Beständeübersicht
Bestand
13047 Notar Osman Täschner, Freiberg
Datierung | 1900 - 1961 |
---|---|
Benutzung im | Hauptstaatsarchiv Dresden |
Umfang (nur lfm) | 3,75 |
1. Osman Täschner
1.1. Privatperson
Der am 9. April 1878 geborene Anwaltsnotar Osman Täschner stammt aus einer generationenübergreifenden Freiberger Juristenfamilie [01].
Sein Vater Eugen Alexis Täschner (1842-1901) schloss 1871 sein Studium der Rechtswissenschaften ab. Nach seiner Ernennung zum "Advocaten" am 2. Januar 1872 übernahm er zunächst vertretungsweise Aufgaben an den Gerichtsämtern Sayda und Chemnitz, bevor er seine eigene Kanzlei in Freiberg, der Heimatstadt seiner Frau Helene Johanna Täschner geb. Braunsdorf, eröffnete. Mit seiner Frau bekam Eugen Alexis Täschner insgesamt fünf Kinder, vier Söhne und eine Tochter. Von diesen nahm neben Osman, dem jüngsten Sohn, auch der erstgeborene Sohn Constantin Täschner (1873-1925) eine juristische Ausbildung auf [02].
Osman Täschner, der sich privat für altes Berg- und Wasserrecht interessierte, schloss sein Studium der Rechtswissenschaften am 20. Februar 1908 mit der zweiten juristischen Staatsprüfung ab [03]. Nach seinem Examen kehrte er in seinen Geburtsort zurück und begann als Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Bruders Constantin zu praktizieren. Osman Täschner wurde während des Ersten Weltkriegs zum Militärdienst eingezogen und kehrte nach Kriegsende körperlich unversehrt heim [04]. Am 28. Februar 1923 wurde Osman Täschner gemäß der Vorschriften des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1900 zum Notar ernannt [05]. Am 8. März 1923 folgte die offizielle Vereidigung Täschners im Amtsgericht Freiberg [06]. Noch im selben Jahr eröffnete er seine eigene Praxis in der Bahnhofsstraße 28a in Freiberg, wo er als Rechtsanwalt und Notar seine Dienste anbot. Am 6. September 1934 legte Osman Täschner den Führereid ab [07]. Die Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer anderen, parteinahen Einrichtung ist nicht nachweisbar [08]. Osman Täschner war während des Zweiten Weltkriegs und auch nach Kriegsende 1945 durchgängig als Notar tätig. Am 9. März 1943 wurde er vom Freiberger Landgerichtspräsidenten von der Liste der als unentbehrlich vorzuschlagenden Rechtsanwälte und Notare im Landesgerichtsbezirk Freiberg gestrichen [09]. Osman Täschner gelang es jedoch, erfolgreich Widerspruch einzulegen [10]. Bis Kriegsende blieb er wohl als "unabkömmlich" (UK) eingestuft. Auch der Fliegerangriff auf Freiberg am 7. Oktober 1944 hatte keine großen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit Täschners: Mit einer zweiwöchigen Verzögerung ging das Alltagsgeschäft wie gewohnt weiter. Die mit der Erschließung einhergehende Durchsicht des Bestandes liefert keinen Hinweis darauf, dass Osman Täschner in seiner Funktion als Notar bei der Enteignung, Liquidation oder Arisierung jüdischen Vermögens beteiligt war. Der gebürtige Freiberger gehörte zu den ersten sieben Notaren, die im Landesgerichtsbezirk Freiberg nach dem Zweiten Weltkrieg offiziell wieder zugelassen wurden [11]. Im Juli 1945 plante die Sowjetische Militäradministration den Forschungen von Rico Murchner zufolge Osman Täschner die Mitgliedschaft in der beratenden Versammlung des Stadtkreises Freiberg anzutragen [12]. Der Anwaltsnotar lehnte diese Mitgliedschaft jedoch ab und führte als Argument seine hohe Arbeitsbelastung auf. Tatsächlich lässt sich, wie in Abschnitt 3.1 ausgeführt, nach 1945 eine deutliche Zunahme der von Täschner getätigten notariellen Beglaubigungen beobachten. Im Jahr 1949 war der Anwaltsnotar zudem über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinweg der einzige praktizierende Notar in Freiberg [13]. Osman Täschner, der laut Murchner nie in die SED eintrat, erhielt in seiner Kanzlei Unterstützung durch seinen Neffen Alexis, dem Sohn seines Bruders Ferdinand [14].
Der im Ruhrgebiet aufgewachsene Alexis Taeschner (1913-1999), der die von seinem Vater, einem Mitglied der Dortmunder Freimaurerloge, eingeführte latinisierte Schreibweise des Familiennamens Täschner führte, hatte im Jahr 1935 seine erste juristische Staatsprüfung abgelegt und war kurz darauf nach Freiberg gezogen, um in der Familienkanzlei praktische Erfahrungen zu sammeln. Nachdem er im Jahr 1939 auch die zweite juristische Staatsprüfung bestanden hatte, vertrat Alexis Taeschner seinen Onkel Osman Täschner in den nachfolgenden Jahren regelmäßig als dessen Stellvertreter, weswegen sich in dem Bestand zwischen 1939 und 1954 viele Urkunden wiederfinden, die von Alexis Taeschner beglaubigt wurden, obwohl dieser selbst kein Notar war. Osman Täschners Tätigkeit als Notar endete mit seinem Tod am 29. Januar 1954.
