaltung und Justiz 1873 benutzten freilich auch andere Ministerien diese Behörden als Mittelinstanz, wie andererseits dem Ministerium des Innern bis 1873 auch die Gerichtsämter mit unterstellet waren. Die Kreis- und Amtshauptmannschaften haben in ihrer Organisation und Zuständigkeit im Wesentlichen wenig verändert bis 1936 bestanden, ab diesem Zeitpunkt werden sie funktional und organisatorisch nach dem Muster preußischer Bezirksregierungen umgestaltet.
Ein anderer Teil nach geordneter Behörden spiegelt zeitbedingte und zeitlich begrenzte Verhältnisse wider, so etwa die "Generalkommission wegen Ablösungen und Gemeinheitsteilungen" und das "Generalkommando der Kommunalgarden", die beide in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an Bedeutung verloren, oder die "chirurgisch-medizinische Akademie", die 1864 aufgelöst wurde. Andere nach geordnete Stellen wurden in die Abteilungen des Ministeriums eingegliedert, so 1845 die "Kommission für die Straf- und Versorgungsanstalten" oder 1850 das "Statistische Büro", dass seit 1919 als Statistisches Landesamt dem Wirtschaftsministerium unterstellt wurde.
In wachsender Zahl wurden dem Ministerium im Laufe des 19. Jahrhunderts Stellen und Einrichtungen nachgeordnet, die zur Bewältigung wirtschaftlicher und industrieller Sonderaufgaben ins Leben gerufen worden waren. Dazu zählt die wichtige "Technische Deputation" (später "Technischer Rat"), die die Funktionen eines Patentprüfungsamtes wahrnahm. Seit dem fünfziger Jahren hatte das Ministerium Kommissionen für die Staatsprüfungen der Techniker, Prüfungskommissionen für Bauhandwerker, eine Eichungskommission, eine Technische Kommission zur Prüfung der Dampfkesselanlagen u.a. gebildet. Dazu kamen in den 60-er Jahren die Handels- und Gewerbekammern, Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, der Landeskulturrat, die Kommission für Veterinärwesen und anderes mehr. Eine große Anzahl dieser nach geordneten Stellen ging 1919 an das neu geschaffene Wirtschaftsministerium über.
Das umfangreiche Gebiet des Gewerbeunterrichtswesens gelangte ebenfalls 1919 an das Wirtschaftsministerium, später (1931) von dort an das Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht (Volksbildung).
Schon 1876 war die bis dahin dem Ministerium des Innern unterstellte "Technische Bildungsanstalt" (später "Polytechnische Schule", die jetzige Technische Hochschule) in Dresden dem Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht angegliedert worden, doch besaß das Ministerium des Innern noch bis 1933 die Oberaufsicht über die Akademie der bildenden Künste in Dresden.
Innerhalb des Bereiches der Polizei waren dem Ministerium nach 1850 die Polizeidirektion Dresden, das Polizeiamt Leipzig und die Grenzpolizeikommissariate unterstellt, schließlich auch seit etwa derselben Zeit die Redaktion und Expedition der Regierungsorgane der "Leipziger Zeitung", später des "Dresdner Journals".
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Sächsische Ministerium des Innern zwischen 1831 und 1919 als kombiniertes Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsministerium eine zentrale, lenkende und kontrollierende Tätigkeit auf einem weit umfassenden und in wachsendem Maße differenzierten Gebiet ausgeübt hat, dass es jedoch seit der Abgabe der Abteilungen Wirtschaft und Landwirtschaft an ein eigenes Ministerium und besonders unter dem Einfluss der Entwicklung der Reichsbehördenorganisation seit 1933 zu einer federführenden hervorgehobenen Instanz für die inneren Angelegenheiten im engeren Sinne geworden ist.
1.3 Geschäftsgang
Auf Grund der oben beschriebenen verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Ministeramtes und des außerordentlich weit gestreckten Aufgabenspektrums ergibt sich zwingend, dass mit der Einführung der Ministerien auch ein Übergang vom bisher kollegialen Verwaltungsstil der alten Behörden zu einem bürokratischen System überzugehen war, wie es in den Rheinbundstaaten und in Preußen in unterschiedlicher Ausprägung bereits seit dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts existierte. [16] Ähnlich wie in Preußen entstand auch in Sachsen eine Mischung in der Arbeitspraxis des Ministeriums des Innern eine Mischung aus kollegialen und monokratischen Elementen. Erstmals fixiert wurden die seit der Einrichtung des Ministeriums bestehenden Regelungen zum Geschäftsgang in einem Regulativ vom 1. Juni 1855 [17] . Die Leitung des Geschäftsbetriebes oblag demnach "…unter oberer Aufsicht und unmittelbarer Einwirkung des Ministers" [18] in der Generalabteilung einem der beiden Ministerialdirektoren und bei den Spezial(Fach)-abteilungen dem als Vorstand eingesetzten Referenten. In den Referaten und Abteilungen war die büromäßige, monokratische Behandlung der Geschäftsvorfälle die Regel. Die Zuschreibung erfolgte zweistufig, innerhalb der Spezialabteilungen nach dem Sachprinzip durch den Abteilungsvorstand. Die Behandlung von Sachen im Kollegium war nur möglich, wenn der Minister die Entscheidungsfindung im Kollegium angeordnet [19] hatte oder wenn der Abteilungsvorstand wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit die Behandlung im Kollegium verfügte. [20] Eine regelmäßige Behandlung von Vorgängen war nur für die Generalabteilung vorgesehen. Neben der schon genannten Regel für im Kollegium zu behandelnde Vorgänge – Verfügung des Ministers oder des Abteilungsdirektors waren außerdem erstens Administrativjustiz- und Dienststrafsachen und zweitens Medizinalangelegenheiten grundsätzlich kollegial zu behandeln, wobei zu letzteren die dem Ministerium zugeordneten Ministerialräte bei zu ziehen waren.
Das Regulativ enthält auch recht kurz gefasste Hinweise zur Behandlung der Ausfertigungen und Zeichnungsregelungen, ohne auch nur im Entfernten an die präzisen Regelwerke zeitgleich entstandener preußischer Geschäftsordnungen heran zu reichen. Alle einen Sachverhalt abschließend regelnden Ausfertigungen ergingen ohne Unterschied nach der Art der internen Erledigung im Namen des Ministeriums. Sie wurden vom Minister, oder bei dessen Verhinderung durch den Ministerialdirektor oder den Vorstand der zuständigen Abteilung vollzogen. Ausgenommen waren Zwischenverfügungen oder weniger wichtige, in den laufenden Geschäftsgang fallende Erlasse, die von den Abteilungsvorständen vollzogen und auch von den Abteilungen expediert wurden. Für im Kollegium behandelte Vorgänge waren zudem die Unterschrift des Referenten sowie die Mitzeichnung des zuständigen Abteilungsvorstandes sowie die abschließende Zeichnung durch den Minister vorgeschrieben. Was weniger wichtige, also Routineangelegenheiten waren, ist nicht klar geregelt: Eine als Ausnahme gedachte Festlegung konnte somit schnell zur Regel werden, und es oblag den Abteilungsvorständen zwischen Routineangelegenheit und Ministervorlage zu trennen.
