Beständeübersicht
Bestand
12790 Nachlass Karl Steinmüller
Datierung | Um 1935 - 1972 |
---|---|
Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 15,00 |
Lebenslauf von Dr. phil. Karl Steinmüller
(13.02.1901 – 18.09.1977)Karl Erwin Steinmüller wurde am 13.02.1901 in Saupersdorf bei Kirchberg in Sachsen als Sohn des Maurers und nebenberuflichen Schulhausmannes Emil Steinmüller und seiner Frau Anna Lina, geb. Neef, geboren. Im Jahr 1917 fiel sein Vater, der als Armierungssoldat diente, in einer der Sommeschlachten des Ersten Weltkrieges.
Nach dem achtjährigen Besuch der Volksschule in Saupersdorf kam Steinmüller zu Ostern 1915 auf das Schneeberger Lehrerseminar. Von Ostern 1921 bis Oktober 1925 war er dann Hilfslehrer an den Volksschulen in Kirchberg und Hartmannsdorf. Im Jahr 1922 übernahm er als Chorleiter den Arbeitergesangsverein "Arion" und 1924/1925 leitete er zusätzlich den Arbeitergesangsverein in Bärenwalde. Nach dem sehr guten Bestehen des Lehrerexamens, der sog. Wahlfähigkeitsprüfung, ließ er sich zum Wintersemester 1925 an der Universität Leipzig für das höhere Lehramt immatrikulieren. Doch einige Semester später gab er dieses Berufsziel auf und wandte sich dem Studium der Geschichte und Statistik zu. In dieser Zeit musste er sich seinen Lebensunterhalt durch Arbeiten neben dem Studium selbst finanzieren, mit Ausnahme von zweimalig bewilligten Stipendien von etwa 300 Mark. Während zweier Semester lehrte er als Dozent bei den studentischen Arbeiterhochschulkursen. 1929 promovierte er mit einer Untersuchung zur Bevölkerungsstatistik des Dorfes Weißbach bei Wiesenburg in Sachsen von 1600 bis 1800.
Die darauffolgenden Jahre, von 1929 bis 1931, arbeitete er als Assistent bei der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig. Von 1932 an war er als freier Schriftsteller in Leipzig für das Fachgebiet Genealogie tätig. Nebenbei begann er in dieser Zeit aus persönlichem Interesse Material zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, vorwiegend aus der Zeit des Spätmittelalters und hier speziell zu Leipzig, zusammenzutragen. Die Arbeit an der Zentralstelle brachte es mit sich, dass er mit familiengeschichtlichen Forschungen beauftragt wurde, von denen eine Reihe in Druck kamen.
Im Lauf dieser umfangreichen genealogischen Forschungen führte er ausgedehnte Quellenstudien im Hauptstaatsarchiv Dresden, in den Staatsarchiven Weimar und Magdeburg sowie in verschiedenen Stadtarchiven durch, z.B. in Delitzsch, Pegau, Bautzen, Zwickau, Eger und Nürnberg. Für weitere Auftragsarbeiten kam er auch in die staatlichen Archive nach Darmstadt, Marburg, Koblenz, Wiesbaden, Münster und Schwerin. 1936 nahm er den Auftrag an, das Gutsarchiv auf Schloss Trebsen/Mulde zu erschließen. Mit ähnlichen Aufgaben war er im selben Jahr auch in Benkendorf bei Halle beschäftigt. Neben der genealogischen Tätigkeit entwickelte sich Karl Steinmüller auch zu einem Spezialisten in der Papiergeschichtsforschung. Hierzu trug er eine Sammlung von über 12.000 Wasserzeichen zusammen, die mehrheitlich das Gebiet des ehemaligen Kurfürstentums Sachsen umfasste.
Im persönlichen Bereich folgten einer Heirat 1934 mit Hermine, der Tochter des Lloydkapitäns Georg Schönau aus Bremen, zwei Kinder, nämlich Sohn Hermann 1934 und bald darauf 1935 Tochter Elsa, die aufgrund eines Geburtsfehlers geistig behindert zur Welt kam. In diesem Jahr ging es Karl Steinmüller gesundheitlich nicht sehr gut, denn es wurden bei ihm Magengeschwüre diagnostiziert, die operativ entfernt werden mussten.
