Beständeübersicht
Bestand
10753 Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde
Datierung | 1816 - 1952 |
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Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 35,45 |
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1. Geschichte der Amtshauptmannschaften
Einleitung für die Bestände der Amtshauptmannschaften von Dr. G. Schmidt, Juni 1967 (vgl. ms. Findbuch zum Bestand 30041 Amtshauptmannschaft Annaberg)
Schon bei der Begründung der Gerichtsämter im Jahre 1856 war eine künftige Trennung der Justiz und der Verwaltung und eine veränderte Organisation der 14 Amtshauptmannschaften in Aussicht genommen worden. Der außerordentlich rasche Aufschwung der sächsischen Wirtschaft im Zeitalter der Industrialisierung und die damit zusammenhängende rapide Bevölkerungszunahme machten eine intensivere und differenziertere Verwaltungstätigkeit in der Lokalverwaltung notwendig. Daher wurden 1874 Justiz und Verwaltung auch in der Lokalinstanz getrennt. Die Gerichtsämter behielten nur die Justiz; ab 1879 wurden sie als Amtsgerichte bezeichnet. Die Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter gingen 1874 an 25 neue Amtshauptmannschaften über, die zugleich die Geschäfte der bisherigen 14 Amtshauptmannschaften und der Straßen- und Wasserbaukommissionen übernahmen. Bis 1874 hatte jedem Amtshauptmann nur ein Schreiber zur Seite gestanden. Nun wurden die Amtshauptmannschaften voll ausgebildete Behörden, die jeweils mit einem Amtshauptmann, einem oder mehreren Juristen, einem oder mehreren Sekretären und etlichen Expedienten besetzt waren. Die Amtshauptleute gehörten zunächst meist dem Adel an. Erst im 20. Jahrhundert überwog der Anteil der Bürgerlichen.
Die Amtshauptmannschaften waren die untere Verwaltungsinstanz in allen Angelegenheiten, für die es keine besonderen Behörden gab. Sie führten die Aufsicht über alle Gemeinden mit Ausnahme der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz. Vor allem überwachten sie die örtliche Polizeiverwaltung und übten sie zum Teil auch selbst aus, soweit sie den Gemeinden nicht überlassen war. Zu den von den Amtshauptmannschaften abhängigen Polizeiangelegenheiten gehörten außer der Sicherheitspolizei auch die Armenversorgung und die Medizinalfürsorge, die Aufsicht über Handel und Gewerbe sowie über die Land- und Forstwirtschaft, die Bau- und Feuerpolizei, die Versicherungsangelegenheiten und das Sparkassenwesen, ferner Staatsangehörigkeitssachen und das Personenstandswesen. Auch für Finanz- und Militärangelegenheiten waren die Amtshauptmannschaften zuständig, jedoch nur soweit sie in das Ressort des Innenministeriums fielen. Die älteren Amtshauptleute vor 1874 waren dagegen für die Ressorts mehrerer Ministerien tätig gewesen.
Eine wesentliche, für den bürgerlich-konstitutionellen Staat charakteristische Neuerung war es, dass jede Amtshauptmannschaft einen Selbstverwaltungsverband, den Bezirksverband, bildete. Der Bezirksverband wurde durch die Bezirksversammlung vertreten, die sich auf Bezirkstagen versammelte. Der Amtshauptmann berief den Bezirkstag jährlich mindestens einmal, führte den Vorsitz und leitete die Verhandlungen. Die Bezirksversammlung war keine Volksversammlung, sondern sie bestand zu einem Drittel aus gewählten Vertretern der Höchstbesteuerten mit jährlich 100 Talern Steuerzahlung und zu zwei Dritteln aus Abgeordneten der im Bezirk gelegenen Städte und Landgemeinden. Die Bezirksversammlung konnte für gemeinnützige Zwecke Einrichtungen und Ausgaben beschließen und dafür das Vermögen des Bezirkes verwesen, Anleihen aufnehmen und den Bezirk mit Steuern belasten. Sie stellte den Bezirkshaushaltsplan aus, verwaltete das Bezirksvermögen, konnte Anträge bei höheren Behörden stellen und Kommissionen oder Einzelpersonen für Bezirkszwecke beauftragen. Die Bezirksversammlung wählte die Mitglieder des Bezirksausschusses und des Kreisausschusses. Der