Prüft man nun einmal anhand der Akten des Bestandes wie in der täglichen Arbeit des Ministeriums die skizzierten Vorschriften umgesetzt wurden, ist in den Jahren bis zum Organisationsgesetz 1873 [21] durchaus eine Reihe von im Kollegium behandelten Fällen zu beobachten. Es scheint, als seien durchgängig Angelegenheiten, die zur Behandlung im Gesamtministerium – also im Kollegium der Minister – vorgesehen waren, auch intern nach dem Kollegialprinzip behandelt worden. Die hinsichtlich der Frage, was dem Minister zur abschließenden Zeichnung vorzulegen und was als Routineangelegenheit zu behandeln ist, starke Stellung der Abteilungsvorstände ändert sich auch nicht im Zuge der allgemeinen Organisationsänderungen in der sächsischen Staatsverwaltung im Jahre 1924. Im Zuge der Verwaltungsvereinfachung kam es, wie oben beschrieben zu einer stärkeren Abgrenzung und Bündelung einzelner Geschäftszweige und ihr Übergang an andere Ministerien. Abteilungsleiter waren nun grundsätzlich Ministerialdirektoren. Nach der Zusammenfassung der Geschäftsbereichte des Ministeriums in zwei Abteilungen zum 1. Januar 1926 wurden die Bereiche Registratur und Geschäftsstelle ebenfalls zusammengefasst: Welche hohe Bedeutung man ihren Funktionen zumaß, lässt sich daraus ersehen, dass ihnen ebenfalls ein Ministerialdirektor vorstand und man auf eine funktionierende Aktenverwaltung trotz der vorgenommenen Einsparungen nicht verzichtete.
2. Bestandsgeschichte und Bestandsbearbeitung
Bis zum Jahre 1936 erreichten die Abgaben an das Hauptstaatsarchiv einen Umfang von rund 9.000 Verzeichnungseinheiten. Sie umfassten überwiegend Akten des 19. Jahrhunderts. Weitere kleinere Abgaben erfolgten in kurzen Abständen bis 1944, es handelt sich dabei ebenfalls um Akten aus der Zeit vor 1900. Im Jahr 1949 übernahm das damalige Landeshauptarchiv den nach den Bombenangriffen auf Dresden noch erhaltenen Restbestand des ehemaligen Behördenarchivs. Diese Akten wurden 1952 im Landeshauptarchiv unter den Nrn. 8900-19012 den älteren Übernahmen beigestellt. Da das für diese Akten ursprünglich im Behördenarchiv angelegte Verzeichnis des Verwaltungsinspektors Breitfeld verloren gegangen war, mussten die Akten neu erfasst werden. Dabei war ein möglichst übersichtliches und für einen größeren Zeitraum gültiges Ordnungsschema für die Aufstellung der Bestände zu ermitteln. Die Geschäftsverteilung und der Registraturaufbau des Ministeriums waren zwischen 1831 und 1945 so häufigen einschneidenden Veränderungen unterworfen gewesen, dass mit ihrer Hilfe ein solches Schema nicht zu gewinnen war. Zudem waren sie nahezu völlig überdeckt durch die Einteilung des Behördenarchivs in 24 Sektionen, die bis 1945 unverändert blieb und sich im Wesentlichen bewährt hatte. Sie wurde daher 1952 bei der Neuaufteilung zugrunde gelegt und bildete auch die Grundlage für die in den Jahren 2003 bis 2006 vorgenommene abschließende Neubearbeitung des Bestandes.
Die zum Teil weit in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Akten der Abteilung III und V wurden nach 1919 in den Registraturen des Wirtschaftsministeriums (seit 1935 mit dem Arbeits- und Wohlfahrtsministerium zum Ministerium für Wirtschaft und Arbeit vereinigt) fortgeführt. Sie sind 1953 zunächst als Vorakten dem Bestand "Wirtschaftsministerium" des damaligen Sächsischen Landeshauptarchivs eingegliedert worden. Bereits geschlossene Aktenbände wurden dabei nicht mit ins Ministerium für Wirtschaft überführt, sondern verblieben im Behördenarchiv des Ministerium des Innern und kamen demzufolge mit Ablieferungen von dort ins Hauptstaatsarchiv. Bei den in den fünfziger Jahren vorgenommenen Bearbeitungen wurden die Bestände so wie sie übernommen worden waren, bearbeitet. Dieses Verfahren bildet zwar die Registraturverhältnisse ab, erleichtert aber eine gute Benutzung des Bestandes keineswegs. Im Zuge der Neubearbeitung wurden die in Frage stehenden Akten daher auf ihre tatsächliche Provenienz überprüft und eine klare, eindeutige Bestandstrennung vorgenommen.
Auf Grund der geringen Erschließungsintensität der in den fünfziger Jahren vorgenommen Erfassung war bereits 1983 mit einer Neuverzeichnung unter Zugrundelegung der "Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für das staatliche Archivwesen der DDR", als damals gültiger Erschließungsrichtlinie begonnen worden. Es entstanden dabei Findkarteien zu den einzelnen Sektionen. Auf Basis dieser Karteien und der von Bärbel Förster, Ute Essegern und Birgit Rehse vorgenommen "Sektionsanalysen" wurden in den Jahren ab 2001 eine Datenbank erstellt, anschließend die Erschließungsdaten vereinheitlicht und durch Abgleich mit den Akten inhaltlich ergänzt, überarbeitet und vereinheitlicht. Dabei wurden auch ca. 4.000 Akteneinheiten, die ihrer Provenienz nach zum Bestand Ministerium des Innern gehören und bislang unverzeichnet waren, erschlossen und dem Bestand neu zugeordnet. Für die abschließende Klassifikation wurde die Gliederung nach Sektionen angepasst und verfeinert. Dies erstreckt sich besonders auf die Sektionen 2 "Verfassung und Gesetzgebung" und 4 "Wahlen und Parlamentsangelegenheiten", die Sektion 5, in der alle das Personenstandswesen und die Staats- und Heimatzugehörigkeit betreffende Akten zusammengefasst wurden, sowie auf die Sektion 13 "Handel und Gewerbe", bei der Abgrenzungen mit dem Bestand 10078 Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation und aus den oben dargelegten Gründen mit dem Bestand 11168 Ministerium für Wirtschaft vorzunehmen waren.
Es zeigte sich auch, dass die Verzeichnung aus den 1980er Jahren keine Rekonstruktion der ursprünglich in der Registratur gebildeten Serien vorgenommen hatte. Soweit möglich, wurde dies nun korrigiert. Als Anhaltspunkt für die Rekonstruktion einer Serie dienten allein die alten Registratursignaturen, die bei der Verzeichnung aufgenommen wurden. Da das Archivdatenbanksystem Augias-7.4 eine Verzeichnung von Serien aus technischen Gründen nicht erlaubt, konnte die Zusammenführung der Titelaufnahmen erst bei der Erstellung der Ausdrucke bzw. der Onlinefindbücher erfolgen. Der Nutzen dieser teilweise sehr aufwändigen Vorgehensweise ist besonders in den Sektionen 5 (Aktenserien zur Auswanderung), 6 (Geldzahlungen an die Gemeinden aus dem Lastenausgleichsstock), 16 (Apothekenwesen) und 17 (Überwachung der Zeitschriften- und Buchpublikationen) sichtbar. Die Titelbildung wurde dabei vereinheitlicht, sie erfolgte bei Serien und Einzelfallakten gleichermaßen in enger Anlehnung an die vorgefundenen Aktentitel, die nur behutsam modernisiert und an den heutigen Sprachgebrauch angepasst wurden. Die zum Bestand erstellten Onlinefindbücher sind überwiegend nach dem Aktentitel geordnet, um auch hier zusammen gehörende Akten zusammen darzustellen. Nur in den Teilen des Bestandes, in den überwiegend Einzelfallakten vorhanden sind, wurde eine chronologische Ordnung gewählt.
Dresden, am 1. Dezember 2006
Dr. Nils Brübach
3. Literatur
Forberger, Rudolf, Die industrielle Revolution in Sachsen. Die Produktivkräfte in Sachsen 1800-1830, Berlin 1982
Funke, Gottlob Leberecht, Die Polizei-Gesetze und Verordnungen des Königreiches Sachsen mit Inbegriff der organischen und formellen Bestimmungen. Bd. V, Leipzig 1856
Glühmann, Günter, Die Organisation und Funktionsverteilung der sächsischen Staatsministerien. Jur. Diss. Leipzig/Dresden 1932.
Groß, Rainer, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001.
Jeserich, Kurt G. A u.a., Deutsche Verwaltungsgeschichte Band 2: Vom Reichsdeputationshauptschluss bis zur Auflösung des Deutschen Bundes 1983.
