Beständeübersicht
Bestand
Geschichte der Ämterorganisation
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]
Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.
Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.
Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]
Geschichte des Amtes Oschatz
Das Gebiet des Amtes Oschatz befand sich seit dem 12. Jh. in markmeißnischem Besitz, zuvor lag es im Herrschaftsbereich des Naumburger Stiftes. Zwischen 1366 und 1382 war das spätere Amtsterritorium an das Bistum Meißen verpfändet. [06]
Die Pflege Oschatz (1445), mit Verwaltungssitz in Oschatz, vergrößerte sich im 15. Jh., da ihr die Vogtei Strehla und das Gebiet um Dahlen angegliedert wurden. [07] Im Zuge der Leipziger Teilung 1485 gelangte die Pflege in den Besitz der albertinischen Linie. In der Folgezeit, genauer 1545, wurden dem Amtsgebiet weiterhin Kreyna, Hohenwussen und einige zum Rittergut Schweta gehörige Dörfer des aufgelösten Amtes Döbeln zugewiesen. [08] Um 1550 kam die Bezeichnung "Amt" in Gebrauch. Nach dem Stadtbrand 1616 wurde am Hauptmarkt in Oschatz ein Dienstgebäude für das Amt errichtet, das bis heute erhalten ist.
1786 erfolgte eine nur kurzzeitige Zusammenlegung des Justizamtes Oschatz mit dem Kreisamt Meißen. Das Rentamt Oschatz dagegen wurde vom Rentbeamten in Mügeln, später Wermsdorf, bis zur Auflösung der Rentämter 1865 mitverwaltet. [09] In Folge der "Verordnung wegen Errichtung von Kreisdirektionen" vom 6. April 1835 wurde das bisher dem Meißnischen Kreis zugeordnete Amt Oschatz der Kreisdirektion Leipzig zugewiesen. [10]
Der Amtsbezirk grenzte im Osten an das Amt Meißen, im Süden an die Ämter Meißen und Mügeln, im Westen an die Ämter Grimma, Mutzschen, Wurzen und im Norden an späteres preußisches Gebiet (u. a. Amt Torgau). Im Amt lebten 1827 rund 21218 Menschen in 3 Städten, 1 Marktflecken und 138 Dörfern. [11]
Das Justizamt Oschatz wurde durch das im Zuge der Umgestaltung der Untergerichte Sachsens am 7. Oktober 1839 gebildete Königliche Landgericht Oschatz abgelöst. Dessen Nachfolgebehörde wurde das Königliche Gerichtsamt Oschatz. Das vom Mutzschener Rentbeamten in Wermsdorf mitverwaltete Rentamt Oschatz bestand bis zur Aufhebung der Rentämter 1865 weiter. Seine bisherigen Aufgaben übernahm das Forstrentamt Wermsdorf.
Die schriftliche Überlieferung des Amtes setzt 1552 ein und endet 1860.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.
Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [12] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Oschatz wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.
1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1990 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch zum Bestand "Amt Oschatz" umfasste die Signaturen 1 – 1064. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern
Zwischen 2000 und 2010 wurden weitere 45 Akten (Nr. 1065 – 1109) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in der Datenbank AUGIAS verzeichnet.
Ein Teil der im maschinengeschriebenen Findbuch verzeichneten Akten (Fremdprovenienzen) ist inzwischen virtuell in Beständen von Nachfolgerbehörden verzeichnet.
2013 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1990 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben, vorgenommen werden. Das vorliegende Findbuch ist also nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1966 bzw. 1990 wider.
Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.
Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 43 Gerichtsbücher in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in das 1879 gebildete Amtsgericht Oschatz gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Oschatz eingefügt.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkte bilden u. a. die 18 Bände umfassende Reihe "Untersuchung gegen eine Raub- und Diebesbande", das neunbändige Aktenrepertorium des Amtes und die zahlreichen Akten zu Frondiensten und Naturalabgaben.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig:
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20071 Königliches Gericht Oschatz
20618 Stadt Oschatz (Stadtgericht)
Hauptstaatsarchiv Dresden:
12613 Gerichtsbücher
12974 Kreishauptmannschaft des Meißnischen Kreises
13476 Alte Amtshauptmannschaften
C. Rothe
1990
K. Heil
Juni 2013
[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Blaschke, Karlheinz, Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, Ämterverzeichnis.
