Beständeübersicht
Bestand
11532 Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH), Zweigstelle Dresden
Datierung | 1921 - 1951 |
---|---|
Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 12,06 |
1. Kurzer Abriss der Entwicklung der Gemeinnützigen Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH)[01]
Die Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH) wurde am 4. August 1918 von dem "Siebenerausschuß"[02] , der durch verschiedene Angestelltenverbände in Berlin gewählt wurde, in einer Zeit der Wohnungsnot und katastrophaler Wohnverhältnisse, gegründet. Leitgedanke war es, für breite Schichten der Bevölkerung gesunde und familienfreundliche Wohnungen zu angemessenen Preisen herzustellen. Die GAGFAH hat dafür Einfamilienhäuser bzw. Eigentumswohnungen gebaut und verkauft sowie Mietwohnungen errichtet.
Die Satzung der GAGFAH vom August 1918 legte fest, dass der Aufsichtsrat aus 7 bis 21 Personen bestehen soll, wobei den Gründungsverbänden und der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA) das Recht eingeräumt wurde, je einen Vertreter zu stellen. Der Aufsichtsrat wählte den Vorstand aus mindestens zwei Mitgliedern.[03]
Ein Aufgabenschwerpunkt der Gesellschaft war in der Anfangszeit neben der Bautätigkeit vor allem die Finanzierung des Wohnungsbaus und die Prüfung von Kreditanträgen bzw. die Gewährung von zinslosen Darlehen (ab 1921)[04] . Unterstützt wurde sie hier zuerst von der Reichsversicherungsanstalt.[05] Das Unternehmen beschaffte den Kommunen bei der Reichsversicherungsanstalt Kommunaldarlehen, welche zweckgebunden dem Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden mussten. Außerdem diente die GAGFAH der Reichsversicherungsanstalt als Prüfungsorgan für die ordnungsgemäße Verwendung der von ihr bereit gestellten Mittel.[06]
Die Organisation der Gesellschaft war zunächst sehr stark auf die Zentrale in Berlin ausgerichtet. Hier saß die Finanzabteilung, die bautechnische Abteilung und die Materialbeschaffungszentrale.[07]
Aufgabe der Finanzabteilung war es, in verschiedenen Städten Tochtergesellschaften zu gründen und deren Bauvorhaben zu finanzieren. Bereits der Geschäftsbericht von 1918 erwähnt 11 "Heimstätten-Aktien-Gesellschaften" (Heimag). Bis 1920 hatten sie im Namen der GAGFAH mit dem Bau von 530 Baueinheiten begonnen. Die Heimag´s waren der Zentrale gegenüber strikt weisungsgebunden und konnten somit keine selbstständigen Entscheidungen treffen.[08]
Die Bebauungspläne fertigte die Zentrale in Berlin an, um geschlossene und einheitliche Siedlungsbilder zu erhalten. Die bautechnische Abteilung entwarf "Typen-Zeichnungen", die verbindlich für alle Häuser waren. Damit gehörte die GAGFAH in Deutschland zu den Pionieren einer Typisierung und Normierung im Wohnungsbau.[09] Für die jeweils neue Gestaltung der Fassaden der Häuser, suchte man sich einheimische Architekten wie Johannes Göderitz, Walter Gropius, Alexander Klein, Hans Poelzig (1916-1920 Stadtarchitekt in Dresden), Hans Bernhard Reichow, Paul Schmitthenner oder Heinrich Tessenow.[10]
Mit der zentralen Materialbeschaffung in Berlin hoffte die Gesellschaft durch gut geplante Großeinkäufe günstige Preise erzielen zu können. Diese Überlegung erwies sich allerdings bald als undurchführbar. Das System des zentralistischen Großeinkaufs war zu verwaltungsintensiv und mit hohen Transportkosten verbunden.[11]
Neben den Heimags organisierte die GAGFAH auf lokaler Ebene zunächst "Ortsvereinigungen für Angestellten-Heimstätten". Sie wurden von den ortsansässigen Angestelltenverbänden gegründet und übernahmen die Werbung für die GAGFAH - Bauten. Außerdem teilten sie später die Mietwohnungen zu und hatten bei den Eigenheimen Mitspracherecht.[12]