1.2. Anwaltsnotar
Mit Paragraph 7 der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 wurde im Deutschen Reich das Nurnotariat eingeführt, um die Verpflichtung der amtlich bestellten Notare zur Neutralität zu gewährleisten. Das heißt, dass es zum Notar bestellten Juristen fortan untersagt war, neben ihrer Notartätigkeit die parteilichen Interessen von Auftraggebern als Rechtsanwälte zu vertreten. Bereits tätige Anwaltsnotare wie Osman Täschner waren von diesem Verbot nicht betroffen: Dank einer Übergangsregelung durften sie weiter als Rechtsanwälte und Notare praktizieren [15]. Auch wenn Täschners Haupttätigkeit in den 1930er- bis 1950er-Jahren wohl auf seiner Notartätigkeit lag, trat der gebürtige Freiberger gelegentlich auch als Rechtsanwalt in Erscheinung. Dieses Tätigkeitsfeld bildet der Bestand 13047 nicht ab [16]. Im Sächsischen Staatsarchiv haben sich jedoch Unterlagen zu einem besonderen Rechtsstreit erhalten, in welchem der Freiberger Jurist als Rechtsanwalt agierte: Zwischen den Jahren 1932 und 1942 vertrat Osman Täschner den Imkerverein für Freiberg und Umgebung in einem Prozess, den der Imkerverein gegen das Land Sachsen angestrengt hatte [17]. Anlass für die Schadensersatzklage war ein massives Bienensterben, dass die Mitglieder des Imkervereins auf die arsenhaltigen Abgase der staatlichen Hüttenwerke Muldenhütten und Halsbrücke zurückführten [18]. Knapp zehn Jahre nach Prozessbeginn konnten Osman Täschner und der Freiberger Imkerverein den Rechtsstreit, der durch mehrere Instanzen ging und zu den ersten großen Umweltprozessen in Deutschland zählen dürfte, gewinnen.
2. Bestandsgeschichte
Im Jahr 1988 bot das Kreisgericht Freiberg die Akten dieses Bestandes dem Staatsarchiv Karl-Marx-Stadt an. Im Jahr 2001 kamen das damalige Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden und das Staatsarchiv Chemnitz überein, dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden den Bestand 13047 Notar Osman Täschner, Freiberg zu übergeben. Hauptargument für diese Übergabe bildete die Tatsache, dass der Großteil des Bestandes in die Zeit fällt, als die Amtshauptmannschaft Freiberg bestand. Dieser Verwaltungsbezirk im Königreich Sachsen und im späteren Freistaat Sachsen wurde 1874 gegründet und existierte bis 1952, wenngleich er 1939 in Landkreis Freiberg umbenannt wurde. Die Amtshauptmannschaft Freiberg unterstand wiederum der Kreishauptmannschaft Dresden. Für die Kreishauptmannschaft Dresden und ihre Rechtsnachfolger ist auch heute noch die Abteilung Hauptstaatsarchiv Dresden des Sächsischen Staatsarchivs zuständig. Nach der Übergabe wurde der Bestand am 7. November 2001 vorläufig revisioniert. Im Jahr 2021 wurde der Bestand im Zuge der Erschließung um 10 Akten aus dem Bestand 11052 Amtsgericht Freiberg erweitert, die eindeutig als zur Notariatstätigkeit von Osman Täschner zugehörig zu identifizieren waren. Diese Akten sind wahrscheinlich im Jahr 1988 direkt dem damaligen Staatsarchiv Dresden angeboten worden. Die Erschließung erfolgte durch Franziska Rohloff. Das Findbuch wurde 2021 erstellt.
3. Bestandsanalyse
3.1. Allgemeine Beobachtungen
Die von Osman Täschner getätigten Beurkundungen machen den Großteil des Bestandes aus. Die Bandbreite seiner notariellen Dienstleistungen umfassten Unterschriftsbeglaubigungen, die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen, Vertragsabwicklungen, Kreditgeschäfte, gesellschaftsrechtliche Vorgänge, Nachlass- und Erbangelegenheiten und familienrechtliche Vereinbarungen. Insgesamt kann man beobachten, dass die Anzahl der von Täschner beurkundeten Rechtsakte über die Jahre stark anstieg. In den Nachkriegsjahren lässt sich ein besonders starkes Wachstum feststellen. Die im Vergleich zu den Vorkriegsjahren erhöhte Arbeitsbelastung Täschners in den Nachkriegsjahren erklärt sich dadurch, dass in der sowjetischen Besatzungszone Zulassungen von freien Notaren stark begrenzt waren. Speziell im Landkreis Freiberg (ab 1952 Kreis Freiberg) gab es eine verhältnismäßig geringe Notardichte.
Bei der Bearbeitung des Bestandes erwies sich, dass einige Urkundensammlungen oftmals einzelne Dokumente enthielten, die über die Zeit der Bestellung Osman Täschners als Notar hinausgingen. Dieser Umstand erklärt sich vor allem dadurch, dass verschiedene Gläubiger von den notariellen Urkunden, in denen sich ihre Schuldner der Zwangsvollstreckung unterworfen haben, vollstreckbare Ausfertigung anforderten, damit sie eine Zwangsvollstreckung in die Wege leiten konnten. Nach dem Tod von Osman Täschner hat diese vollstreckbaren Ausfertigungen entweder Alexis Taeschner oder das 1952 im Rahmen der Neugliederung der Gerichte neu gebildete Kreisgericht Freiberg erteilt. Vermutlich zu Dokumentationszwecken wurde der entsprechende Schriftverkehr anschließend bei den Originalurkunden abgelegt. Weiter nahm Osman Täschner andere, bereits bestehende Rechtsakte, auf die er bei der Erstellung von Urkunden hinwies, oftmals in Form von beglaubigten Auszügen oder Abschriften zum Vorgang (z. B. Erbscheine, Vollmachten, Bestallungen etc.).
