Beständeübersicht
Bestand
Geschichte der Amtshauptmannschaften
Mit der Bildung der Amtshauptmannschaften im Jahr 1874 vollzog der sächsische Staat die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung auf lokaler Ebene. Dieser Prozess hatte bereits in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen und betraf zunächst die zentrale und mittlere Verwaltungsebene. Auf der unteren Ebene erfolgte eine sukzessive Verstaatlichung, die 1856 eingerichteten Gerichtsämter fungierten als lokale Justiz- und Verwaltungsbehörden in den vier Kreisdirektionsbezirken.
Mit dem "Gesetz über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung" vom 21. April 1873 sowie der dazu gehörigen Ausführungsverordnung vom 20. August 1874 übernahmen die Amtshauptmannschaften die Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter.[01] Gleichzeitig wurden die Kreisdirektionen zu Kreishauptmannschaften umgebildet. Die neu gegründeten Verwaltungsbehörden unterstanden einheitlich dem Ministerium des Innern. Bei den Gerichtsämtern verblieb noch bis 1879 (Gründung der Amtsgerichte) die Zuständigkeit für die Jurisdiktion.
In Sachsen wurden 25 Amtshauptmannschaften in vier Kreishauptmannschafts-Bezirken eingerichtet:
im Bereich der Kreishauptmannschaft Bautzen: Bautzen, Kamenz, Löbau, Zittau
im Bereich der Kreishauptmannschaft Dresden: Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg, Großenhain, Meißen, Pirna
im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig: Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz, Rochlitz
im Bereich der Kreishauptmannschaft Zwickau: Annaberg, Auerbach, Chemnitz, Flöha, Marienberg, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg, Zwickau.
In den Folgejahren gab es mehrere territoriale Veränderungen: Aus den Schönburgischen Rezessherrschaften wurde 1878 die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet, während kleinere Teile an die Amtshauptmannschaften Zwickau und Schwarzenberg fielen. 1880 wurde die Amtshauptmannschaft Dresden in die zwei Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geteilt (1924 wieder vereinigt). Im Jahr 1900 wurde von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine neue Kreishauptmannschaft Chemnitz mit den Amtshauptmannschaften Chemnitz, Annaberg, Flöha, Glauchau und Marienberg abgetrennt.
1910 entstand die Amtshauptmannschaft Stollberg durch Abspaltung von der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Die Kreishauptmannschaft Bautzen wurde 1932 mit Dresden vereinigt.
Die Amtshauptmannschaften führten neben den Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter die Tätigkeiten der sog. "älteren" Amtshauptmannschaften sowie der der Straßen- und Wasserbaukommissionen fort. Sie fungierten als untere Verwaltungsinstanz in allen Angelegenheiten, für die es keine besonderen Behörden gab. Sie führten die Aufsicht über alle Gemeinden (mit Ausnahme der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz), überwachten die örtliche Polizeiverwaltung und übten sie in vielen Gemeinden selbst aus. Zu den "Polizeiangelegenheiten" gehörten außer der Sicherheitspolizei auch die Armenversorgung und die Medizinalfürsorge, die Aufsicht über Handel und Gewerbe sowie über die Land- und Forstwirtschaft, die Bau- und Feuerpolizei, die Versicherungsangelegenheiten und das Sparkassenwesen, ferner Staatsangehörigkeitssachen und das Personenstandswesen.
In jeder Amtshauptmannschaft bildeten der Amtshauptmann und ein Bezirksschulinspektor zusammen die Bezirksschulinspektion (ab 1919 Bezirksschulämter). Diese unterstanden dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts.
Jeder Amtshauptmannschaft war ein Bezirksverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung angeschlossen.[02] Der Bezirksverband wurde durch die Bezirksversammlung vertreten, die sich auf Bezirkstagen versammelte. Der Amtshauptmann berief den Bezirkstag mindestens einmal jährlich ein, führte den Vorsitz und leitete die Verhandlungen. Die Bezirksversammlung konnte für gemeinnützige Zwecke Einrichtungen und Ausgaben beschließen und verwaltete das Bezirksvermögen. Sie wählte die Mitglieder des Bezirksausschusses und des Kreisausschusses. Der Bezirksausschuss diente dem Amtshauptmann bei bestimmten Entscheidungen als mitwirkendes oder beratendes Organ (z. B. Wohlfahrtspflege, Neuanlage von öffentlichen Wegen, Konzessionen).