1922 geriet die GAGFAH in eine Krise, da die Inflation eine solide Baufinanzierung nahezu unmöglich machte. Die zunehmende Geldentwertung erlaubte es nicht mehr, geschlossene Bauprogramme zuverlässig und längerfristig zu finanzieren. Somit wurden ursprüngliche Bauvorhaben eingeschränkt bzw. stillgelegt. Betrugen die durchschnittlichen Baukosten für eine Wohnung 1921 noch rund 74.000 Mark, so war der Preis gut ein Jahr später fast um das 10fache gestiegen. [13]
Mit dem Ende der Inflation und der Einführung der Reichsmark 1923 stand das Unternehmen fast wieder am Anfang. Deshalb fand neben der Währungsumstellung und der wirtschaftlichen Neukonsolidierung ein Organisationsumbau und ein Personalwechsel statt. Bisher existierte die Zentrale und über 50 Heimags nebeneinander. Das erwies sich als zu kompliziert und schwerfällig. Im Zuge der Umstrukturierung gründete das Unternehmen drei Zweigniederlassungen (Berlin, Essen, München) und mehrere Bezirksgeschäftsstellen. Diese verwalteten das Neubaugeschäft. Die Ortsvereinigungen der Angestellten-Verbände wurden aufgelöst und die Idee der Heimstättenvereinigung fallen gelassen.[14] Statt dessen setzte die Gesellschaft Vertrauensleute der Verbände für die Werbung und Information der Kauf- und Mietinteressenten ein. Allein die Buchhaltung, Finanzierung und die Verwaltung des Miethausbesitzes wurden weiterhin von Berlin aus abgewickelt.
Gleichzeitig kam es bei der Bautätigkeit zu einer Neuorientierung. Hatte man vor 1924 nur wenige Mietwohnungen gebaut, wurde nun der Mietwohnungsbau Schwerpunkt.[15] Unter dem neuen System nahm die GAGFAH einen starken Aufschwung und es entstanden 16.000 Wohnungen für Angestellte.[16] Dieser Expansionskurs hielt jedoch nicht lange an. Durch die Wirtschaftskrise 1929/30 musste das Unternehmen den Wohnungs- und Einfamilienhausneubau erneut drastisch einschränken.[17]
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden die Gewerkschaften aufgelöst, ihr Vermögen beschlagnahmt und von der neu gegründeten "Deutschen Arbeitsfront" (DAF) übernommen. Für die GAGFAH bedeutete diese Auflösung, dass ihr Aktienkapital, das seit der Gründung 1918 überwiegend in den Händen der Angestelltenverbände lag, ebenfalls an die "Deutsche Arbeitsfront" überging. Gleichzeitig wurde der Aufsichtsrat unter Ausschluss linker und jüdischer Mitglieder neu gebildet. Nach langen Verhandlungen konnte die Reichsversicherungsanstalt der "Deutschen Arbeitsfront" 1934 die GAGFAH - Aktien abkaufen und der Firma ihre Eigenständigkeit bewahren.[18]
Mitte der 30er Jahre hielt die GAGFAH folgende Tochtergesellschaften:[19]
1. Österreichische gemeinnützige Siedlungsgesellschaft m.b.H.
2. Heimag München Gemeinnützige Heimstätten-Aktiengesellschaft
3. Gemeinnützige Angestellten-Heimstätten G.m.b.H. Danzig
4. Bausparkasse "Heimstatt" G.m.b.H.
Nach dem der Thüringische Ministerpräsident Willy Marschler 1934 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der GAGFAH bestellt wurde, verlegte die Gesellschaft 1935 ihren Sitz nach Weimar, weil man unter diesen Voraussetzungen dort bessere Bedingungen erwartete.[20] Die treuhänderische Verwaltung der GAGFAH - Aktien übertrug man der Thüringischen Staatsbank. 1936 wurde das Unternehmen durch das Thüringische Wirtschaftsministerium als gemeinnützig anerkannt und konnte bis 1940 vor allem im Wohnungsbau tätig werden.[21] Ein Jahr nach Kriegsbeginn erließ das nationalsozialistische Regime ein Bauverbot. Die GAGFAH durfte im Zuge dessen nur noch kriegswichtige Wohnungen errichten - bereits begonnene Bauvorhaben mussten provisorisch beendet werden. Im Laufe des Krieges wurde Baumaterial zur Mangelware und der Wohnungsbau kam nahezu zum Erliegen.
