Beständeübersicht
Bestand
20009 Amt Leipzig
Datierung | 1514 - 1856 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 173,30 |
Geschichte der Ämterorganisation
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der adlige Amtmann wurde durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine klare Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf.
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neugegründeten fünf Kreise, denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die Älteren Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn.
Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter.
Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über.
Geschichte des Amtes Leipzig
Zuständigkeit und Amtssitz
Erstmals schriftlich erwähnt wurde die Leipziger Vogtei, genauer der Stadtvogt, im Stadtbrief Leipzigs (um 1165, aufgezeichnet Anfang 12. Jh.). Die Stadtgemeinde fiel 1263 aus der Gerichtsbarkeit des Vogtes. Daraus ergibt sich schon zu diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit des späteren Amtes für den die Stadt umgebenden Landbezirk. Trotzdem blieb der Amts- und Wohnsitz des Vogtes/Amtmanns bis in das 16. Jh. die Pleißenburg.
Die Amtsadministration verließ im Zuge von Bauarbeiten die 1547 weitgehend zerstörte Pleißenburg und bezog 1555 für kurze Zeit ein Haus in der Burgstraße. 1559 wurde das Eckhaus Thomaskirchhof/Klostergasse Amtshaus. Die Gebäudeverwaltung für die Pleißenburg verblieb jedoch weiterhin beim Amt. 1697 hatte das Amtshaus 26 Stuben und 27 Kammern, in denen die Verwaltung, aber auch Wohnräume untergebracht waren. Daneben verfügte man im 17. Jahrhundert über den Landhof, ein Wirtschaftsgebäude mit Pferdeställen in der Burgstraße, das später nach außerhalb ("Alter Amtshof") verlegt wurde, das Forsthaus im Rosental, bis dieser Wald 1663 vom Rat der Stadt erworben wurde, das Posthaus, das 1654 am Thomastor errichtet worden war, und über die Amtsziegelscheune als Baubetrieb. Für die Flößerei gab es den Floßhof im Süden vor der Stadt an der Pleiße gelegen, der 1608 an den Floßgraben übersiedelte.
Amtspersonal und Amtsorganisation
An der Spitze des Amtes stand der Amtmann. Er war kein landesherrlicher Beamter, sondern übernahm als Angehöriger des im Amtsbezirk ansässigen Adels diese Funktion nebenamtlich. Er war damit Repräsentant sowohl des Landesherrn wie auch der Stände. Vertreter namhafter Adelsfamilien waren als Amtmann im Amt Leipzig tätig z. B. aus den Familien von Carlowitz, von Könneritz, von Ponickau, von Arnim, von Schleinitz, von Watzdorf, von Bünau, Sahrer von Sahr und von Hohenthal. Dagegen war der eigentliche Beamtenapparat, an dessen Spitze der Schösser (Geleitsmann) stand bürgerlicher Herkunft. Seit der Kreiseinteilung von 1547 war der Amtmann zugleich die Zwischeninstanz für die dem Kreis zugeordneten nordwestsächsischen Amtsbezirke. Es kommen für ihn mehrere Bezeichnungen vor: Amtshauptmann, Kreishauptmann, auch Oberhauptmann. In jedem Falle leitete der Leipziger Kreishauptmann vor allem das Leipziger Amt, hatte also beide Funktionen in Personalunion inne. Die Position des Leipziger Amtmanns war in der Regierungszeit von Kurfürst August in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht durchgehend besetzt. Stattdessen nahm der bürgerliche Schösser die Leitung des Amtes wahr.
Um 1700 ist folgende Personalausstattung des Amtes Leipzig (zeitgenössisch als Kreisamt bezeichnet) nachweisbar:
- Amtmann bzw. Amtshauptmann, Kreishauptmann
- Amtsschösser bzw. Amtmann: leitender Beamter, zuständig insbesondere für die innere Verwaltung und die Finanzen
- Amtsschreiber bzw. Amtsrentverwalter
- Zweiter Amtsschreiber (actuarius)
- weitere Unterschreiber (bisweilen nur gelegentlich tätig)
- Amtslandrichter (seit 17. Jh.)
- Landknecht (Gerichtsfron)
- Amtsförster (bis 1663)
- Postbesteller (nach 1570)
- Floßschreiber (nach 1580)
- Kornschreiber (ab Mitte d. 16. Jh.)
- Weinmeister (bis Mitte des 17. Jh.)
- Geleitsmann (urspr. Amtsschösser, entfällt während der Verpachtung des Geleits)
- Akziseeinnehmer (seit Ende d. 17. Jh.)
- Quatemberkassierer (seit 1699)
- Imposteinnehmer (Stempelsteuer, seit um 1700)
Nebenamtlich beim Amt:
- Amtsbarbier (seit 1683)
- Amts- und Landphysicus (seit 1708)
- Kunstmeister (Wasserleitung, um 1700)
- Bettmeisterei (seit der 1. Hälfte des 17. Jh. in der Hand der Frau des Schössers für die Unterbringung des Hofes)
- Knechte für die Pferde u. a. Personal.
Es ist damit zu rechnen, dass sich die Funktionen und die Organisationsstruktur des Amtes im 18. Jahrhundert, insbesondere während des Retablissements nach 1763 erheblich weiterentwickelt haben.
