Beständeübersicht
Bestand
20012 Amt Mügeln mit Sornzig
Datierung | 1522 - 1856 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 30,10 |
Geschichte der Ämterorganisation
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]
Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.
Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.
Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]
Geschichte des Amtes Mügeln mit Sornzig
Das Gebiet um Mügeln gehörte seit Mitte des 13. Jh. zum Hochstift Meißen. Dieses wurde 1581 säkularisiert und 1595 entstand das Amt Mügeln. Das Justizamt Mügeln bildete mit dem Klosteramt Sornzig und dem Stiftsamt Wurzen bis 1818 das Kollegiatstift Wurzen. [06]
Das Amt Sornzig verwaltete den ursprünglich zum 1241 gegründeten Kloster Marienthal gehörigen Besitz. Nach der Säkularisierung des Klosters wurde das seit 1485 im albertinischen Teil Sachsens liegende Amt 1540 Bestandteil des Schulamtes Meißen. 1570 tauschte Kurfürst August es mit dem letzten Bischof von Meißen, Johann IX., gegen das Amt Mühlberg. Das Amt Sornzig blieb bis 1595 im Besitz des Bischofs. [07] 1666 – 1761 befand sich das Gebiet als Gutsherrschaft im Besitz der Familie von Burkersroda. Diese vererbte es dem Josephinenstift Dresden. 1770 fungierte Sornzig wieder als Amt und wurde häufig mit dem Amt Mügeln in Personalunion verwaltet. Nach der Auflösung des Stiftsamts Wurzen im Jahr 1818 wurden die Ämter Mügeln und Sornzig dauerhaft vereint.
Eine verwaltungstechnische Besonderheit innerhalb des Amtsterritoriums stellte die Vogtei Schrebitz dar. Markgraf Heinrich der Erlauchte schenkte die Vogtei dem 1268 gegründeten Kloster Seußlitz. Nach dessen Säkularisierung wurde das Territorium dem Schulamt Meißen zugewiesen. Ein Gerichtsvogt erhob vor Ort die Zinsen und Steuern, die dem Unterhalt der Fürstenschule Sankt Afra in Meißen dienten. Außerdem registrierte er Käufe, Kontrakte und Rügen. [08] Die Vogtei Schrebitz gelangte erst 1835 in die Zuständigkeit des Amtes Mügeln.
Das Amt Mügeln mit Sornzig grenzte an die Ämter Meißen, Leisnig, Grimma, Mutzschen und Oschatz. Der Amtssitz befand sich im Schloss Ruhetal in Mügeln. 1827 lebten die 3023 Einwohner des Amtes Mügeln in der Stadt Mügeln und 17 Dörfern. Hinzu kamen noch 1154 Einwohner des ehemaligen Klosteramtes Sornzig, die in 14 Dörfern lebten. [09]
Nachfolgebehörden des aufgelösten Justizamtes Mügeln wurden 1856 die Gerichtsämter Mügeln und Oschatz. Das mittlerweile für die genannten Gerichtsamtsbezirke zuständige Rentamt Mutzschen gab seine Aufgaben 1865 an das Forstrentamt Wermsdorf ab.
Die schriftliche Überlieferung des Amtes setzt 1522 ein und endet 1856.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.
Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [10] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Mügeln mit Sornzig wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.
1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1990 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch zum Bestand "Amt Mügeln mit Sornzig" umfasste die Signaturen 1 – 1293. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern
Zwischen 2000 und 2010 wurden weitere 13 AE (Nr. 1294 – 1306) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in der Datenbank AUGIAS verzeichnet.
Ein Teil der im maschinengeschriebenen Findbuch verzeichneten Akten (Fremdprovenienzen) ist inzwischen virtuell in Beständen von Nachfolgerbehörden verzeichnet.
2013 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1990 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben und unklaren Provenienzen, vorgenommen werden. Provenienzprüfungen ergaben, dass im vorliegenden Bestand zwölf Akten aus den Pfarrdotalgerichten Sornzig, Oschatz (Poppitz) und Zschaitz enthalten waren. Sie wurden herausgelöst und in die entsprechenden Bestände eingearbeitet. Die 74 Akteneinheiten aus der Vogtei Schrebitz, deren Territorium 1835 dem Amt Mügeln zugewiesen wurde, verblieben mit dem Provenienzvermerk "Schulamt Meißen" im Bestand des Amtes Mügeln.