Anfang der 1940er Jahre verlor die GAGFAH bei Luftangriffen der Alliierten ihre Bürohäuser in verschiedenen Städten, darunter auch in Hamburg, Essen und Dresden. Außerdem mehrten sich die Meldungen über die Vernichtung von GAGFAH - Wohnungen gegen Ende des Krieges. Insgesamt wurden etwa 8000 Wohnungen der GAGFAH kriegsbedingt zerstört oder sehr schwer beschädigt.[22]
Einen Monat nach der Kapitulation 1945 erließ der Magistrat der Stadt Berlin eine "Anweisung für die Wohnungsunternehmer". Nach dieser sollten ehemalige NSDAP-Mitglieder und alle die sich sonst aktiv nationalsozialistisch betätigt hatten, aus leitenden Positionen abberufen werden.[23] Neben diesen "Personalproblemen" musste sich die GAGFAH aber auch mit der neuen politischen Situation und der Teilung Deutschlands auseinander setzen.
Auch in diesem Geschäftsjahr arbeitete das Unternehmen noch auf der Verfügung der Landesregierung Sachsen – Abteilung Wirtschaft und Arbeit – Soziale Fürsorge – vom 21.02.1946,.
Auf Grund der Verfügung der Landesverwaltung Sachsen, Abteilung Wirtschaft und Arbeit, vom 21.02.1946 wurde mit Wirkung vom 17.11.1945 der Hausbesitz der GAGFAH im Bereich des Landes Sachsen unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Als kommissarische Leiter setzte man Josef Hasberg, Herbert Menzel und Otto Fischer ein.[24] Sie übernahmen die treuhänderische Verwaltung des sächsischen Vermögens bzw. der Objekte.[25] Der Besitz umfasste 465 Häuser mit 2354 Wohnungen und 1545 Reichsheimstätten.[26]
Nach der Zentralisierung der Verwaltung in Sachsen erfolgte zunächst der weitere Ausbau des Betriebes. Die Hauptaufgabe war, trotz der schwierigen Lage auf dem Baustoffmarkt, soviel als möglich die durch Kriegseinwirkungen entstandenen Schäden zu beheben und die Erhaltung des unversehrt gebliebenen Hausbesitzes unbedingt sicherzustellen. Außerdem versuchte man durch Inventarlisten, Besitzstandsverzeichnisse und Mietkarteien etc. einen groben Überblick über die Vermögenswerte der GAGFAH zu erlangen.[27]
Ende 1949, nach der Gründung der beiden deutschen Staaten, gab die GAGFAH ihren Besitz im Osten (SBZ/DDR und die an Polen abgetretenen Gebiete) auf, der rund 16.500 Wohnungen umfasste. (etwa 47 % des früheren Mietwohnungsbesitzes der Gesellschaft, etwa 13.000 Wohnungen in der DDR)[28]
1950 sollte der sächsische GAGFAH - Besitz nach SMAD - Befehl 82 vom 29.04.1948 an den FDGB übereignet werden. Auf Grund des Verzichts des FDGB zu Gunsten des Eigentums des Volkes im April 1950 wurde die treuhänderische Verwaltung des sächsischen GAGFAH - Vermögens jedoch mit dem 31.07.1950 durch die Verordnung der DDR, Amt zum Schutz des Volkseigentums, aufgelöst und das Vermögen in Volkseigentum überführt. Als Rechtsträger setzte man die Kommunalen Wirtschaftsunternehmen (KWU) der jeweiligen Städte ein, in denen sich die Grundstücke der GAGFAH befanden.[29] Alle Akten wurden an das Archiv der Landesregierung Sachsen übergeben.[30]
Auch in den Westsektoren Berlins waren 1946 die Aktien und der Hausbesitz der GAGFAH von den Besatzungsbehörden beschlagnahmt und ein Treuhänder bestellt worden. Diesen Treuhänder wählte 1949 die Hauptversammlung in den Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender er im gleichen Jahr wurde. Die Verlegung des Hauptsitzes der Gesellschaft von Berlin nach Essen erfolgte ebenfalls 1949.[31] Seit 1953 ist die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Hauptaktionärin der GAGFAH.[32]
1990 beschloss die GAGFAH ihre Tätigkeitsfelder auch auf die neuen Bundesländer auszudehnen und somit an die Präsenz der Gesellschaft in diesem Gebiet vor 1945 anzuknüpfen. Zu diesem Zweck wurde 1991 die Tochtergesellschaft GAGFAH BIV Bauträger- und Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH gegründet, die zur Aufgabe hat, mit einem umfangreichen Dienstleistungsangebot im Bereich Verwaltung und Betreuung und mit Bauträgeraktivitäten die Interessen der GAGFAH zu vertreten und den Immobilienmarkt zu erschließen.[33]
2. Kurzer Bearbeitungsbericht
Die Bearbeitung erfolgte durch Frau Wolff in der Zeit vom 03.05.2004 bis 15.06.2004.
