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Beständeübersicht

Bestand

13864 Sperrsignalbau-Gesellschaft Winger & Co, Zweigwerk Waltersdorf

Datierung1938 - 1947
Benutzung im Hauptstaatsarchiv Dresden
Umfang (nur lfm)0,44
1. Einleitung
1.1 Geschichte des Zweigwerks
Die Berliner Sperrsignalbaugesellschaft Winger & Co. betrieb in Waltersdorf im Kreis Zittau in der sächsischen Oberlausitz spätestens seit dem Frühjahr 1943 ein Zweigwerk zur Rüstungsfertigung in den enteigneten Räumen der Frottierweberei Stolle & Stürmer, der Weberei Seidel & Co. sowie der mechanischen Weberei Karl Riedel. Der Obermeister und Leiter des Gesamtbetriebs des Zweigwerkes Waltersdorf war Wilhelm Hofmann. Nach seinem Tod am 3. Dezember 1944 wurde Frau Leu seine Nachfolgerin, die noch bis Mai 1949 die Betriebsleitung innehatte. Als technischer Bearbeiter der Firma wirkte Dr. Kurt Freitag.

Zwischen 1943 und 1945 waren im Werk fast ausschließlich Frauen und ausländische Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter beschäftigt. Für die Zwangsarbeiter war das Gemeinschaftslager "Mühle" in der Nähe des Zweigwerkes eingerichtet worden. Zudem befand sich in werksnähe eine neu geschaffene Entbindungsanstalt für ausländische Arbeiterinnen. Produziert wurde vornehmlich Sicherungsmaterial wie Sicherungskästen, Sicherungen oder Stromschienen, zum Teil voraussichtlich auch für die Kriegsmarine. Um den Betrieb während des Krieges überhaupt aufrechterhalten zu dürfen, mussten Firmen ihre Bedeutung für die Rüstungsindustrie nachweisen und ihre Produktion diesem Zweck verschreiben. Das Zweigwerk Waltersdorf war als kriegswichtiger Betrieb bewertet worden und erhielt eine entsprechende Dringlichkeitseinstufung mit der Kennung SS 4930. Unter Zurückstellung aller anderen Arbeiten war man gezwungen, sich vollständig auf die Produktion für das Rüstungsnotprogramm zu fokussieren. Dennoch bereitete die zufriedenstellende Versorgung mit knappen Ressourcen, Bauteilen und Maschinen erhebliche Schwierigkeiten. Bei Bestellungen musste eidesstattlich versichert werden, dass etwa die bestellte Maschine ausschließlich zur Produktion für das Notprogramm eingesetzt werde. Dennoch zogen sich die Bestellungen in der Regel lange, teilweise über Jahre hin, aufgrund anderer vorrangiger Kriegsaufträge mit einer höheren Dringlichkeitsstufe. Das Beispiel der Bestellung einer Punktschweißmaschine verdeutlicht diese Problematik. Schon Anfang Januar 1944 wurde diese zur Produktion für das Notprogramm beantragt, Preisangebote verglichen, eine Lieferbestätigung erteilt. Vor allem die Verhandlungen um die Dringlichkeitseinstufung, die zwischenzeitlich aufgrund eines unzureichend ausgefüllten Antrages einen Rückschlag erlitten, führten dazu, dass die Bestellung bis über das Ende des Krieges hinaus nicht abgeschlossen werden konnte. Abholbereit war die Maschine erst im November 1945. Ähnlich verliefen auch andere Bestellvorgänge. Trotz der anhaltenden Probleme bei der Maschinenbeschaffung war man gezwungen, sich an die Erfüllung der Vorgaben zur Bewältigung der Lieferprogramme zu halten.

Nach Kriegsende musste die Firma aufgrund eines nicht näher benannten Vertrages Waltersdorf verlassen und zog nach Großschönau in die Hauptstraße 71 um. Alle Maschinen, Werkzeuge, Gepäck usw. mussten im Laufe von mehreren Wochen mit etwa 190 Pferdefuhrwerken nach Großschönau transportiert werden. Zufolge der Betriebsstammkarte vom 21. August 1947 mietete man vor Ort die im Jahr 1930 gegründeten Gebäude und Fertigungsräume mit einer Gesamtfläche von 2280 m³. Die größten Hallen waren 427 m lang, 11 m breit und 3,9 m hoch. Die Gesamtfläche verteilte sich auf Fertigungsräume mit insgesamt 1500 m³, Büroräume mit 80 m³ sowie Lagerräume mit 700 m³.

Durch einen Volksentscheid in Sachsen wurde die Firma am 30. Juni 1946 enteignet und in Volkseigentum überführt. Der Beschluss zur entschädigungslosen Enteignung zu Gunsten des Bundeslandes Sachsen war bereits am 29. April des Jahres erfolgt, worüber ein entsprechendes Enteignungsprotokoll Auskunft gibt. Als Gründe für die Entscheidung wurde festgehalten, dass es sich bei der Firma einerseits um einen verlagerten Rüstungsbetrieb handelte, der elektrische Geräte für U-Boote fabriziert habe, andererseits, dass drei Inhaber der Firma Mitglieder der NSDAP sowie "Kriegsinteressenten und Kriegsgewinnler" gewesen seien. Der bereits erwähnten Betriebsstammkarte von 1947 ist ferner zu entnehmen, dass keine Demontage des Betriebes stattfand und auch keine Kriegsbeschädigung zu verzeichnen gewesen sei.