Nachdem er 1937 in die NSDAP eingetreten war, wurde er 1941 in den Kriegsdienst zu einer Nachrichteneinheit einberufen. Ab Mitte April bis zum Juli 1945 war er in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Sinzig am Rhein.
Die Nachkriegsjahre stellten für ihn und seine Familie eine große Herausforderung dar, denn seine finanzielle Situation war sehr angespannt und er musste um seine schriftstellerische Zukunft bangen. Er hielt sich mit wenigen kleinen Aufträgen des Stadtarchivs Leipzig und der Unterstützung seines Schwiegervaters geradeso "über Wasser" und war zeitweise versucht, in den Westen Deutschlands zu ziehen, da er in seiner Umgebung keine Perspektive mehr sah. Auch die äußeren Umstände, die das Kriegsende mit sich brachte, trugen nicht gerade zu einer Besserung bei. Im Auftrag des Leipziger Messeamtes erstellte er 1948 ein "Verzeichnis der regelmäßigen Messeaussteller (Gewölbemieter)" für die Zeit von 1750 bis 1850. Im übrigen beschäftigte er sich seit 1945 vorwiegend mit Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Leipzigs im 15. und 16. Jh. an die Ergebnisse von Forschungen der Jahre 1930/31 anknüpfend.
Im Mai 1950 übernahm er dann nach dem Tod des bisherigen Direktors Johannes Hohlfeld die Leitung der Leipziger Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte, welche er mit allen Kräften der Wissenschaft zu erhalten versuchte, da sie kurz vor der Schließung stand. Im gleichem Jahr bewarb er sich noch um die Stelle des Leiters des Stadtarchivs Zwickau, die er am 1. September antreten konnte.
In der Folgezeit publizierte er seine Forschungsergebnisse aus Leipzig unter den Titeln "Die Gesellschaft der Kaufleute in Leipzig im 15. und 16. Jh." (in: Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, Berlin 1953, S. 127-142), "Wirtschaft und Gesellschaft Leipzigs im Zeitalter der Renaissance" (in: Leipziger Bautradition, Leipzig 1955, S. 53-74), "Wohl und Wehe eines Leipziger Kaufmanns in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts (Andreas Küffner)" (in: Heimatkundliche Blätter, 14/15 /1956) sowie "Vom Jahrmarkt zur Weltmesse" (Bearbeitung des Abschnitts "Mittelalter und 16. Jh.", hrsg. vom Leipziger Messeamt, Leipzig 1958).
Aber mit dem Umzug nach Zwickau verlagerte sich auch sein geographisches Forschungsgebiet. Fast ein Vierteljahrhundert sollte er fortan erfolgreich am Zwickauer Stadtarchiv und in der Denkmalpflege der Stadt tätig sein. Er entwickelte eine vielseitige Vortragstätigkeit und organisierte Führungen, z. B. regelmäßig zur Geschichte der Zwickauer Industrialisierung. Neben diesen hauptamtlichen Tätigkeiten wirkte er außerdem in der Deutschen Historikergesellschaft, im Deutschen Kulturbund, im Klub der Intelligenz, in der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und im Redaktionsbeirat der "Sächsischen Heimatblätter" aktiv mit. Auch die Zusammenarbeit des Stadtarchivs mit den Zwickauer Hochschulen förderte er zielstrebig.
Die neue Umgebung beförderte seine Forschungen und eröffnete ihm neue Themengebiete für Publikationen, so z. B. die weiten Bereiche der Tuchmacherei und der Papierherstellung. Darüber veröffentlichte er die Beiträge: "Betriebsgeschichte der Volltuchwerke Crimmitschau", "Die Chemnitzer Familie Neefe und ihre Beziehungen zur Zwickauer Tuchmacherei" (in: Beiträge zur Heimatgeschichte von Karl-Marx-Stadt, 4/1955), "Zur Lage der Zwickauer Tuchmacherei zwischen 1470 und 1530" (in: Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland, Berlin 1961, S. 220-224), "Wanderbücher von Papiermachern im Stadtarchiv Zwickau" (in: Papiergeschichte, Zeitschrift der Forschungsstelle Papiergeschichte in Mainz, 1957, S. 59-69) und "Der Nachlass eines Papiermachergesellen vom Jahr 1679" (in: Papiergeschichte, 1964, S. 1-5).