Klein, Thomas (Hg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte Reihe B, Band 14: Sachsen, Marburg 1982.
Kretzschmar, Hellmut , Die Sächsische Verfassung vom 4. September 1831, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde (NASGA) Bd. 52.1931, S. 207-248.
Matzerath, Josef, Die sächsische Verfassung von 1831. In: Festveranstaltung "175 Jahre sächsische Verfassung" am 4. September 2006 – Veranstaltungen des Sächsischen Landtages Heft 35. Dresden 2006, S. 28 – 35.
Mayer, Otto, Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. Tübingen 1909.
Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1800 - 1866. Bürgerwelt und starker Staat. 1983.
Plathen, Ferdinand, Reformbestrebungen der inneren Verwaltung des Königreichs Sachsen während des Generalgouvernements 1813 und 1814, in: NASGA Bd. 40. 1919, S. 296-346.
Schmidt, Gerhard, Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Weimar 1966.
Schmidt, Gerhard, Verfassungsreformen und Reaktionen im Königreich Sachsen, Leipzig 2003.
Wyduckel, Dieter, Die Trennung von Justiz und Verwaltung in Sachsen nach 1831, in: Dresdner Hefte 17. 4 S.21-29, Dresden 1999.
[01] Schmidt 1966, S.75.
[02] Groß 2001, S. 191.
[03] Forberger 1982.
[04] Nipperdey 1983, S.33, 69 und 368.
[05] Mayer, 1909, S.8.
[06] Das Original des für den König bestimmten Exemplars der Verfassung: Hauptstaatsarchiv Dresden, 10699 Neuere Urkunden K 613 Nr.2 b. Der Text ist z.B. abgedruckt in Mayer 1909, S.303 bis 322.
[07] Matzerath 2006, S.28.
[08] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen Nr. 46, Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements (…) betr., vom 7. November 1831 Das Original ist in der als Scan wiedergegeben.
[09] Nipperdey 1983, S. 349 und 368.
[10] Vgl. dazu das Staatsdienergesetz ("D-Gesetz") vom 7.3.1835.
[11] Verfassung vom 4. 9. 1831 §§ 141 bis 151, Mayer 1909, S. 219 – 220.
[12] Der König hatte auch nicht das Recht, andere als die in der Verfassung genannten Ministerialdepartements einzurichten.
[13] Schmidt, S.197-213, 220-223; Glühmann 1932 , S.44 - 49.
[14] Siehe dazu die Organigramme unter "Zuständigkeit und Organisation".
[15] Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Sektion 13 Handel und Gewerbe.
[16] Zu den Begriffen der Entwicklung in Preußen vgl. Menne-Haritz 1999, S.71 – 132.
[17] Funke 1856 S.5. Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Nr. 483 und Nr. 8901.
[18] Funke, a.a.O.
[19] Vgl. etwa Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Nr. 23531: Protokolle und Resolutionen auf die zum Immediatvortrag ausgesetzten Sachen.
[20] Es handelt sich somit um eine nachrangige kollegiale Behandlung der Sache – nicht basierend auf den allgemein gültigen Regeln einer Geschäftsordnung, sondern als Ergebnis einer monokratischen Entscheidung über den Erledigungsprozess.
[21] Gesetz , die Organisation für die Behörden der inneren Verwaltung vom 21. April 1873, GVBL Nr. 39 S. 275 – 294. Das Gesetz etablierte nicht nur die endgültige Trennung von Verwaltung und Justiz auch auf der untersten Ebene der staatlichen Verwaltung, die Kreishauptmannschaften und Amtshauptmannschaften wurden ausdrücklich als "Vorstandsbehörden" mit monokratischem Geschäftsgang etabliert, obwohl in den Landtagsverhandlungen dagegen scharf Stellung bezogen wurde. Landtagsmitteilungen 1871-1873, II. Kammer Bd.3, S. 2954 und S. 3070.
1.1 Ursachen und Wirkung der Verfassungs- und Verwaltungsreform 1831
Bis 1831 wurden die Geschäfte der inneren Verwaltung des Landes Sachsen in oberster Instanz hauptsächlich vom Department für innere Angelegenheiten des Geheimen Kabinetts, außerdem aber zusammen mit den Justiz-, Polizei- und Medizinalsachen, von der Landesregierung wahrgenommen.
Sachsen war zwar seit 1806 Mitglied des Rheinbunds, blieb jedoch was die Verfassungs- und Verwaltungsverhältnisse betrifft, beim altständischen System des Staatsaufbaus, während andere europäische und Rheinbundstaaten im Inneren eine durchgreifende Modernisierung vollzogen. König Friedrich August bestätigte sogar ausdrücklich den Status quo vor den Ständen. Der Reformdruck war zu dieser Zeit durch einen wirtschaftlichen Aufschwung der sächsischen Industrie gemildert, der durch die Kontinentalsperre hervorgerufen worden war. Dass zwischen 1808 und 1815 insgesamt 43 Schriften zum Problem der Staatsreformen nachgewiesen sind, beweist nicht nur den im Vergleich mit den süddeutschen Königreichen Bayern und Württemberg bestehenden Reformbedarf in Sachsen, sondern dass insbesondere innerhalb der sachkundigen Beamtenschaft nach einem Weg gesucht wurde, den absolutistischen Staatsaufbau und vor allem seine Verfassungsverhältnisse zu modernisieren. [01] Viele dieser Initiativen wurden unterdrückt oder sogar verfolgt. Doch statt der Einrichtung von Fachministerien und der Durchsetzung des Büroprinzips in der Verwaltung wurde noch im Jahre 1817 mit der Auflösung des Geheimen Konsiliums in Sachsen zunächst die absolutistische Machtfülle des Königs und seines Kabinettsministers Einsiedel überhaupt erst hergestellt. Einsiedel als Chef des Geheimen Kabinetts erhielt immer umfassendere Vollmachten. Der neu eingerichtete Geheime Rat hatte nur beratende Funktionen. Diese durch Zentralisation und Konzentration gekennzeichnete Verwaltungsreform ohne Veränderung der alten Behördenorganisation rief erhebliche Opposition einerseits innerhalb der Beamtenschaft, andererseits innerhalb der Stände hervor, die auf dem Landtag 1817 aufbrach. Der Landtag 1817/18 trat am 18.10.1817 erstmals unter den neuen Bedingungen zusammen.
Das Dekret an die Landstände vom 20.10.1817 beinhaltet die neue Organisation der Zentralbehörden. Die Stände waren sehr unzufrieden mit dieser Neuordnung. In immer neuen Anträgen verlangten sie Verbesserungen. Aufgrund der außerordentlich harten Auseinandersetzungen dauerte der Landtag 8 Monate und verursachte enorme Kosten [02] .
Die Wiederherstellung des durch die Kriegsereignisse und Besetzung schwer getroffenen Landes wurde durch eine schwere Agrarkrise (1817-20) und eine Weiterentwicklung hemmende gesellschaftliche Verhältnisse gebremst. Die industrielle Revolution hatte in Sachsen bereits seit ca.1800 eingesetzt und zwar insbesondere in den auch nach 1815 bei Sachsen verbleibenden Landesteilen [03] . Daraus erwuchs besonders die Frage der Lebensmittel- und Rohstoffversorgung Sachsens zu einem Problem. Eine zunehmende Urbanisierung - in sächsischer Ausprägung vor allem eine starke Industrialisierung von Landgemeinden - setzte spätestens jetzt Agrarreformen auf den Plan, auch wenn bestimmte Ausprägungen des feudalen Herrschaftssystems wie die Erbuntertänigkeit in Sachsen nie verbreitet waren.
Die nach Aufhebung der Kontinentalsperre 1813 dem Wettbewerbsdruck durch englische Fabrikware ausgesetzte Manufaktur- und Heimindustrie war durch Steuererhöhungen für Rohstoffe und Zollschranken der Nachbarstaaten im Niedergang begriffen.