[07] Bönhoff, Leo: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 38 (1917), S. 38.
[08] Hoffmann, Carl Samuel, Historische Beschreibung der Stadt, des Amtes und der Diöces Oschatz, Oschatz 1817, S. 62 f.
[09] Staatshandbuch für das Königreich Sachsen 1864, S. 282.
[10] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1835, S. 237 f.
[11] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 138..
[12] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.
20015 Amt Oschatz
Datierung | 1552 - 1860 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 23,00 |
Geschichte der Ämterorganisation
Die Ursprünge der Ämterorganisation liegen in der Einteilung der Markgrafschaft Meißen in Vogteibezirke, die zeitgenössisch als Distrikte bzw. Pflegen bezeichnet wurden. Sie traten an die Stelle der im 10. Jh. als früheste Form der Lokalverwaltung entstandenen Burgwarde. An der Spitze des Distrikts stand der Vogt (advocatus), der als Vertreter des Landesherrn die Verwaltung ausübte und die ihm zustehenden Geld- und Naturalabgaben einzog. Erste schriftliche Zeugnisse über diese Tätigkeit lassen sich im 12./13. Jh. z. B. für Döbeln und Leipzig nachweisen.
Mit dem ausgehenden 15. Jh. wird die Bezeichnung Amt für den Vogteibezirk gebräuchlich, aus dem Vogt wird der Amtmann. Bedingung für den Eintritt in diese Funktion war adlige Herkunft. Der Amtmann war für die juristischen, militärischen und polizeilichen Verwaltungsaufgaben zuständig. Die Finanzverwaltung lag in den Händen des Schössers, einem Angestellten bürgerlicher Herkunft mit entsprechender Bildung. Er galt als Hilfskraft des Amtmanns. Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jh. begann der Aufstieg des Schössers zum Leiter des Amtes. Der Amtmann wurde nunmehr als Amtshauptmann bezeichnet, besaß dadurch jedoch keine größeren Befugnisse, sondern übte lediglich die lockere Aufsicht über mehrere Ämter aus. Um 1600 hatte sich selbst diese praktische Funktion erübrigt und der adlige Amtshauptmann wurde endgültig durch den Verwaltungsfachmann aus seiner Position verdrängt und verschwand aus der Amtsverwaltung. Da der bisherige Schösser nun alle Aufgabenbereiche ausfüllte, ging im späten 17. Jh. auch die Bezeichnung Amtmann auf ihn über. Seit Mitte des 16. Jh. stand ihm ein Amtsschreiber (seit dem 18. Jh. auch als Amtsrentverwalter oder Amtsverwalter bezeichnet) zur Verfügung, der im Bereich der Finanzverwaltung tätig war. [01]
Die Tätigkeit der Ämter erstreckte sich nicht auf ein geschlossenes, einheitlich organisiertes Verwaltungsgebiet. Neben den amtssässigen Ortschaften, die landesherrliche Anweisungen durch den Amtmann erhielten und auch ihre Steuern im Amt entrichteten, gab es außerdem zahlreiche schriftsässige Orte und Rittergüter. Diese gehörten nicht in das Amt, sondern empfingen die Anordnungen des Landesherrn direkt aus dessen Kanzlei und waren so dem Einflussbereich des Amtmanns entzogen. Eine weitere Besonderheit stellten die Amtsdörfer und –städte dar, in ihnen war der Landesherr selbst der Grundherr. [02]
Den Ämtern übergeordnet waren seit der Einführung der durch Kurfürst Moritz 1547 erlassenen Kanzleiordnung die Kreishauptleute. Sie standen an der Spitze der neu gegründeten fünf Kreise (Thüringischer, Meißnischer, Kur-, Leipziger und Gebirgskreis), denen jeweils eine bestimmte Anzahl Ämter zugeordnet wurde. Seit 1764 bildeten die "Älteren" Amtshauptmannschaften die Regionalbehörde zwischen Ämtern und Kreishauptmannschaft.