Bezirksausschuss bestand unter Vorsitz des Amtshauptmanns aus mindestens 8 Mitgliedern. Dabei mussten jedem Ausschuss mindestens zwei Vertreter der Höchstbesteuerten, zwei der Städte und zwei der Landgemeinden angehören. Der Bezirksausschuss war dem Amtshauptmann beigeordnet, um bei bestimmten Entscheidungen mitzuwirken oder ihm als beratendes Organ zu dienen. Zur Entscheidung berufen war der Bezirksausschuss u. a. in Administrativjustizsachen über den Unterstützungswohnsitz und die Verbindlichkeiten zur Armenversorgung, bei Beschwerden in Wahlsachen, bei Streitigkeiten über Beiträge für den Bezirk und für die Gemeinden, bei Anträgen über Gewerbe- und Schankkonzessionen, bei Anlegung neuer öffentlicher Wege und bei bestimmten Grundstücksangelegenheiten. Zur Beratung wurde der Bezirksausschuss zugezogen bei allgemeinen polizeilichen Maßregeln im Bezirk, bei Verhandlungen über Staatsbeihilfen zu Straßenbauten der Gemeinden, bei Anträgen über die Berichtigung von Wasserläufen und in mancherlei anderen vorgeschrieben bzw. von der vorgesetzten Behörde geforderten oder vom Amtshauptmann gewünschten Fällen.
In jeder Amtshauptmannschaft bildeten der Amtshauptmann und ein Bezirksschulinspektor zusammen die Bezirksschulinspektion. Diese war eine besondere, von der Amtshauptmannschaft getrennte Behörde. Sie unterstand nicht wie die Amtshauptmannschaft dem Innenministerium, sondern dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts (seit 1923 Ministerium für Volksbildung). Die Akten wurden sowohl vom Amtshauptmann als auch vom Bezirksschulinspektor bearbeitet und wurden dann mit der Registratur der Amtshauptmannschaft aufbewahrt. Vor 1874 waren die Schulangelegenheiten zusammen mit den Kirchenangelegenheiten vom Superintendenten und einer weltlichen Behörde (Amt, Stadtrat, Patrimonialgericht, ab 1856 Gerichtsamt) in den Kirchen- und Schulinspektionen bearbeitet worden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Bezirksschulinspektionen als Bezirksschulämter bezeichnet, die Bezirksschulinspektoren als Bezirksschulräte.
Die vorgesetzten Behörden der Amtshauptmannschaften waren die vier Kreishauptmannschaften, denen wiederum das Ministerium des Innern vorstand. Seit 1874 gab es folgende Amtshauptmannschaften:
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Bautzen: Bautzen, Kamenz, Löbau, Zittau
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Dresden: Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg, Großenhain, Meißen, Pirna
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig: Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz, Rochlitz
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Zwickau: Annaberg, Auerbach, Chemnitz, Flöha, Marienberg, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg, Zwickau
In den besonders großen Amtshauptmannschaften Dresden, Pirna, Freiberg und Zwickau gab es amtshauptmannschaftliche Delegationen in Döhlen, Schandau, Sayda und Crimmitschau. Diese Delegationen waren abgezweigte Geschäftsstellen der Amtshauptmannschaft, aber keine eigenen Behörden. Die Delegationen in Crimmitschau, Schandau und Döhlen bestanden nur wenige Jahre, die Delegation in Sayda dagegen jahrzehntelang bis 1939.
1878 wurden die Schönburgischen Rezessherrschaften völlig in den sächsischen Staat eingegliedert. Aus ihnen wurde die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet, während kleinere Teile an die Amtshauptmannschaften Zwickau und Schwarzenberg fielen.
1880 wurde die Amtshauptmannschaft Dresden in zwei Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geteilt, die 1924 wieder miteinander vereinigt wurden.
Im Jahr 1900 wurde von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine neue Kreishauptmannschaft Chemnitz mit den Amtshauptmannschaften Chemnitz, Annaberg, Flöha, Glauchau und Marienberg abgetrennt.
1910 entstand die Amtshauptmannschaft Stollberg durch Abspaltung von der Amtshauptmannschaft Chemnitz.
