Beständeübersicht
Bestand
10851 Ministerium der Finanzen
Datierung | 1831 - 1945 |
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Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 399,10 |
1. Geschichte der Behörde und ihres Registraturwesens
Zwei Hauptaufgaben waren dem Ministerium der Finanzen gestellt: Aufsicht über Einkünfte und Verwaltung des Staatsgutes und die Organisation des Abgabewesens, das heißt der Steuern und Zölle, denn aus diesen beiden Quellen wurden hauptsächlich die Geldbedürfnisse des Staates gedeckt. Bis 1831 hatte an der Spitze der verschiedenen Finanzbehörden des Landes das 1782 geschaffene Geheime Finanzkollegium gestanden. [01] Das neue Ministerium hat seine Aufgabe vor allem darin gesehen, die Organisation der Finanzbehörden in der mittleren und unteren Instanz zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, während die innere Struktur und Arbeitsweise der neuen Behörde weitgehend mit der des bisherigen Geheimen Finanzkollegiums identisch ist. [02] So wurde auch nach 1831 die durch Reskript vom 5.9.1815 geschaffene Einteilung in zwei Departements beibehalten. In der ersten Hauptabteilung wurden alle Angelegenheiten bearbeitet, die allgemeiner Art waren: Staatshaushalt, Staatskassensachen, Verfassung des Ministeriums, Personalsachen, Steuern und Zölle im allgemeinen, Verhältnis zum Bund, später zum Reich; ferner gehörten zu dieser Abteilung: Straßen-, Wasser- und Uferbau, Post-, Salz- und Lotteriesachen. Die zweite Hauptabteilung, die ihrem Wesen nach auf eine längere Vorgeschichte zurückblicken durfte, erledigte alle Angelegenheiten des staatlichen Grundbesitzes an Kammergütern, Domänen, Forsten, Grundstücken, Weinbergen, Berg- und Hüttenwerken, alle Angelegenheiten der staatlichen Unternehmungen und Manufakturen, die Münz-, Forst- und Jagdsachen, die Aufsicht über die Berg- und Forstakademie und die landwirtschaftliche Lehranstalt lag bei ihr. Während die zweite Abteilung einen gewissen geschlossenen und einheitlichen Charakter behielt, war in der ersten Abteilung eine Vielfalt verschiedenartiger Aufgaben zu bewältigen, die auf die Dauer angesichts der stürmischen industriellen und verkehrsmäßigen Entwicklung eine Herauslösung der technischen Angelegenheiten und die Errichtung einer neuen dritten Abteilung notwendig machte. Dieser nach 1849 gegründeten dritten Abteilung wurden die öffentlichen Arbeiten und Verkehrsmittel, der Straßen-, Brücken-, Eisenbahn-, Wasser- und Hochbau, die Aufsicht über den Betrieb der Staatseisenbahne, der Post und Telegraphie und über die Prüfungen für den höheren Staatsdienst in den erwähnten technischen Fächern zugewiesen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die von der 3. Abteilung beaufsichtigten Zweige der öffentlichen Dienste infolge ihrer mächtigen Entwicklung mehr und mehr zur Selbständigkeit drängten, so schieden 1868 die Post und Telegrafie, was die zentralen und leitenden Behörden anlangte, nach Bestimmungen des Friedensvertrages von 1866, also teilweise, und nach dem Ende des Weltkrieges 1919 ebenso wie die Staatseisenbahnen gänzlich aus der Oberaufsicht durch das Finanzministerium. Die Einteilung in drei Hauptabteilungen ist im Wesentlichen für den Zeitraum von 1850 bis 1920 beibehalten worden. Da die Hauptmasse der hier verzeichneten Aktenbände dieser Zeit angehört, wurde die Gliederung nach drei Hauptabteilungen auch für die Anordnung im neuen Findbuch übernommen. Um 1910 war die Verteilung der anfallenden Angelegenheiten folgendermaßen: 1. Abteilung: Staatshaushalt, Staatskassen, Rechnungs- und Münzwesen, Verfassungssachen, Personalsachen, Abgaben und Steuern, Lotteriesachen, Staatsschulden, Landrenten-, Landeskulturrenten- und Altersrentenbank; 2. Abteilung: Kammergüter, Forsten, Grundstücke, Weinberge, Gebäude, staatliche Berg- und Hüttenwerke, Staatsunternehmen, Bergwesen, topografische Karten, Aufsicht über Berg- und Forstakademie und die Bergschulen; 3. Abteilung: öffentliche Arbeiten und Verkehrsmittel, Straßen-, Brücken-, Eisenbahn-, Hoch- und Wasserbau, Strompolizei, Post und Telegrafie, soweit nicht das Reich zuständig war.
Das Jahr 1919 bildet mit dem Ende des Weltkrieges einen bedeutsamen Einschnitt in der Behördengeschichte des Finanzministeriums. Die wichtigste Tatsache ist wohl der Übergang der Zoll- und Steuerverwaltung, der Eisenbahnen und der noch bei Sachsen verbliebenen Kompetenzen auf dem Gebiet des Postwesens auf das Reich. Dazu kamen neue Aufgaben wie die Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Herrscherhaus und die besonderen sozialen Aufgaben nach dem verlorenen Krieg und in dessen Folge. 1919 wurde eine neue 4. Abteilung eingerichtet, in der die Landesabgabensachen, die Zoll- und Reichsabgabensachen, soweit das Land noch zuständig war, die Auseinandersetzung mit dem Reich und den Gemeinden, die Rechtssachen des Staatsfiskus, des Landesvermessungswesens, die Angelegenheiten der Erwerbslosen- und Wohnungsfürsorge bearbeitet wurden. Durch den Übergang der Zoll- und Steuerverwaltung an das Reich entfiel damit der ganze umfangreiche Komplex der Zoll- und Steuersachen in der 1. Abteilung. Die ehemalige 3. Abteilung, die nach dem Ausscheiden der Verkehrsmittel auf Hoch- und Tiefbau beschränkt war, löste sich damit quasi von selbst auf. Die Aufsicht über das Staatsbauwesen ging an die 2. Abteilung über, die nunmehr die Domänen-, Forst-, Berg- und Bausachen bearbeitete. Die oben genannte 4. Abteilung trat damit an Stelle der 3. (Stand von 1925). [03] Im Wesentlichen blieb dieser Zustand der Gliederung bis nach 1933 erhalten.