Die Folgen dieser wirtschaftlichen Probleme für die soziale Lage der sächsischen Bevölkerung waren dramatisch. Um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, wurde der administrative Druck auf die unteren Volksschichten erhöht. Dieses Vorgehen führte aber zu einer weiteren Radikalisierung. Unter dem Eindruck der französischen Julirevolution kam es in Sachsen sowohl in den Städten als auch auf dem Lande zu massiven Unruhen.
Die nunmehr seit Jahrzehnten blockierten Bestrebungen einiger jüngerer Beamter zur grundlegenden Neugestaltung des sächsischen Staatswesens, die auch seit Ende der 1820er Jahre wieder vermehrt geäußert wurden, erhielten so erheblichen Nachdruck "von der Straße".
Erst unter dem Eindruck der französischen Julirevolution kam es 1830 in Sachsen zu einem Aufbrechen der Erstarrung. Unmittelbarer Auslöser waren massive Unruhen in Stadt und Land, die ihre Wurzel vor allem aber in den Auswirkungen der tief greifenden Wirtschaftskrise hatten.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss nationalstaatlicher Bestrebungen in Europa überhaupt. So wurde mit besonderer Sympathie der griechische Unabhängigkeitskampf 1821-29 verfolgt. Die Verfassungen nicht nur anderer deutscher, sondern europäischer Länder wurden zu erklärten Vorbildern in der sächsischen Verfassungsdiskussion. Wie Thomas Nipperdey herausgearbeitet hat, war 1830 das Jahr, in der eine zweite Welle von Verfassungs- und Verwaltungsreformen in Europa und in Deutschland v.a. in norddeutschen Territorien in Gang gesetzt wurde. Zu nennen sind neben Sachsen das Herzogtum Braunschweig, das Königreich Hannover und vor allem auch das Kurfürstentum Hessen-Kassel, wo der liberale Verfassungsrechtler Sylvester Jordan einen sehr fortschrittlichen Verfassungsentwurf vorlegte [04] .
Eingeleitet wurden die Reformen dadurch, dass es unter dem Eindruck der revolutionären Bewegung den Geheimen Räten gelang, den Reformen gegenüber aufgeschlossenen Prinz Friedrich August als Mitregenten durchzusetzen und den Kabinettsminister Einsiedel (der noch im Frühjahr 1830 insbesondere die oben erwähnten Vorschläge zu einer durchgreifenden Reform der Verwaltung als Unsinn bezeichnet hatte) zum Rücktritt zu bewegen.
Nach Zustimmung der Stände unterzeichneten König Anton und Kronprinz Friedrich August als Mitregent am 4. September 1831 die Verfassungsurkunde, die am Vormittag dieses Tages den Deputierten der Stände übergeben und in das Landhaus gebracht wurden [05] .
Die Verfassung vom 4. September 1831 [06] ist nicht Schlussstein der Reform (wie die Verfassungen in den Rheinbundstaaten), sondern ihr auch programmatisch zu wertender Ausgangspunkt. Sie umfasst insgesamt 8 Abschnitte. Sie legte Einheit, Unteilbarkeit und Einheitlichkeit des Staatsgebietes fest, dabei wurden erstmalig auch die Oberlausitz und die Schönburgischen Rezeßherrschaften in das Staatsgebiet eingegliedert. Sie trennte Staatsbesitz von Besitz der Königlichen Familie, traf Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten der Untertanen (von Bürgern ist noch keine Rede!), zu Kirche, Bildung und Kultus sowie Stiftungen.
Mit ihr gelang die Einführung eines parlamentarischen Zweikammersystems, in dem – nach englischem Vorbild - erstmals in Deutschland Abgeordnete des Handels und der Industrie (in der zweiten Kammer) vertreten waren. Die Regelungen des § 41 zur Regierung des Landes und zum Staatsdienst, sowie der Rechtspflege leiteten nunmehr auch in Sachsen einen umfassenden Prozess einer Staatsreform ein [07] . Die Trennung von Verwaltung und Justiz wurde für die oberste Verwaltungsebene vollzogen, an die Stelle der alten frühneuzeitlichen Behördenstruktur mit ihren sich überschneidenden Kompetenzen und ihrer schwerfälligen kollegialen Arbeitsweise trat bereits zum 1. Dezember 1831 ein modernes Ministerialsystem mit den Ressorts Äußeres, Inneres, Finanzen, Justiz, Kultus und öffentlicher Unterricht und Militär, sowie dem Ministerium des Königlichen Hauses als "Schnittstelle" für die Zusammenarbeit zwischen Ministerialverwaltung und Regent. Der König behielt eine einflussreiche Position. Einberufung, Eröffnung und Schließung des Landtages oblag ihm. Er behielt das Recht, Minister zu ernennen und abzuberufen [08] .
Wenn also auch in Sachsen der König eine starke Stellung gegenüber dem Parlament besaß, so war seine Macht doch durch die Rechenschaftspflicht seiner Minister diesem gegenüber beschränkt. Nach § 43 der Verfassung mussten Verfügungen des Königs durch den verantwortlichen Fachminister gegengezeichnet werden. Diese Einbindung des Königs in den Gesetzgebungsprozess, seine Position als Verfassungsorgan, ähnlich der Rolle des Königs in der bayerischen Verfassung von 1806/18 bzw. der des Großherzogs in der badischen Verfassung von 1818 können als durchaus modernes Element gelten [09] . Die Verantwortlichkeit der Minister unterschied sich dabei deutlich von den allgemeinen Verantwortlichkeiten zur pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung [10] und einer sich daraus ergebenden Rechenschaftspflicht, sondern die Ministerverantwortung erhielt durch die Regelungen der §§ 41 Abs.1, 42 und 142 Abs.1 Verfassungsrang. Der König handelt in allen Regierungsangelegenheiten durch seine Minister: Sie sind die verfassungsrechtlich notwendigen Gehilfen des Königs bei der Durchführung der Staatsgeschäfte. Hieraus leitet sich die besondere Ministerverantwortlichkeit ab, und hierauf bezieht sich das Institut der Ministeranklage mit dem folgenden, beim Staatsgerichtshof zu führenden Prozess. [11] Mittelbar gehört in diesen Rechtszusammenhang auch die von beiden Kammern der Ständeversammlung beim König vorzubringende Verfassungsbeschwerde nach § 140 der Verfassungsurkunde, die bei einer behaupteten Verfassungsverletzung durch die Minister oder durch die ihnen unterstellten Staatsbehörden zulässig war. Die Ständeversammlung mit ihren Kompetenzen bildete also ein echtes Gegengewicht gegenüber der Exekutive [12] . § 76 der Verfassungsurkunde bestimmte, dass die Stände "das gesetzmäßige Organ der Gesamtheit der Staatsbürger und Untertanen" sein sollten. Die sächsische Ständeversammlung war ein Zweikammerparlament, in dessen Zusammensetzung jedoch auch noch ältere Vorstellungen ständischer Vertretung eine Rolle spielten. Die Erste Kammer hatte 42 Mitglieder, die Zweite Kammer 75, darunter fünf Abgeordnete der Vertreter von Handel und Gewerbe und 25 Deputierte des Bauernstandes. Sie wurde nicht durch direkte und gleiche Wahlen, sondern durch Wahlmänner gewählt und nahm am 22. Januar 1833 ihre Arbeit auf.