Ferner ist festzuhalten, dass Osman Täschners Auftraggeber überwiegend aus der Stadt Freiberg oder dem Verwaltungsbezirk der Amtshauptmannschaft Freiberg (ab 1939 Landkreis Freiberg) bzw. ab 1952 dem (Nachfolge-)Kreis Freiberg stammten. Der Anwaltnotar betreute aber auch Mandanten aus dem ganzen Freistaat und darüber hinaus. Neben Privatpersonen zählten auch einige Unternehmen zu seinen Mandanten.
Innerhalb des Bestandes lässt sich zudem im Kleinen die zunehmende Vereinheitlichung des Notariatsrechts in Deutschland im 20. Jahrhundert aufzeigen. Das Notariatsrecht war lange durch eine regional und lokal sehr unterschiedliche Praxis gekennzeichnet. Während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik gab es Bestrebungen, diese bisweilen großen Unterschiede zu beheben. Doch erst mit dem Erlass der Reichsnotarordnung vom 1. Juli 1937 konnte ein erhöhter Harmonisierungsgrad erreicht werden. Verpflichtend wurde die Ordnung der beim Notar verwahrten Originalurkunden nach einem chronologischen, fortlaufend nummerierten Verzeichnis eingeführt, der sogenannten Urkundenrolle. Die Originalurkunden waren nach der Nummer der Urkundenrolle geordnet in einer Urkundensammlung aufzubewahren und zwar ohne den zugehörigen Schriftwechsel mit den Beteiligten oder den Behörden. Dieser zugehörige Schriftwechsel war wiederum in Bei- oder Sammelakten gesondert abzulegen und unterlag anders als Urkundenrolle und Urkundensammlung nicht der zeitlich unbegrenzten Aufbewahrungspflicht. Auch Osman Täschner legte ab dem 1. Januar 1938 Urkundenrollen und Urkundesammlungen an. Zuvor hatte er mit Geschäftsregistern gearbeitet und sogenannte Notariatsakten angelegt, in denen die Originalurkunden inklusive des zugehörigen Schriftwechsels mit den Beteiligten und den Behörden nach Geschäftsregisternummern, aber nicht notwendigerweise nach chronologischer Reihenfolge, abgelegt waren.
Neben den Geschäftsregistern und Notariatsakten bzw. Urkundensammlungen und Urkundenrollen hat sich im Bestand ein Verwahrungsbuch und insgesamt zwei Massenbücher erhalten, in denen Osman Täschner die ihm anvertrauten Verwahrungsmassen dokumentierte. Anders als in den beiden Massebüchern finden sich im Verwahrungsbuch mehrere Einträge wieder, die erst nach dem Tod des Anwaltsnotars verfasst wurden. Bei- oder Sammelakten haben sich nicht erhalten. Insgesamt neun Protestregister wurden gemäß der Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege zur Kassation freigegeben [19].
3.2. Stellvertreter und Stellvertretungen
Bei längerer Abwesenheit oder Verhinderung musste und muss ein Notar noch heute seiner Aufsichtsbehörde seine Fehlzeit anzeigen. Auf Antrag des Notars konnte und kann die Aufsichtsbehörde für diese Fehlzeit einen (ständigen) Vertreter bestellen. Auch Osman Täschner wurde während seiner Amtszeit mehrfach von Kollegen vertreten. Ab dem Jahr 1939 wurde Osman Täschner ausschließlich durch seinen Neffen und späteren Kanzleipartner Alexis Taeschner vertreten.
3.3. Arbeitsweise
Im Mai 1948 überprüfte der Bezirksrevisor Demski im Auftrag des Landgerichtspräsidenten in Freiberg die Amtsführung von Osman Täschner in einer routinemäßigen Revision [20]. Auf dem Prüfstand standen insbesondere die Verzeichnisse und Bücher des Anwaltsnotars sowie die Kostenrechnungen und Abrechnungen über Gebühren etc. Dem Bericht von Demski zufolge entsprach die Führung der Verzeichnisse und Bücher den damals gültigen Vorschriften, wenngleich der Bezirksrevisor einige kleine Mängel aufzeigte. So sei die Urkundenrolle "z. T. sehr unübersichtlich geführt" [21].
4. Benutzungsbeschränkungen
Da Notare bei Beurkundungen immer verschiedene personenbezogene Daten (Daten zur Person und zur Kontaktaufnahme sowie je nach Art des beurkundeten Rechtsgeschäfts Daten zur familiären Situation, zu Vermögenswerten, zum Gesundheitszustand etc.) ihrer Mandanten oder der von ihren Mandanten beauftragten Dritten verarbeiten, wurde jede Akte auf Dokumente mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten überprüft. Mehrere Akten, die Dokumente mit personenbezogenen Daten enthielten, die nach § 10 des Sächsischen Archivgesetzes schutzwürdig sind, wurden daher von der Bearbeiterin für die Benutzung gesperrt.