Neben den genannten großen Hauptabteilungen bestanden noch einige kleinere Spezialabteilungen mit Sonderaufgaben. Zu den ältesten gehörten die Finanzbuchhalterei und die Rechnungsexpeditionen. Die Finanzbuchhalterei, nach 1935 richtiger Haushaltsamt genannt, bearbeitete alle in das Gebiet der praktischen Durchführung des Staatshaushalts fallenden Angelegenheiten. Die Finanzrechnungsexpeditionen hatten die Aufsicht und Revision für sämtliche Spezialkassen und Spezialeinnahmen, ausgenommen die in das Ressort der Zoll- und Steuerdirektion fallenden. Um 1910 waren sie in folgende Abteilungen gegliedert: A. Direkte Steuern; B. Straßen- und Wasserbau; C. Eisenbahn und Post; D. Hochbau, Domänen, Intraden, Lotterie; E. Forsten; F. Berg-, Hütten- und Münzsachen. Nach dem Weltkrieg wurden die Finanzrechnungsexpeditionen als Finanzrechnungsamt zusammengefasst. Die Aufsicht und die Durchführung sämtlicher Kassengeschäfte des Finanzministeriums selbst lag bei der Finanzhauptkasse, nach 1919 Landeshauptkasse genannt. Das Finanzzahlamt und die Kautions- und Depositenhauptkasse sind um 1910 in ihr aufgegangen. Für alle Angelegenheiten in Pensionssachen wurde nach 1919 ein besonderes Ruhegeldamt eingerichtet. Aus dem Domänenvermessungsbüro und der Steuervermessung hat sich dann nach 1919 das Landesvermessungsamt als nachgeordnete Behörde des Finanzministeriums entwickelt, das Steuervermessungsbüro wurde bereits seit 1905 als nachgeordnete Behörde geführt. [04]
Die Diensträume des Ministeriums befanden sich in Dresden am Schlossplatz. Von 1896 bis 1900 wurde am Elbufer der Neustädter Seite gegenüber der Brühlschen Terrasse ein neues Ministerialgebäude ausgeführt, das auch eine Reihe dem Finanzministerium nachgeordneter Behörden aufnahm. So waren um 1930 dort ferner noch untergebracht: die Landesforstdirektion, die Hochbaudirektion, die Straßen- und Wasserbaudirektion, die Sächsische Steuerdirektion, das staatliche Grundstücksamt, das Landesvermessungsamt und die Alters- und Landeskulturrentenbank.
Zur Arbeitsweise und zum Geschäftsgang des Finanzministeriums ist folgendes zu bemerken: Der gesamte Schriftverkehr des Ministeriums durchlief die Ministerialkanzlei und wurde im Eingangs- und Ausgangsbüro entgegengenommen und von dort ausgeliefert. Durch den Kanzleivorstand wurden die einzelnen Schreiben, die eingegangen waren, nach Sachgebieten den Sekretären, die als Registrandenführer fungierten, zugeteilt. Diese suchten aus den vorhandenen Akten die dazugehörigen Vorgänge heraus und legten sie den Referenten vor, nach deren Anweisungen sie Konzepte lieferten. Die genehmigten Konzepte wurden in der Kanzlei ins Reine geschrieben und dann vom Abgangsbüro ausgeliefert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Existenz sog. "Registranden" (d. h. eigentlich Registraturen), die sachgebietsweise zusammengefasste Aktenbestände waren. Ein besonderes Altarchiv hat es im Ministerium selbst nicht gegeben, da ja für diese Zwecke seit jeher das "Finanzarchiv" bestand. Es scheint auch keine systematische Anleitung zur Aktenführung gegeben zu haben. Die von den Registraturen nicht mehr benötigten Akten wurden an das Finanzarchiv (seit 1873 zum Hauptstaatsarchiv gehörend) abgegeben. Die Registratureinteilung ist das einzige noch erkennbare Ordnungssystem der im Finanzministerium erwachsenen Aktenbestände. Die Einteilung hat im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts nach den Bedürfnissen gewechselt, Zusammenlegungen haben stattgefunden. Die Differenzierung der Registranden (-Registratur) war in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts am stärksten ausgeprägt. So werden damals genannt: Steuerregistranden A, B, C, Zollregistrande, Lotterieregistrande, allgemeine Ämterregistrande, Domänenregistrande, Weinbergs- und Kellereiregistrande, Floßregistrande, Bergregistrande, Hochbauregistrande, Chaussee- und Brückenregistrande, Eisenbahnregistrande, Telegrafen- und Postregistrande, allgemeine Verfassungsregistrande. Bis gegen 1914 ist dann das Registraturwesen durch Zusammenlegung und Abgaben wesentlich vereinfacht worden, ohne dass im Einzelnen das Schicksal der Registraturen genau zu verfolgen ist. Die Steuerregistranden wurden vereinigt, die Bestände der Floß-, Chaussee- und Brückenregistrande gelangten ins Hauptstaatsarchiv (Finanzarchiv), ebenso ein großer Teil der Eisenbahn-, Post- und Forstregistrande. Die allgemeine Ämterregistrande wurde mit der Domänenregistrande zusammengelegt. Nur in wenigen Fällen sind die alten Ein- und Ausgangsjournale im vorliegenden Bestand erhalten (Zoll-, Post- und Bergregistrande).