Die Ämter übten grundsätzlich vier Funktionen aus: Einnahme landesherrlicher Steuern (in Geld- und Naturalleistungen), Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft (z. B. Einforderung von Frondiensten für die Bewirtschaftung landesherrlicher Vorwerke), Ausübung der oberen und niederen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme der schriftsässigen Rittergüter bzw. Städte, die das Recht zur eigenständigen Ausübung der Gerichtsbarkeit besaßen) sowie Sicherung der Truppenversorgung und Stellung eines bestimmten Soldatenkontingents im Kriegsfall. Die letztgenannte Pflicht entfiel durch die Einrichtung eines stehenden Heeres unter August dem Starken.
Einen erheblichen territorialen Zugewinn gab es für die Amtsbezirke im 16. Jahrhundert durch die Angliederung säkularisierten Kirchenbesitzes und die Übernahme von Grundherrschaften durch den Landesherrn. Durch die 1815 auf dem Wiener Kongress gefassten Beschlüsse ging dagegen Territorium verloren. So mussten z. B. die Ämter Schkeuditz und Lützen an Preußen abgetreten werden.
Ende des 18. Jh. erfolgte in den Ämtern eine Trennung der Justiz- und Polizeiangelegenheiten von der Finanzverwaltung, sie gliederten sich in Justizamt mit dem Justizbeamten und Rentamt mit dem Rentbeamten auf. Oberste vorgesetzte Behörde blieb für beide Bereiche das Geheime Finanzkollegium.
Am 7. November 1831 erging die "Verordnung die Einrichtung der Ministerial-Departements und die darauf Bezug habenden provisorischen Vorkehrungen betreffend", die eine Unterstellung der Justizämter unter das Justizministerium festlegte, während die Rentämter in der Zuständigkeit des Finanzministeriums verblieben. [03] Durch diese Regelung wurden die Geschäftsbereiche endgültig voneinander abgegrenzt.
Infolge des Gesetzes "die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für Rechtspflege und Verwaltung betreffend" vom 11. August 1855 wurden die Justizämter aufgelöst und stellten spätestens 1856 ihre Tätigkeit ein. [04] Die Aufgaben der Justizämter übernahmen die Königlichen Bezirksgerichte und die Gerichtsämter. Die Rentämter übten ihre Tätigkeit noch bis zur Veröffentlichung der "Bekanntmachung, die Aufhebung der Rentämter, die Errichtung von Bauverwalterstellen und Forstrentämtern und die Verwaltung der Intraden betreffend" vom 21. Februar 1865 aus. Danach gingen ihre Aufgaben auf Bauverwaltereien, Bezirkssteuereinnahmen und Forstrentämter über. [05]
Geschichte des Amtes Oschatz
Das Gebiet des Amtes Oschatz befand sich seit dem 12. Jh. in markmeißnischem Besitz, zuvor lag es im Herrschaftsbereich des Naumburger Stiftes. Zwischen 1366 und 1382 war das spätere Amtsterritorium an das Bistum Meißen verpfändet. [06]
Die Pflege Oschatz (1445), mit Verwaltungssitz in Oschatz, vergrößerte sich im 15. Jh., da ihr die Vogtei Strehla und das Gebiet um Dahlen angegliedert wurden. [07] Im Zuge der Leipziger Teilung 1485 gelangte die Pflege in den Besitz der albertinischen Linie. In der Folgezeit, genauer 1545, wurden dem Amtsgebiet weiterhin Kreyna, Hohenwussen und einige zum Rittergut Schweta gehörige Dörfer des aufgelösten Amtes Döbeln zugewiesen. [08] Um 1550 kam die Bezeichnung "Amt" in Gebrauch. Nach dem Stadtbrand 1616 wurde am Hauptmarkt in Oschatz ein Dienstgebäude für das Amt errichtet, das bis heute erhalten ist.