5. Relevanz
Der Bestand liefert für die mitteldeutsche Familienforschung umfangreiches Material. Klienten von Osman Täschner sind über die in den Urkundenrollen und Geschäftsregister enthaltenen alphabetischen Verzeichnisse recherchierbar. Die in dem Bestand erhaltenen Rechtsakte und Informationen können auch für sozialwissenschaftliche, regionalgeschichtliche und alltagsgeschichtliche Fragestellungen von Relevanz sein.
6. Zitierempfehlung und Bestellvorschrift
Der Bestand ist wie folgt zu bestellen und zu zitieren:
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden (nachfolgend SächsStA-D), 13047 Notar Osman Täschner, Freiberg, Nr. 1.
7. Quellen und Literatur
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839-842, 845 und 1969-1984.
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 1107 und 6421.
Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40095 VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg samt Vorgängerbetrieben und Nachfolgern, Nr. 1-4083.
Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40035 Oberhüttenamt, Nr. 1380, 1403, 1408, 1410, 1742, 1820, 1821 und 2400.
Rechtsanwälte ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER, Historisches, https://www.anwalt-freiberg.de/historisches.html (Zugriff am 21. Juli 2021).
Konstantin HERMANN: Constantin Täschner. In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
Rico MURCHNER: Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
Hans Christian SCHÜLER, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961, Frankfurt am Main 2000 (=Rechtshistorische Reihe, 221).
Rainer STAHLSCHMIDT, Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege, Düsseldorf 1999 (=Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Fragen der Bewertung und Archivierung von Massenakten der Justiz in Deutschland; Der Archivar, Beiheft 2).
8. Abkürzungen
a. D. I----I außer Dienst
Bl. I----I Blatt
bzw. I----I beziehungsweise
ebd. I----I ebenda
etc. I----I et cetera
e. V. I----I eingetragener Verein
hrsg. I----I herausgegeben
Nr. I----I Nummer
NSDAP I----I Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
S. I----I Seite
SED I----I Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
UK I----I Unabkömmlichstellung
UR I----I Urkundenrolle
VEB I----I Volkseigener Betrieb
vgl. I----I vergleiche
z. T. I----I zum Teil
[01] Siehe hierzu und im Folgenden Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
[02] Vgl. zur Person Constantin Täschner weiterführend Konstantin HERMANN, Constantin Täschner, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
[03] Vgl. den undatierten Meldebogen von Osman Täschner, in: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden (nachfolgend SächsStA-D), 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839, hier Bl. 160.
[04] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 219.
[05] Vgl. Personalakte Osman Täschner, in: SächsStA-D, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 6421, hier Bl. 1.
[06] Vgl. ebd. hier Bl. 2.
[07] Vgl. ebd. hier Bl. 13.
[08] Vgl. das Schreiben von Justizinspektor Schubert (Amtsgericht Freiberg) an den Chemnitzer Notar Dr. Regler vom 26. Juli 1945, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 840, hier Bl. 188.
[09] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtspräsidenten an den Oberlandesgerichtspräsidenten vom 9. März 1943, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839, hier Bl. 155.
[10] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 230.
[11] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtsdirektors an die Landesverwaltung Sachsen, Justiz vom 25. Oktober 1945, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 845, hier Bl. 40.
[12] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 224.
[13] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtspräsidenten an die Landesregierung Sachsen, Ministerium der Justiz vom 5. August 1949, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 842, hier Bl. 30.
[14] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 223.
[15] Vgl. Hans Christian SCHÜLER, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961, Frankfurt am Main 2000 (=Rechtshistorische Reihe, 221), hier S. 41.
[16] Im Privatarchiv der Rechtsanwaltskanzlei ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER in Freiberg sind den Informationen von Rico Murchner zufolge weitere Dokumente zur Tätigkeit von Osman Täschner als Rechtsanwalt und Privatperson erhalten geblieben. Vgl. Rechtsanwälte ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER, Historisches, https://www.anwalt-freiberg.de/historisches.html (Zugriff am 21. Juli 2021).
[17] Vgl. SächsStA-D, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 1107; SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 1969-1984; Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40095 VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg samt Vorgängerbetrieben und Nachfolgern, Nr. 1-4083; sowie Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40035 Oberhüttenamt, Nr. 1380, 1403, 1408, 1410, 1742, 1820, 1821 und 2400.
[18] Vgl. auch Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 224f.
[19] Vgl. Rainer STAHLSCHMIDT, Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege, Düsseldorf 1999 (=Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Fragen der Bewertung und Archivierung von Massenakten der Justiz in Deutschland; Der Archivar, Beiheft 2), hier S. 16.
[20] Vgl. den Entwurf des Revisionsberichts des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 12. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, hier Bl. 21-22; sowie den Revisionsbericht des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 13. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, hier Bl. 23-24.
[21] Revisionsbericht des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 13. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, Bl. 23-24, hier Bl. 23.
1.1. Privatperson
Der am 9. April 1878 geborene Anwaltsnotar Osman Täschner stammt aus einer generationenübergreifenden Freiberger Juristenfamilie [01].