In Werdau wurde 1919 ein amtshauptmannschaftliches Zweigamt begründet, das der Amtshauptmannschaft Zwickau unterstand. Dieses Zweigamt wurde bereits 1920 zu einer selbständigen Amtshauptmannschaft erhoben, die jedoch 1933 wieder mit Zwickau vereinigt wurde.
Die Kreishauptmannschaft Bautzen wurde 1932 aufgehoben und mit Dresden vereinigt.
1939 wurden die Bezeichnungen Amtshauptmannschaft und Kreishauptmannschaft durch die nun im ganzen Deutschen Reich vereinheitlichten Namen Kreis (Landkreis oder Stadtkreis) und Regierungsbezirk ersetzt. Der Amtshauptmann und der Kreishauptmann hießen seitdem Landrat bzw. Regierungspräsident. Auch ihre Behörden erhielten diese auf eine Einzelperson zugeschnittene Bezeichnung, weil unter den Bedingungen des autoritären Regimes gemäß dem Führerprinzip nicht die anonyme Behörde, sondern der verantwortliche Behördenleiter maßgebend sein sollte.
Nach 1945 wurden die Unterbehörden der inneren Verwaltung nicht mehr als Landrat, sondern als Rat des Kreises bezeichnet, wie es gelegentlich auch schon seit 1943 geschehen war. Die Einteilung der Landkreise blieb zunächst im Wesentlichen bestehen. Der Landkreis Stollberg wurde 1950 aufgelöst und auf die benachbarten Kreise verteilt. 1951 wurde der Landkreis Aue (früher Schwarzenberg) wegen seines raschen Wirtschaftsaufschwungs und starker Bevölkerungszunahme durch den Erzbergbau neu gegliedert in die beiden Landkreise Aue und Schwarzenberg und die beiden Stadtkreise Johanngeorgenstadt und Schneeberg.
Durch die Demokratisierung der Verwaltung vom Jahr 1952 wurde das Land Sachsen aufgelöst. Die drei Bezirke Dresden, Leipzig und Chemnitz (seit 1953 Karl-Marx-Stadt) traten an seine Stelle, wobei benachbarte Gebiete der früheren Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Schlesien mit einbezogen wurden. Dabei erfolgte auch eine neue Kreiseinteilung. Im Bezirk Dresden wurden 15 Landkreise und 2 Stadtkreise gebildet, im Bezirk Leipzig 12 Landkreise und ein Stadtkreis und im Bezirk Chemnitz / Karl-Marx-Stadt 21 Landkreise und 5 Stadtkreise (zusammen 48 Landkreise und 8 Stadtkreise). Die neuen Kreise waren wesentlich kleiner und daher zahlreicher als die Amtshauptmannschaften und ihre Nachfolgekreise, so dass eine größere Nähe der Kreisbehörden zur Bevölkerung bewirkt wurde.
2. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde
Die 1874 gegründete Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde ging aus den Gerichtsämtern Altenberg, Dippoldiswalde, Frauenstein und Lauenstein hervor. Die Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde befand sich im Süden der Kreishauptmannschaft Dresden und wurde im Norden von der Amtshauptmannschaft Dresden, im Osten der Amtshauptmannschaft Pirna im Süden von Böhmen / Tschechoslowakische Republik und im Westen von der Amtshauptmannschaft Freiberg begrenzt. Zu ihr gehörten die Städte Altenberg, Bärenstein, Dippoldiswalde, Frauenstein, Geising, Glashütte und Lauenstein sowie 111 Dörfer. Sie umfasste 1910 etwa 652 km² in denen rund 58.300 Einwohner lebten. Sie war die am dünnsten besiedelte und am wenigsten verstädterte Amtshauptmannschaft Sachsens. Dippoldiswalde stand an letzter Stelle aller sächsischen Amtshauptmannschaften hinsichtlich des Anteils gewerbstätiger Personen an der Gesamtbevölkerung.[01]
Der Bestand zählt ca. 2710 Akteneinheiten vom Jahre 1816 ab, wenige Aktenbände wurden über das Jahr 1945 hinaus weitergeführt. Der Bestand wurde in mehreren Abgaben in den Jahren seit 1949 übernommen. Verzeichnet wurde er von H. Thoß, A. Kobuch, G. Kolbe und R. Pfirschke.