Weitere Titel, wie "Agricola in Zwickau" (erweiterter Abdruck der Festschrift zum 400. Todestag 1955, in: Kultur und Technik, D 18, Freiberger Forschungshefte, Berlin 1957, S. 20-44) und "Adelige Türkenkriegsteilnehmer 1560 – 1680" (in: Genealogie, 5/6 /1964, 2/4/6 /1965) zeigen, dass er trotz der Konzentration auf ein oder zwei Schwerpunkte nicht auf diese festgelegt war, sondern sich vielseitig interessiert auch andere Forschungsgebiete erschloss.
Die Arbeiten Karl Steinmüllers charakterisieren ihn als einen um vollständige und gewissenhafte Quellenerfassung zu einer bestimmten Fragestellung bemühten Wissenschaftler. Eine äußerst umfangreiche Quellenkenntnis stützte seine Untersuchungen. Gerade die hieraus entstandenen Studien und Exzerpte bilden einen wichtigen Teil des Nachlasses.
Mit zunehmendem Alter ließ sein Forschungsdrang keineswegs nach; im Gegenteil: das aufgrund seines Todes leider nicht mehr fertiggestellte Manuskript über die "Ratswechselreden 1649 bis 1748" mit einer wirtschaftsgeschichtlichen Einführung und das bereits zum Druck vorgesehene Zwickauer "Stadtbuch 1375 bis 1408" in Verbindung mit einer stadtsprachlichen Studie belegen dies eindrucksvoll.
Am 18. September 1977 starb Karl Steinmüller in Zwickau.
Es muss an dieser Stelle betont werden, dass eine vollständige Aufstellung des wissenschaftlichen Lebenswerks von Dr. Karl Steinmüller hier bei weitem nicht geleistet werden kann. Viele seiner Forschungen und Aktivitäten wären noch erwähnenswert, sein großes Verdienst um die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vornehmlich von Leipzig und Zwickau wäre noch ausführlicher zu behandeln. Dennoch möchte der vorliegende Ausschnitt aus seiner Biographie mit der streiflichtartigen Berührung der wichtigsten Lebensstationen zumindest eine Einführung in seinen Nachlass sein.Bestandsgeschichte und archivische Bearbeitung1. Bestandsbeschreibung
Der Bestand ‚12790 Nachlass Karl Steinmüller' umfasst 15 lfm und kam in den achtziger Jahren durch die Witwe des Nachlassers und unter Vermittlung von Hellmut Kretzschmar und Gerhard Schmidt ins Haus.
Der Bestand war inhaltlich nicht geordnet, d. h. ehemalige Ablagesysteme des Nachlassers waren nicht mehr ersichtlich. Einige Verzeichnungseinheiten weisen alte Signaturen auf, die Hinweise auf die Registratur Steinmüllers geben könnten. Jedoch sind diese im Bestand nur noch äußerst lückenhaft aufzufinden und besitzen somit fast keine Aussagekraft mehr. Sie konnten somit nicht zur Grundlage einer archivischen Ordnung gemacht werden. Erkennbar ist zusätzlich, dass Steinmüller mehrmals neue Signaturen für seine Akten (nicht alle) vergeben hat. In wenigen Einzelfällen wird am Bestand die Aktenordnung des Nachlassers durch aufeinanderfolgende alte Signaturen noch sichtbar.