Frühzeitig ist eine doppelte Unterstellung des Amtspersonals zu beobachten. So waren z. B. der Akziseeinnehmer, Quatemberkassierer und Imposteinnehmer sowohl dem Amtsmann als auch der fürstlichen Rentkammer unterstellt (s. Staatskalender).
Der Titel eines Kreis- oder Amtshauptmanns wurde auch "ohne ordentliche Dienstleistung", ehrenhalber, vergeben. Ernannte Amtshauptleute konnten Funktionen beim Hof in Dresden ausüben und die Leitung des Amtes nebenher wahrnehmen.
Amtsbezirk
Im Lehnbuch Friedrichs des Strengen von 1349/50 fand das Amt Leipzig unter der Bezeichnung "districtur Lipzcik" Erwähnung. Aufgrund der enthaltenen Ortsangaben mit den entsprechenden Belehnungen ist seine territoriale Gestalt weitgehend erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt war es eines von 21 Ämtern in der Markgrafschaft Meißen und umfasste in Zukunft einen der größten Amtsbezirke im Leipziger Kreis. Es deckte sich im Wesentlichen mit der Grenze des heutigen Landkreises. Gegen Ende, um 1790, verlief die Grenze des Amtes im Norden am Rand der Fluren von Podelwitz und Gottscheina, im Nordosten wurde sie von den amtseigenen Dörfern Dewitz und Sehlis, danach von Gerichshain, nach dem Süden zu von Wolfshain und Großpösna gebildet, im Süden von Espenhain und Deuben, während Zwenkau schon nicht mehr zum Leipziger Amtsbezirk zählte. Im Westen reichte das Amt bis Lausen, Schleußig und Möckern, während Leutzsch, Wahren und Wiederitzsch schon zum Schkeuditzer Amt gehörten. Im Nordteil existierte eine kleine Exklave des Amtes Delitzsch im Leipziger Amtsgebiet, umgekehrt hatte das Amt Leipzig im Westen eine um Altranstädt im Amtsgebiet von Lützen.
1827 umfasste das Amt Leipzig fünf Städte und 134 Dörfer mit 56500 Einwohnern.
Zur Grundherrschaft des Amtes gehörten lediglich drei Dörfer des Amtsbezirkes: Dewitz, Engelsdorf und Sehlis. Hinzu kamen einige Fluren wie die Petzscher Mark. Das waren zusammen etwa 75 Hofstellen mit über 100 Hufen. Bis 1516 gehörten Gerichshain, einige Grundstücke in Baalsdorf und weitere Orte dazu. Alles andere waren adlige Grundherrschaften, von denen ca. 17 dem Amt unterstellt, also amtssässig waren, während über 20 direkt dem Landesherrn untergeordnet und demzufolge schriftsässig waren. Diesen rd. 40 Grundherrschaften gehörten zahlreiche Dörfer, darunter einige außerhalb des Amtes. Die drei kleinen Städte Taucha (wurde 1569 vom Leipziger Rat erworben), Rötha und Liebertwolkwitz waren grundherrschaftliche Städte. Ihre Bürger legten den Untertaneneid ab und standen dadurch ebensowenig in einem direkten Verhältnis zum Amt wie fast alle Dörfer. Zu den schriftsässigen Grundherren zählten die Stadt Leipzig und die Universität mit ihren Ende des 17. Jahrhunderts zusammen fast 20 Dörfern. Im Leipziger Amtsbezirk gab es nur in geringem Umfang landesherrlichen Grundbesitz, so fiel z. B. landwirtschaftlicher Frondienst für die Bauern der Amtsdörfer auf landesherrlichen Vorwerken weg. Dagegen wurden zahlreiche Dienste für den wettinische Hof eingefordert, wenn er sich, v. a. zu Messezeiten, in Leipzig aufhielt. Diese umfassten Hofleistungs-, Jagd- und Fuhrdienste, Stellung von Dienstpersonal und Pferden, sowie Baufronen für das Amt.
Zum direkten Amtsbesitz in Leipzig selbst gehörten die Pleißenburg und einige landesherrliche Freihäuser.
Aufgaben
Im Justizbereich verfügte das Amt über einen größeren Wirkungskreis. Seine Gerichtsbarkeit erstreckte sich im 16. Jahrhundert auf 61 Orte, 7 Vorwerke und 12 Wüstungen, d. h. auf mehr als 1/3 des Amtsbezirkes. Ein Teil dieser Gerichtsbarkeit wurde allerdings zugunsten der landesherrlichen Kasse verpachtet.
Grundsätzlich wurde zwischen der Gerichtsbarkeit im Dorf, in der Flur und auf den Straßen, sowie zwischen Nieder- und Obergerichtsbarkeit unterschieden. Einheitlich lag nur die Gerichtsbarkeit über die Straßen beim Amt.