1.2. Das Ministerium des Innern und sein Geschäftskreis
Das nach 1831 unter den Gesichtspunkten strengerer Ressorttrennung und stärkerer Differenzierung der Verwaltungszweige neu entstehende Ministerium des Innern erhielt damals – nach Zuweisung der Justizverwaltungsangelegenheiten an das Justizministerium und der fiskalischen an das Finanzministerium – den gesamten, noch verbleibenden Aufgabenbereich der inneren Verwaltung im Sinne der Staatsauffassung des 19. Jahrhunderts [13] . Das Ministerium des Innern ist wie das Ministerium der Justiz im Zuge der Trennung von Verwaltung und Justiz neu aufgebaut worden. Jedoch wurden in ihm viele Aufgaben der nunmehr aufgelösten alten obersten Verwaltungsbehörden gebündelt. Im Vergleich mit den anderen Ministerien war also das Aufgabengebiet besonders weit gefächert. Es umfasste Grenz- und Hoheitssachen ebenso wie Polizei- und Medizinalangelegenheiten, außerdem die Bereich Handel, Gewerbe, Industrie und Handwerk sowie Handelseinrichtungen und Betriebe, sofern sie nicht staatseigen waren und damit dem Finanzministerium unterstanden. Aber auch Angelegenheiten der Landwirtschaft, Statistik, der Brandversicherung, die Überwachung der Strafanstalten erfolgte in diesem Ressort, die Kunstakademien und die zum Hausfideikommiss gehörenden Sammlungen wurden hier ebenfalls verwaltet.
Das Ministerium des Innern entwickelte sich aufgrund der Übernahme zahlreicher Aufgaben insbesondere durch die Auflösung der Landesdirektion 1835 und die Übernahme der Pressezensur 1836 zu einer Behörde mit außerordentlich umfassenden Zuständigkeiten, die durch die in den folgenden Jahren stürmisch verlaufende Industrialisierung beibehalten und noch erweitert wurden. Zu diesem Bereich gehörte neben der Behandlung der Grenz- und Hoheitssachen, der land- und kreisständischen Verhältnisse, der Kommunalsachen, der Polizei- und Medizinalangelegenheiten vor allem die Bearbeitung des für die gesamte Entwicklung des Landes besonders wichtigen Hauptzweige der Volkswirtschaft, damals als Gewerbe-, Innungs- und Kommerzienwesen bezeichnet.
Dieser Aufgabenstellung entsprechend übernahm das Ministerium 1832 einen Teil der Beamten sowie der Registratur des Geheimen Kabinetts der Landesregierung und der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, die sämtlich zu bestehen aufgehört hatte.
In der Übergangszeit, von 1832 bis 1835, bediente sich das Ministerium zur Durchführung seiner Aufgaben der Landesdirektion, die bis zur Errichtung von Mittelbehörden der inneren Verwaltung an die Stelle der alten Landesregierung getreten war. Zwischen 1835 und 1933 hat sich der anfangs nur im Allgemeinen umrissene Zuständigkeitsbereich des Ministeriums, der Entwicklung von Staat und Wirtschaft entsprechend, immer weiter entfaltet und spezialisiert, wenn auch in folgerichtiger und organischer Weise. Diesem Prozess sind die Geschäftsverteilung und die Registraturzusammenhänge, ja bis zu einem gewissen Grade auch die für das Behördenarchiv des Ministeriums geschaffenen Gliederungen gefolgt. Tiefere Einschnitte im Aufbau des Ministeriums fallen naturgemäß in die Zeit stärkerer Umbildung der politischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen des Landes, so in die Jahre 1832 – 1835, 1849 – 1855, 1867 – 1870, 1919 und 1933.
Im Einzelnen lässt sich an der Struktur einer so zentralen Behörde, wie sie das Innenministerium darstellt, die politische, staatsrechtliche und wirtschaftliche Entwicklung des Landes ablesen [14] . Da das Finanzministerium für wichtige Gebiete der Volkswirtschaft, etwa das Berg- und Hüttenwesen, das Eisenbahn- und Verkehrswesen, den Straßen- und Wasserbau, die Landwirtschaft, das Forstwesen, in erster Linie nur dann zuständig war, wenn Staatseigentum vorlag oder Veränderungen auf Staatskosten ausgeführt wurden, so blieb dem Innenministerium das staatliche Aufsichtsrecht und die Verwaltungstätigkeit auf dem weiten Gebiet der privaten Wirtschaft, einschließlich der Genossenschaften und Körperschaften aller Art. Daraus erklärt sich das starke Maß, in dem etwa das Eisenbahnwesen, von seinen privatwirtschaftlichen Anfängen um 1840 bis zum Verschwinden der Privatbahnen, die Tätigkeit des Innenministeriums beansprucht hat.
Ähnliches gilt für das sog. "nichtfiskalische Berg- und Hüttenwesen", einschließlich des Kohlebergbaus, dessen Bearbeitung 1851 vom Finanzministerium an das Innenministerium gelangte und erst nach 1860, mit Ausnahme der Steinbruchangelegenheiten, größtenteils wieder dem Finanzministerium zurück übertragen wurde, aber auch für viele andere Gebiete der Wirtschaft. Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Aufbau einer öffentlichen Strom- und Wasserversorgung nach 1900 fällt in die Zuständigkeit des Ministeriums des Innern.
Für die Früh- und Blütezeit der industriellen und technischen Entwicklung Sachsen findet sich darum reichhaltiges Material in den Beständen des Innenministeriums [15] . Das gilt ebenso für die schon genannten Gebiete des Bergwesens und der Eisenbahnangelegenheiten wie für zahlreiche Einzelfragen der verkehrtechnischen Entwicklung wie Schifffahrt, Kraftverkehr, elektrische Straßenbahnen, Luftverkehr, Telegraphie- und Fernsprechwesen und die Stromversorgung. Die entsprechenden Akten sind in den Findmitteln zu den Sektionen 13 und 15 nachgewiesen.
Zu der immer stärkeren Ausbreitung der Verwaltungstätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet, die ebenso durch die Entfaltung von Wirtschaft, Industrie und Technik selbst, wie durch wachsend Anteilnahme der Staatsorgane an ihnen verursacht ist, trat 1914 die Flut der kriegs- und nachkriegsbedingten Bewirtschaftungsmaßnahmen. Die zunehmende bürokratische Tätigkeit in diesen Verwaltungszweigen drohte den Rahmen des Ministeriums zu sprengen. Im Jahr 1919 wurde darum außer einem Arbeitsministerium auch ein eigenes Wirtschaftsministerium begründet. Letzteres übernahm die Geschäfte der bisherigen Ministerialabteilung III (Handel und Gewerbe) und der Abteilung V (Landwirtschaft) sowie des seit 1918 bestehenden Landeslebensmittelamtes, zugleich deren gesamte laufende und reponierte Registratur. Da die beiden neuen Ministerien räumlich mit dem Ministerium des Innern vereinigt blieben, wurden eine Reihe von Verwaltungsangelegenheiten, die die neuen Ministerien betrafen, z.B. Personalsachen und Beamtenangelegenheiten, weiterhin vom Ministerium des Innern bearbeitet.
In den Staatshandbüchern werden seit 1832 die Aufgaben des Ministeriums im Hinblick auf die Polizei als: Sicherheitspolizei (einschließlich Gendarmeriewesen), Preßüberwachung, Sitten-, Wohlfahrts- und Gesundheitspolizei, Armenpolizei, Bau- und Feuerpolizei umschrieben. Ihrer Bedeutung nach an der Spitze stand die in den Staatshandbüchern nicht genannte, seit 1831 und besonders seit etwa 1850 wirksame politische Polizei. Die fast lückenlose Reihe der unter den Sachbetreffen "Politische Polizei" (seit 1870 "Sozialdemokratische Angelegenheiten") und "Vereins- und Versammlungswesen" geführten Akten lässt die Entwicklung zwischen 1832 und 1920 relativ gut, von 1920 bis 1933 noch ausreichend erkennen. Seit 1920 unterliegt die Behandlung der Polizeiangelegenheiten innerhalb des Ministeriums des Innern stärkeren Schwankungen und häufigen organisatorischen Veränderungen. In verschiedenem Grade werden Landespolizei (seit 1920) und Staatspolizei (seit 1922) selbständige, räumlich und verwaltungsmäßig vom Ministerium im engeren Sinne getrennte Institutionen, wenn sie dem Ministerium auch de jure unterstellt blieben.