Das Projekt hatte folgende Zielstellung:
• Nutzbarmachen des Bestandes durch einfache Verzeichnung;
• Bewertung
• Veränderung des Erschließungszustandes von nicht auf vorläufig erschlossen
• Augias-Datenbank
• Vorläufiges Findbuch
Der Bestand hatte vor der Bearbeitung einen Gesamtumfang von 19,80 lfm. Die Unterlagen waren nicht erschlossen.
Der Bestand war bereits in Kartons verpackt und etikettiert. Da nicht alle Unterlagen dieses Bestandes archivwürdig waren, musste bei der Erfassung auch gleichzeitig eine Bewertung erfolgen; die Entscheidung traf der Bestandsverantwortliche, Herr Scheperski.. Die Akten beginnen mit der Nr. 1 aufsteigend.
Während der Bearbeitung wurden 7,8 lfm aus dem Bestand herausgelöst. Davon sind 6,6 lfm Doppelüberlieferungen bzw. nicht archivwürdige Unterlagen wie Rechnungen etc. und 0,80 lfm haben die Provenienz Landesregierung Sachsen, Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge. Darüber hinaus enthielt der Bestand 0,40 lfm Lohn- und Gehaltsunterlagen, die noch bis zum 31.12.2006 aufbewahrt werden müssen. Danach können diese Unterlagen vernichtet werden. Die Lohn- und Gehaltsunterlagen wurden separat gelagert und sind nicht mit erfasst worden.
Nach der Bearbeitung hat der Bestand einen Gesamtumfang von 12 lfm.
Bestandsinhalt:
• Baufinanzierung
(Hypotheken, Löschbewilligungen, Schuldurkunden, Baukostenübersicht)
• Kaufverträge und Grundbuchauszüge
• Baupläne
(Zergliederungsanbringung, Lageplan, Hausplan, Grundrisse)
• Steuern- und Gebührenbescheide
(Grundsteuer, Einheitswert, Steuerkarten, Straßenreinigung)
• Karteikarten mit Mieterverzeichnis
• Fotografien
• Treuhandverwaltung des sächsischen GAGFAH - Vermögens
(GAGFAH – Besitz, Übergabeprotokolle, Bilanzen, Inventarverzeichnisse)
[01] Für die Entwicklung bis 1945 wird im Folgenden auf die Festschrift: 75 Jahre GAGFAH 1918 - 1993 – Innovation aus Tradition. Berlin / Essen 1993 Bezug genommen.
[02] Ebenda S. 27
[03] Ebenda S. 31
[04] Ebenda S. 47
[05] Ebenda S. 45
[06] Ebenda S. 46
[07] Ebenda S. 33
[08] Ebenda S. 34
[09] Ebenda S. 34
[10] Ebenda S. 235ff
[11] Ebenda S. 34, 35
[12] Ebenda S. 35
[13] Ebenda S. 35, 36
[14] Ebenda S. 52
[15] Ebenda S. 53
[16] Ebenda S. 54 (Denkschrift zum zehnjährigen Bestehen der GAGFAH 1928)
[17] Ebenda S. 54
[18] Ebenda S. 59
[19] Ebenda S. 67
[20] Ebenda S. 59, 67
[21] Ebenda S. 60
[22] Ebenda S. 60
[23] Ebenda S. 72
[24] SächsHStA, 11532, Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH), Dresden, Nr. 406
[25] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 199
[26] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 200
[27] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 156
[28] Ebenda S. 72
[29] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 195
[30] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 570
[31] Ebenda S. 73
[32] Ebenda S. 77
[33] Ebenda S. 272
Die Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH) wurde am 4. August 1918 von dem "Siebenerausschuß"[02] , der durch verschiedene Angestelltenverbände in Berlin gewählt wurde, in einer Zeit der Wohnungsnot und katastrophaler Wohnverhältnisse, gegründet. Leitgedanke war es, für breite Schichten der Bevölkerung gesunde und familienfreundliche Wohnungen zu angemessenen Preisen herzustellen. Die GAGFAH hat dafür Einfamilienhäuser bzw. Eigentumswohnungen gebaut und verkauft sowie Mietwohnungen errichtet.