1786 erfolgte eine nur kurzzeitige Zusammenlegung des Justizamtes Oschatz mit dem Kreisamt Meißen. Das Rentamt Oschatz dagegen wurde vom Rentbeamten in Mügeln, später Wermsdorf, bis zur Auflösung der Rentämter 1865 mitverwaltet. [09] In Folge der "Verordnung wegen Errichtung von Kreisdirektionen" vom 6. April 1835 wurde das bisher dem Meißnischen Kreis zugeordnete Amt Oschatz der Kreisdirektion Leipzig zugewiesen. [10]
Der Amtsbezirk grenzte im Osten an das Amt Meißen, im Süden an die Ämter Meißen und Mügeln, im Westen an die Ämter Grimma, Mutzschen, Wurzen und im Norden an späteres preußisches Gebiet (u. a. Amt Torgau). Im Amt lebten 1827 rund 21218 Menschen in 3 Städten, 1 Marktflecken und 138 Dörfern. [11]
Das Justizamt Oschatz wurde durch das im Zuge der Umgestaltung der Untergerichte Sachsens am 7. Oktober 1839 gebildete Königliche Landgericht Oschatz abgelöst. Dessen Nachfolgebehörde wurde das Königliche Gerichtsamt Oschatz. Das vom Mutzschener Rentbeamten in Wermsdorf mitverwaltete Rentamt Oschatz bestand bis zur Aufhebung der Rentämter 1865 weiter. Seine bisherigen Aufgaben übernahm das Forstrentamt Wermsdorf.
Die schriftliche Überlieferung des Amtes setzt 1552 ein und endet 1860.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Nach Auflösung der Ämter 1856 gelangten ihre jahrhundertealten Dokumente an die Nachfolgeinstitutionen: die Gerichtsämter, Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte. Die Abgabe der Unterlagen durch die genannten Behörden an das Hauptstaatsarchiv Dresden als Endarchiv kam seit etwa 1900 zögerlich und vermischt mit dem Archivgut der genannten Institutionen zustande. Die Akten der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften wurden im Hauptstaatsarchiv nicht von den Unterlagen der Vorgängerbehörden getrennt, sondern verblieben in Lagerungsgemeinschaften unter der Bezeichnung des entsprechenden Amtsgerichts bzw. der entsprechenden Amtshauptmannschaft.
Die Gerichtsbücher der Ämter gelangten gesondert in das Hauptstaatsarchiv. 1923 erging ein Erlass des Sächsischen Justizministeriums an die Amtsgerichte, der eine Abgabe der Gerichtsbücher an das Hauptstaatsarchiv Dresden empfahl. [12] Die Abgaben durch die Amtsgerichte erstreckten sich von 1923 bis Ende der dreißiger Jahre. Die Gerichtsbücher des Amtes Oschatz wurden mit den Gerichtsbüchern aus den anderen sächsischen Amtsgerichten zu einem Bestand (12613 Gerichtsbücher) zusammengefasst.
1958 - 1966 wurden die Unterlagen der Amtsgerichte und Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises provenienzgerecht an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben. Hier wurden umfangreiche Provenienzprüfungen an den Beständen vorgenommen und die Akten der Ämter aus dem Schriftgut der Amtshauptmannschaften und Amtsgerichte herausgelöst und als autarke Bestände verzeichnet. Die bei der Erschließung entstandene Findkartei blieb damals ohne innere Ordnung, was eine effektive Benutzung erschwerte. 1980 wurde die Bearbeitung der Bestandsgruppe Ämter wieder aufgenommen, eine innere Ordnung erstellt und die Karteien in Findbücher umgesetzt.
In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Verzeichnungseinheiten sachlich nach einer an den durchgehenden Aufgaben und charakteristischen Archivgutkategorien der Ämter orientierten, aber auch der Auswertung entgegenkommenden Klassifikation gegliedert und gereiht. Wo es sich anbot, wurde zusätzlich nach Orten gegliedert. Die Signaturen der Verzeichnungseinheiten wurden beibehalten. Das 1990 fertig gestellte maschinengeschriebene Findbuch zum Bestand "Amt Oschatz" umfasste die Signaturen 1 – 1064. Bei der Übertragung in das Findbuch erfolgten notwendige Ergänzungen im Aktentitel sowie Neuverzeichnungen von noch nicht in den Bestand eingeordneten Akteneinheiten. Dabei wurde häufig ein und dieselbe Akte in verschiedene Sachgruppen aufgenommen, um dem Benutzer das Auffinden zu erleichtern
Zwischen 2000 und 2010 wurden weitere 45 Akten (Nr. 1065 – 1109) provenienzgerecht in den Bestand eingeordnet und in der Datenbank AUGIAS verzeichnet.
Ein Teil der im maschinengeschriebenen Findbuch verzeichneten Akten (Fremdprovenienzen) ist inzwischen virtuell in Beständen von Nachfolgerbehörden verzeichnet.