Der Nachlass enthält folgenden Inhalt, an dem sich auch die Klassifikation orientiert: persönliche Dokumente, private und geschäftliche Korrespondenz, Forschungsmaterialien, historische Quellen und Regesten, Papierproben zur Papiergeschichts- und Wasserzeichenforschung, Unterlagen zur genealogischen Forschung, Ahnen- und Stammtafeln, Forschungsnotizen, archivische und landesgeschichtliche Forschungen, Werkmanuskripte, Karteikartenregister, Fotos, Diaaufnahmen, und originale (entfremdete) Dokumente und Urkunden. An Schrift- und Bildträgern sind Papier, Fotos, Glasnegative und Mikrofilme vorhanden.2. Vorgehensweise bei der Erschließung des Nachlasses
Die Verzeichnung erfolgte mit AUGIAS 7.3/7.4 nach dem Bär´schen Prinzip. Der Bestand wurde physisch nicht neu geordnet. Vielmehr erfolgte die durchgehende Vergabe von Signaturen für die Verzeichnungseinheiten. Eine Verzeichnungseinheit stellt in der Regel einen Ordner bzw. eine andere ursprüngliche Aufbewahrungseinheit dar. Eine Einheit wurde, wenn eruierbar, neben der Archivaliensignatur mit der alten Signatur, der Laufzeit, einem Titel sowie, wenn nötig, einem Enthält- und/oder Darin-Vermerk unter Zugrundelegung der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs verzeichnet. Die Sortierung innerhalb der Systematik wurde nach der Chronologie und alphabetisch nach dem Titel vorgenommen. Die Ausgabe im Findbuch enthält nicht eine eventuell vorhandene alte Signatur, hierzu muss die elektronische Datenbank herangezogen werden.3. Besonderheiten
Der Inhalt vieler Verzeichnungseinheiten erstreckt sich über eine Vielzahl von Einzelbetreffen. Dies ist auf die persönliche Registratur des Nachlassers zurückzuführen und ein Charakteristikum des Bestandes. Dabei kann ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Inhalten bestehen. In diesen Fällen erfolgte die Klassifikation nach dem Umfang, d. h. der größte inhaltliche Sinnzusammenhang bestimmte die Einordnung. Dabei erscheinen aber im vollständigen Titel oder im Enthält-Vermerk die von der Einordnung abweichenden Inhalte.
Akten mit dem Titel "genealogische Forschung" bezeichnen und umfassen Quellen und Regesten im Zusammenhang mit der Erforschung der Ahnen- oder Stammtafel einer Familie, Forschungsnotizen, Korrespondenz, z. B. mit Pfarrämtern, einzelnen Familienangehörigen und anderen Wissenschaftlern sowie weiteres Material zu der untersuchten Familiengenealogie, z. B. Geburts-, Tauf- und Sterbeurkunden. Dabei ist zu beachten, dass Verzeichnungseinheiten mit dieser Wendung selten alle diese Punkte zusammen aufweisen, sondern in der Regel einen Teil davon und manchmal auch nur einen einzigen Punkt.
Zusätzlich zu diesen Unterlagen zu einer Familiengenealogie kann es vorkommen, dass sich auch Originaldokumente von Familienangehörigen aus vergangenen Jahrhunderten, bis hin zum 16. Jh., befinden. Diese kamen ursprünglich als Leihgabe an den Nachlasser und sind nicht wieder zum Besitzer zurückgekommen. Sie sind im Titel oder Enthält-Vermerk aufgeführt.
Bei Regesten und Exzerpten konnte meist keine Laufzeit festgestellt werden. Die Ursache hierfür kann darin liegen, dass Karl Steinmüller bei seinen Forschungen immer wieder auf sie zurückgriff und mit ihnen arbeitete, was eine Benutzung über viele Jahre hinweg bedeutet.
Die Klassifikation erfolgte im übrigen unter Zugrundelegung des von H. O. Meissner entwickelten Rahmenschemas zur Ordnung von Personennachlässen. Literatur zur PersonGuenther, Wolfram, Dr. Karl Steinmüller, 65 Jahre, in: Pulsschlag. Kulturspiegel für Stadt
und Kreis Zwickau, Jg. 11, Febr./1966.Flechsig, Lieselotte, Zum ehrenden Gedenken: Dr. Karl Steinmüller, 13.02.1901 –
18.09.1977, in: Pulsschlag, Jg. 1977, H. 12, S. 16.
(13.02.1901 – 18.09.1977)Karl Erwin Steinmüller wurde am 13.02.1901 in Saupersdorf bei Kirchberg in Sachsen als Sohn des Maurers und nebenberuflichen Schulhausmannes Emil Steinmüller und seiner Frau Anna Lina, geb. Neef, geboren. Im Jahr 1917 fiel sein Vater, der als Armierungssoldat diente, in einer der Sommeschlachten des Ersten Weltkrieges.