Die Satzung der GAGFAH vom August 1918 legte fest, dass der Aufsichtsrat aus 7 bis 21 Personen bestehen soll, wobei den Gründungsverbänden und der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA) das Recht eingeräumt wurde, je einen Vertreter zu stellen. Der Aufsichtsrat wählte den Vorstand aus mindestens zwei Mitgliedern.[03]
Ein Aufgabenschwerpunkt der Gesellschaft war in der Anfangszeit neben der Bautätigkeit vor allem die Finanzierung des Wohnungsbaus und die Prüfung von Kreditanträgen bzw. die Gewährung von zinslosen Darlehen (ab 1921)[04] . Unterstützt wurde sie hier zuerst von der Reichsversicherungsanstalt.[05] Das Unternehmen beschaffte den Kommunen bei der Reichsversicherungsanstalt Kommunaldarlehen, welche zweckgebunden dem Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden mussten. Außerdem diente die GAGFAH der Reichsversicherungsanstalt als Prüfungsorgan für die ordnungsgemäße Verwendung der von ihr bereit gestellten Mittel.[06]
Die Organisation der Gesellschaft war zunächst sehr stark auf die Zentrale in Berlin ausgerichtet. Hier saß die Finanzabteilung, die bautechnische Abteilung und die Materialbeschaffungszentrale.[07]
Aufgabe der Finanzabteilung war es, in verschiedenen Städten Tochtergesellschaften zu gründen und deren Bauvorhaben zu finanzieren. Bereits der Geschäftsbericht von 1918 erwähnt 11 "Heimstätten-Aktien-Gesellschaften" (Heimag). Bis 1920 hatten sie im Namen der GAGFAH mit dem Bau von 530 Baueinheiten begonnen. Die Heimag´s waren der Zentrale gegenüber strikt weisungsgebunden und konnten somit keine selbstständigen Entscheidungen treffen.[08]
Die Bebauungspläne fertigte die Zentrale in Berlin an, um geschlossene und einheitliche Siedlungsbilder zu erhalten. Die bautechnische Abteilung entwarf "Typen-Zeichnungen", die verbindlich für alle Häuser waren. Damit gehörte die GAGFAH in Deutschland zu den Pionieren einer Typisierung und Normierung im Wohnungsbau.[09] Für die jeweils neue Gestaltung der Fassaden der Häuser, suchte man sich einheimische Architekten wie Johannes Göderitz, Walter Gropius, Alexander Klein, Hans Poelzig (1916-1920 Stadtarchitekt in Dresden), Hans Bernhard Reichow, Paul Schmitthenner oder Heinrich Tessenow.[10]
Mit der zentralen Materialbeschaffung in Berlin hoffte die Gesellschaft durch gut geplante Großeinkäufe günstige Preise erzielen zu können. Diese Überlegung erwies sich allerdings bald als undurchführbar. Das System des zentralistischen Großeinkaufs war zu verwaltungsintensiv und mit hohen Transportkosten verbunden.[11]
Neben den Heimags organisierte die GAGFAH auf lokaler Ebene zunächst "Ortsvereinigungen für Angestellten-Heimstätten". Sie wurden von den ortsansässigen Angestelltenverbänden gegründet und übernahmen die Werbung für die GAGFAH - Bauten. Außerdem teilten sie später die Mietwohnungen zu und hatten bei den Eigenheimen Mitspracherecht.[12]
1922 geriet die GAGFAH in eine Krise, da die Inflation eine solide Baufinanzierung nahezu unmöglich machte. Die zunehmende Geldentwertung erlaubte es nicht mehr, geschlossene Bauprogramme zuverlässig und längerfristig zu finanzieren. Somit wurden ursprüngliche Bauvorhaben eingeschränkt bzw. stillgelegt. Betrugen die durchschnittlichen Baukosten für eine Wohnung 1921 noch rund 74.000 Mark, so war der Preis gut ein Jahr später fast um das 10fache gestiegen. [13]
Mit dem Ende der Inflation und der Einführung der Reichsmark 1923 stand das Unternehmen fast wieder am Anfang. Deshalb fand neben der Währungsumstellung und der wirtschaftlichen Neukonsolidierung ein Organisationsumbau und ein Personalwechsel statt. Bisher existierte die Zentrale und über 50 Heimags nebeneinander. Das erwies sich als zu kompliziert und schwerfällig. Im Zuge der Umstrukturierung gründete das Unternehmen drei Zweigniederlassungen (Berlin, Essen, München) und mehrere Bezirksgeschäftsstellen. Diese verwalteten das Neubaugeschäft. Die Ortsvereinigungen der Angestellten-Verbände wurden aufgelöst und die Idee der Heimstättenvereinigung fallen gelassen.[14] Statt dessen setzte die Gesellschaft Vertrauensleute der Verbände für die Werbung und Information der Kauf- und Mietinteressenten ein. Allein die Buchhaltung, Finanzierung und die Verwaltung des Miethausbesitzes wurden weiterhin von Berlin aus abgewickelt.