2. Geschichte des Bestandes
In der Bestandsübersicht des Sächsischen Landeshauptarchivs (von 1955) wird der hier vorliegende Bestand als Sächsisches Ministerium der Finanzen (neuere Bestände) bezeichnet. Es handelt sich also nicht um die Verzeichnung der Gesamtbestände des Ministeriums seit seiner Begründung 1831, sondern nur um die jüngeren Altregistraturen des Ministeriums. Man hatte bei der Gründung des Hauptstaatsarchivs 1834 das sogenannte Finanzarchiv, das bereits 1731 als Archiv des Kammerkollegiums, später des Geheimen Finanzkollegiums bestand, nicht mit in die Neugründung einbezogen, sondern als einzige gesonderte Archivbehörde weiter bestehen lassen, teils weil man glaubte, die älteren Akten und Urkunden so rascher und bequemer zur Verfügung zu haben, teils weil man aus einem gewissen Ressortegoismus anderen Behörden einen genaueren Einblick in alle Zweige der früheren Staatsfinanzverwaltung nicht gern gewähren wollte. Das Finanzministerium lieferte also weiterhin seine archivreifen Aktenbände an das Finanzarchiv ab. Auch nach der verwaltungsmäßigen Vereinigung mit dem Hauptstaatsarchiv (1873) und endlich auch der räumlichen im Neubau 1915 änderte sich daran nichts. Erst einige Jahre nach Fertigstellung des neuen Gesamtrepertoriums des Finanzarchivs unter Direktor Dr. Beschorner hat man von diesem Verfahren Abstand genommen, da es sich immer mehr als untragbar erwies. Die seit dem Ende der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts erfolgenden Aktenabgaben sammelte man gesondert, um später daraus einen eigenen Bestand zu bilden. Größere Abgaben erfolgten 1933 und in den Kriegsjahren 1940-44. Obwohl nach 1945 noch größere Bestände alter Akten im Finanzministerium des Landes Sachsen lagerten, war es erst durch die Verwaltungsreform des Jahres 1952 möglich, die restlichen Altregistraturen ins Landeshauptarchiv zu übernehmen. Durch den Brand des Finanzministerialgebäudes im Jahre 1945 (13. Februar) war der in diesem Jahr noch erhaltene Bestand nicht unerheblich dezimiert worden, wobei es im Einzelnen nicht mehr festzustellen möglich war, welche Bestände verbrannten. Dies lässt sich nur aus dem geringen Umfang einzelner Untergruppen des derzeitigen Bestandes erschließen (z. B. Bergsachen, Finanzrechnungsamt). Um 1873 wies die laufende Registratur des Finanzministeriums rund 20 Aktengruppen (sogenannte Registranden) auf, deren Abgaben bis ca. 1920 vollzählig im Finanzministerium zu finden sind. Die danach im Finanzministerium noch vorhanden gewesenen oder ergangenen Akten müssten theoretisch im vorliegenden Bestand zu finden sein. Dass dies nicht der Fall ist ergibt sich aus dem durch den Brand von 1945 entstandenen Verlust und aus der Abgabe teils größerer, teils kleinerer Aktengruppen der technischen Registranden an die selbständig gewordenen Fachbehörden (Hochbau, Straßenbau, Post und Telegrafie), von denen sie als Vorakten benötigt wurden und die heute über das Schicksal dieser Aktenbände keine Auskunft mehr geben können. Man muss diese Akten also als verloren oder vernichtet ansehen. Trotzdem ergibt das Ganze immer noch ein relativ geschlossenes Bild der Tätigkeit des Finanzministeriums, wobei das Schwergewicht auf dem Zeitraum zwischen 1871 und 1930 liegt, dem der überwiegende Teil der Akten des Bestandes angehört. Einige Bände gehen bis 1831 zurück, Vereinzeltes in noch frühere Zeit. Von 1930 an werden die Bestände immer spärlicher, einzelne Bände reichen bis zum Jahr 1944. Insgesamt sind noch rund 12000 Bände nach Durchführung der notwendigen Kassationen vorhanden [nach diversen Bestandsergänzungen umfasst der Bestand inzwischen rund 13700 Akten].
3. Die Verzeichnung und Neuordnung
Die Geschichte der Behörde und des Bestandes lassen bereits das Kernproblem der Verzeichnungs- und Ordnungsarbeit erkennen. Es wäre natürlich das Ideal gewesen, alle Aktenablieferungen des 1831 neu gegründeten Finanzministeriums von diesem Jahr an bis 1945 in einem großen Bestand zusammenzufassen, so wie es z. B. beim Sächsischen Innen- und Volksbildungsministerium der Fall der ist. Dem widersprach freilich die Tatsache, dass bis 1873 ein selbständiges Finanzarchiv bestand, das die Aktenablieferungen des Finanzministeriums bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts auch nach Einverleibung des Finanzarchivs in das Hauptstaatsarchiv 1873 aufnahm. Das Bestehen eines geschlossenen eigenen Bestands "Finanzarchiv" ist nicht hinwegzudeuten. Entweder hätte man nun die nach 1930 abgelieferten Akten ebenfalls noch in das Finanzarchiv aufnehmen müssen oder man hätte das Finanzarchiv in einen älteren Bestand vor 1831 und einen neuen Ministerialbestand (nach 1831 und bis 1945) aufteilen müssen. Das erstere war nicht möglich, da um 1920 gerade ein neues vielbändiges Findbuch des Finanzarchivs fertiggestellt worden war, das keine umfangreichen Neuaufnahmen gestattete, im anderen Fall wären beide Bestände auf lange Zeit unbenutzbar geworden, außerdem fehlten die zur Bewältigung dieser Riesenarbeit notwendigen Kräfte. So blieb nichts anderes übrig, als sich auf die Ordnung der nach 1930 eingekommenen Bestände zu beschränken. Dadurch ergibt sich ein Nebeneinander von Ministerialbeständen aus den Jahren 1831-1920 im Finanzarchiv wie im vorliegenden neugeordneten Bestand, wenn auch nicht übersehen werden darf, dass das Schwergewicht der Bestände des Finanzarchivs in dem Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis ca. 1870 liegt, während es beim vorliegenden Bestand in der Zeit von ca. 1870 bis 1930 liegt. Durch eine Konkordanz der Bestände und entsprechende Verweise ist dem Benutzer der Weg zum Finanzarchiv, das für alle Nachforschungen im 19. Jahrhundert immer mit heranzuziehen ist, erleichtert worden. Ein Schlagwortindex ist [dem Papierfindbuch] am Schluss beigefügt worden.
Die Aktenführung des Finanzarchivs erfolgte bekanntlich nach Sachabteilungen, den sogenannten Registranden. Die Ordnung innerhalb derselben ist offensichtlich nicht unter Berücksichtigung archivalischer Ordnungsprinzipien erfolgt, sondern blieb mehr dem Zufall und der mehr oder weniger großen Erfahrung der Registratoren überlassen. Versuche, die alte Registraturordnung in sich wiederherzustellen, ergaben ein für die Benutzung schlechtes und unübersichtliches Bild, dessen Rekonstruktion sich nicht empfahl. Am zweckmäßigsten erschien es, die in den sogenannten Registranden erhaltenen Aktengruppen einzuführen, um eine möglichst zweckmäßige und schnelle Benutzbarkeit zu gewährleisten. In gewissem Sinne darf wohl von der Anwendung des "freien Provenienzprinzips" gesprochen werden.
Die Verzeichnung und Ordnung wurde mit der Domänen- und Intradenregistratur begonnen, danach folgten die Berg- und Forstregistrande (Nr. 1-3999), anschließend wurden die Verfassungs-, Steuer- und Zollregistranden bearbeitet (Nr. 4000-9435) und zum Abschluss die technischen Registranden und neueren Ämter. Gelegentlich, jedoch nur in den Untergruppen, hat man sich des Bärschen Verfahrens der springenden Nummern bedient, ebenso wurden die alten Registraturnummern, von denen öfters mehrere vorhanden waren, nicht mit aufgenommen, was die Verzeichnung wesentlich beschleunigte. Durch die Wiederherstellung der alten Abteilungsreihenfolge ist der zuerst geordnete Domänenfond nebst Annexen an die zweite Stelle gerückt, die erste Abteilung beginnt also mit Nr. 4000. Im Magazin liegen alle Abteilungen und Unterabteilungen in sich geschlossen zusammen.