Sein Vater Eugen Alexis Täschner (1842-1901) schloss 1871 sein Studium der Rechtswissenschaften ab. Nach seiner Ernennung zum "Advocaten" am 2. Januar 1872 übernahm er zunächst vertretungsweise Aufgaben an den Gerichtsämtern Sayda und Chemnitz, bevor er seine eigene Kanzlei in Freiberg, der Heimatstadt seiner Frau Helene Johanna Täschner geb. Braunsdorf, eröffnete. Mit seiner Frau bekam Eugen Alexis Täschner insgesamt fünf Kinder, vier Söhne und eine Tochter. Von diesen nahm neben Osman, dem jüngsten Sohn, auch der erstgeborene Sohn Constantin Täschner (1873-1925) eine juristische Ausbildung auf [02].
Osman Täschner, der sich privat für altes Berg- und Wasserrecht interessierte, schloss sein Studium der Rechtswissenschaften am 20. Februar 1908 mit der zweiten juristischen Staatsprüfung ab [03]. Nach seinem Examen kehrte er in seinen Geburtsort zurück und begann als Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Bruders Constantin zu praktizieren. Osman Täschner wurde während des Ersten Weltkriegs zum Militärdienst eingezogen und kehrte nach Kriegsende körperlich unversehrt heim [04]. Am 28. Februar 1923 wurde Osman Täschner gemäß der Vorschriften des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1900 zum Notar ernannt [05]. Am 8. März 1923 folgte die offizielle Vereidigung Täschners im Amtsgericht Freiberg [06]. Noch im selben Jahr eröffnete er seine eigene Praxis in der Bahnhofsstraße 28a in Freiberg, wo er als Rechtsanwalt und Notar seine Dienste anbot. Am 6. September 1934 legte Osman Täschner den Führereid ab [07]. Die Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer anderen, parteinahen Einrichtung ist nicht nachweisbar [08]. Osman Täschner war während des Zweiten Weltkriegs und auch nach Kriegsende 1945 durchgängig als Notar tätig. Am 9. März 1943 wurde er vom Freiberger Landgerichtspräsidenten von der Liste der als unentbehrlich vorzuschlagenden Rechtsanwälte und Notare im Landesgerichtsbezirk Freiberg gestrichen [09]. Osman Täschner gelang es jedoch, erfolgreich Widerspruch einzulegen [10]. Bis Kriegsende blieb er wohl als "unabkömmlich" (UK) eingestuft. Auch der Fliegerangriff auf Freiberg am 7. Oktober 1944 hatte keine großen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit Täschners: Mit einer zweiwöchigen Verzögerung ging das Alltagsgeschäft wie gewohnt weiter. Die mit der Erschließung einhergehende Durchsicht des Bestandes liefert keinen Hinweis darauf, dass Osman Täschner in seiner Funktion als Notar bei der Enteignung, Liquidation oder Arisierung jüdischen Vermögens beteiligt war. Der gebürtige Freiberger gehörte zu den ersten sieben Notaren, die im Landesgerichtsbezirk Freiberg nach dem Zweiten Weltkrieg offiziell wieder zugelassen wurden [11]. Im Juli 1945 plante die Sowjetische Militäradministration den Forschungen von Rico Murchner zufolge Osman Täschner die Mitgliedschaft in der beratenden Versammlung des Stadtkreises Freiberg anzutragen [12]. Der Anwaltsnotar lehnte diese Mitgliedschaft jedoch ab und führte als Argument seine hohe Arbeitsbelastung auf. Tatsächlich lässt sich, wie in Abschnitt 3.1 ausgeführt, nach 1945 eine deutliche Zunahme der von Täschner getätigten notariellen Beglaubigungen beobachten. Im Jahr 1949 war der Anwaltsnotar zudem über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinweg der einzige praktizierende Notar in Freiberg [13]. Osman Täschner, der laut Murchner nie in die SED eintrat, erhielt in seiner Kanzlei Unterstützung durch seinen Neffen Alexis, dem Sohn seines Bruders Ferdinand [14].
Der im Ruhrgebiet aufgewachsene Alexis Taeschner (1913-1999), der die von seinem Vater, einem Mitglied der Dortmunder Freimaurerloge, eingeführte latinisierte Schreibweise des Familiennamens Täschner führte, hatte im Jahr 1935 seine erste juristische Staatsprüfung abgelegt und war kurz darauf nach Freiberg gezogen, um in der Familienkanzlei praktische Erfahrungen zu sammeln. Nachdem er im Jahr 1939 auch die zweite juristische Staatsprüfung bestanden hatte, vertrat Alexis Taeschner seinen Onkel Osman Täschner in den nachfolgenden Jahren regelmäßig als dessen Stellvertreter, weswegen sich in dem Bestand zwischen 1939 und 1954 viele Urkunden wiederfinden, die von Alexis Taeschner beglaubigt wurden, obwohl dieser selbst kein Notar war. Osman Täschners Tätigkeit als Notar endete mit seinem Tod am 29. Januar 1954.