Nach dem achtjährigen Besuch der Volksschule in Saupersdorf kam Steinmüller zu Ostern 1915 auf das Schneeberger Lehrerseminar. Von Ostern 1921 bis Oktober 1925 war er dann Hilfslehrer an den Volksschulen in Kirchberg und Hartmannsdorf. Im Jahr 1922 übernahm er als Chorleiter den Arbeitergesangsverein "Arion" und 1924/1925 leitete er zusätzlich den Arbeitergesangsverein in Bärenwalde. Nach dem sehr guten Bestehen des Lehrerexamens, der sog. Wahlfähigkeitsprüfung, ließ er sich zum Wintersemester 1925 an der Universität Leipzig für das höhere Lehramt immatrikulieren. Doch einige Semester später gab er dieses Berufsziel auf und wandte sich dem Studium der Geschichte und Statistik zu. In dieser Zeit musste er sich seinen Lebensunterhalt durch Arbeiten neben dem Studium selbst finanzieren, mit Ausnahme von zweimalig bewilligten Stipendien von etwa 300 Mark. Während zweier Semester lehrte er als Dozent bei den studentischen Arbeiterhochschulkursen. 1929 promovierte er mit einer Untersuchung zur Bevölkerungsstatistik des Dorfes Weißbach bei Wiesenburg in Sachsen von 1600 bis 1800.
Die darauffolgenden Jahre, von 1929 bis 1931, arbeitete er als Assistent bei der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig. Von 1932 an war er als freier Schriftsteller in Leipzig für das Fachgebiet Genealogie tätig. Nebenbei begann er in dieser Zeit aus persönlichem Interesse Material zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, vorwiegend aus der Zeit des Spätmittelalters und hier speziell zu Leipzig, zusammenzutragen. Die Arbeit an der Zentralstelle brachte es mit sich, dass er mit familiengeschichtlichen Forschungen beauftragt wurde, von denen eine Reihe in Druck kamen.
Im Lauf dieser umfangreichen genealogischen Forschungen führte er ausgedehnte Quellenstudien im Hauptstaatsarchiv Dresden, in den Staatsarchiven Weimar und Magdeburg sowie in verschiedenen Stadtarchiven durch, z.B. in Delitzsch, Pegau, Bautzen, Zwickau, Eger und Nürnberg. Für weitere Auftragsarbeiten kam er auch in die staatlichen Archive nach Darmstadt, Marburg, Koblenz, Wiesbaden, Münster und Schwerin. 1936 nahm er den Auftrag an, das Gutsarchiv auf Schloss Trebsen/Mulde zu erschließen. Mit ähnlichen Aufgaben war er im selben Jahr auch in Benkendorf bei Halle beschäftigt. Neben der genealogischen Tätigkeit entwickelte sich Karl Steinmüller auch zu einem Spezialisten in der Papiergeschichtsforschung. Hierzu trug er eine Sammlung von über 12.000 Wasserzeichen zusammen, die mehrheitlich das Gebiet des ehemaligen Kurfürstentums Sachsen umfasste.
Im persönlichen Bereich folgten einer Heirat 1934 mit Hermine, der Tochter des Lloydkapitäns Georg Schönau aus Bremen, zwei Kinder, nämlich Sohn Hermann 1934 und bald darauf 1935 Tochter Elsa, die aufgrund eines Geburtsfehlers geistig behindert zur Welt kam. In diesem Jahr ging es Karl Steinmüller gesundheitlich nicht sehr gut, denn es wurden bei ihm Magengeschwüre diagnostiziert, die operativ entfernt werden mussten.
Nachdem er 1937 in die NSDAP eingetreten war, wurde er 1941 in den Kriegsdienst zu einer Nachrichteneinheit einberufen. Ab Mitte April bis zum Juli 1945 war er in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Sinzig am Rhein.