Um 1700 hatte das Amt die Gerichtsbarkeit in 15 1/2 Dörfern, 5 Vorwerken und 4 wüsten Marken auszuüben. Der überwiegende Teil der Gerichtsbarkeit lag somit eindeutig in den Händen der Rittergutsbesitzer. Volle Gerichtsbarkeit hatte das Amt nur in den Amtsdörfern, seinem unmittelbaren Besitz. Im 18./19. Jahrhundert dehnte sich jedoch zumindest der notarielle, zivilrechtliche Geschäftsbereich des Amtes (Erwerb von Grundbesitz; Nachlassregelung) erheblich aus.
Das Amt Leipzig hatte außerdem militärische Aufgaben wahrzunehmen. Im 16. Jahrhundert war es für das Heerfahrtsaufgebot verantwortlich, d. h. es hatte für den Landesfürsten eine Anzahl Fußknechte zu stellen: 74 Fußknechte aus 54 Gemeinden. Für den Transport von Gerät und Proviant waren drei Kriegswagen auszurüsten. Nach der Einführung des Defensionswerks 1613 waren 102 "Defensioner" ("Landesverteidiger") zu stellen. Sie wurden in den Dörfern ausgelost und ausgerüstet. Nach 1663 verringerte sich ihre Zahl auf rund 30. Mit der Errichtung des stehenden Heeres unter August des Starken erlosch diese Aushebungsfunktion des Amtes.
Die Steuern (Landesabgaben) wurden Anfang des 18. Jahrhunderts vom Amt Leipzig direkt nur von den drei Amtsdörfern eingezogen, aber es war die übergeordnete Steuerbehörde für die amtssässigen Grundherrschaften. Zuletzt waren auch die Schriftsassen, außer Leipzig, der Steuerverwaltung des Amtes unterstellt. In der Nähe einer Handelsstadt wie Leipzig spielte das Geleit, d.h. die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit auf den Straßen, eine bedeutende Rolle. Das betraf einerseits die dafür zu entrichtenden Gebühren (Geleitgeld) und natürlich den Straßenbau.
Durch Inkrafttreten des o. g. Gesetzes vom 11. August 1855 wurde das Justizamt Leipzig aufgelöst, die zuständigen Behörden wurden 1856 die Gerichtsämter Leipzig I und II. Das Rentamt Leipzig bestand dagegen noch bis 1865, dann gab es seine Aufgaben an die Bauverwalterei in Leipzig ab.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Schriftliche Überlieferung des Amtes setzt kaum vor dem 15. Jh. ein. Zunächst dominieren Amtsbuchserien, die vereinzelt Ende des 15. Jahrhunderts einsetzen und in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts stark zunehmen. Akten sind allgemein seit Beginn des 17. Jh. überliefert. Mindestens seit dem 16. Jahrhundert ist eine Registratur mit einer inneren Ordnung und Registraturhilfsmitteln zu erwarten, die der Sekretär (actuarius) betreute.
An den im Bestand überlieferten Repertorien ist die Aufeinanderfolge von drei Registraturschichten zu erkennen. 1541/43 wurde die Registratur offenbar neu geordnet. Eine zweite Registraturschicht ist ab 1657 durch ein Repertorium vertreten. Die letzte Registraturphase beginnt 1753 und reicht bis zur Auflösung des Amtes. Der Aktenplan für diesen Zeitraum beinhaltet 16 Hauptgruppen, wobei die Gruppen I - X 1753 einsetzen, die Gruppen XI - XVI auch älteres Schriftgut erfassen. Insgesamt ist mit mindestens 11.000 Akteneinheiten zu rechnen. Durch offensichtlich enthaltene Bandreihen dürfte die Aktenzahl in der Amtsregistratur aber eher mit 15.000 anzusetzen sein. Das gilt überwiegend für das letzte Jahrhundert, das in seiner Schriftlichkeit mit Abstand am intensivsten gewesen ist. Der entsprechende Aktenplan ist folgendermaßen gegliedert:
Repertorium I-X (1753 – 1856) (vereinfacht mit Angabe der Akteneinheiten):
Repertorium XI-XVI (z. T. 16. Jh. – 1856, älteste Registraturschichten auswahlweise):
zusammen: XI-XVI ca. 3.000 AE
Unter der Voraussetzung, dass die 16 Hauptgruppen die gesamte laufende Aktenregistratur umfassen, würde man für alle drei Jahrhunderte einschließlich der Geschäftsbuchreihen die Amtsregistratur auf 25.000 Bände schätzen können, von denen rund 6.000 als Archivbestand überliefert sind.
Bei der Auflösung des Justizamtes 1856 gelangten die Akten an die Gerichtsämter Leipzig I und II und später an die Amtshauptmannschaft Leipzig und die Amtsgerichte. Dort wurden die Akten unter rein verwaltungsmäßig/juristischen Aspekten verwahrt. Da auf diese Weise ihre Bedeutung rasch abzunehmen schien, wurden in den folgenden Jahrzehnten große Teile der Überlieferung ohne Rücksicht auf den historischen Wert kassiert. Verwahrt wurden dagegen weiterhin rechtserhebliche Dokumente mit Beweiswert. Zusammen mit den Amtshauptmannschafts- und Amtsgerichtsbeständen gelangten sie z. T. über das Hauptstaatsarchiv Dresden, z. T. aus dem Kreisgericht in mehreren Übernahmen ins Staatsarchiv Leipzig. Weiterhin wurden in den 60er Jahren die so genannten Kreisamtstestamente aus dem Stadtarchiv Leipzig an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben.