Nach der Enteignung stand die zukünftige Verwendung der Firma für einige Zeit zur Debatte. Eigene Konzepte der Firmenleitung standen hier Interessen – etwa der Deutschen Zentralverwaltung für Industrie – gegenüber, die bemüht waren, die Firma nach Berlin zurückzuverlegen. In dieser Übergangsphase war die Firma nicht in der Lage die in großer Zahl vorhandenen Halbfertigprodukte wie Stahldraht, Lötzinn, Silber, Blankschrauben, Nieten, Schwachstromkondensatoren, Sicherungen und Isolierungsschläuche für ihren eigentlichen Zweck, der Herstellung von Installationsmaterial und Fernsprechanlagen, zu verwerten. Als Notlösung produzierte man elektrische Koch- und Heizöfen, Steckdosen, Tischlampen, Lampenständer und dergleichen. Die Arbeiten reichten jedoch nicht aus, um die Unkosten decken zu können. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Fabrik im Standort Großschönau über Revolverdrehbänke, Bohrmaschinen, Gewindeherstellmaschinen, eine Hobel- und Stoßmaschine, Schweißmaschinen, Spulenwickelmaschinen, Pressen und Stanzen, Biege- und Richtmaschinen, Schleifmaschinen, Sägemaschinen und Fräsmaschinen. Verwaltet wurde der Betrieb Winger & Co. zunächst durch die Industrieverwaltung 13-Maschinenbau mit Sitz in Görlitz, bis diese Anfang Oktober 1946 den Antrag stellte, die Firma in die Industrieverwaltung 20-Elektrotechnik in Dresden eingliedern zu lassen. Bald darauf erfolgte die Verlagerung von Großschönau nach Sörnewitz. Der VEB Fernmeldewerk Sörnewitz wurde schließlich um 1950 von der Vereinigung Volkseigener Betriebe Radio- und Fernmeldetechnik (VVB RFT) Leipzig liquidiert und nach Arnstadt verlagert. Bei der Abwicklung kam es 1951 zu Unklarheiten über den Verbleib von Maschinen des Hauptsitzes der Firma in Berlin – mittlerweile VEB RFT Krone & Co., Berlin – die sich nach der Enteignung von Winger & Co. beim VEB Fernmeldetechnik Sörnewitz befunden haben.

1.2 Bestandsgeschichte, -inhalt und -bearbeitung
Der Bestand 13864 Sperrsignalbau-Gesellschaft Winger & Co., Zweigwerk Waltersdorf wurde am 14. April 2014 vom Staatsarchiv Leipzig an das Hauptstaatsarchiv Dresden übergeben und umfasst 23 AE über insgesamt 0,4 lfm. Die Akten wurden in säurefreien Archivkartons verpackt. Weitere Arbeiten am Bestand sind nicht bekannt. Eine Nummerierung der Akten oder ein Abgabeverzeichnis waren nicht vorhanden. Für etwa die Hälfte der Unterlagen des Bestandes ließ sich eine alphabetische Sortierung der Dokumente nach Firmen- und Personennamen oder Institutionen feststellen. Die übrigen Akten wurden nach inhaltlichen Schwerpunkten sortiert. Der Großteil der Unterlagen beschränkt sich dabei inhaltlich insgesamt auf die Anschaffung von Maschinen und Bauteilen sowie Angelegenheiten des Personals, auch der ausländischen Zwangsarbeiter. Konkrete Hinweise auf oder eine ausführliche Beschreibung der Produktion der Fabrik konnten im Bestand nicht ermittelt werden. Die Vergabe der Aktensignaturen, die Erschließung sowie die Einpflege in das Archivprogramm Augias-Archiv erfolgte im September 2016 im Rahmen eines Praktikums. Aufgrund des geringen Bestandsumfanges wurde keine Klassifikation vorgenommen.

1.3 Verweise auf andere Bestände
11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern, Nr. 4923, Nr. 4281.

11384 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Wirtschaft, Nr. 1984, Nr. 1989.

11503 Industrie- und Handelskammer Zittau, Nr. 331.
Die Berliner Sperrsignalbau-Gesellschaft Winger & Co betrieb in Waltersdorf ab 1942 ein Zweigwerk. Durch den Volksentscheid in Sachsen am 30.06.1946 wurde die Firma enteignet und in Volkseigentum überführt. Der Betrieb produzierte vor 1945 elektrische Geräte für U-Boote und nach der Enteignung Installationsmaterial sowie Fernsprechanlagen. Innerhalb von kurzer Zeit erfolgte die Verlagerung des Betriebes von Waltersdorf über Großschönau nach Sörnewitz. Der VEB RFT Fernmeldewerk Sörnewitz wurde um 1950 von der VVB RFT Leipzig liquidiert.
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