4. Wert und Bedeutung des Bestandes
Wert und Bedeutung des Bestandes können nur angedeutet werden. Einer seiner Vorzüge ist die relative Geschlossenheit des Bestandes für die Zeit zwischen 1871 und 1920 mit ihrem ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung und dem jähen Absturz nach dem Ersten Weltkrieg. Für behördengeschichtliche Untersuchungen, und zwar nicht nur auf dem Gebiet der Staatsfinanzverwaltung, ist reiches Material enthalten. Von besonderem Interesse ist die Frage des Übergangs der Zölle, Steuern, Eisenbahnen und Post nach 1919 in die Belange des Reiches. Die Aktenbände der Zoll- und Steuerregistranden enthalten sehr wesentliche Materialien über den Aufschwung und die finanzielle Kraft der sächsischen Industrien wie auch über Umfang und Bedeutung des sächsischen Handels nach Europa und Übersee. Die Bedeutung und Auswirkung der Reichszollpolitik wird aufgezeigt werden können. Auch für die Sozialgeschichte ist wertvoller Stoff gegeben, aus dem die Arbeitsverhältnisse der Staatsdiener, Beamten und Arbeiter, auch in den staatlichen Unternehmen, festgestellt werden können, ebenso wie die Entwicklung des staatlichen Pensions-, Unterstützungs- und Versicherungswesens. Über Sozialisierungsmaßnahmen und soziale Unternehmungen der sächsischen Regierung nach dem Ersten Weltkrieg ist einiges vorhanden. Die wirtschaftliche Entwicklung der Staatsgüter und Forsten ist ebenso wie die wirtschaftliche Lage der in diesen Betrieben Beschäftigten aus den einschlägigen Akten zu ersehen. Für die Geschichte der Verkehrsmittel im 19. Jahrhundert (Eisenbahn, Post, Straßenwesen) ist reiches Material gegeben, wie auch für einzelne bedeutende Bauten des Staates. Noch ist die Erforschung der deutschen Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Anfängen, aber sie wird, was die besonderen sächsischen Verhältnisse anlangt, diese wertvollen Quellen nicht ungenutzt lassen dürfen.
Günther Meinert, 1954
[01] Heinrich Haug: Die oberste sächsische Finanzbehörde, in: Finanzarchiv 14 (1897), Bd. 2, S. 183.
[02] Eine der wichtigsten Maßnahmen des neuen Ministeriums unter Leitung des Herrn von Zeschau war neben der Aufstellung eines Staatshaushaltes und der Zentralisation des Kassenwesens die Unterstellung des von den Ständen kontrollierten Obersteuerkollegiums im Jahre 1831 (1. 12.) und seine Auflösung zum 1.1.1834, um eine vereinfachte und einheitliche Steuererhebung zu gewährleisten, wobei die Funktionen des Kollegiums teils auf das Finanzministerium, teils auf die Kreissteuerräte übergingen, vgl. Heinrich Haug: Das sächsische Obersteuerkollegium, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 21 (1900), S. 244.
[03] Über die im Jahre 1924 durchgeführten Veränderungen vgl. Günter Glühmann: Die Organisation und Funktionsverteilung der sächsischen Staatsministerien, Diss. Leipzig 1932, S. 52.
[04] Im Finanzministerium waren auch einige Spezialkommissionen tätig, die fallweise zusammentraten und teils aus Ministerialbeamten, teils aus sonstigen Fachleuten zusammengesetzt waren, wie z. B.: Sächsische Kommission für die europäische Gradmessung (bis 1893), Geologische Landesuntersuchung (1875-1919), nach 1896 die Ingenieurabteilung für Eisenbahnvorarbeiten, das Kommissariat für elektrische Bahnen, die Prüfungskommission für den höheren technischen Staatsdienst, in der Berg- und Hüttenverwaltung, das Technische Oberprüfungsamt (seit 1888), das Prüfungsamt für den mittleren Verwaltungsdienst (Prüfungskommission beim Finanzministerium), die Verwaltung der Staatsschulden (nach 1919).
Zwei Hauptaufgaben waren dem Ministerium der Finanzen gestellt: Aufsicht über Einkünfte und Verwaltung des Staatsgutes und die Organisation des Abgabewesens, das heißt der Steuern und Zölle, denn aus diesen beiden Quellen wurden hauptsächlich die Geldbedürfnisse des Staates gedeckt. Bis 1831 hatte an der Spitze der verschiedenen Finanzbehörden des Landes das 1782 geschaffene Geheime Finanzkollegium gestanden. [01] Das neue Ministerium hat seine Aufgabe vor allem darin gesehen, die Organisation der Finanzbehörden in der mittleren und unteren Instanz zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, während die innere Struktur und Arbeitsweise der neuen Behörde weitgehend mit der des bisherigen Geheimen Finanzkollegiums identisch ist. [02] So wurde auch nach 1831 die durch Reskript vom 5.9.1815 geschaffene Einteilung in zwei Departements beibehalten. In der ersten Hauptabteilung wurden alle Angelegenheiten bearbeitet, die allgemeiner Art waren: Staatshaushalt, Staatskassensachen, Verfassung des Ministeriums, Personalsachen, Steuern und Zölle im allgemeinen, Verhältnis zum Bund, später zum Reich; ferner gehörten zu dieser Abteilung: Straßen-, Wasser- und Uferbau, Post-, Salz- und Lotteriesachen. Die zweite Hauptabteilung, die ihrem Wesen nach auf eine längere Vorgeschichte zurückblicken durfte, erledigte alle Angelegenheiten des staatlichen Grundbesitzes an Kammergütern, Domänen, Forsten, Grundstücken, Weinbergen, Berg- und Hüttenwerken, alle Angelegenheiten der staatlichen Unternehmungen und Manufakturen, die Münz-, Forst- und Jagdsachen, die Aufsicht über die Berg- und Forstakademie und die landwirtschaftliche Lehranstalt lag bei ihr. Während die zweite Abteilung einen gewissen geschlossenen und einheitlichen Charakter behielt, war in der ersten Abteilung eine Vielfalt verschiedenartiger Aufgaben zu bewältigen, die auf die Dauer angesichts der stürmischen