Die innere Ordnung des Bestandes erfolgte im Wesentlichen nach dem "Archivplan der Amtshauptmannschaften" vom Jahre 1874. Geringfügige Korrekturen oder Neubildungen in den Aktentiteln ergaben sich aus den Inhalten der überlieferten Akten. Die Abteilung X Schulsachen entfällt, die Akten zum Schulwesen, die bei der Amtshauptmannschaft geführt wurden, sind im Bestand 11141 Bezirksschulamt Dippoldiswalde zu finden. Der Schreibweise der Ortsnamen liegt das Historische Ortsverzeichnis von Sachsen, bearbeitet von Karlheinz Blaschke, Leipzig 1957, zugrunde.
In dem Bestand ist auf die Archivalien hinzuweisen, die über die Grenzangelegenheiten und ihre Regelung zwischen der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde und den angrenzenden nordböhmischen Bezirkshauptmannschaften Aussig, Brüx, Dux und Teplitz Auskunft geben, sowie auf die den Gemeinden in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Verfügung stehenden Grenzlandmittel. Umfangreich ist die archivalische Überlieferung über die einzelnen Gemeinden, über das Jagdwesen sowie über die Gewerbe- und Baupolizei. Die Gewerbepolizeiakten betreffen vor allem die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen. Von Interesse sind auch die Akten, die die Elektrifizierung der einzelnen Orte der Amtshauptmannschaft, den Bau der Eisenbahnlinie Heidenau-Altenberg in den 1930er Jahren und die damit verbundenen Abtretungen und Erwerbungen von Grundstücken widerspiegeln.
Der Bestand wurde entsprechend den im Staatsarchiv Dresden ausgearbeiteten "Kassationsrichtlinien für die Bestände der Amtshauptmannschaften" durchkassiert.
Grundlage für dieses Findmittel ist das von Agatha Kobuch und Dr. Gerhard Schmidt erstellte Findbuch aus den Jahren 1967 und 1969, in das in den folgenden Jahren weitere Zugänge eingearbeitet wurden. Die Retrokonversion des Findbuchs erfolgte 2012 durch Regina Schulz.
Verzeichnis der Amtshauptleute der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde[02]
1875 – 1877: Hans Alexander von Bosse
1877 – 1891: Emil von Kessinger
1891 – 1894: Haubold von Einsiedel
1894 – 1898: Dr. jur. Ferdinand Georg Uhlemann
1898 – 1903: Karl Joseph Maximilian von Lossow
1903 – 1909: Dr. Wilhelm Maximilian Mehnert
1909 – 1914: Dr. Carlo Johann Baptist Alfred Sala
1914 – 1932: Holm Edler von der Planitz
1933 – 1945: Leo Freiherr von Miltitz
Akten der Gerichtsämter Altenberg, Dippoldiswalde, Frauenstein und Lauenstein wurden den entsprechenden Gerichtsamtsbeständen zugeordnet. Die Wasserkarten (ehemals 10753 Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, Nr. 2801 bis 2814) wurden in den Bestand 12844 Karten und Risse eingearbeitet. Duplikate der Wasserkarten, wurden dabei kassiert.Konkordanz, Stand 23.02.2015
[01] Thomas Klein: Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Reihe B, Band 14: Sachsen, S. 313 f
[02] Thomas Klein: Grundriss, S. 315
Einleitung für die Bestände der Amtshauptmannschaften von Dr. G. Schmidt, Juni 1967 (vgl. ms. Findbuch zum Bestand 30041 Amtshauptmannschaft Annaberg)
Schon bei der Begründung der Gerichtsämter im Jahre 1856 war eine künftige Trennung der Justiz und der Verwaltung und eine veränderte Organisation der 14 Amtshauptmannschaften in Aussicht genommen worden. Der außerordentlich rasche Aufschwung der sächsischen Wirtschaft im Zeitalter der Industrialisierung und die damit zusammenhängende rapide Bevölkerungszunahme machten eine intensivere und differenziertere Verwaltungstätigkeit in der Lokalverwaltung notwendig. Daher wurden 1874 Justiz und Verwaltung auch in der Lokalinstanz getrennt. Die Gerichtsämter behielten nur die Justiz; ab 1879 wurden sie als Amtsgerichte bezeichnet. Die Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter gingen 1874 an 25 neue Amtshauptmannschaften über, die zugleich die Geschäfte der bisherigen 14 Amtshauptmannschaften und der Straßen- und Wasserbaukommissionen übernahmen. Bis 1874 hatte jedem Amtshauptmann nur ein Schreiber zur Seite gestanden. Nun wurden die Amtshauptmannschaften voll ausgebildete Behörden, die jeweils mit einem Amtshauptmann, einem oder mehreren Juristen, einem oder mehreren Sekretären und etlichen Expedienten besetzt waren. Die Amtshauptleute gehörten zunächst meist dem Adel an. Erst im 20. Jahrhundert überwog der Anteil der Bürgerlichen.