Der Bestand Amt Leipzig wurde erst in den 60er Jahren formiert. Die Bestandsbildung wurde durch Abgrenzung aus dem Archivgut der o. g. Nachfolgeinstitutionen vorgenommen. Ein Findhilfsmittel lag demzufolge nicht vor.
Um 1967 begann die Verzeichnung der Unterlagen des neuen Bestandes. Sie erfolgte meist durch einfache Übertragung des originalen Aktentitels auf die Karteikarte. Es entstand eine handschriftliche Findkartei ohne innere Ordnung, so dass sich die Recherchen sehr aufwendig gestalteten. Eine weitere Bearbeitung des Bestandes mit dem Ziel seiner besseren Auswertbarkeit und der Schaffung effektiver Recherchemöglichkeiten war notwendig.
Die Neubearbeitung wurde seit 1980 in mehreren Arbeitsschritten vorgenommen: Die Kartei wurde zunächst alphabetisch nach Ortsnamen geordnet und danach das Ortsregister angelegt.
Anschließend wurden die Personennamen erfasst und ein entsprechendes Register erstellt. Der dritte Arbeitsschritt umfasste die abschließende Gliederung und Reihung der Kartei. Da kein Ordnungsmodell vorlag, wurde eine neue Klassifikation entwickelt. Sie orientierte sich an den Funktionen des Amtes, der vorliegenden Überlieferung und den Archivgutarten (Amtsbuchserien). Im Anschluss wurde eine Redaktion der Verzeichnungsangaben vorgenommen. Da die Verzeichnung deutliche Mängel, z. B. bei Titelbildung und Datierung aufwies und für rund fünfzig Akteneinheiten keine Karteikarten vorhanden waren, musste teilweise neu verzeichnet werden. Nachfolgend wurden Anlagen, Literaturverzeichnis und Einleitung erarbeitet und die Titelaufnahmen in der entsprechenden Ordnung von der Kartei in das maschinenschriftliche Findbuch übertragen. Das 1983 erstellte Findbuch umfasste drei Bände Titelaufnahmen und einen Registerband mit Orts-, Personen- und Handwerksregister. Die numerische Folge innerhalb der Kartei wurde wiederhergestellt, um bei von Orts- und Personenregister ausgehenden Recherchen als numerisches Register dienen zu können. Die Spezialkartei zu den Testamenten blieb in ihrer Registerfunktion erhalten. Gänzlich unverändert blieb die (ordnungsunabhängige) Signierung der Lagerungseinheiten.
Eine Ergänzung des vorliegenden Bestandes erfolgte zwischen 2001 und 2005 sowie 2008. Die Unterlagen, die 2001 - 2005 in den Bestand Amt Leipzig eingearbeitet wurden, waren ursprünglich anderen Beständen des Staatsarchivs Leipzig zugeordnet. Sie wurden im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Bestandsgruppe Gerichtsämter geprüft und provenienzgerecht dem Bestand Amt Leipzig angegliedert. Die meisten Akten entstammen dem Bestand Amtsgericht Leipzig. Weiterhin wurden Unterlagen aus der Bestandsgruppe Rittergüter und aus dem Bestand Propsteigericht Leipzig eingearbeitet. 2007 kamen weitere Amtsakten aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden in das Staatsarchiv Leipzig und wurden 2008 provenienzgerecht in den Bestand eingearbeitet.
2008 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1983 in das Verzeichnungsprogramm Augias 7.4 und die Zusammenführung mit den Datensätzen des Nachtrags von 2001 – 2008.
Überlieferungsschwerpunkte
Einen besonderen Überlieferungsschwerpunkt bilden die Amtsbuchserien, die sich u. a. aus Protokoll-, Erb- und Lehnbüchern, Grund- und Hypothekenbüchern zusammensetzen.
Bei den Ortschaften sind vor allem die Unterlagen zu den drei Amtsdörfern Dewitz, Engelsdorf, Sehlis in großem Umfang überliefert. Akten zur Stadt Leipzig, die wie oben erwähnt aus der Zuständigkeit des Amtes ausgeklammert war, sind ebenfalls zahlreich vorhanden (das Ortsregister enthält fast zwei Seiten Signaturen zu Leipzig). Zu beachten ist, das Klagesachen in verschiedenen Klassifikationsgruppen in größerem Umfang überliefert sind.
Verweise auf korrespondierende Bestände
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20096 Gerichtsamt Leipzig I
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20099 Gerichtsamt Markranstädt
20107 Gerichtsamt Rötha
20109 Gerichtsamt Taucha
20178 Landbauamt Leipzig
22136 Bauverwalterei Leipzig
Katrin Heil
März 2009
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der adlige Amtmann wurde durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine klare Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf.
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neugegründeten fünf Kreise, denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die Älteren Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn.
Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter.
Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über.