Gleichzeitig kam es bei der Bautätigkeit zu einer Neuorientierung. Hatte man vor 1924 nur wenige Mietwohnungen gebaut, wurde nun der Mietwohnungsbau Schwerpunkt.[15] Unter dem neuen System nahm die GAGFAH einen starken Aufschwung und es entstanden 16.000 Wohnungen für Angestellte.[16] Dieser Expansionskurs hielt jedoch nicht lange an. Durch die Wirtschaftskrise 1929/30 musste das Unternehmen den Wohnungs- und Einfamilienhausneubau erneut drastisch einschränken.[17]
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden die Gewerkschaften aufgelöst, ihr Vermögen beschlagnahmt und von der neu gegründeten "Deutschen Arbeitsfront" (DAF) übernommen. Für die GAGFAH bedeutete diese Auflösung, dass ihr Aktienkapital, das seit der Gründung 1918 überwiegend in den Händen der Angestelltenverbände lag, ebenfalls an die "Deutsche Arbeitsfront" überging. Gleichzeitig wurde der Aufsichtsrat unter Ausschluss linker und jüdischer Mitglieder neu gebildet. Nach langen Verhandlungen konnte die Reichsversicherungsanstalt der "Deutschen Arbeitsfront" 1934 die GAGFAH - Aktien abkaufen und der Firma ihre Eigenständigkeit bewahren.[18]
Mitte der 30er Jahre hielt die GAGFAH folgende Tochtergesellschaften:[19]
1. Österreichische gemeinnützige Siedlungsgesellschaft m.b.H.
2. Heimag München Gemeinnützige Heimstätten-Aktiengesellschaft
3. Gemeinnützige Angestellten-Heimstätten G.m.b.H. Danzig
4. Bausparkasse "Heimstatt" G.m.b.H.
Nach dem der Thüringische Ministerpräsident Willy Marschler 1934 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der GAGFAH bestellt wurde, verlegte die Gesellschaft 1935 ihren Sitz nach Weimar, weil man unter diesen Voraussetzungen dort bessere Bedingungen erwartete.[20] Die treuhänderische Verwaltung der GAGFAH - Aktien übertrug man der Thüringischen Staatsbank. 1936 wurde das Unternehmen durch das Thüringische Wirtschaftsministerium als gemeinnützig anerkannt und konnte bis 1940 vor allem im Wohnungsbau tätig werden.[21] Ein Jahr nach Kriegsbeginn erließ das nationalsozialistische Regime ein Bauverbot. Die GAGFAH durfte im Zuge dessen nur noch kriegswichtige Wohnungen errichten - bereits begonnene Bauvorhaben mussten provisorisch beendet werden. Im Laufe des Krieges wurde Baumaterial zur Mangelware und der Wohnungsbau kam nahezu zum Erliegen.
Anfang der 1940er Jahre verlor die GAGFAH bei Luftangriffen der Alliierten ihre Bürohäuser in verschiedenen Städten, darunter auch in Hamburg, Essen und Dresden. Außerdem mehrten sich die Meldungen über die Vernichtung von GAGFAH - Wohnungen gegen Ende des Krieges. Insgesamt wurden etwa 8000 Wohnungen der GAGFAH kriegsbedingt zerstört oder sehr schwer beschädigt.[22]
Einen Monat nach der Kapitulation 1945 erließ der Magistrat der Stadt Berlin eine "Anweisung für die Wohnungsunternehmer". Nach dieser sollten ehemalige NSDAP-Mitglieder und alle die sich sonst aktiv nationalsozialistisch betätigt hatten, aus leitenden Positionen abberufen werden.[23] Neben diesen "Personalproblemen" musste sich die GAGFAH aber auch mit der neuen politischen Situation und der Teilung Deutschlands auseinander setzen.
Auch in diesem Geschäftsjahr arbeitete das Unternehmen noch auf der Verfügung der Landesregierung Sachsen – Abteilung Wirtschaft und Arbeit – Soziale Fürsorge – vom 21.02.1946,.