1.2. Anwaltsnotar
Mit Paragraph 7 der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 wurde im Deutschen Reich das Nurnotariat eingeführt, um die Verpflichtung der amtlich bestellten Notare zur Neutralität zu gewährleisten. Das heißt, dass es zum Notar bestellten Juristen fortan untersagt war, neben ihrer Notartätigkeit die parteilichen Interessen von Auftraggebern als Rechtsanwälte zu vertreten. Bereits tätige Anwaltsnotare wie Osman Täschner waren von diesem Verbot nicht betroffen: Dank einer Übergangsregelung durften sie weiter als Rechtsanwälte und Notare praktizieren [15]. Auch wenn Täschners Haupttätigkeit in den 1930er- bis 1950er-Jahren wohl auf seiner Notartätigkeit lag, trat der gebürtige Freiberger gelegentlich auch als Rechtsanwalt in Erscheinung. Dieses Tätigkeitsfeld bildet der Bestand 13047 nicht ab [16]. Im Sächsischen Staatsarchiv haben sich jedoch Unterlagen zu einem besonderen Rechtsstreit erhalten, in welchem der Freiberger Jurist als Rechtsanwalt agierte: Zwischen den Jahren 1932 und 1942 vertrat Osman Täschner den Imkerverein für Freiberg und Umgebung in einem Prozess, den der Imkerverein gegen das Land Sachsen angestrengt hatte [17]. Anlass für die Schadensersatzklage war ein massives Bienensterben, dass die Mitglieder des Imkervereins auf die arsenhaltigen Abgase der staatlichen Hüttenwerke Muldenhütten und Halsbrücke zurückführten [18]. Knapp zehn Jahre nach Prozessbeginn konnten Osman Täschner und der Freiberger Imkerverein den Rechtsstreit, der durch mehrere Instanzen ging und zu den ersten großen Umweltprozessen in Deutschland zählen dürfte, gewinnen.
2. Bestandsgeschichte
Im Jahr 1988 bot das Kreisgericht Freiberg die Akten dieses Bestandes dem Staatsarchiv Karl-Marx-Stadt an. Im Jahr 2001 kamen das damalige Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden und das Staatsarchiv Chemnitz überein, dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden den Bestand 13047 Notar Osman Täschner, Freiberg zu übergeben. Hauptargument für diese Übergabe bildete die Tatsache, dass der Großteil des Bestandes in die Zeit fällt, als die Amtshauptmannschaft Freiberg bestand. Dieser Verwaltungsbezirk im Königreich Sachsen und im späteren Freistaat Sachsen wurde 1874 gegründet und existierte bis 1952, wenngleich er 1939 in Landkreis Freiberg umbenannt wurde. Die Amtshauptmannschaft Freiberg unterstand wiederum der Kreishauptmannschaft Dresden. Für die Kreishauptmannschaft Dresden und ihre Rechtsnachfolger ist auch heute noch die Abteilung Hauptstaatsarchiv Dresden des Sächsischen Staatsarchivs zuständig. Nach der Übergabe wurde der Bestand am 7. November 2001 vorläufig revisioniert. Im Jahr 2021 wurde der Bestand im Zuge der Erschließung um 10 Akten aus dem Bestand 11052 Amtsgericht Freiberg erweitert, die eindeutig als zur Notariatstätigkeit von Osman Täschner zugehörig zu identifizieren waren. Diese Akten sind wahrscheinlich im Jahr 1988 direkt dem damaligen Staatsarchiv Dresden angeboten worden. Die Erschließung erfolgte durch Franziska Rohloff. Das Findbuch wurde 2021 erstellt.
3. Bestandsanalyse
3.1. Allgemeine Beobachtungen
Die von Osman Täschner getätigten Beurkundungen machen den Großteil des Bestandes aus. Die Bandbreite seiner notariellen Dienstleistungen umfassten Unterschriftsbeglaubigungen, die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen, Vertragsabwicklungen, Kreditgeschäfte, gesellschaftsrechtliche Vorgänge, Nachlass- und Erbangelegenheiten und familienrechtliche Vereinbarungen. Insgesamt kann man beobachten, dass die Anzahl der von Täschner beurkundeten Rechtsakte über die Jahre stark anstieg. In den Nachkriegsjahren lässt sich ein besonders starkes Wachstum feststellen. Die im Vergleich zu den Vorkriegsjahren erhöhte Arbeitsbelastung Täschners in den Nachkriegsjahren erklärt sich dadurch, dass in der sowjetischen Besatzungszone Zulassungen von freien Notaren stark begrenzt waren. Speziell im Landkreis Freiberg (ab 1952 Kreis Freiberg) gab es eine verhältnismäßig geringe Notardichte.
Bei der Bearbeitung des Bestandes erwies sich, dass einige Urkundensammlungen oftmals einzelne Dokumente enthielten, die über die Zeit der Bestellung Osman Täschners als Notar hinausgingen. Dieser Umstand erklärt sich vor allem dadurch, dass verschiedene Gläubiger von den notariellen Urkunden, in denen sich ihre Schuldner der Zwangsvollstreckung unterworfen haben, vollstreckbare Ausfertigung anforderten, damit sie eine Zwangsvollstreckung in die Wege leiten konnten. Nach dem Tod von Osman Täschner hat diese vollstreckbaren Ausfertigungen entweder Alexis Taeschner oder das 1952 im Rahmen der Neugliederung der Gerichte neu gebildete Kreisgericht Freiberg erteilt. Vermutlich zu Dokumentationszwecken wurde der entsprechende Schriftverkehr anschließend bei den Originalurkunden abgelegt. Weiter nahm Osman Täschner andere, bereits bestehende Rechtsakte, auf die er bei der Erstellung von Urkunden hinwies, oftmals in Form von beglaubigten Auszügen oder Abschriften zum Vorgang (z. B. Erbscheine, Vollmachten, Bestallungen etc.).