Geschichte des Amtes Leipzig
Zuständigkeit und Amtssitz
Erstmals schriftlich erwähnt wurde die Leipziger Vogtei, genauer der Stadtvogt, im Stadtbrief Leipzigs (um 1165, aufgezeichnet Anfang 12. Jh.). Die Stadtgemeinde fiel 1263 aus der Gerichtsbarkeit des Vogtes. Daraus ergibt sich schon zu diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit des späteren Amtes für den die Stadt umgebenden Landbezirk. Trotzdem blieb der Amts- und Wohnsitz des Vogtes/Amtmanns bis in das 16. Jh. die Pleißenburg.
Die Amtsadministration verließ im Zuge von Bauarbeiten die 1547 weitgehend zerstörte Pleißenburg und bezog 1555 für kurze Zeit ein Haus in der Burgstraße. 1559 wurde das Eckhaus Thomaskirchhof/Klostergasse Amtshaus. Die Gebäudeverwaltung für die Pleißenburg verblieb jedoch weiterhin beim Amt. 1697 hatte das Amtshaus 26 Stuben und 27 Kammern, in denen die Verwaltung, aber auch Wohnräume untergebracht waren. Daneben verfügte man im 17. Jahrhundert über den Landhof, ein Wirtschaftsgebäude mit Pferdeställen in der Burgstraße, das später nach außerhalb ("Alter Amtshof") verlegt wurde, das Forsthaus im Rosental, bis dieser Wald 1663 vom Rat der Stadt erworben wurde, das Posthaus, das 1654 am Thomastor errichtet worden war, und über die Amtsziegelscheune als Baubetrieb. Für die Flößerei gab es den Floßhof im Süden vor der Stadt an der Pleiße gelegen, der 1608 an den Floßgraben übersiedelte.
Amtspersonal und Amtsorganisation
An der Spitze des Amtes stand der Amtmann. Er war kein landesherrlicher Beamter, sondern übernahm als Angehöriger des im Amtsbezirk ansässigen Adels diese Funktion nebenamtlich. Er war damit Repräsentant sowohl des Landesherrn wie auch der Stände. Vertreter namhafter Adelsfamilien waren als Amtmann im Amt Leipzig tätig z. B. aus den Familien von Carlowitz, von Könneritz, von Ponickau, von Arnim, von Schleinitz, von Watzdorf, von Bünau, Sahrer von Sahr und von Hohenthal. Dagegen war der eigentliche Beamtenapparat, an dessen Spitze der Schösser (Geleitsmann) stand bürgerlicher Herkunft. Seit der Kreiseinteilung von 1547 war der Amtmann zugleich die Zwischeninstanz für die dem Kreis zugeordneten nordwestsächsischen Amtsbezirke. Es kommen für ihn mehrere Bezeichnungen vor: Amtshauptmann, Kreishauptmann, auch Oberhauptmann. In jedem Falle leitete der Leipziger Kreishauptmann vor allem das Leipziger Amt, hatte also beide Funktionen in Personalunion inne. Die Position des Leipziger Amtmanns war in der Regierungszeit von Kurfürst August in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht durchgehend besetzt. Stattdessen nahm der bürgerliche Schösser die Leitung des Amtes wahr.
Um 1700 ist folgende Personalausstattung des Amtes Leipzig (zeitgenössisch als Kreisamt bezeichnet) nachweisbar:
- Amtmann bzw. Amtshauptmann, Kreishauptmann
- Amtsschösser bzw. Amtmann: leitender Beamter, zuständig insbesondere für die innere Verwaltung und die Finanzen
- Amtsschreiber bzw. Amtsrentverwalter
- Zweiter Amtsschreiber (actuarius)
- weitere Unterschreiber (bisweilen nur gelegentlich tätig)
- Amtslandrichter (seit 17. Jh.)
- Landknecht (Gerichtsfron)
- Amtsförster (bis 1663)
- Postbesteller (nach 1570)
- Floßschreiber (nach 1580)
- Kornschreiber (ab Mitte d. 16. Jh.)
- Weinmeister (bis Mitte des 17. Jh.)
- Geleitsmann (urspr. Amtsschösser, entfällt während der Verpachtung des Geleits)
- Akziseeinnehmer (seit Ende d. 17. Jh.)
- Quatemberkassierer (seit 1699)
- Imposteinnehmer (Stempelsteuer, seit um 1700)
Nebenamtlich beim Amt:
- Amtsbarbier (seit 1683)
- Amts- und Landphysicus (seit 1708)
- Kunstmeister (Wasserleitung, um 1700)
- Bettmeisterei (seit der 1. Hälfte des 17. Jh. in der Hand der Frau des Schössers für die Unterbringung des Hofes)
- Knechte für die Pferde u. a. Personal.
Es ist damit zu rechnen, dass sich die Funktionen und die Organisationsstruktur des Amtes im 18. Jahrhundert, insbesondere während des Retablissements nach 1763 erheblich weiterentwickelt haben.
Frühzeitig ist eine doppelte Unterstellung des Amtspersonals zu beobachten. So waren z. B. der Akziseeinnehmer, Quatemberkassierer und Imposteinnehmer sowohl dem Amtsmann als auch der fürstlichen Rentkammer unterstellt (s. Staatskalender).
Der Titel eines Kreis- oder Amtshauptmanns wurde auch "ohne ordentliche Dienstleistung", ehrenhalber, vergeben. Ernannte Amtshauptleute konnten Funktionen beim Hof in Dresden ausüben und die Leitung des Amtes nebenher wahrnehmen.