2013 erfolgte im Rahmen eines DFG-Projektes zur Retrokonversion die Digitalisierung des Findbuches von 1990 in das Verzeichnungsprogramm Augias 8.3. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die vorliegenden Angaben wenn möglich präzisiert, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst und bei offensichtlichen Fehlern berichtigt. Jede Akte wurde nur einer Sachgruppe der leicht überarbeiteten Klassifikation zugeordnet. Weiterhin wurden Orts- und Personennamen indiziert. Eine Überprüfung der Inhalte anhand der Akten konnte nur im Ausnahmefall, z. B. bei fehlenden Datumsangaben, vorgenommen werden. Das vorliegende Findbuch ist also nur begrenzt Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1966 bzw. 1990 wider.
Eine – fachlich wünschenswerte – inhaltliche und tief schürfende Überarbeitung kann derzeit aus Kapazitätsgründen nicht erfolgen.
Im Nachgang der Retrokonversion erfolgte die Eingabe der im Bestand 12613 des Hauptstaatsarchivs Dresden befindlichen 43 Gerichtsbücher in das Augias-Verzeichnungsprogramm. Diese waren nach Auflösung der Ämter in das 1879 gebildete Amtsgericht Oschatz gelangt. Sie wurden nunmehr virtuell in den Bestand Amt Oschatz eingefügt.
Überlieferungsschwerpunkte
Schwerpunkte bilden u. a. die 18 Bände umfassende Reihe "Untersuchung gegen eine Raub- und Diebesbande", das neunbändige Aktenrepertorium des Amtes und die zahlreichen Akten zu Frondiensten und Naturalabgaben.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig:
20004 Ältere Kreishauptmannschaft des Leipziger Kreises
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
Rittergüter des Amtsbezirkes
20071 Königliches Gericht Oschatz
20618 Stadt Oschatz (Stadtgericht)
Hauptstaatsarchiv Dresden:
12613 Gerichtsbücher
12974 Kreishauptmannschaft des Meißnischen Kreises
13476 Alte Amtshauptmannschaften
C. Rothe
1990
K. Heil
Juni 2013
[01] Blaschke, Karlheinz, Sächsische Verwaltungsgeschichte, Lehrbrief 3, Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1959, S. 36 f.
[02] Ebenda, S. 37 ff.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1831, S. 323 ff.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1855, S. 144 ff.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1865, S. 84 ff.
[06] Blaschke, Karlheinz, Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, Ämterverzeichnis.
[07] Bönhoff, Leo: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 38 (1917), S. 38.
[08] Hoffmann, Carl Samuel, Historische Beschreibung der Stadt, des Amtes und der Diöces Oschatz, Oschatz 1817, S. 62 f.
[09] Staatshandbuch für das Königreich Sachsen 1864, S. 282.
[10] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1835, S. 237 f.
[11] Klein, Thomas (Hrsg.), Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte, Marburg 1982, S. 138..
[12] Groß, Reiner, Gerichtsbücher und Protokolle der sächsischen Lokalbehörden bis 1856 im Sächsischen Landeshauptarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Hrsg. Staatliche Archivverwaltung der DDR, Heft 5, 1963.
Amtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lehnsangelegenheiten.- Ablösungen.- Lokalverwaltung.
Das Amt Oschatz erlangte im 16. Jahrhundert durch Zuordnung der Gebiete des aufgelösten Amts Döbeln eine bis zu den territorialen Verlusten des Jahres 1815 relativ stabile Form. Bis 1835 gehörte es zum Meißnischen Kreis, dann wurde das Amt Oschatz dem Leipziger Kreis zugeordnet. Das Amtsgebiet grenzte nun im Norden an preußisches Territorium und im Osten an die dem Meißnischen Kreis zugehörigen Ämter Großenhain und Meißen. 1827 umfasste das Amt drei Städte, einen Marktflecken und 138 Dörfer mit 21.218 Einwohnern. Die Nachfolgebehörde des Justizamts Oschatz war ab 1839 das Königliche Landgericht Oschatz. Das Rentamt bestand bis 1865 weiter und gab dann seine Aufgaben an das Forstrentamt Wermsdorf ab.
- 2013 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5