Ferner ist festzuhalten, dass Osman Täschners Auftraggeber überwiegend aus der Stadt Freiberg oder dem Verwaltungsbezirk der Amtshauptmannschaft Freiberg (ab 1939 Landkreis Freiberg) bzw. ab 1952 dem (Nachfolge-)Kreis Freiberg stammten. Der Anwaltnotar betreute aber auch Mandanten aus dem ganzen Freistaat und darüber hinaus. Neben Privatpersonen zählten auch einige Unternehmen zu seinen Mandanten.
Innerhalb des Bestandes lässt sich zudem im Kleinen die zunehmende Vereinheitlichung des Notariatsrechts in Deutschland im 20. Jahrhundert aufzeigen. Das Notariatsrecht war lange durch eine regional und lokal sehr unterschiedliche Praxis gekennzeichnet. Während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik gab es Bestrebungen, diese bisweilen großen Unterschiede zu beheben. Doch erst mit dem Erlass der Reichsnotarordnung vom 1. Juli 1937 konnte ein erhöhter Harmonisierungsgrad erreicht werden. Verpflichtend wurde die Ordnung der beim Notar verwahrten Originalurkunden nach einem chronologischen, fortlaufend nummerierten Verzeichnis eingeführt, der sogenannten Urkundenrolle. Die Originalurkunden waren nach der Nummer der Urkundenrolle geordnet in einer Urkundensammlung aufzubewahren und zwar ohne den zugehörigen Schriftwechsel mit den Beteiligten oder den Behörden. Dieser zugehörige Schriftwechsel war wiederum in Bei- oder Sammelakten gesondert abzulegen und unterlag anders als Urkundenrolle und Urkundensammlung nicht der zeitlich unbegrenzten Aufbewahrungspflicht. Auch Osman Täschner legte ab dem 1. Januar 1938 Urkundenrollen und Urkundesammlungen an. Zuvor hatte er mit Geschäftsregistern gearbeitet und sogenannte Notariatsakten angelegt, in denen die Originalurkunden inklusive des zugehörigen Schriftwechsels mit den Beteiligten und den Behörden nach Geschäftsregisternummern, aber nicht notwendigerweise nach chronologischer Reihenfolge, abgelegt waren.
Neben den Geschäftsregistern und Notariatsakten bzw. Urkundensammlungen und Urkundenrollen hat sich im Bestand ein Verwahrungsbuch und insgesamt zwei Massenbücher erhalten, in denen Osman Täschner die ihm anvertrauten Verwahrungsmassen dokumentierte. Anders als in den beiden Massebüchern finden sich im Verwahrungsbuch mehrere Einträge wieder, die erst nach dem Tod des Anwaltsnotars verfasst wurden. Bei- oder Sammelakten haben sich nicht erhalten. Insgesamt neun Protestregister wurden gemäß der Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege zur Kassation freigegeben [19].
3.2. Stellvertreter und Stellvertretungen
Bei längerer Abwesenheit oder Verhinderung musste und muss ein Notar noch heute seiner Aufsichtsbehörde seine Fehlzeit anzeigen. Auf Antrag des Notars konnte und kann die Aufsichtsbehörde für diese Fehlzeit einen (ständigen) Vertreter bestellen. Auch Osman Täschner wurde während seiner Amtszeit mehrfach von Kollegen vertreten. Ab dem Jahr 1939 wurde Osman Täschner ausschließlich durch seinen Neffen und späteren Kanzleipartner Alexis Taeschner vertreten.
3.3. Arbeitsweise
Im Mai 1948 überprüfte der Bezirksrevisor Demski im Auftrag des Landgerichtspräsidenten in Freiberg die Amtsführung von Osman Täschner in einer routinemäßigen Revision [20]. Auf dem Prüfstand standen insbesondere die Verzeichnisse und Bücher des Anwaltsnotars sowie die Kostenrechnungen und Abrechnungen über Gebühren etc. Dem Bericht von Demski zufolge entsprach die Führung der Verzeichnisse und Bücher den damals gültigen Vorschriften, wenngleich der Bezirksrevisor einige kleine Mängel aufzeigte. So sei die Urkundenrolle "z. T. sehr unübersichtlich geführt" [21].
4. Benutzungsbeschränkungen
Da Notare bei Beurkundungen immer verschiedene personenbezogene Daten (Daten zur Person und zur Kontaktaufnahme sowie je nach Art des beurkundeten Rechtsgeschäfts Daten zur familiären Situation, zu Vermögenswerten, zum Gesundheitszustand etc.) ihrer Mandanten oder der von ihren Mandanten beauftragten Dritten verarbeiten, wurde jede Akte auf Dokumente mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten überprüft. Mehrere Akten, die Dokumente mit personenbezogenen Daten enthielten, die nach § 10 des Sächsischen Archivgesetzes schutzwürdig sind, wurden daher von der Bearbeiterin für die Benutzung gesperrt.
5. Relevanz
Der Bestand liefert für die mitteldeutsche Familienforschung umfangreiches Material. Klienten von Osman Täschner sind über die in den Urkundenrollen und Geschäftsregister enthaltenen alphabetischen Verzeichnisse recherchierbar. Die in dem Bestand erhaltenen Rechtsakte und Informationen können auch für sozialwissenschaftliche, regionalgeschichtliche und alltagsgeschichtliche Fragestellungen von Relevanz sein.