Die Nachkriegsjahre stellten für ihn und seine Familie eine große Herausforderung dar, denn seine finanzielle Situation war sehr angespannt und er musste um seine schriftstellerische Zukunft bangen. Er hielt sich mit wenigen kleinen Aufträgen des Stadtarchivs Leipzig und der Unterstützung seines Schwiegervaters geradeso "über Wasser" und war zeitweise versucht, in den Westen Deutschlands zu ziehen, da er in seiner Umgebung keine Perspektive mehr sah. Auch die äußeren Umstände, die das Kriegsende mit sich brachte, trugen nicht gerade zu einer Besserung bei. Im Auftrag des Leipziger Messeamtes erstellte er 1948 ein "Verzeichnis der regelmäßigen Messeaussteller (Gewölbemieter)" für die Zeit von 1750 bis 1850. Im übrigen beschäftigte er sich seit 1945 vorwiegend mit Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Leipzigs im 15. und 16. Jh. an die Ergebnisse von Forschungen der Jahre 1930/31 anknüpfend.
Im Mai 1950 übernahm er dann nach dem Tod des bisherigen Direktors Johannes Hohlfeld die Leitung der Leipziger Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte, welche er mit allen Kräften der Wissenschaft zu erhalten versuchte, da sie kurz vor der Schließung stand. Im gleichem Jahr bewarb er sich noch um die Stelle des Leiters des Stadtarchivs Zwickau, die er am 1. September antreten konnte.
In der Folgezeit publizierte er seine Forschungsergebnisse aus Leipzig unter den Titeln "Die Gesellschaft der Kaufleute in Leipzig im 15. und 16. Jh." (in: Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, Berlin 1953, S. 127-142), "Wirtschaft und Gesellschaft Leipzigs im Zeitalter der Renaissance" (in: Leipziger Bautradition, Leipzig 1955, S. 53-74), "Wohl und Wehe eines Leipziger Kaufmanns in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts (Andreas Küffner)" (in: Heimatkundliche Blätter, 14/15 /1956) sowie "Vom Jahrmarkt zur Weltmesse" (Bearbeitung des Abschnitts "Mittelalter und 16. Jh.", hrsg. vom Leipziger Messeamt, Leipzig 1958).
Aber mit dem Umzug nach Zwickau verlagerte sich auch sein geographisches Forschungsgebiet. Fast ein Vierteljahrhundert sollte er fortan erfolgreich am Zwickauer Stadtarchiv und in der Denkmalpflege der Stadt tätig sein. Er entwickelte eine vielseitige Vortragstätigkeit und organisierte Führungen, z. B. regelmäßig zur Geschichte der Zwickauer Industrialisierung. Neben diesen hauptamtlichen Tätigkeiten wirkte er außerdem in der Deutschen Historikergesellschaft, im Deutschen Kulturbund, im Klub der Intelligenz, in der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und im Redaktionsbeirat der "Sächsischen Heimatblätter" aktiv mit. Auch die Zusammenarbeit des Stadtarchivs mit den Zwickauer Hochschulen förderte er zielstrebig.
Die neue Umgebung beförderte seine Forschungen und eröffnete ihm neue Themengebiete für Publikationen, so z. B. die weiten Bereiche der Tuchmacherei und der Papierherstellung. Darüber veröffentlichte er die Beiträge: "Betriebsgeschichte der Volltuchwerke Crimmitschau", "Die Chemnitzer Familie Neefe und ihre Beziehungen zur Zwickauer Tuchmacherei" (in: Beiträge zur Heimatgeschichte von Karl-Marx-Stadt, 4/1955), "Zur Lage der Zwickauer Tuchmacherei zwischen 1470 und 1530" (in: Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland, Berlin 1961, S. 220-224), "Wanderbücher von Papiermachern im Stadtarchiv Zwickau" (in: Papiergeschichte, Zeitschrift der Forschungsstelle Papiergeschichte in Mainz, 1957, S. 59-69) und "Der Nachlass eines Papiermachergesellen vom Jahr 1679" (in: Papiergeschichte, 1964, S. 1-5).
Weitere Titel, wie "Agricola in Zwickau" (erweiterter Abdruck der Festschrift zum 400. Todestag 1955, in: Kultur und Technik, D 18, Freiberger Forschungshefte, Berlin 1957, S. 20-44) und "Adelige Türkenkriegsteilnehmer 1560 – 1680" (in: Genealogie, 5/6 /1964, 2/4/6 /1965) zeigen, dass er trotz der Konzentration auf ein oder zwei Schwerpunkte nicht auf diese festgelegt war, sondern sich vielseitig interessiert auch andere Forschungsgebiete erschloss.