Auf Grund der Verfügung der Landesverwaltung Sachsen, Abteilung Wirtschaft und Arbeit, vom 21.02.1946 wurde mit Wirkung vom 17.11.1945 der Hausbesitz der GAGFAH im Bereich des Landes Sachsen unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Als kommissarische Leiter setzte man Josef Hasberg, Herbert Menzel und Otto Fischer ein.[24] Sie übernahmen die treuhänderische Verwaltung des sächsischen Vermögens bzw. der Objekte.[25] Der Besitz umfasste 465 Häuser mit 2354 Wohnungen und 1545 Reichsheimstätten.[26]
Nach der Zentralisierung der Verwaltung in Sachsen erfolgte zunächst der weitere Ausbau des Betriebes. Die Hauptaufgabe war, trotz der schwierigen Lage auf dem Baustoffmarkt, soviel als möglich die durch Kriegseinwirkungen entstandenen Schäden zu beheben und die Erhaltung des unversehrt gebliebenen Hausbesitzes unbedingt sicherzustellen. Außerdem versuchte man durch Inventarlisten, Besitzstandsverzeichnisse und Mietkarteien etc. einen groben Überblick über die Vermögenswerte der GAGFAH zu erlangen.[27]
Ende 1949, nach der Gründung der beiden deutschen Staaten, gab die GAGFAH ihren Besitz im Osten (SBZ/DDR und die an Polen abgetretenen Gebiete) auf, der rund 16.500 Wohnungen umfasste. (etwa 47 % des früheren Mietwohnungsbesitzes der Gesellschaft, etwa 13.000 Wohnungen in der DDR)[28]
1950 sollte der sächsische GAGFAH - Besitz nach SMAD - Befehl 82 vom 29.04.1948 an den FDGB übereignet werden. Auf Grund des Verzichts des FDGB zu Gunsten des Eigentums des Volkes im April 1950 wurde die treuhänderische Verwaltung des sächsischen GAGFAH - Vermögens jedoch mit dem 31.07.1950 durch die Verordnung der DDR, Amt zum Schutz des Volkseigentums, aufgelöst und das Vermögen in Volkseigentum überführt. Als Rechtsträger setzte man die Kommunalen Wirtschaftsunternehmen (KWU) der jeweiligen Städte ein, in denen sich die Grundstücke der GAGFAH befanden.[29] Alle Akten wurden an das Archiv der Landesregierung Sachsen übergeben.[30]
Auch in den Westsektoren Berlins waren 1946 die Aktien und der Hausbesitz der GAGFAH von den Besatzungsbehörden beschlagnahmt und ein Treuhänder bestellt worden. Diesen Treuhänder wählte 1949 die Hauptversammlung in den Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender er im gleichen Jahr wurde. Die Verlegung des Hauptsitzes der Gesellschaft von Berlin nach Essen erfolgte ebenfalls 1949.[31] Seit 1953 ist die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Hauptaktionärin der GAGFAH.[32]
1990 beschloss die GAGFAH ihre Tätigkeitsfelder auch auf die neuen Bundesländer auszudehnen und somit an die Präsenz der Gesellschaft in diesem Gebiet vor 1945 anzuknüpfen. Zu diesem Zweck wurde 1991 die Tochtergesellschaft GAGFAH BIV Bauträger- und Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH gegründet, die zur Aufgabe hat, mit einem umfangreichen Dienstleistungsangebot im Bereich Verwaltung und Betreuung und mit Bauträgeraktivitäten die Interessen der GAGFAH zu vertreten und den Immobilienmarkt zu erschließen.[33]
2. Kurzer Bearbeitungsbericht
Die Bearbeitung erfolgte durch Frau Wolff in der Zeit vom 03.05.2004 bis 15.06.2004.
Das Projekt hatte folgende Zielstellung:
• Nutzbarmachen des Bestandes durch einfache Verzeichnung;
• Bewertung
• Veränderung des Erschließungszustandes von nicht auf vorläufig erschlossen
• Augias-Datenbank
• Vorläufiges Findbuch
Der Bestand hatte vor der Bearbeitung einen Gesamtumfang von 19,80 lfm. Die Unterlagen waren nicht erschlossen.