6. Zitierempfehlung und Bestellvorschrift
Der Bestand ist wie folgt zu bestellen und zu zitieren:
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden (nachfolgend SächsStA-D), 13047 Notar Osman Täschner, Freiberg, Nr. 1.
7. Quellen und Literatur
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839-842, 845 und 1969-1984.
Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 1107 und 6421.
Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40095 VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg samt Vorgängerbetrieben und Nachfolgern, Nr. 1-4083.
Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40035 Oberhüttenamt, Nr. 1380, 1403, 1408, 1410, 1742, 1820, 1821 und 2400.
Rechtsanwälte ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER, Historisches, https://www.anwalt-freiberg.de/historisches.html (Zugriff am 21. Juli 2021).
Konstantin HERMANN: Constantin Täschner. In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
Rico MURCHNER: Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
Hans Christian SCHÜLER, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961, Frankfurt am Main 2000 (=Rechtshistorische Reihe, 221).
Rainer STAHLSCHMIDT, Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege, Düsseldorf 1999 (=Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Fragen der Bewertung und Archivierung von Massenakten der Justiz in Deutschland; Der Archivar, Beiheft 2).
8. Abkürzungen
a. D. I----I außer Dienst
Bl. I----I Blatt
bzw. I----I beziehungsweise
ebd. I----I ebenda
etc. I----I et cetera
e. V. I----I eingetragener Verein
hrsg. I----I herausgegeben
Nr. I----I Nummer
NSDAP I----I Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
S. I----I Seite
SED I----I Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
UK I----I Unabkömmlichstellung
UR I----I Urkundenrolle
VEB I----I Volkseigener Betrieb
vgl. I----I vergleiche
z. T. I----I zum Teil
[01] Siehe hierzu und im Folgenden Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
[02] Vgl. zur Person Constantin Täschner weiterführend Konstantin HERMANN, Constantin Täschner, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
[03] Vgl. den undatierten Meldebogen von Osman Täschner, in: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden (nachfolgend SächsStA-D), 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839, hier Bl. 160.
[04] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 219.
[05] Vgl. Personalakte Osman Täschner, in: SächsStA-D, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 6421, hier Bl. 1.
[06] Vgl. ebd. hier Bl. 2.
[07] Vgl. ebd. hier Bl. 13.
[08] Vgl. das Schreiben von Justizinspektor Schubert (Amtsgericht Freiberg) an den Chemnitzer Notar Dr. Regler vom 26. Juli 1945, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 840, hier Bl. 188.
[09] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtspräsidenten an den Oberlandesgerichtspräsidenten vom 9. März 1943, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 839, hier Bl. 155.
[10] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 230.
[11] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtsdirektors an die Landesverwaltung Sachsen, Justiz vom 25. Oktober 1945, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 845, hier Bl. 40.
[12] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 224.
[13] Vgl. das Schreiben des Freiberger Landgerichtspräsidenten an die Landesregierung Sachsen, Ministerium der Justiz vom 5. August 1949, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 842, hier Bl. 30.
[14] Vgl. Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 223.
[15] Vgl. Hans Christian SCHÜLER, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961, Frankfurt am Main 2000 (=Rechtshistorische Reihe, 221), hier S. 41.
[16] Im Privatarchiv der Rechtsanwaltskanzlei ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER in Freiberg sind den Informationen von Rico Murchner zufolge weitere Dokumente zur Tätigkeit von Osman Täschner als Rechtsanwalt und Privatperson erhalten geblieben. Vgl. Rechtsanwälte ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER, Historisches, https://www.anwalt-freiberg.de/historisches.html (Zugriff am 21. Juli 2021).
[17] Vgl. SächsStA-D, 11052 Amtsgericht Freiberg, Nr. 1107; SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 1969-1984; Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40095 VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg samt Vorgängerbetrieben und Nachfolgern, Nr. 1-4083; sowie Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg, 40035 Oberhüttenamt, Nr. 1380, 1403, 1408, 1410, 1742, 1820, 1821 und 2400.
[18] Vgl. auch Rico MURCHNER, Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, hier S. 224f.
[19] Vgl. Rainer STAHLSCHMIDT, Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege, Düsseldorf 1999 (=Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Fragen der Bewertung und Archivierung von Massenakten der Justiz in Deutschland; Der Archivar, Beiheft 2), hier S. 16.
[20] Vgl. den Entwurf des Revisionsberichts des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 12. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, hier Bl. 21-22; sowie den Revisionsbericht des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 13. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, hier Bl. 23-24.
[21] Revisionsbericht des Bezirksrevisors Demski, datiert auf den 13. Mai 1948, in: SächsStA-D, 11031 Landgericht Freiberg, Nr. 841, Bl. 23-24, hier Bl. 23.
Rechtsanwälte ECKERT, HÄNIG, SITZ und TAESCHNER, Historisches, https://www.anwalt-freiberg.de/historisches.html (Zugriff am 21. Juli 2021).
Konstantin HERMANN: Constantin Täschner. In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
Rico MURCHNER: Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
Konstantin HERMANN: Constantin Täschner. In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V, Online-Ausgabe: https://saebi.isgv.de/biografie/Constantin_T%C3%A4schner_(1873-1925) (Zugriff am 19. Juli 2021).
Rico MURCHNER: Die Geschichte der Rechtsanwaltskanzlei Täschner zu Freiberg, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 109/110 (2016), S. 211-250.
Angaben siehe 2.3.4.4 Notariate
- 2021 | Findbuch/Datenbank
- 2024-10-29 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5