Die Arbeiten Karl Steinmüllers charakterisieren ihn als einen um vollständige und gewissenhafte Quellenerfassung zu einer bestimmten Fragestellung bemühten Wissenschaftler. Eine äußerst umfangreiche Quellenkenntnis stützte seine Untersuchungen. Gerade die hieraus entstandenen Studien und Exzerpte bilden einen wichtigen Teil des Nachlasses.
Mit zunehmendem Alter ließ sein Forschungsdrang keineswegs nach; im Gegenteil: das aufgrund seines Todes leider nicht mehr fertiggestellte Manuskript über die "Ratswechselreden 1649 bis 1748" mit einer wirtschaftsgeschichtlichen Einführung und das bereits zum Druck vorgesehene Zwickauer "Stadtbuch 1375 bis 1408" in Verbindung mit einer stadtsprachlichen Studie belegen dies eindrucksvoll.
Am 18. September 1977 starb Karl Steinmüller in Zwickau.
Es muss an dieser Stelle betont werden, dass eine vollständige Aufstellung des wissenschaftlichen Lebenswerks von Dr. Karl Steinmüller hier bei weitem nicht geleistet werden kann. Viele seiner Forschungen und Aktivitäten wären noch erwähnenswert, sein großes Verdienst um die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vornehmlich von Leipzig und Zwickau wäre noch ausführlicher zu behandeln. Dennoch möchte der vorliegende Ausschnitt aus seiner Biographie mit der streiflichtartigen Berührung der wichtigsten Lebensstationen zumindest eine Einführung in seinen Nachlass sein.Bestandsgeschichte und archivische Bearbeitung1. Bestandsbeschreibung
Der Bestand ‚12790 Nachlass Karl Steinmüller' umfasst 15 lfm und kam in den achtziger Jahren durch die Witwe des Nachlassers und unter Vermittlung von Hellmut Kretzschmar und Gerhard Schmidt ins Haus.
Der Bestand war inhaltlich nicht geordnet, d. h. ehemalige Ablagesysteme des Nachlassers waren nicht mehr ersichtlich. Einige Verzeichnungseinheiten weisen alte Signaturen auf, die Hinweise auf die Registratur Steinmüllers geben könnten. Jedoch sind diese im Bestand nur noch äußerst lückenhaft aufzufinden und besitzen somit fast keine Aussagekraft mehr. Sie konnten somit nicht zur Grundlage einer archivischen Ordnung gemacht werden. Erkennbar ist zusätzlich, dass Steinmüller mehrmals neue Signaturen für seine Akten (nicht alle) vergeben hat. In wenigen Einzelfällen wird am Bestand die Aktenordnung des Nachlassers durch aufeinanderfolgende alte Signaturen noch sichtbar.
Der Nachlass enthält folgenden Inhalt, an dem sich auch die Klassifikation orientiert: persönliche Dokumente, private und geschäftliche Korrespondenz, Forschungsmaterialien, historische Quellen und Regesten, Papierproben zur Papiergeschichts- und Wasserzeichenforschung, Unterlagen zur genealogischen Forschung, Ahnen- und Stammtafeln, Forschungsnotizen, archivische und landesgeschichtliche Forschungen, Werkmanuskripte, Karteikartenregister, Fotos, Diaaufnahmen, und originale (entfremdete) Dokumente und Urkunden. An Schrift- und Bildträgern sind Papier, Fotos, Glasnegative und Mikrofilme vorhanden.2. Vorgehensweise bei der Erschließung des Nachlasses
Die Verzeichnung erfolgte mit AUGIAS 7.3/7.4 nach dem Bär´schen Prinzip. Der Bestand wurde physisch nicht neu geordnet. Vielmehr erfolgte die durchgehende Vergabe von Signaturen für die Verzeichnungseinheiten. Eine Verzeichnungseinheit stellt in der Regel einen Ordner bzw. eine andere ursprüngliche Aufbewahrungseinheit dar. Eine Einheit wurde, wenn eruierbar, neben der Archivaliensignatur mit der alten Signatur, der Laufzeit, einem Titel sowie, wenn nötig, einem Enthält- und/oder Darin-Vermerk unter Zugrundelegung der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs verzeichnet. Die Sortierung innerhalb der Systematik wurde nach der Chronologie und alphabetisch nach dem Titel vorgenommen. Die Ausgabe im Findbuch enthält nicht eine eventuell vorhandene alte Signatur, hierzu muss die elektronische Datenbank herangezogen werden.3. Besonderheiten
Der Inhalt vieler Verzeichnungseinheiten erstreckt sich über eine Vielzahl von Einzelbetreffen. Dies ist auf die persönliche Registratur des Nachlassers zurückzuführen und ein Charakteristikum des Bestandes. Dabei kann ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Inhalten bestehen. In diesen Fällen erfolgte die Klassifikation nach dem Umfang, d. h. der größte inhaltliche Sinnzusammenhang bestimmte die Einordnung. Dabei erscheinen aber im vollständigen Titel oder im Enthält-Vermerk die von der Einordnung abweichenden Inhalte.