Amtsbezirk
Im Lehnbuch Friedrichs des Strengen von 1349/50 fand das Amt Leipzig unter der Bezeichnung "districtur Lipzcik" Erwähnung. Aufgrund der enthaltenen Ortsangaben mit den entsprechenden Belehnungen ist seine territoriale Gestalt weitgehend erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt war es eines von 21 Ämtern in der Markgrafschaft Meißen und umfasste in Zukunft einen der größten Amtsbezirke im Leipziger Kreis. Es deckte sich im Wesentlichen mit der Grenze des heutigen Landkreises. Gegen Ende, um 1790, verlief die Grenze des Amtes im Norden am Rand der Fluren von Podelwitz und Gottscheina, im Nordosten wurde sie von den amtseigenen Dörfern Dewitz und Sehlis, danach von Gerichshain, nach dem Süden zu von Wolfshain und Großpösna gebildet, im Süden von Espenhain und Deuben, während Zwenkau schon nicht mehr zum Leipziger Amtsbezirk zählte. Im Westen reichte das Amt bis Lausen, Schleußig und Möckern, während Leutzsch, Wahren und Wiederitzsch schon zum Schkeuditzer Amt gehörten. Im Nordteil existierte eine kleine Exklave des Amtes Delitzsch im Leipziger Amtsgebiet, umgekehrt hatte das Amt Leipzig im Westen eine um Altranstädt im Amtsgebiet von Lützen.
1827 umfasste das Amt Leipzig fünf Städte und 134 Dörfer mit 56500 Einwohnern.
Zur Grundherrschaft des Amtes gehörten lediglich drei Dörfer des Amtsbezirkes: Dewitz, Engelsdorf und Sehlis. Hinzu kamen einige Fluren wie die Petzscher Mark. Das waren zusammen etwa 75 Hofstellen mit über 100 Hufen. Bis 1516 gehörten Gerichshain, einige Grundstücke in Baalsdorf und weitere Orte dazu. Alles andere waren adlige Grundherrschaften, von denen ca. 17 dem Amt unterstellt, also amtssässig waren, während über 20 direkt dem Landesherrn untergeordnet und demzufolge schriftsässig waren. Diesen rd. 40 Grundherrschaften gehörten zahlreiche Dörfer, darunter einige außerhalb des Amtes. Die drei kleinen Städte Taucha (wurde 1569 vom Leipziger Rat erworben), Rötha und Liebertwolkwitz waren grundherrschaftliche Städte. Ihre Bürger legten den Untertaneneid ab und standen dadurch ebensowenig in einem direkten Verhältnis zum Amt wie fast alle Dörfer. Zu den schriftsässigen Grundherren zählten die Stadt Leipzig und die Universität mit ihren Ende des 17. Jahrhunderts zusammen fast 20 Dörfern. Im Leipziger Amtsbezirk gab es nur in geringem Umfang landesherrlichen Grundbesitz, so fiel z. B. landwirtschaftlicher Frondienst für die Bauern der Amtsdörfer auf landesherrlichen Vorwerken weg. Dagegen wurden zahlreiche Dienste für den wettinische Hof eingefordert, wenn er sich, v. a. zu Messezeiten, in Leipzig aufhielt. Diese umfassten Hofleistungs-, Jagd- und Fuhrdienste, Stellung von Dienstpersonal und Pferden, sowie Baufronen für das Amt.
Zum direkten Amtsbesitz in Leipzig selbst gehörten die Pleißenburg und einige landesherrliche Freihäuser.
Aufgaben
Im Justizbereich verfügte das Amt über einen größeren Wirkungskreis. Seine Gerichtsbarkeit erstreckte sich im 16. Jahrhundert auf 61 Orte, 7 Vorwerke und 12 Wüstungen, d. h. auf mehr als 1/3 des Amtsbezirkes. Ein Teil dieser Gerichtsbarkeit wurde allerdings zugunsten der landesherrlichen Kasse verpachtet.
Grundsätzlich wurde zwischen der Gerichtsbarkeit im Dorf, in der Flur und auf den Straßen, sowie zwischen Nieder- und Obergerichtsbarkeit unterschieden. Einheitlich lag nur die Gerichtsbarkeit über die Straßen beim Amt.
Um 1700 hatte das Amt die Gerichtsbarkeit in 15 1/2 Dörfern, 5 Vorwerken und 4 wüsten Marken auszuüben. Der überwiegende Teil der Gerichtsbarkeit lag somit eindeutig in den Händen der Rittergutsbesitzer. Volle Gerichtsbarkeit hatte das Amt nur in den Amtsdörfern, seinem unmittelbaren Besitz. Im 18./19. Jahrhundert dehnte sich jedoch zumindest der notarielle, zivilrechtliche Geschäftsbereich des Amtes (Erwerb von Grundbesitz; Nachlassregelung) erheblich aus.