industriellen und verkehrsmäßigen Entwicklung eine Herauslösung der technischen Angelegenheiten und die Errichtung einer neuen dritten Abteilung notwendig machte. Dieser nach 1849 gegründeten dritten Abteilung wurden die öffentlichen Arbeiten und Verkehrsmittel, der Straßen-, Brücken-, Eisenbahn-, Wasser- und Hochbau, die Aufsicht über den Betrieb der Staatseisenbahne, der Post und Telegraphie und über die Prüfungen für den höheren Staatsdienst in den erwähnten technischen Fächern zugewiesen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die von der 3. Abteilung beaufsichtigten Zweige der öffentlichen Dienste infolge ihrer mächtigen Entwicklung mehr und mehr zur Selbständigkeit drängten, so schieden 1868 die Post und Telegrafie, was die zentralen und leitenden Behörden anlangte, nach Bestimmungen des Friedensvertrages von 1866, also teilweise, und nach dem Ende des Weltkrieges 1919 ebenso wie die Staatseisenbahnen gänzlich aus der Oberaufsicht durch das Finanzministerium. Die Einteilung in drei Hauptabteilungen ist im Wesentlichen für den Zeitraum von 1850 bis 1920 beibehalten worden. Da die Hauptmasse der hier verzeichneten Aktenbände dieser Zeit angehört, wurde die Gliederung nach drei Hauptabteilungen auch für die Anordnung im neuen Findbuch übernommen. Um 1910 war die Verteilung der anfallenden Angelegenheiten folgendermaßen: 1. Abteilung: Staatshaushalt, Staatskassen, Rechnungs- und Münzwesen, Verfassungssachen, Personalsachen, Abgaben und Steuern, Lotteriesachen, Staatsschulden, Landrenten-, Landeskulturrenten- und Altersrentenbank; 2. Abteilung: Kammergüter, Forsten, Grundstücke, Weinberge, Gebäude, staatliche Berg- und Hüttenwerke, Staatsunternehmen, Bergwesen, topografische Karten, Aufsicht über Berg- und Forstakademie und die Bergschulen; 3. Abteilung: öffentliche Arbeiten und Verkehrsmittel, Straßen-, Brücken-, Eisenbahn-, Hoch- und Wasserbau, Strompolizei, Post und Telegrafie, soweit nicht das Reich zuständig war.
Das Jahr 1919 bildet mit dem Ende des Weltkrieges einen bedeutsamen Einschnitt in der Behördengeschichte des Finanzministeriums. Die wichtigste Tatsache ist wohl der Übergang der Zoll- und Steuerverwaltung, der Eisenbahnen und der noch bei Sachsen verbliebenen Kompetenzen auf dem Gebiet des Postwesens auf das Reich. Dazu kamen neue Aufgaben wie die Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Herrscherhaus und die besonderen sozialen Aufgaben nach dem verlorenen Krieg und in dessen Folge. 1919 wurde eine neue 4. Abteilung eingerichtet, in der die Landesabgabensachen, die Zoll- und Reichsabgabensachen, soweit das Land noch zuständig war, die Auseinandersetzung mit dem Reich und den Gemeinden, die Rechtssachen des Staatsfiskus, des Landesvermessungswesens, die Angelegenheiten der Erwerbslosen- und Wohnungsfürsorge bearbeitet wurden. Durch den Übergang der Zoll- und Steuerverwaltung an das Reich entfiel damit der ganze umfangreiche Komplex der Zoll- und Steuersachen in der 1. Abteilung. Die ehemalige 3. Abteilung, die nach dem Ausscheiden der Verkehrsmittel auf Hoch- und Tiefbau beschränkt war, löste sich damit quasi von selbst auf. Die Aufsicht über das Staatsbauwesen ging an die 2. Abteilung über, die nunmehr die Domänen-, Forst-, Berg- und Bausachen bearbeitete. Die oben genannte 4. Abteilung trat damit an Stelle der 3. (Stand von 1925). [03] Im Wesentlichen blieb dieser Zustand der Gliederung bis nach 1933 erhalten.
Neben den genannten großen Hauptabteilungen bestanden noch einige kleinere Spezialabteilungen mit Sonderaufgaben. Zu den ältesten gehörten die Finanzbuchhalterei und die Rechnungsexpeditionen. Die Finanzbuchhalterei, nach 1935 richtiger Haushaltsamt genannt, bearbeitete alle in das Gebiet der praktischen Durchführung des Staatshaushalts fallenden Angelegenheiten. Die Finanzrechnungsexpeditionen hatten die Aufsicht und Revision für sämtliche Spezialkassen und Spezialeinnahmen, ausgenommen die in das Ressort der Zoll- und Steuerdirektion fallenden. Um 1910 waren sie in folgende Abteilungen gegliedert: A. Direkte Steuern; B. Straßen- und Wasserbau; C. Eisenbahn und Post; D. Hochbau, Domänen, Intraden, Lotterie; E. Forsten; F. Berg-, Hütten- und Münzsachen. Nach dem Weltkrieg wurden die Finanzrechnungsexpeditionen als Finanzrechnungsamt zusammengefasst. Die Aufsicht und die Durchführung sämtlicher Kassengeschäfte des Finanzministeriums selbst lag bei der Finanzhauptkasse, nach 1919 Landeshauptkasse genannt. Das Finanzzahlamt und die Kautions- und Depositenhauptkasse sind um 1910 in ihr aufgegangen. Für alle Angelegenheiten in Pensionssachen wurde nach 1919 ein besonderes Ruhegeldamt eingerichtet. Aus dem Domänenvermessungsbüro und der Steuervermessung hat sich dann nach 1919 das Landesvermessungsamt als nachgeordnete Behörde des Finanzministeriums entwickelt, das Steuervermessungsbüro wurde bereits seit 1905 als nachgeordnete Behörde geführt. [04]
Die Diensträume des Ministeriums befanden sich in Dresden am Schlossplatz. Von 1896 bis 1900 wurde am Elbufer der Neustädter Seite gegenüber der Brühlschen Terrasse ein neues Ministerialgebäude ausgeführt, das auch eine Reihe dem Finanzministerium nachgeordneter Behörden aufnahm. So waren um 1930 dort ferner noch untergebracht: die Landesforstdirektion, die Hochbaudirektion, die Straßen- und Wasserbaudirektion, die Sächsische Steuerdirektion, das staatliche Grundstücksamt, das Landesvermessungsamt und die Alters- und Landeskulturrentenbank.