Einschneidende Verluste an Zuständigkeitsgebieten nach 1933 änderten schließlich die gesamte verwaltungsmäßige Stellung der Behörde. Die innenpolitisch besonders wichtigen Angelegenheiten wurden nicht mehr im Ministerium des Innern, sondern in der Staatskanzlei, der Reichsstatthalterei und an anderen Stellen bearbeitet, die ihrerseits ausführende Organe der allein noch entscheidungsbefugten Reichsbehörden geworden waren.
Ergänzend sei kurz auf die Entwicklung der wichtigsten dem Ministerium nach geordneten Behörden hingewiesen. Auch sie lassen den Charakter des Ministeriums des Innern als eines kombinierten Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums deutlich erkennen.
In den Jahren 1832 - 1835 wurden die Kreisdirektionen (seit 1873 Kreishauptmannschaften) und Amtshauptmannschaften als Mittelbehörden der inneren Verwaltung dem Ministerium nachgeordnet. Sie traten damit an die Stelle der 1835 aufgelösten Landesdirektion. Bis zur endgültigen Trennung von Verwaltung und Justiz 1873 benutzten freilich auch andere Ministerien diese Behörden als Mittelinstanz, wie andererseits dem Ministerium des Innern bis 1873 auch die Gerichtsämter mit unterstellet waren. Die Kreis- und Amtshauptmannschaften haben in ihrer Organisation und Zuständigkeit im Wesentlichen wenig verändert bis 1936 bestanden, ab diesem Zeitpunkt werden sie funktional und organisatorisch nach dem Muster preußischer Bezirksregierungen umgestaltet.
Ein anderer Teil nach geordneter Behörden spiegelt zeitbedingte und zeitlich begrenzte Verhältnisse wider, so etwa die "Generalkommission wegen Ablösungen und Gemeinheitsteilungen" und das "Generalkommando der Kommunalgarden", die beide in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an Bedeutung verloren, oder die "chirurgisch-medizinische Akademie", die 1864 aufgelöst wurde. Andere nach geordnete Stellen wurden in die Abteilungen des Ministeriums eingegliedert, so 1845 die "Kommission für die Straf- und Versorgungsanstalten" oder 1850 das "Statistische Büro", dass seit 1919 als Statistisches Landesamt dem Wirtschaftsministerium unterstellt wurde.
In wachsender Zahl wurden dem Ministerium im Laufe des 19. Jahrhunderts Stellen und Einrichtungen nachgeordnet, die zur Bewältigung wirtschaftlicher und industrieller Sonderaufgaben ins Leben gerufen worden waren. Dazu zählt die wichtige "Technische Deputation" (später "Technischer Rat"), die die Funktionen eines Patentprüfungsamtes wahrnahm. Seit dem fünfziger Jahren hatte das Ministerium Kommissionen für die Staatsprüfungen der Techniker, Prüfungskommissionen für Bauhandwerker, eine Eichungskommission, eine Technische Kommission zur Prüfung der Dampfkesselanlagen u.a. gebildet. Dazu kamen in den 60-er Jahren die Handels- und Gewerbekammern, Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, der Landeskulturrat, die Kommission für Veterinärwesen und anderes mehr. Eine große Anzahl dieser nach geordneten Stellen ging 1919 an das neu geschaffene Wirtschaftsministerium über.
Das umfangreiche Gebiet des Gewerbeunterrichtswesens gelangte ebenfalls 1919 an das Wirtschaftsministerium, später (1931) von dort an das Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht (Volksbildung).
Schon 1876 war die bis dahin dem Ministerium des Innern unterstellte "Technische Bildungsanstalt" (später "Polytechnische Schule", die jetzige Technische Hochschule) in Dresden dem Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht angegliedert worden, doch besaß das Ministerium des Innern noch bis 1933 die Oberaufsicht über die Akademie der bildenden Künste in Dresden.
Innerhalb des Bereiches der Polizei waren dem Ministerium nach 1850 die Polizeidirektion Dresden, das Polizeiamt Leipzig und die Grenzpolizeikommissariate unterstellt, schließlich auch seit etwa derselben Zeit die Redaktion und Expedition der Regierungsorgane der "Leipziger Zeitung", später des "Dresdner Journals".
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Sächsische Ministerium des Innern zwischen 1831 und 1919 als kombiniertes Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsministerium eine zentrale, lenkende und kontrollierende Tätigkeit auf einem weit umfassenden und in wachsendem Maße differenzierten Gebiet ausgeübt hat, dass es jedoch seit der Abgabe der Abteilungen Wirtschaft und Landwirtschaft an ein eigenes Ministerium und besonders unter dem Einfluss der Entwicklung der Reichsbehördenorganisation seit 1933 zu einer federführenden hervorgehobenen Instanz für die inneren Angelegenheiten im engeren Sinne geworden ist.
1.3 Geschäftsgang
Auf Grund der oben beschriebenen verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Ministeramtes und des außerordentlich weit gestreckten Aufgabenspektrums ergibt sich zwingend, dass mit der Einführung der Ministerien auch ein Übergang vom bisher kollegialen Verwaltungsstil der alten Behörden zu einem bürokratischen System überzugehen war, wie es in den Rheinbundstaaten und in Preußen in unterschiedlicher Ausprägung bereits seit dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts existierte. [16] Ähnlich wie in Preußen entstand auch in Sachsen eine Mischung in der Arbeitspraxis des Ministeriums des Innern eine Mischung aus kollegialen und monokratischen Elementen. Erstmals fixiert wurden die seit der Einrichtung des Ministeriums bestehenden Regelungen zum Geschäftsgang in einem Regulativ vom 1. Juni 1855 [17] . Die Leitung des Geschäftsbetriebes oblag demnach "…unter oberer Aufsicht und unmittelbarer Einwirkung des Ministers" [18] in der Generalabteilung einem der beiden Ministerialdirektoren und bei den Spezial(Fach)-abteilungen dem als Vorstand eingesetzten Referenten. In den Referaten und Abteilungen war die büromäßige, monokratische Behandlung der Geschäftsvorfälle die Regel. Die Zuschreibung erfolgte zweistufig, innerhalb der Spezialabteilungen nach dem Sachprinzip durch den Abteilungsvorstand. Die Behandlung von Sachen im Kollegium war nur möglich, wenn der Minister die Entscheidungsfindung im Kollegium angeordnet [19] hatte oder wenn der Abteilungsvorstand wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit die Behandlung im Kollegium verfügte. [20] Eine regelmäßige Behandlung von Vorgängen war nur für die Generalabteilung vorgesehen. Neben der schon genannten Regel für im Kollegium zu behandelnde Vorgänge – Verfügung des Ministers oder des Abteilungsdirektors waren außerdem erstens Administrativjustiz- und Dienststrafsachen und zweitens Medizinalangelegenheiten grundsätzlich kollegial zu behandeln, wobei zu letzteren die dem Ministerium zugeordneten Ministerialräte bei zu ziehen waren.
Das Regulativ enthält auch recht kurz gefasste Hinweise zur Behandlung der Ausfertigungen und Zeichnungsregelungen, ohne auch nur im Entfernten an die präzisen Regelwerke zeitgleich entstandener preußischer Geschäftsordnungen heran zu reichen. Alle einen Sachverhalt abschließend regelnden Ausfertigungen ergingen ohne Unterschied nach der Art der internen Erledigung im Namen des Ministeriums. Sie wurden vom Minister, oder bei dessen Verhinderung durch den Ministerialdirektor oder den Vorstand der zuständigen Abteilung vollzogen. Ausgenommen waren Zwischenverfügungen oder weniger wichtige, in den laufenden Geschäftsgang fallende Erlasse, die von den Abteilungsvorständen vollzogen und auch von den Abteilungen expediert wurden. Für im Kollegium behandelte Vorgänge waren zudem die Unterschrift des Referenten sowie die Mitzeichnung des zuständigen Abteilungsvorstandes sowie die abschließende Zeichnung durch den Minister vorgeschrieben. Was weniger wichtige, also Routineangelegenheiten waren, ist nicht klar geregelt: Eine als Ausnahme gedachte Festlegung konnte somit schnell zur Regel werden, und es oblag den Abteilungsvorständen zwischen Routineangelegenheit und Ministervorlage zu trennen.