Das Amt Leipzig hatte außerdem militärische Aufgaben wahrzunehmen. Im 16. Jahrhundert war es für das Heerfahrtsaufgebot verantwortlich, d. h. es hatte für den Landesfürsten eine Anzahl Fußknechte zu stellen: 74 Fußknechte aus 54 Gemeinden. Für den Transport von Gerät und Proviant waren drei Kriegswagen auszurüsten. Nach der Einführung des Defensionswerks 1613 waren 102 "Defensioner" ("Landesverteidiger") zu stellen. Sie wurden in den Dörfern ausgelost und ausgerüstet. Nach 1663 verringerte sich ihre Zahl auf rund 30. Mit der Errichtung des stehenden Heeres unter August des Starken erlosch diese Aushebungsfunktion des Amtes.
Die Steuern (Landesabgaben) wurden Anfang des 18. Jahrhunderts vom Amt Leipzig direkt nur von den drei Amtsdörfern eingezogen, aber es war die übergeordnete Steuerbehörde für die amtssässigen Grundherrschaften. Zuletzt waren auch die Schriftsassen, außer Leipzig, der Steuerverwaltung des Amtes unterstellt. In der Nähe einer Handelsstadt wie Leipzig spielte das Geleit, d.h. die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit auf den Straßen, eine bedeutende Rolle. Das betraf einerseits die dafür zu entrichtenden Gebühren (Geleitgeld) und natürlich den Straßenbau.
Durch Inkrafttreten des o. g. Gesetzes vom 11. August 1855 wurde das Justizamt Leipzig aufgelöst, die zuständigen Behörden wurden 1856 die Gerichtsämter Leipzig I und II. Das Rentamt Leipzig bestand dagegen noch bis 1865, dann gab es seine Aufgaben an die Bauverwalterei in Leipzig ab.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Schriftliche Überlieferung des Amtes setzt kaum vor dem 15. Jh. ein. Zunächst dominieren Amtsbuchserien, die vereinzelt Ende des 15. Jahrhunderts einsetzen und in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts stark zunehmen. Akten sind allgemein seit Beginn des 17. Jh. überliefert. Mindestens seit dem 16. Jahrhundert ist eine Registratur mit einer inneren Ordnung und Registraturhilfsmitteln zu erwarten, die der Sekretär (actuarius) betreute.
An den im Bestand überlieferten Repertorien ist die Aufeinanderfolge von drei Registraturschichten zu erkennen. 1541/43 wurde die Registratur offenbar neu geordnet. Eine zweite Registraturschicht ist ab 1657 durch ein Repertorium vertreten. Die letzte Registraturphase beginnt 1753 und reicht bis zur Auflösung des Amtes. Der Aktenplan für diesen Zeitraum beinhaltet 16 Hauptgruppen, wobei die Gruppen I - X 1753 einsetzen, die Gruppen XI - XVI auch älteres Schriftgut erfassen. Insgesamt ist mit mindestens 11.000 Akteneinheiten zu rechnen. Durch offensichtlich enthaltene Bandreihen dürfte die Aktenzahl in der Amtsregistratur aber eher mit 15.000 anzusetzen sein. Das gilt überwiegend für das letzte Jahrhundert, das in seiner Schriftlichkeit mit Abstand am intensivsten gewesen ist. Der entsprechende Aktenplan ist folgendermaßen gegliedert:
Repertorium I-X (1753 – 1856) (vereinfacht mit Angabe der Akteneinheiten):
Repertorium XI-XVI (z. T. 16. Jh. – 1856, älteste Registraturschichten auswahlweise):
zusammen: XI-XVI ca. 3.000 AE
Unter der Voraussetzung, dass die 16 Hauptgruppen die gesamte laufende Aktenregistratur umfassen, würde man für alle drei Jahrhunderte einschließlich der Geschäftsbuchreihen die Amtsregistratur auf 25.000 Bände schätzen können, von denen rund 6.000 als Archivbestand überliefert sind.
Bei der Auflösung des Justizamtes 1856 gelangten die Akten an die Gerichtsämter Leipzig I und II und später an die Amtshauptmannschaft Leipzig und die Amtsgerichte. Dort wurden die Akten unter rein verwaltungsmäßig/juristischen Aspekten verwahrt. Da auf diese Weise ihre Bedeutung rasch abzunehmen schien, wurden in den folgenden Jahrzehnten große Teile der Überlieferung ohne Rücksicht auf den historischen Wert kassiert. Verwahrt wurden dagegen weiterhin rechtserhebliche Dokumente mit Beweiswert. Zusammen mit den Amtshauptmannschafts- und Amtsgerichtsbeständen gelangten sie z. T. über das Hauptstaatsarchiv Dresden, z. T. aus dem Kreisgericht in mehreren Übernahmen ins Staatsarchiv Leipzig. Weiterhin wurden in den 60er Jahren die so genannten Kreisamtstestamente aus dem Stadtarchiv Leipzig an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben.
Der Bestand Amt Leipzig wurde erst in den 60er Jahren formiert. Die Bestandsbildung wurde durch Abgrenzung aus dem Archivgut der o. g. Nachfolgeinstitutionen vorgenommen. Ein Findhilfsmittel lag demzufolge nicht vor.