Das vorliegende Findbuch ist nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1964 bzw. 1990 wider.
Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.
Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 39 Gerichtsbücher in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in das 1879 gebildete Amtsgericht Mügeln gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Mügeln mit Sornzig eingefügt.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkte bilden v. a. die Konsensprotokollreihen des Klosteramtes Sornzig, des Amtes Mügeln und der Stadt Mügeln. Ebenfalls in größerem Umfang sind Kaufprotokolle des Klosteramtes Sornzig und Gerichtshandelsprotokolle des Amtes und der Stadt Mügeln überliefert. Hervorzuheben sind auch die 66 Bände umfassende Gerichtsprotokollreihe und die achtbändige Kaufprotokollreihe der Vogtei Schrebitz, deren Entstehungszeit allerdings vor der Zugehörigkeit zum Amt Mügeln liegt.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig:
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20101 Gerichtsamt Mügeln
20614 Stadt Mügeln
Hauptstaatsarchiv Dresden:
10117 Stiftmeißnische Regierung Wurzen
12613 Gerichtsbücher
13469 Schulamt Meißen
C. Rothe
1990
K. Heil
Juli 2013
[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 162.
[07] Bönhoff, Leo: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 38 (1917), S. 30.
[08] Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, 1823, Bd. 10, S. 688 f.
[09] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 162.
[10] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]
Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.
Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.
Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]
Geschichte des Amtes Mügeln mit Sornzig
Das Gebiet um Mügeln gehörte seit Mitte des 13. Jh. zum Hochstift Meißen. Dieses wurde 1581 säkularisiert und 1595 entstand das Amt Mügeln. Das Justizamt Mügeln bildete mit dem Klosteramt Sornzig und dem Stiftsamt Wurzen bis 1818 das Kollegiatstift Wurzen. [06]
Das Amt Sornzig verwaltete den ursprünglich zum 1241 gegründeten Kloster Marienthal gehörigen Besitz. Nach der Säkularisierung des Klosters wurde das seit 1485 im albertinischen Teil Sachsens liegende Amt 1540 Bestandteil des Schulamtes Meißen. 1570 tauschte Kurfürst August es mit dem letzten Bischof von Meißen, Johann IX., gegen das Amt Mühlberg. Das Amt Sornzig blieb bis 1595 im Besitz des Bischofs. [07] 1666 – 1761 befand sich das Gebiet als Gutsherrschaft im Besitz der Familie von Burkersroda. Diese vererbte es dem Josephinenstift Dresden. 1770 fungierte Sornzig wieder als Amt und wurde häufig mit dem Amt Mügeln in Personalunion verwaltet. Nach der Auflösung des Stiftsamts Wurzen im Jahr 1818 wurden die Ämter Mügeln und Sornzig dauerhaft vereint.
Eine verwaltungstechnische Besonderheit innerhalb des Amtsterritoriums stellte die Vogtei Schrebitz dar. Markgraf Heinrich der Erlauchte schenkte die Vogtei dem 1268 gegründeten Kloster Seußlitz. Nach dessen Säkularisierung wurde das Territorium dem Schulamt Meißen zugewiesen. Ein Gerichtsvogt erhob vor Ort die Zinsen und Steuern, die dem Unterhalt der Fürstenschule Sankt Afra in Meißen dienten. Außerdem registrierte er Käufe, Kontrakte und Rügen. [08] Die Vogtei Schrebitz gelangte erst 1835 in die Zuständigkeit des Amtes Mügeln.