Prüft man nun einmal anhand der Akten des Bestandes wie in der täglichen Arbeit des Ministeriums die skizzierten Vorschriften umgesetzt wurden, ist in den Jahren bis zum Organisationsgesetz 1873 [21] durchaus eine Reihe von im Kollegium behandelten Fällen zu beobachten. Es scheint, als seien durchgängig Angelegenheiten, die zur Behandlung im Gesamtministerium – also im Kollegium der Minister – vorgesehen waren, auch intern nach dem Kollegialprinzip behandelt worden. Die hinsichtlich der Frage, was dem Minister zur abschließenden Zeichnung vorzulegen und was als Routineangelegenheit zu behandeln ist, starke Stellung der Abteilungsvorstände ändert sich auch nicht im Zuge der allgemeinen Organisationsänderungen in der sächsischen Staatsverwaltung im Jahre 1924. Im Zuge der Verwaltungsvereinfachung kam es, wie oben beschrieben zu einer stärkeren Abgrenzung und Bündelung einzelner Geschäftszweige und ihr Übergang an andere Ministerien. Abteilungsleiter waren nun grundsätzlich Ministerialdirektoren. Nach der Zusammenfassung der Geschäftsbereichte des Ministeriums in zwei Abteilungen zum 1. Januar 1926 wurden die Bereiche Registratur und Geschäftsstelle ebenfalls zusammengefasst: Welche hohe Bedeutung man ihren Funktionen zumaß, lässt sich daraus ersehen, dass ihnen ebenfalls ein Ministerialdirektor vorstand und man auf eine funktionierende Aktenverwaltung trotz der vorgenommenen Einsparungen nicht verzichtete.
2. Bestandsgeschichte und Bestandsbearbeitung
Bis zum Jahre 1936 erreichten die Abgaben an das Hauptstaatsarchiv einen Umfang von rund 9.000 Verzeichnungseinheiten. Sie umfassten überwiegend Akten des 19. Jahrhunderts. Weitere kleinere Abgaben erfolgten in kurzen Abständen bis 1944, es handelt sich dabei ebenfalls um Akten aus der Zeit vor 1900. Im Jahr 1949 übernahm das damalige Landeshauptarchiv den nach den Bombenangriffen auf Dresden noch erhaltenen Restbestand des ehemaligen Behördenarchivs. Diese Akten wurden 1952 im Landeshauptarchiv unter den Nrn. 8900-19012 den älteren Übernahmen beigestellt. Da das für diese Akten ursprünglich im Behördenarchiv angelegte Verzeichnis des Verwaltungsinspektors Breitfeld verloren gegangen war, mussten die Akten neu erfasst werden. Dabei war ein möglichst übersichtliches und für einen größeren Zeitraum gültiges Ordnungsschema für die Aufstellung der Bestände zu ermitteln. Die Geschäftsverteilung und der Registraturaufbau des Ministeriums waren zwischen 1831 und 1945 so häufigen einschneidenden Veränderungen unterworfen gewesen, dass mit ihrer Hilfe ein solches Schema nicht zu gewinnen war. Zudem waren sie nahezu völlig überdeckt durch die Einteilung des Behördenarchivs in 24 Sektionen, die bis 1945 unverändert blieb und sich im Wesentlichen bewährt hatte. Sie wurde daher 1952 bei der Neuaufteilung zugrunde gelegt und bildete auch die Grundlage für die in den Jahren 2003 bis 2006 vorgenommene abschließende Neubearbeitung des Bestandes.
Die zum Teil weit in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Akten der Abteilung III und V wurden nach 1919 in den Registraturen des Wirtschaftsministeriums (seit 1935 mit dem Arbeits- und Wohlfahrtsministerium zum Ministerium für Wirtschaft und Arbeit vereinigt) fortgeführt. Sie sind 1953 zunächst als Vorakten dem Bestand "Wirtschaftsministerium" des damaligen Sächsischen Landeshauptarchivs eingegliedert worden. Bereits geschlossene Aktenbände wurden dabei nicht mit ins Ministerium für Wirtschaft überführt, sondern verblieben im Behördenarchiv des Ministerium des Innern und kamen demzufolge mit Ablieferungen von dort ins Hauptstaatsarchiv. Bei den in den fünfziger Jahren vorgenommenen Bearbeitungen wurden die Bestände so wie sie übernommen worden waren, bearbeitet. Dieses Verfahren bildet zwar die Registraturverhältnisse ab, erleichtert aber eine gute Benutzung des Bestandes keineswegs. Im Zuge der Neubearbeitung wurden die in Frage stehenden Akten daher auf ihre tatsächliche Provenienz überprüft und eine klare, eindeutige Bestandstrennung vorgenommen.
Auf Grund der geringen Erschließungsintensität der in den fünfziger Jahren vorgenommen Erfassung war bereits 1983 mit einer Neuverzeichnung unter Zugrundelegung der "Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für das staatliche Archivwesen der DDR", als damals gültiger Erschließungsrichtlinie begonnen worden. Es entstanden dabei Findkarteien zu den einzelnen Sektionen. Auf Basis dieser Karteien und der von Bärbel Förster, Ute Essegern und Birgit Rehse vorgenommen "Sektionsanalysen" wurden in den Jahren ab 2001 eine Datenbank erstellt, anschließend die Erschließungsdaten vereinheitlicht und durch Abgleich mit den Akten inhaltlich ergänzt, überarbeitet und vereinheitlicht. Dabei wurden auch ca. 4.000 Akteneinheiten, die ihrer Provenienz nach zum Bestand Ministerium des Innern gehören und bislang unverzeichnet waren, erschlossen und dem Bestand neu zugeordnet. Für die abschließende Klassifikation wurde die Gliederung nach Sektionen angepasst und verfeinert. Dies erstreckt sich besonders auf die Sektionen 2 "Verfassung und Gesetzgebung" und 4 "Wahlen und Parlamentsangelegenheiten", die Sektion 5, in der alle das Personenstandswesen und die Staats- und Heimatzugehörigkeit betreffende Akten zusammengefasst wurden, sowie auf die Sektion 13 "Handel und Gewerbe", bei der Abgrenzungen mit dem Bestand 10078 Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation und aus den oben dargelegten Gründen mit dem Bestand 11168 Ministerium für Wirtschaft vorzunehmen waren.
Es zeigte sich auch, dass die Verzeichnung aus den 1980er Jahren keine Rekonstruktion der ursprünglich in der Registratur gebildeten Serien vorgenommen hatte. Soweit möglich, wurde dies nun korrigiert. Als Anhaltspunkt für die Rekonstruktion einer Serie dienten allein die alten Registratursignaturen, die bei der Verzeichnung aufgenommen wurden. Da das Archivdatenbanksystem Augias-7.4 eine Verzeichnung von Serien aus technischen Gründen nicht erlaubt, konnte die Zusammenführung der Titelaufnahmen erst bei der Erstellung der Ausdrucke bzw. der Onlinefindbücher erfolgen. Der Nutzen dieser teilweise sehr aufwändigen Vorgehensweise ist besonders in den Sektionen 5 (Aktenserien zur Auswanderung), 6 (Geldzahlungen an die Gemeinden aus dem Lastenausgleichsstock), 16 (Apothekenwesen) und 17 (Überwachung der Zeitschriften- und Buchpublikationen) sichtbar. Die Titelbildung wurde dabei vereinheitlicht, sie erfolgte bei Serien und Einzelfallakten gleichermaßen in enger Anlehnung an die vorgefundenen Aktentitel, die nur behutsam modernisiert und an den heutigen Sprachgebrauch angepasst wurden. Die zum Bestand erstellten Onlinefindbücher sind überwiegend nach dem Aktentitel geordnet, um auch hier zusammen gehörende Akten zusammen darzustellen. Nur in den Teilen des Bestandes, in den überwiegend Einzelfallakten vorhanden sind, wurde eine chronologische Ordnung gewählt.