Die Amtshauptmannschaften waren die untere Verwaltungsinstanz in allen Angelegenheiten, für die es keine besonderen Behörden gab. Sie führten die Aufsicht über alle Gemeinden mit Ausnahme der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz. Vor allem überwachten sie die örtliche Polizeiverwaltung und übten sie zum Teil auch selbst aus, soweit sie den Gemeinden nicht überlassen war. Zu den von den Amtshauptmannschaften abhängigen Polizeiangelegenheiten gehörten außer der Sicherheitspolizei auch die Armenversorgung und die Medizinalfürsorge, die Aufsicht über Handel und Gewerbe sowie über die Land- und Forstwirtschaft, die Bau- und Feuerpolizei, die Versicherungsangelegenheiten und das Sparkassenwesen, ferner Staatsangehörigkeitssachen und das Personenstandswesen. Auch für Finanz- und Militärangelegenheiten waren die Amtshauptmannschaften zuständig, jedoch nur soweit sie in das Ressort des Innenministeriums fielen. Die älteren Amtshauptleute vor 1874 waren dagegen für die Ressorts mehrerer Ministerien tätig gewesen.
Eine wesentliche, für den bürgerlich-konstitutionellen Staat charakteristische Neuerung war es, dass jede Amtshauptmannschaft einen Selbstverwaltungsverband, den Bezirksverband, bildete. Der Bezirksverband wurde durch die Bezirksversammlung vertreten, die sich auf Bezirkstagen versammelte. Der Amtshauptmann berief den Bezirkstag jährlich mindestens einmal, führte den Vorsitz und leitete die Verhandlungen. Die Bezirksversammlung war keine Volksversammlung, sondern sie bestand zu einem Drittel aus gewählten Vertretern der Höchstbesteuerten mit jährlich 100 Talern Steuerzahlung und zu zwei Dritteln aus Abgeordneten der im Bezirk gelegenen Städte und Landgemeinden. Die Bezirksversammlung konnte für gemeinnützige Zwecke Einrichtungen und Ausgaben beschließen und dafür das Vermögen des Bezirkes verwesen, Anleihen aufnehmen und den Bezirk mit Steuern belasten. Sie stellte den Bezirkshaushaltsplan aus, verwaltete das Bezirksvermögen, konnte Anträge bei höheren Behörden stellen und Kommissionen oder Einzelpersonen für Bezirkszwecke beauftragen. Die Bezirksversammlung wählte die Mitglieder des Bezirksausschusses und des Kreisausschusses. Der Bezirksausschuss bestand unter Vorsitz des Amtshauptmanns aus mindestens 8 Mitgliedern. Dabei mussten jedem Ausschuss mindestens zwei Vertreter der Höchstbesteuerten, zwei der Städte und zwei der Landgemeinden angehören. Der Bezirksausschuss war dem Amtshauptmann beigeordnet, um bei bestimmten Entscheidungen mitzuwirken oder ihm als beratendes Organ zu dienen. Zur Entscheidung berufen war der Bezirksausschuss u. a. in Administrativjustizsachen über den Unterstützungswohnsitz und die Verbindlichkeiten zur Armenversorgung, bei Beschwerden in Wahlsachen, bei Streitigkeiten über Beiträge für den Bezirk und für die Gemeinden, bei Anträgen über Gewerbe- und Schankkonzessionen, bei Anlegung neuer öffentlicher Wege und bei bestimmten Grundstücksangelegenheiten. Zur Beratung wurde der Bezirksausschuss zugezogen bei allgemeinen polizeilichen Maßregeln im Bezirk, bei Verhandlungen über Staatsbeihilfen zu Straßenbauten der Gemeinden, bei Anträgen über die Berichtigung von Wasserläufen und in mancherlei anderen vorgeschrieben bzw. von der vorgesetzten Behörde geforderten oder vom Amtshauptmann gewünschten Fällen.