Der Bestand war bereits in Kartons verpackt und etikettiert. Da nicht alle Unterlagen dieses Bestandes archivwürdig waren, musste bei der Erfassung auch gleichzeitig eine Bewertung erfolgen; die Entscheidung traf der Bestandsverantwortliche, Herr Scheperski.. Die Akten beginnen mit der Nr. 1 aufsteigend.
Während der Bearbeitung wurden 7,8 lfm aus dem Bestand herausgelöst. Davon sind 6,6 lfm Doppelüberlieferungen bzw. nicht archivwürdige Unterlagen wie Rechnungen etc. und 0,80 lfm haben die Provenienz Landesregierung Sachsen, Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge. Darüber hinaus enthielt der Bestand 0,40 lfm Lohn- und Gehaltsunterlagen, die noch bis zum 31.12.2006 aufbewahrt werden müssen. Danach können diese Unterlagen vernichtet werden. Die Lohn- und Gehaltsunterlagen wurden separat gelagert und sind nicht mit erfasst worden.
Nach der Bearbeitung hat der Bestand einen Gesamtumfang von 12 lfm.
Bestandsinhalt:
• Baufinanzierung
(Hypotheken, Löschbewilligungen, Schuldurkunden, Baukostenübersicht)
• Kaufverträge und Grundbuchauszüge
• Baupläne
(Zergliederungsanbringung, Lageplan, Hausplan, Grundrisse)
• Steuern- und Gebührenbescheide
(Grundsteuer, Einheitswert, Steuerkarten, Straßenreinigung)
• Karteikarten mit Mieterverzeichnis
• Fotografien
• Treuhandverwaltung des sächsischen GAGFAH - Vermögens
(GAGFAH – Besitz, Übergabeprotokolle, Bilanzen, Inventarverzeichnisse)
[01] Für die Entwicklung bis 1945 wird im Folgenden auf die Festschrift: 75 Jahre GAGFAH 1918 - 1993 – Innovation aus Tradition. Berlin / Essen 1993 Bezug genommen.
[02] Ebenda S. 27
[03] Ebenda S. 31
[04] Ebenda S. 47
[05] Ebenda S. 45
[06] Ebenda S. 46
[07] Ebenda S. 33
[08] Ebenda S. 34
[09] Ebenda S. 34
[10] Ebenda S. 235ff
[11] Ebenda S. 34, 35
[12] Ebenda S. 35
[13] Ebenda S. 35, 36
[14] Ebenda S. 52
[15] Ebenda S. 53
[16] Ebenda S. 54 (Denkschrift zum zehnjährigen Bestehen der GAGFAH 1928)
[17] Ebenda S. 54
[18] Ebenda S. 59
[19] Ebenda S. 67
[20] Ebenda S. 59, 67
[21] Ebenda S. 60
[22] Ebenda S. 60
[23] Ebenda S. 72
[24] SächsHStA, 11532, Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH), Dresden, Nr. 406
[25] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 199
[26] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 200
[27] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 156
[28] Ebenda S. 72
[29] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 195
[30] SächsHStA, 11532, GAGFAH, Nr. 570
[31] Ebenda S. 73
[32] Ebenda S. 77
[33] Ebenda S. 272
Festschrift: 75 Jahre GAGFAH 1918 - 1993 : Innovation aus Tradition. Berlin, Essen, 1993
Baufinanzierung.- Darlehensverträge, Kaufverträge und Grundbuchauszüge.- Baupläne.- Hypotheken.- Steuern und Gebühren.- Mieterverzeichnis.- Fotos.- Geschäftsberichte, Jahresabschlüsse, Bilanzen.- Treuhandverwaltung des sächsischen GAGFAH-Vermögens.
Die Gesellschaft wurde 1918 von Berliner Angestelltenverbänden gegründet. Sie hatte ihren Sitz bis 1935 zunächst in Berlin, danach in Weimar und führte Zweigstellen in Hamburg, Essen und Dresden. Ihre Aufgabe lag im Bau von preisgünstigen und familienfreundlichen Einfamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Kleinwohnungen sowie in der Darlehensvergabe. 1924 verlagerte sie ihren Schwerpunkt auf den Mietwohnungsbau. 1945 wurde der Hausbesitz der GAGFAH in Sachsen durch die Landesregierung unter treuhänderische Verwaltung gestellt. 1950 erfolgte die Auflösung der Gesellschaft in der DDR und die Überführung ihres Vermögens ins Volkseigentum. Ihre Rechtsnachfolger wurden die Kommunalen Wirtschaftsunternehmen (KWU).
- 2004 | Findbuch / Datenbank
- 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5