Dresden, am 1. Dezember 2006
Dr. Nils Brübach
3. Literatur
Forberger, Rudolf, Die industrielle Revolution in Sachsen. Die Produktivkräfte in Sachsen 1800-1830, Berlin 1982
Funke, Gottlob Leberecht, Die Polizei-Gesetze und Verordnungen des Königreiches Sachsen mit Inbegriff der organischen und formellen Bestimmungen. Bd. V, Leipzig 1856
Glühmann, Günter, Die Organisation und Funktionsverteilung der sächsischen Staatsministerien. Jur. Diss. Leipzig/Dresden 1932.
Groß, Rainer, Geschichte Sachsens, Leipzig 2001.
Jeserich, Kurt G. A u.a., Deutsche Verwaltungsgeschichte Band 2: Vom Reichsdeputationshauptschluss bis zur Auflösung des Deutschen Bundes 1983.
Klein, Thomas (Hg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte Reihe B, Band 14: Sachsen, Marburg 1982.
Kretzschmar, Hellmut , Die Sächsische Verfassung vom 4. September 1831, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde (NASGA) Bd. 52.1931, S. 207-248.
Matzerath, Josef, Die sächsische Verfassung von 1831. In: Festveranstaltung "175 Jahre sächsische Verfassung" am 4. September 2006 – Veranstaltungen des Sächsischen Landtages Heft 35. Dresden 2006, S. 28 – 35.
Mayer, Otto, Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. Tübingen 1909.
Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1800 - 1866. Bürgerwelt und starker Staat. 1983.
Plathen, Ferdinand, Reformbestrebungen der inneren Verwaltung des Königreichs Sachsen während des Generalgouvernements 1813 und 1814, in: NASGA Bd. 40. 1919, S. 296-346.
Schmidt, Gerhard, Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Weimar 1966.
Schmidt, Gerhard, Verfassungsreformen und Reaktionen im Königreich Sachsen, Leipzig 2003.
Wyduckel, Dieter, Die Trennung von Justiz und Verwaltung in Sachsen nach 1831, in: Dresdner Hefte 17. 4 S.21-29, Dresden 1999.
[01] Schmidt 1966, S.75.
[02] Groß 2001, S. 191.
[03] Forberger 1982.
[04] Nipperdey 1983, S.33, 69 und 368.
[05] Mayer, 1909, S.8.
[06] Das Original des für den König bestimmten Exemplars der Verfassung: Hauptstaatsarchiv Dresden, 10699 Neuere Urkunden K 613 Nr.2 b. Der Text ist z.B. abgedruckt in Mayer 1909, S.303 bis 322.
[07] Matzerath 2006, S.28.
[08] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen Nr. 46, Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements (…) betr., vom 7. November 1831 Das Original ist in der als Scan wiedergegeben.
[09] Nipperdey 1983, S. 349 und 368.
[10] Vgl. dazu das Staatsdienergesetz ("D-Gesetz") vom 7.3.1835.
[11] Verfassung vom 4. 9. 1831 §§ 141 bis 151, Mayer 1909, S. 219 – 220.
[12] Der König hatte auch nicht das Recht, andere als die in der Verfassung genannten Ministerialdepartements einzurichten.
[13] Schmidt, S.197-213, 220-223; Glühmann 1932 , S.44 - 49.
[14] Siehe dazu die Organigramme unter "Zuständigkeit und Organisation".
[15] Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Sektion 13 Handel und Gewerbe.
[16] Zu den Begriffen der Entwicklung in Preußen vgl. Menne-Haritz 1999, S.71 – 132.
[17] Funke 1856 S.5. Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Nr. 483 und Nr. 8901.
[18] Funke, a.a.O.
[19] Vgl. etwa Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10736 Ministerium des Innern Nr. 23531: Protokolle und Resolutionen auf die zum Immediatvortrag ausgesetzten Sachen.
[20] Es handelt sich somit um eine nachrangige kollegiale Behandlung der Sache – nicht basierend auf den allgemein gültigen Regeln einer Geschäftsordnung, sondern als Ergebnis einer monokratischen Entscheidung über den Erledigungsprozess.
[21] Gesetz , die Organisation für die Behörden der inneren Verwaltung vom 21. April 1873, GVBL Nr. 39 S. 275 – 294. Das Gesetz etablierte nicht nur die endgültige Trennung von Verwaltung und Justiz auch auf der untersten Ebene der staatlichen Verwaltung, die Kreishauptmannschaften und Amtshauptmannschaften wurden ausdrücklich als "Vorstandsbehörden" mit monokratischem Geschäftsgang etabliert, obwohl in den Landtagsverhandlungen dagegen scharf Stellung bezogen wurde. Landtagsmitteilungen 1871-1873, II. Kammer Bd.3, S. 2954 und S. 3070.
Glühmann, G.: Die Organisation und Funktionsverteilung der sächsischen Staatsministerien. Dresden, 1932
Blaschke, Karlheinz: Sächsische Verwaltungsgeschichte. Berlin, 1958. S. 94 - 95
Schmidt, C.: Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Weimar, 1966. S. 220 - 225
Blaschke, Karlheinz: Sächsische Verwaltungsgeschichte. Berlin, 1958. S. 94 - 95
Schmidt, C.: Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Weimar, 1966. S. 220 - 225
1. Organisation, innere Verwaltung des Ministeriums und Zusammenarbeit mit anderen Ministerien.- 2. Verfassung, Gesetzgebung und Justiz.- 3. Grenzsachen, Hoheitssachen und Ordensverleihungen.- 4. Wahlen und Parlamentsangelegenheiten.- 5. Staatsangehörigkeit und Heimatangehörigkeit, Personenstandswesen.- 6. Gemeindesachen und Kommunalaufsicht.- 7. Grundherrschaftsangelegenheiten.- 8. Kommunalgarden.- 9. Polizei.- 10. Armensachen und Notstandssachen.- 11. Stiftungen.- 12. Versicherungswesen.- 13. Gewerbe und Handel.- 14. Straßenbau und Wasserbau, Stromversorgung.- 15. Verkehrswesen.- 16. Gesundheitswesen.- 17. Presseangelegenheiten und Zensurangelegenheiten, Buchhandel.- 18. Landwirtschaft und Forstwirtschaft.- 19. Landesanstalten, Wohlfahrtspflege.- 20. Kunst, Denkmalpflege, Kultur.- 21. Bergwesen und Hüttenwesen.- 22. Kriegsangelegenheiten, Maßnahmen der Kriegswirtschaft.- 23. Registranden, Aktenverzeichnisse.
Das Ministerium des Innern wurde auf Grundlage der sächsischen Verfassung von 1831 und der dort vorgesehenen Ressorttrennung eingerichtet. Es nahm am 01.12.1831 seine Arbeit auf. Das Ministerium bündelte in seiner Zuständigkeit eine Vielzahl von Aufgaben und war zwischen 1831 und 1919 als kombiniertes Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums auf einem weitumfassenden und in wachsendem Maße sich differenzierendem Gebiet zuständig. Es erlangte insbesondere für die staatliche Förderung des Ausbaues der sächsischen Wirtschaft im 19. Jahrhundert zentrale Bedeutung. 1919 wurden die Bereiche Wirtschaft und Landwirtschaft zu einem selbstständigem Ministerium umgebildet. Erst nach 1933 entwickelte sich das Innenministerium unter dem zunehmenden Einfluß der Reichsbehörden zur Instanz für die inneren Verwaltungsangelegenheiten im engeren Sinne. Mit dieser Entwicklung einher ging ein erheblicher Funktionsverlust gegenüber den nachgeordneten Behörden. 1943 wurde das Ministerium als Abteilung des Inneren der Reichsstatthalterei angegliedert.
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
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