In jeder Amtshauptmannschaft bildeten der Amtshauptmann und ein Bezirksschulinspektor zusammen die Bezirksschulinspektion. Diese war eine besondere, von der Amtshauptmannschaft getrennte Behörde. Sie unterstand nicht wie die Amtshauptmannschaft dem Innenministerium, sondern dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts (seit 1923 Ministerium für Volksbildung). Die Akten wurden sowohl vom Amtshauptmann als auch vom Bezirksschulinspektor bearbeitet und wurden dann mit der Registratur der Amtshauptmannschaft aufbewahrt. Vor 1874 waren die Schulangelegenheiten zusammen mit den Kirchenangelegenheiten vom Superintendenten und einer weltlichen Behörde (Amt, Stadtrat, Patrimonialgericht, ab 1856 Gerichtsamt) in den Kirchen- und Schulinspektionen bearbeitet worden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Bezirksschulinspektionen als Bezirksschulämter bezeichnet, die Bezirksschulinspektoren als Bezirksschulräte.
Die vorgesetzten Behörden der Amtshauptmannschaften waren die vier Kreishauptmannschaften, denen wiederum das Ministerium des Innern vorstand. Seit 1874 gab es folgende Amtshauptmannschaften:
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Bautzen: Bautzen, Kamenz, Löbau, Zittau
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Dresden: Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg, Großenhain, Meißen, Pirna
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig: Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz, Rochlitz
• im Bereich der Kreishauptmannschaft Zwickau: Annaberg, Auerbach, Chemnitz, Flöha, Marienberg, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg, Zwickau
In den besonders großen Amtshauptmannschaften Dresden, Pirna, Freiberg und Zwickau gab es amtshauptmannschaftliche Delegationen in Döhlen, Schandau, Sayda und Crimmitschau. Diese Delegationen waren abgezweigte Geschäftsstellen der Amtshauptmannschaft, aber keine eigenen Behörden. Die Delegationen in Crimmitschau, Schandau und Döhlen bestanden nur wenige Jahre, die Delegation in Sayda dagegen jahrzehntelang bis 1939.
1878 wurden die Schönburgischen Rezessherrschaften völlig in den sächsischen Staat eingegliedert. Aus ihnen wurde die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet, während kleinere Teile an die Amtshauptmannschaften Zwickau und Schwarzenberg fielen.
1880 wurde die Amtshauptmannschaft Dresden in zwei Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geteilt, die 1924 wieder miteinander vereinigt wurden.
Im Jahr 1900 wurde von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine neue Kreishauptmannschaft Chemnitz mit den Amtshauptmannschaften Chemnitz, Annaberg, Flöha, Glauchau und Marienberg abgetrennt.
1910 entstand die Amtshauptmannschaft Stollberg durch Abspaltung von der Amtshauptmannschaft Chemnitz.
In Werdau wurde 1919 ein amtshauptmannschaftliches Zweigamt begründet, das der Amtshauptmannschaft Zwickau unterstand. Dieses Zweigamt wurde bereits 1920 zu einer selbständigen Amtshauptmannschaft erhoben, die jedoch 1933 wieder mit Zwickau vereinigt wurde.
Die Kreishauptmannschaft Bautzen wurde 1932 aufgehoben und mit Dresden vereinigt.
1939 wurden die Bezeichnungen Amtshauptmannschaft und Kreishauptmannschaft durch die nun im ganzen Deutschen Reich vereinheitlichten Namen Kreis (Landkreis oder Stadtkreis) und Regierungsbezirk ersetzt. Der Amtshauptmann und der Kreishauptmann hießen seitdem Landrat bzw. Regierungspräsident. Auch ihre Behörden erhielten diese auf eine Einzelperson zugeschnittene Bezeichnung, weil unter den Bedingungen des autoritären Regimes gemäß dem Führerprinzip nicht die anonyme Behörde, sondern der verantwortliche Behördenleiter maßgebend sein sollte.