Zur Arbeitsweise und zum Geschäftsgang des Finanzministeriums ist folgendes zu bemerken: Der gesamte Schriftverkehr des Ministeriums durchlief die Ministerialkanzlei und wurde im Eingangs- und Ausgangsbüro entgegengenommen und von dort ausgeliefert. Durch den Kanzleivorstand wurden die einzelnen Schreiben, die eingegangen waren, nach Sachgebieten den Sekretären, die als Registrandenführer fungierten, zugeteilt. Diese suchten aus den vorhandenen Akten die dazugehörigen Vorgänge heraus und legten sie den Referenten vor, nach deren Anweisungen sie Konzepte lieferten. Die genehmigten Konzepte wurden in der Kanzlei ins Reine geschrieben und dann vom Abgangsbüro ausgeliefert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Existenz sog. "Registranden" (d. h. eigentlich Registraturen), die sachgebietsweise zusammengefasste Aktenbestände waren. Ein besonderes Altarchiv hat es im Ministerium selbst nicht gegeben, da ja für diese Zwecke seit jeher das "Finanzarchiv" bestand. Es scheint auch keine systematische Anleitung zur Aktenführung gegeben zu haben. Die von den Registraturen nicht mehr benötigten Akten wurden an das Finanzarchiv (seit 1873 zum Hauptstaatsarchiv gehörend) abgegeben. Die Registratureinteilung ist das einzige noch erkennbare Ordnungssystem der im Finanzministerium erwachsenen Aktenbestände. Die Einteilung hat im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts nach den Bedürfnissen gewechselt, Zusammenlegungen haben stattgefunden. Die Differenzierung der Registranden (-Registratur) war in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts am stärksten ausgeprägt. So werden damals genannt: Steuerregistranden A, B, C, Zollregistrande, Lotterieregistrande, allgemeine Ämterregistrande, Domänenregistrande, Weinbergs- und Kellereiregistrande, Floßregistrande, Bergregistrande, Hochbauregistrande, Chaussee- und Brückenregistrande, Eisenbahnregistrande, Telegrafen- und Postregistrande, allgemeine Verfassungsregistrande. Bis gegen 1914 ist dann das Registraturwesen durch Zusammenlegung und Abgaben wesentlich vereinfacht worden, ohne dass im Einzelnen das Schicksal der Registraturen genau zu verfolgen ist. Die Steuerregistranden wurden vereinigt, die Bestände der Floß-, Chaussee- und Brückenregistrande gelangten ins Hauptstaatsarchiv (Finanzarchiv), ebenso ein großer Teil der Eisenbahn-, Post- und Forstregistrande. Die allgemeine Ämterregistrande wurde mit der Domänenregistrande zusammengelegt. Nur in wenigen Fällen sind die alten Ein- und Ausgangsjournale im vorliegenden Bestand erhalten (Zoll-, Post- und Bergregistrande).
2. Geschichte des Bestandes
In der Bestandsübersicht des Sächsischen Landeshauptarchivs (von 1955) wird der hier vorliegende Bestand als Sächsisches Ministerium der Finanzen (neuere Bestände) bezeichnet. Es handelt sich also nicht um die Verzeichnung der Gesamtbestände des Ministeriums seit seiner Begründung 1831, sondern nur um die jüngeren Altregistraturen des Ministeriums. Man hatte bei der Gründung des Hauptstaatsarchivs 1834 das sogenannte Finanzarchiv, das bereits 1731 als Archiv des Kammerkollegiums, später des Geheimen Finanzkollegiums bestand, nicht mit in die Neugründung einbezogen, sondern als einzige gesonderte Archivbehörde weiter bestehen lassen, teils weil man glaubte, die älteren Akten und Urkunden so rascher und bequemer zur Verfügung zu haben, teils weil man aus einem gewissen Ressortegoismus anderen Behörden einen genaueren Einblick in alle Zweige der früheren Staatsfinanzverwaltung nicht gern gewähren wollte. Das Finanzministerium lieferte also weiterhin seine archivreifen Aktenbände an das Finanzarchiv ab. Auch nach der verwaltungsmäßigen Vereinigung mit dem Hauptstaatsarchiv (1873) und endlich auch der räumlichen im Neubau 1915 änderte sich daran nichts. Erst einige Jahre nach Fertigstellung des neuen Gesamtrepertoriums des Finanzarchivs unter Direktor Dr. Beschorner hat man von diesem Verfahren Abstand genommen, da es sich immer mehr als untragbar erwies. Die seit dem Ende der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts erfolgenden Aktenabgaben sammelte man gesondert, um später daraus einen eigenen Bestand zu bilden. Größere Abgaben erfolgten 1933 und in den Kriegsjahren 1940-44. Obwohl nach 1945 noch größere Bestände alter Akten im Finanzministerium des Landes Sachsen lagerten, war es erst durch die Verwaltungsreform des Jahres 1952 möglich, die restlichen Altregistraturen ins Landeshauptarchiv zu übernehmen. Durch den Brand des Finanzministerialgebäudes im Jahre 1945 (13. Februar) war der in diesem Jahr noch erhaltene Bestand nicht unerheblich dezimiert worden, wobei es im Einzelnen nicht mehr festzustellen möglich war, welche Bestände verbrannten. Dies lässt sich nur aus dem geringen Umfang einzelner Untergruppen des derzeitigen Bestandes erschließen (z. B. Bergsachen, Finanzrechnungsamt). Um 1873 wies die laufende Registratur des Finanzministeriums rund 20 Aktengruppen (sogenannte Registranden) auf, deren Abgaben bis ca. 1920 vollzählig im Finanzministerium zu finden sind. Die danach im Finanzministerium noch vorhanden gewesenen oder ergangenen Akten müssten theoretisch im vorliegenden Bestand zu finden sein. Dass dies nicht der Fall ist ergibt sich aus dem durch den Brand von 1945 entstandenen Verlust und aus der Abgabe teils größerer, teils kleinerer Aktengruppen der technischen Registranden an die selbständig gewordenen Fachbehörden (Hochbau, Straßenbau, Post und Telegrafie), von denen sie als Vorakten benötigt wurden und die heute über das Schicksal dieser Aktenbände keine Auskunft mehr geben können. Man muss diese Akten also als verloren oder vernichtet ansehen. Trotzdem ergibt das Ganze immer noch ein relativ geschlossenes Bild der Tätigkeit des Finanzministeriums, wobei das Schwergewicht auf dem Zeitraum zwischen 1871 und 1930 liegt, dem der überwiegende Teil der Akten des Bestandes angehört. Einige Bände gehen bis 1831 zurück, Vereinzeltes in noch frühere Zeit. Von 1930 an werden die Bestände immer spärlicher, einzelne Bände reichen bis zum Jahr 1944. Insgesamt sind noch rund 12000 Bände nach Durchführung der notwendigen Kassationen vorhanden [nach diversen Bestandsergänzungen umfasst der Bestand inzwischen rund 13700 Akten].