Akten mit dem Titel "genealogische Forschung" bezeichnen und umfassen Quellen und Regesten im Zusammenhang mit der Erforschung der Ahnen- oder Stammtafel einer Familie, Forschungsnotizen, Korrespondenz, z. B. mit Pfarrämtern, einzelnen Familienangehörigen und anderen Wissenschaftlern sowie weiteres Material zu der untersuchten Familiengenealogie, z. B. Geburts-, Tauf- und Sterbeurkunden. Dabei ist zu beachten, dass Verzeichnungseinheiten mit dieser Wendung selten alle diese Punkte zusammen aufweisen, sondern in der Regel einen Teil davon und manchmal auch nur einen einzigen Punkt.
Zusätzlich zu diesen Unterlagen zu einer Familiengenealogie kann es vorkommen, dass sich auch Originaldokumente von Familienangehörigen aus vergangenen Jahrhunderten, bis hin zum 16. Jh., befinden. Diese kamen ursprünglich als Leihgabe an den Nachlasser und sind nicht wieder zum Besitzer zurückgekommen. Sie sind im Titel oder Enthält-Vermerk aufgeführt.
Bei Regesten und Exzerpten konnte meist keine Laufzeit festgestellt werden. Die Ursache hierfür kann darin liegen, dass Karl Steinmüller bei seinen Forschungen immer wieder auf sie zurückgriff und mit ihnen arbeitete, was eine Benutzung über viele Jahre hinweg bedeutet.
Die Klassifikation erfolgte im übrigen unter Zugrundelegung des von H. O. Meissner entwickelten Rahmenschemas zur Ordnung von Personennachlässen. Literatur zur PersonGuenther, Wolfram, Dr. Karl Steinmüller, 65 Jahre, in: Pulsschlag. Kulturspiegel für Stadt
und Kreis Zwickau, Jg. 11, Febr./1966.Flechsig, Lieselotte, Zum ehrenden Gedenken: Dr. Karl Steinmüller, 13.02.1901 –
18.09.1977, in: Pulsschlag, Jg. 1977, H. 12, S. 16.
Günther, W.: Dr. Karl Steinmüller, 65 Jahre. In: Pulsschlag : Kulturspiegel ... für Stadt und Kreis Zwickau. Jg. 11. 1966
Archivmitteilungen. Jg. 27. 1977, H. 5, S. 200. - Todesanzeige
Flechsig, L.: Zum ehrenden Gedenken : Dr. Karl Steinmüller (13.02.1901 - 18.09.1977). In: Pulsschlag : 1977, H. 12, S. 16
Archivmitteilungen. Jg. 27. 1977, H. 5, S. 200. - Todesanzeige
Flechsig, L.: Zum ehrenden Gedenken : Dr. Karl Steinmüller (13.02.1901 - 18.09.1977). In: Pulsschlag : 1977, H. 12, S. 16
Unterlagen aus der Tätigkeit als Genealoge und Stadtarchivar von Zwickau.- Materialsammlung und Manuskripte zur Zwickauer Stadtgeschichte und Kulturgeschichte sowie zur sächsischen Landesgeschichte und Wirtschaftsgeschichte.
Dr. phil. Karl Steinmüller lebte von 1901 bis 1975. Er war Stadtarchivar in Zwickau.
- 2019 | elektronisches Findmittel
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