Nach 1945 wurden die Unterbehörden der inneren Verwaltung nicht mehr als Landrat, sondern als Rat des Kreises bezeichnet, wie es gelegentlich auch schon seit 1943 geschehen war. Die Einteilung der Landkreise blieb zunächst im Wesentlichen bestehen. Der Landkreis Stollberg wurde 1950 aufgelöst und auf die benachbarten Kreise verteilt. 1951 wurde der Landkreis Aue (früher Schwarzenberg) wegen seines raschen Wirtschaftsaufschwungs und starker Bevölkerungszunahme durch den Erzbergbau neu gegliedert in die beiden Landkreise Aue und Schwarzenberg und die beiden Stadtkreise Johanngeorgenstadt und Schneeberg.
Durch die Demokratisierung der Verwaltung vom Jahr 1952 wurde das Land Sachsen aufgelöst. Die drei Bezirke Dresden, Leipzig und Chemnitz (seit 1953 Karl-Marx-Stadt) traten an seine Stelle, wobei benachbarte Gebiete der früheren Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Schlesien mit einbezogen wurden. Dabei erfolgte auch eine neue Kreiseinteilung. Im Bezirk Dresden wurden 15 Landkreise und 2 Stadtkreise gebildet, im Bezirk Leipzig 12 Landkreise und ein Stadtkreis und im Bezirk Chemnitz / Karl-Marx-Stadt 21 Landkreise und 5 Stadtkreise (zusammen 48 Landkreise und 8 Stadtkreise). Die neuen Kreise waren wesentlich kleiner und daher zahlreicher als die Amtshauptmannschaften und ihre Nachfolgekreise, so dass eine größere Nähe der Kreisbehörden zur Bevölkerung bewirkt wurde.
2. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde
Die 1874 gegründete Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde ging aus den Gerichtsämtern Altenberg, Dippoldiswalde, Frauenstein und Lauenstein hervor. Die Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde befand sich im Süden der Kreishauptmannschaft Dresden und wurde im Norden von der Amtshauptmannschaft Dresden, im Osten der Amtshauptmannschaft Pirna im Süden von Böhmen / Tschechoslowakische Republik und im Westen von der Amtshauptmannschaft Freiberg begrenzt. Zu ihr gehörten die Städte Altenberg, Bärenstein, Dippoldiswalde, Frauenstein, Geising, Glashütte und Lauenstein sowie 111 Dörfer. Sie umfasste 1910 etwa 652 km² in denen rund 58.300 Einwohner lebten. Sie war die am dünnsten besiedelte und am wenigsten verstädterte Amtshauptmannschaft Sachsens. Dippoldiswalde stand an letzter Stelle aller sächsischen Amtshauptmannschaften hinsichtlich des Anteils gewerbstätiger Personen an der Gesamtbevölkerung.[01]
Der Bestand zählt ca. 2710 Akteneinheiten vom Jahre 1816 ab, wenige Aktenbände wurden über das Jahr 1945 hinaus weitergeführt. Der Bestand wurde in mehreren Abgaben in den Jahren seit 1949 übernommen. Verzeichnet wurde er von H. Thoß, A. Kobuch, G. Kolbe und R. Pfirschke.
Die innere Ordnung des Bestandes erfolgte im Wesentlichen nach dem "Archivplan der Amtshauptmannschaften" vom Jahre 1874. Geringfügige Korrekturen oder Neubildungen in den Aktentiteln ergaben sich aus den Inhalten der überlieferten Akten. Die Abteilung X Schulsachen entfällt, die Akten zum Schulwesen, die bei der Amtshauptmannschaft geführt wurden, sind im Bestand 11141 Bezirksschulamt Dippoldiswalde zu finden. Der Schreibweise der Ortsnamen liegt das Historische Ortsverzeichnis von Sachsen, bearbeitet von Karlheinz Blaschke, Leipzig 1957, zugrunde.
In dem Bestand ist auf die Archivalien hinzuweisen, die über die Grenzangelegenheiten und ihre Regelung zwischen der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde und den angrenzenden nordböhmischen Bezirkshauptmannschaften Aussig, Brüx, Dux und Teplitz Auskunft geben, sowie auf die den Gemeinden in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Verfügung stehenden Grenzlandmittel. Umfangreich ist die archivalische Überlieferung über die einzelnen Gemeinden, über das Jagdwesen sowie über die Gewerbe- und Baupolizei. Die Gewerbepolizeiakten betreffen vor allem die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen. Von Interesse sind auch die Akten, die die Elektrifizierung der einzelnen Orte der Amtshauptmannschaft, den Bau der Eisenbahnlinie Heidenau-Altenberg in den 1930er Jahren und die damit verbundenen Abtretungen und Erwerbungen von Grundstücken widerspiegeln.