3. Die Verzeichnung und Neuordnung
Die Geschichte der Behörde und des Bestandes lassen bereits das Kernproblem der Verzeichnungs- und Ordnungsarbeit erkennen. Es wäre natürlich das Ideal gewesen, alle Aktenablieferungen des 1831 neu gegründeten Finanzministeriums von diesem Jahr an bis 1945 in einem großen Bestand zusammenzufassen, so wie es z. B. beim Sächsischen Innen- und Volksbildungsministerium der Fall der ist. Dem widersprach freilich die Tatsache, dass bis 1873 ein selbständiges Finanzarchiv bestand, das die Aktenablieferungen des Finanzministeriums bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts auch nach Einverleibung des Finanzarchivs in das Hauptstaatsarchiv 1873 aufnahm. Das Bestehen eines geschlossenen eigenen Bestands "Finanzarchiv" ist nicht hinwegzudeuten. Entweder hätte man nun die nach 1930 abgelieferten Akten ebenfalls noch in das Finanzarchiv aufnehmen müssen oder man hätte das Finanzarchiv in einen älteren Bestand vor 1831 und einen neuen Ministerialbestand (nach 1831 und bis 1945) aufteilen müssen. Das erstere war nicht möglich, da um 1920 gerade ein neues vielbändiges Findbuch des Finanzarchivs fertiggestellt worden war, das keine umfangreichen Neuaufnahmen gestattete, im anderen Fall wären beide Bestände auf lange Zeit unbenutzbar geworden, außerdem fehlten die zur Bewältigung dieser Riesenarbeit notwendigen Kräfte. So blieb nichts anderes übrig, als sich auf die Ordnung der nach 1930 eingekommenen Bestände zu beschränken. Dadurch ergibt sich ein Nebeneinander von Ministerialbeständen aus den Jahren 1831-1920 im Finanzarchiv wie im vorliegenden neugeordneten Bestand, wenn auch nicht übersehen werden darf, dass das Schwergewicht der Bestände des Finanzarchivs in dem Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis ca. 1870 liegt, während es beim vorliegenden Bestand in der Zeit von ca. 1870 bis 1930 liegt. Durch eine Konkordanz der Bestände und entsprechende Verweise ist dem Benutzer der Weg zum Finanzarchiv, das für alle Nachforschungen im 19. Jahrhundert immer mit heranzuziehen ist, erleichtert worden. Ein Schlagwortindex ist [dem Papierfindbuch] am Schluss beigefügt worden.
Die Aktenführung des Finanzarchivs erfolgte bekanntlich nach Sachabteilungen, den sogenannten Registranden. Die Ordnung innerhalb derselben ist offensichtlich nicht unter Berücksichtigung archivalischer Ordnungsprinzipien erfolgt, sondern blieb mehr dem Zufall und der mehr oder weniger großen Erfahrung der Registratoren überlassen. Versuche, die alte Registraturordnung in sich wiederherzustellen, ergaben ein für die Benutzung schlechtes und unübersichtliches Bild, dessen Rekonstruktion sich nicht empfahl. Am zweckmäßigsten erschien es, die in den sogenannten Registranden erhaltenen Aktengruppen einzuführen, um eine möglichst zweckmäßige und schnelle Benutzbarkeit zu gewährleisten. In gewissem Sinne darf wohl von der Anwendung des "freien Provenienzprinzips" gesprochen werden.
Die Verzeichnung und Ordnung wurde mit der Domänen- und Intradenregistratur begonnen, danach folgten die Berg- und Forstregistrande (Nr. 1-3999), anschließend wurden die Verfassungs-, Steuer- und Zollregistranden bearbeitet (Nr. 4000-9435) und zum Abschluss die technischen Registranden und neueren Ämter. Gelegentlich, jedoch nur in den Untergruppen, hat man sich des Bärschen Verfahrens der springenden Nummern bedient, ebenso wurden die alten Registraturnummern, von denen öfters mehrere vorhanden waren, nicht mit aufgenommen, was die Verzeichnung wesentlich beschleunigte. Durch die Wiederherstellung der alten Abteilungsreihenfolge ist der zuerst geordnete Domänenfond nebst Annexen an die zweite Stelle gerückt, die erste Abteilung beginnt also mit Nr. 4000. Im Magazin liegen alle Abteilungen und Unterabteilungen in sich geschlossen zusammen.
4. Wert und Bedeutung des Bestandes
Wert und Bedeutung des Bestandes können nur angedeutet werden. Einer seiner Vorzüge ist die relative Geschlossenheit des Bestandes für die Zeit zwischen 1871 und 1920 mit ihrem ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung und dem jähen Absturz nach dem Ersten Weltkrieg. Für behördengeschichtliche Untersuchungen, und zwar nicht nur auf dem Gebiet der Staatsfinanzverwaltung, ist reiches Material enthalten. Von besonderem Interesse ist die Frage des Übergangs der Zölle, Steuern, Eisenbahnen und Post nach 1919 in die Belange des Reiches. Die Aktenbände der Zoll- und Steuerregistranden enthalten sehr wesentliche Materialien über den Aufschwung und die finanzielle Kraft der sächsischen Industrien wie auch über Umfang und Bedeutung des sächsischen Handels nach Europa und Übersee. Die Bedeutung und Auswirkung der Reichszollpolitik wird aufgezeigt werden können. Auch für die Sozialgeschichte ist wertvoller Stoff gegeben, aus dem die Arbeitsverhältnisse der Staatsdiener, Beamten und Arbeiter, auch in den staatlichen Unternehmen, festgestellt werden können, ebenso wie die Entwicklung des staatlichen Pensions-, Unterstützungs- und Versicherungswesens. Über Sozialisierungsmaßnahmen und soziale Unternehmungen der sächsischen Regierung nach dem Ersten Weltkrieg ist einiges vorhanden. Die wirtschaftliche Entwicklung der Staatsgüter und Forsten ist ebenso wie die wirtschaftliche Lage der in diesen Betrieben Beschäftigten aus den einschlägigen Akten zu ersehen. Für die Geschichte der Verkehrsmittel im 19. Jahrhundert (Eisenbahn, Post, Straßenwesen) ist reiches Material gegeben, wie auch für einzelne bedeutende Bauten des Staates. Noch ist die Erforschung der deutschen Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Anfängen, aber sie wird, was die besonderen sächsischen Verhältnisse anlangt, diese wertvollen Quellen nicht ungenutzt lassen dürfen.
Günther Meinert, 1954
[01] Heinrich Haug: Die oberste sächsische Finanzbehörde, in: Finanzarchiv 14 (1897), Bd. 2, S. 183.