Um 1967 begann die Verzeichnung der Unterlagen des neuen Bestandes. Sie erfolgte meist durch einfache Übertragung des originalen Aktentitels auf die Karteikarte. Es entstand eine handschriftliche Findkartei ohne innere Ordnung, so dass sich die Recherchen sehr aufwendig gestalteten. Eine weitere Bearbeitung des Bestandes mit dem Ziel seiner besseren Auswertbarkeit und der Schaffung effektiver Recherchemöglichkeiten war notwendig.
Die Neubearbeitung wurde seit 1980 in mehreren Arbeitsschritten vorgenommen: Die Kartei wurde zunächst alphabetisch nach Ortsnamen geordnet und danach das Ortsregister angelegt.
Anschließend wurden die Personennamen erfasst und ein entsprechendes Register erstellt. Der dritte Arbeitsschritt umfasste die abschließende Gliederung und Reihung der Kartei. Da kein Ordnungsmodell vorlag, wurde eine neue Klassifikation entwickelt. Sie orientierte sich an den Funktionen des Amtes, der vorliegenden Überlieferung und den Archivgutarten (Amtsbuchserien). Im Anschluss wurde eine Redaktion der Verzeichnungsangaben vorgenommen. Da die Verzeichnung deutliche Mängel, z. B. bei Titelbildung und Datierung aufwies und für rund fünfzig Akteneinheiten keine Karteikarten vorhanden waren, musste teilweise neu verzeichnet werden. Nachfolgend wurden Anlagen, Literaturverzeichnis und Einleitung erarbeitet und die Titelaufnahmen in der entsprechenden Ordnung von der Kartei in das maschinenschriftliche Findbuch übertragen. Das 1983 erstellte Findbuch umfasste drei Bände Titelaufnahmen und einen Registerband mit Orts-, Personen- und Handwerksregister. Die numerische Folge innerhalb der Kartei wurde wiederhergestellt, um bei von Orts- und Personenregister ausgehenden Recherchen als numerisches Register dienen zu können. Die Spezialkartei zu den Testamenten blieb in ihrer Registerfunktion erhalten. Gänzlich unverändert blieb die (ordnungsunabhängige) Signierung der Lagerungseinheiten.
Eine Ergänzung des vorliegenden Bestandes erfolgte zwischen 2001 und 2005 sowie 2008. Die Unterlagen, die 2001 - 2005 in den Bestand Amt Leipzig eingearbeitet wurden, waren ursprünglich anderen Beständen des Staatsarchivs Leipzig zugeordnet. Sie wurden im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Bestandsgruppe Gerichtsämter geprüft und provenienzgerecht dem Bestand Amt Leipzig angegliedert. Die meisten Akten entstammen dem Bestand Amtsgericht Leipzig. Weiterhin wurden Unterlagen aus der Bestandsgruppe Rittergüter und aus dem Bestand Propsteigericht Leipzig eingearbeitet. 2007 kamen weitere Amtsakten aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden in das Staatsarchiv Leipzig und wurden 2008 provenienzgerecht in den Bestand eingearbeitet.
2008 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1983 in das Verzeichnungsprogramm Augias 7.4 und die Zusammenführung mit den Datensätzen des Nachtrags von 2001 – 2008.
Überlieferungsschwerpunkte
Einen besonderen Überlieferungsschwerpunkt bilden die Amtsbuchserien, die sich u. a. aus Protokoll-, Erb- und Lehnbüchern, Grund- und Hypothekenbüchern zusammensetzen.
Bei den Ortschaften sind vor allem die Unterlagen zu den drei Amtsdörfern Dewitz, Engelsdorf, Sehlis in großem Umfang überliefert. Akten zur Stadt Leipzig, die wie oben erwähnt aus der Zuständigkeit des Amtes ausgeklammert war, sind ebenfalls zahlreich vorhanden (das Ortsregister enthält fast zwei Seiten Signaturen zu Leipzig). Zu beachten ist, das Klagesachen in verschiedenen Klassifikationsgruppen in größerem Umfang überliefert sind.
Verweise auf korrespondierende Bestände
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20096 Gerichtsamt Leipzig I
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20099 Gerichtsamt Markranstädt
20107 Gerichtsamt Rötha
20109 Gerichtsamt Taucha
20178 Landbauamt Leipzig
22136 Bauverwalterei Leipzig
Katrin Heil
März 2009
Haustein, W., Das Amt Leipzig vom 16. Jh. bis zum Anfang des 18. Jh., phil. Diss., Leipzig 1925.
Amtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lehnsangelegenheiten.- Ablösungen.- Lokalverwaltung.
Im 14. Jahrhundert etablierte sich das territorial umfangreiche Amt Leipzig als beständige lokale Verwaltungsbehörde. Das Amtsgebiet lag im Pleißenland und grenzte nach 1815 im Norden an preußisches Staatsterritorium. Das Amt mit Sitz in Leipzig umfasste 1827 fünf Städte und 134 Dörfer mit 56.500 Einwohnern und wurde zeitgenössisch auch als Kreisamt bezeichnet. Das Kreisamt wurde im Zuge der Neuordnung der Justiz- und Verwaltungsbehörden 1856 aufgelöst, seine Aufgaben übernahmen die Gerichtsämter Leipzig I und II. Das Rentamt war noch bis 1865 tätig, dann gab es seine Aufgaben an die Bauverwalterei in Leipzig ab.
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