Der Bestand wurde entsprechend den im Staatsarchiv Dresden ausgearbeiteten "Kassationsrichtlinien für die Bestände der Amtshauptmannschaften" durchkassiert.
Grundlage für dieses Findmittel ist das von Agatha Kobuch und Dr. Gerhard Schmidt erstellte Findbuch aus den Jahren 1967 und 1969, in das in den folgenden Jahren weitere Zugänge eingearbeitet wurden. Die Retrokonversion des Findbuchs erfolgte 2012 durch Regina Schulz.
Verzeichnis der Amtshauptleute der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde[02]
1875 – 1877: Hans Alexander von Bosse
1877 – 1891: Emil von Kessinger
1891 – 1894: Haubold von Einsiedel
1894 – 1898: Dr. jur. Ferdinand Georg Uhlemann
1898 – 1903: Karl Joseph Maximilian von Lossow
1903 – 1909: Dr. Wilhelm Maximilian Mehnert
1909 – 1914: Dr. Carlo Johann Baptist Alfred Sala
1914 – 1932: Holm Edler von der Planitz
1933 – 1945: Leo Freiherr von Miltitz
Akten der Gerichtsämter Altenberg, Dippoldiswalde, Frauenstein und Lauenstein wurden den entsprechenden Gerichtsamtsbeständen zugeordnet. Die Wasserkarten (ehemals 10753 Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, Nr. 2801 bis 2814) wurden in den Bestand 12844 Karten und Risse eingearbeitet. Duplikate der Wasserkarten, wurden dabei kassiert.Konkordanz, Stand 23.02.2015
[01] Thomas Klein: Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, Reihe B, Band 14: Sachsen, S. 313 f
[02] Thomas Klein: Grundriss, S. 315
Geschichte, Statistik, Topographie.- Staatsverwaltung.- Bezirksverwaltung.- Verhältnisse mit auswärtigen Staaten.- Finanzangelegenheiten.- Kirchenangelegenheiten.- Gemeindeangelegenheiten.- Armenpolizei und Wohltätigkeitspolizei.- Medizinalpolizei und Gesundheitspolizei.- Sicherheitspolizei.- Landwirtschaftspolizei.- Forstpolizei, Jagdpolizei und Fischereipolizei.- Handelspolizei, Gewerbepolizei und Bergbaupolizei.- Baupolizei (Hochbau, Straßenbau, Wasserbau, Eisenbahn, Energie).- Feuerpolizei.- Personenstand und Eheschließung.- Krankenversicherung.
Die 1874 gegründete Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde ging aus den Gerichtsämtern Altenberg, Dippoldiswalde, Frauenstein und Lauenstein hervor. Zu ihr gehörten die Städte Altenberg, Bärenstein, Dippoldiswalde, Frauenstein, Geising, Glashütte und Lauenstein sowie 111 Dörfer. Sie umfasste 1910 etwa 652 km² in denen rund 58.300 Einwohner lebten. Die Amthauptmannschaft Dippoldiswalde befand sich im Süden der Kreishauptmannschaft Dresden und wurde im Norden von der Amtshauptmannschaft Dresden, im Osten der Amtshauptmannschaft Pirna im Süden von Böhmen / Tschechoslowakische Republik und im Westen von der Amtshauptmannschaft Freiberg begrenzt. Sie war die am dünnsten besiedelte und am wenigsten verstädterte Amtshauptmannschaft Sachsens. Dippoldiswalde stand an letzter Stelle aller sächsischen Amtshauptmannschaften hinsichtlich des Anteils gewerbstätiger Personen an der Gesamtbevölkerung.
Weitere Angaben siehe 2.3.3.3 Amtshauptmannschaften (Landratsämter)
Weitere Angaben siehe 2.3.3.3 Amtshauptmannschaften (Landratsämter)
- 1969, 2015 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5