Das Amt Mügeln mit Sornzig grenzte an die Ämter Meißen, Leisnig, Grimma, Mutzschen und Oschatz. Der Amtssitz befand sich im Schloss Ruhetal in Mügeln. 1827 lebten die 3023 Einwohner des Amtes Mügeln in der Stadt Mügeln und 17 Dörfern. Hinzu kamen noch 1154 Einwohner des ehemaligen Klosteramtes Sornzig, die in 14 Dörfern lebten. [09]
Nachfolgebehörden des aufgelösten Justizamtes Mügeln wurden 1856 die Gerichtsämter Mügeln und Oschatz. Das mittlerweile für die genannten Gerichtsamtsbezirke zuständige Rentamt Mutzschen gab seine Aufgaben 1865 an das Forstrentamt Wermsdorf ab.
Die schriftliche Überlieferung des Amtes setzt 1522 ein und endet 1856.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.
Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [10] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Mügeln mit Sornzig wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.
1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1990 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch zum Bestand "Amt Mügeln mit Sornzig" umfasste die Signaturen 1 – 1293. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern
Zwischen 2000 und 2010 wurden weitere 13 AE (Nr. 1294 – 1306) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in der Datenbank AUGIAS verzeichnet.
Ein Teil der im maschinengeschriebenen Findbuch verzeichneten Akten (Fremdprovenienzen) ist inzwischen virtuell in Beständen von Nachfolgerbehörden verzeichnet.
2013 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1990 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben und unklaren Provenienzen, vorgenommen werden. Provenienzprüfungen ergaben, dass im vorliegenden Bestand zwölf Akten aus den Pfarrdotalgerichten Sornzig, Oschatz (Poppitz) und Zschaitz enthalten waren. Sie wurden herausgelöst und in die entsprechenden Bestände eingearbeitet. Die 74 Akteneinheiten aus der Vogtei Schrebitz, deren Territorium 1835 dem Amt Mügeln zugewiesen wurde, verblieben mit dem Provenienzvermerk "Schulamt Meißen" im Bestand des Amtes Mügeln.
Das vorliegende Findbuch ist nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1964 bzw. 1990 wider.
Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.
Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 39 Gerichtsbücher in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in das 1879 gebildete Amtsgericht Mügeln gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Mügeln mit Sornzig eingefügt.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkte bilden v. a. die Konsensprotokollreihen des Klosteramtes Sornzig, des Amtes Mügeln und der Stadt Mügeln. Ebenfalls in größerem Umfang sind Kaufprotokolle des Klosteramtes Sornzig und Gerichtshandelsprotokolle des Amtes und der Stadt Mügeln überliefert. Hervorzuheben sind auch die 66 Bände umfassende Gerichtsprotokollreihe und die achtbändige Kaufprotokollreihe der Vogtei Schrebitz, deren Entstehungszeit allerdings vor der Zugehörigkeit zum Amt Mügeln liegt.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig:
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20101 Gerichtsamt Mügeln
20614 Stadt Mügeln
Hauptstaatsarchiv Dresden:
10117 Stiftmeißnische Regierung Wurzen
12613 Gerichtsbücher
13469 Schulamt Meißen
C. Rothe
1990
K. Heil
Juli 2013
[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 162.
[07] Bönhoff, Leo: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 38 (1917), S. 30.
[08] Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, 1823, Bd. 10, S. 688 f.
[09] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 162.
[10] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.
Amtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lehnsangelegenheiten.- Ablösungen.- Lokalverwaltung.
Das Gebiet um Mügeln befand sich seit Mitte des 13. Jahrhunderts bis zur Säkularisation des Hochstifts Meißen 1585 in dessen Besitz. Es gelangte dann unter Landesherrschaft und wurde gemeinsam mit dem Klosteramt Sornzig von der Stiftsregierung Wurzen verwaltet, bis diese 1818 aufgelöst wurde. Das relativ kleine Amtsgebiet wurde dem Leipziger Kreis zugeordnet. Im Süden grenzte es an den Meißnischen Kreis. Amtssitz war Schloss Ruhetal in Mügeln. 1827 gehörten zum Amtsgebiet eine Stadt, 44 Dörfer und sechs Vorwerke mit 11.000 Einwohnern. 1856 übernahmen die Gerichtsämter Mügeln und Oschatz die Aufgaben des Justizamts, während das Rentamt noch bis 1865 tätig war. Sein Nachfolger wurde das Forstrentamt Wermsdorf.
- 2013 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5