[02] Eine der wichtigsten Maßnahmen des neuen Ministeriums unter Leitung des Herrn von Zeschau war neben der Aufstellung eines Staatshaushaltes und der Zentralisation des Kassenwesens die Unterstellung des von den Ständen kontrollierten Obersteuerkollegiums im Jahre 1831 (1. 12.) und seine Auflösung zum 1.1.1834, um eine vereinfachte und einheitliche Steuererhebung zu gewährleisten, wobei die Funktionen des Kollegiums teils auf das Finanzministerium, teils auf die Kreissteuerräte übergingen, vgl. Heinrich Haug: Das sächsische Obersteuerkollegium, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 21 (1900), S. 244.
[03] Über die im Jahre 1924 durchgeführten Veränderungen vgl. Günter Glühmann: Die Organisation und Funktionsverteilung der sächsischen Staatsministerien, Diss. Leipzig 1932, S. 52.
[04] Im Finanzministerium waren auch einige Spezialkommissionen tätig, die fallweise zusammentraten und teils aus Ministerialbeamten, teils aus sonstigen Fachleuten zusammengesetzt waren, wie z. B.: Sächsische Kommission für die europäische Gradmessung (bis 1893), Geologische Landesuntersuchung (1875-1919), nach 1896 die Ingenieurabteilung für Eisenbahnvorarbeiten, das Kommissariat für elektrische Bahnen, die Prüfungskommission für den höheren technischen Staatsdienst, in der Berg- und Hüttenverwaltung, das Technische Oberprüfungsamt (seit 1888), das Prüfungsamt für den mittleren Verwaltungsdienst (Prüfungskommission beim Finanzministerium), die Verwaltung der Staatsschulden (nach 1919).
Meinert, G.: Die Neuordnung der Akten des sächsischen Ministeriums der Finanzen. In: Archivmitteilungen. Jg. 5. 1955, S. 10 - 13
Haug, H.: Die oberste sächsische Finanzbehörde. In: Finanzarchiv. Jg. 14. Bd 2, S. 162 - 168
Hessler, A. ; Sächsisches Staatsministerium für Finanzen (Hrsg.): Finanzministerialgebäude 1883 - 1995. Dresden, 1995
Die sächsischen Finanzminister von 1831 bis 1952. [Dresden, 1992?]
Gedicke, R.: Die rechtliche Stellung des sächsischen Finanzministers im Verhältnis zu Parlament und Regierung. Kirchhain (Niederlausitz), 1929
Haug, H.: Die oberste sächsische Finanzbehörde. In: Finanzarchiv. Jg. 14. Bd 2, S. 162 - 168
Hessler, A. ; Sächsisches Staatsministerium für Finanzen (Hrsg.): Finanzministerialgebäude 1883 - 1995. Dresden, 1995
Die sächsischen Finanzminister von 1831 bis 1952. [Dresden, 1992?]
Gedicke, R.: Die rechtliche Stellung des sächsischen Finanzministers im Verhältnis zu Parlament und Regierung. Kirchhain (Niederlausitz), 1929
Abteilung I: A. Allgemeine Verfassungssachen.- B. Direkte Steuern.- C. Indirekte Steuern und Zölle.
Abteilung II: A. Domänensachen und Intradensachen.- B. Bergsachen.- C. Forstsachen.
Abteilung III: 1. Hochbau.- 2. Straßenbau.- 3. Postsachen.
Sonstige Registraturen: 1. Finanzhauptkasse und Finanzbuchhalterei bis 1920.- 2. Finanzbuchhalterei ab 1920.- 3. Finanzrechnungsamt.- 4. Haushaltsamt.- 5. Technisches Oberprüfungsamt.
Nachträge: Abt. 1. Reichsgesetzgebung und Landesgesetzgebung.- Abt. 2. Reichshaushalt und Staatshaushalt.- Abt. 3. Staatsvermögen, Anleihewesen und Staatsschuldenwesen.- Abt. 4. Kassenwesen und Rechnungswesen, Scheckverkehr und Giroverkehr, Verkehr der Sparkassen.- Abt. 5. Bankwesen, Börsenwesen und Münzwesen.- Abt. 6. Organisation der Staatsverwaltung.- Abt. 7. Durchführung des Vertrages über die Auseinandersetzung zwischen dem Freistaat Sachsen und dem vormaligen sächsischen Königshaus.- Abt. 8. Wirtschaftspolitik.
Abteilung II: A. Domänensachen und Intradensachen.- B. Bergsachen.- C. Forstsachen.
Abteilung III: 1. Hochbau.- 2. Straßenbau.- 3. Postsachen.
Sonstige Registraturen: 1. Finanzhauptkasse und Finanzbuchhalterei bis 1920.- 2. Finanzbuchhalterei ab 1920.- 3. Finanzrechnungsamt.- 4. Haushaltsamt.- 5. Technisches Oberprüfungsamt.
Nachträge: Abt. 1. Reichsgesetzgebung und Landesgesetzgebung.- Abt. 2. Reichshaushalt und Staatshaushalt.- Abt. 3. Staatsvermögen, Anleihewesen und Staatsschuldenwesen.- Abt. 4. Kassenwesen und Rechnungswesen, Scheckverkehr und Giroverkehr, Verkehr der Sparkassen.- Abt. 5. Bankwesen, Börsenwesen und Münzwesen.- Abt. 6. Organisation der Staatsverwaltung.- Abt. 7. Durchführung des Vertrages über die Auseinandersetzung zwischen dem Freistaat Sachsen und dem vormaligen sächsischen Königshaus.- Abt. 8. Wirtschaftspolitik.
Das Ministerium der Finanzen wurde 1831 eingerichtet. Es trat die Nachfolge des Geheimen Finanzkollegiums an. Seine Aufgaben bestanden in der staatlichen Haushaltführung, der Steuer- und Zollverwaltung sowie der Domänen- und Forstverwaltung. Ebenso oblag dem Ministerium die Oberaufsicht über das Bergwesen, den Hoch- und Straßenbau sowie das Postwesen. Da das Geheime Finanzarchiv bis 1875 dem Finanzministerium unterstand und erst danach mit dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv vereinigt wurde, erfolgten die ersten Aktenabgaben des Ministeriums noch an das Finanzarchiv. Sie sind bis heute im Bestand 10036 Finanzarchiv enthalten. Ein nicht unerheblicher Teil der 1945 im Finanzministerium befindlichen Akten verbrannte am 13.02.1945.
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
Weitere Angaben siehe 2. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945
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- 1954, Nachtrag 2017, 2018 und 2021 | Findbuch / Datenbank
- 2024-10-29 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5