Im Rahmen der Verwaltungsvereinheitlichung im Deutschen Reich wurde ab 1939 die Bezeichnung "Kreis" für den Amtsbezirk und gemäß dem Führerprinzip für die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat", für deren Leiter Landrat eingeführt.[03] Diese Behördenstruktur bestand bis 1945. Die Landkreise blieben nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unverändert bestehen, die neuen Behörden fungierten unter den Bezeichnungen Landratsamt, ab 1947 Kreisrat.[04]Geschichte der Amtshauptmannschaft Leipzig
Die Amtshauptmannschaft Leipzig wurde 1874 aus den Gerichtsamtsbezirken Leipzig I und II, Markranstädt, Taucha und Zwenkau gebildet und unterstand der Kreishauptmannschaft Leipzig. Die Behörde bezog Räume in der Weststraße 76, ab Jahresende 1890 in der Wilhelm-Seyffert-Straße 6 im neu erbauten Gebäude der Kunstgewerbeschule (Akademie für Graphik und Buchkunst).
Unter die Zuständigkeit der Amtshauptmannschaft fielen 93 Landgemeinden (Stand 1926) sowie die Städte Markranstädt, Taucha und Zwenkau,[05] aber nicht die kreisfreie Stadt Leipzig. Das Territorium unterlag v. a. durch Eingemeindungen nach Leipzig erheblichen Schwankungen. Es verringerte sich von 482 km2 (1888) auf ca. 389 km2 (1927). Dieser Gebiets- und der damit verbundene Bevölkerungsverlust führten immer wieder zu Vorstößen im sächsischen Innenministerium, Anzahl und Zuschnitt der Amtshauptmannschaften zu verändern. Insbesondere der Südraum mit den angrenzenden Amtshauptmannschaften Borna und Rochlitz war von den Überlegungen betroffen, die letztlich nicht realisiert wurden.[06]
Erster Amtshauptmann wurde Dr. Heinrich Alexander Platzmann, der vorher der I. (älteren) Amtshauptmannschaft vorstand. Ihm standen zwei Bezirks-Assessoren und sieben Kanzleimitarbeiter zur Seite. Bis 1913 hatte sich das Personal neben dem Amtshauptmann auf zwei Regierungsamtmänner, zwei Regierungsassessoren, einen Obersekretär, 10 Sekretäre sowie 18 weitere Mitarbeiter vergrößert. In den 1920er Jahren kamen noch Bausachverständige, Verwaltungs- und Kasseninspektoren dazu.
Amtshauptleute/ ab 1939 Landräte:[07]
Seit 1939 trug die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat zu Leipzig". In der Nachkriegszeit wurde das Landratsamt Leipzig mit gleichem Territorium Nachfolgebehörde, ab 1947 der Kreisrat Leipzig.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Die Unterlagen der Amtshauptmannschaft Leipzig gelangten zwischen 1955 und 1963 im Wesentlichen vom damaligen Rat des Kreises Leipzig und dem Kreisarchiv Leipzig in das Landesarchiv Leipzig. Die Bearbeitung erfolgte in den 1960er Jahren. Zunächst wurden die Vorakten der "Älteren Amtshauptmannschaften" aussortiert und zu einem eigenständigen Bestand formiert.
Anschließend erfolgte die Bewertung, Ordnung und Verzeichnung der Unterlagen, im Ergebnis entstand eine Findkartei. Grundlage für die Ordnung des Bestands war der Aktenplan für die Amtshauptmannschaften von 1874. Er teilte die Unterlagen in mehr als 20 Abteilungen, diese in Abschnitte ein. Die auf den Akten befindlichen Registratursignaturen sowie der Sachzusammenhang bildeten die Grundlage für die Ordnung des Bestands nach diesem Schema. Die Verzeichnungsangaben wurden 1979 in einem maschinenschriftlichen Findbuch mit den Akten Nr. 1 – 4875 (1815 – 1945) erfasst. Die Akten des Bezirksverbands der AH sind im Bestand enthalten, sie wurden nicht besonders gekennzeichnet.
Der Bestand umfasste zu diesem Zeitpunkt allerdings noch Vorakten der Gerichtsämter aus der Zeit ab 1856. Erst bei der Bearbeitung der Bestandsgruppe in den Jahren 2000 – 2001 wurden die Akten mit einer Laufzeit bis 1874 auf ihre Provenienzen geprüft und – unter Beibehaltung ihrer Archivsignaturen – virtuell den jeweiligen Gerichtsamtsbeständen zugeordnet. Im Findbuch erfolgte damals eine Kennzeichnung dieser mehr als 500 Akteneinheiten.
Im Jahr 2009 ist das Findmittel im Rahmen des DFG-Projekts "Retrokonversion archivischer Findmittel" digitalisiert worden. In diesem Zusammenhang sind die Daten im Staatsarchiv redaktionell bearbeitet worden. Das schloss eine Einarbeitung der verschiedenen Nachträge in die vorliegende Klassifikation und die Korrektur von Schreibfehlern ein. Die Vorakten der Gerichtsämter sind nicht mehr im Findmittel vorhanden, ebenso wurden 22 Akten nach 1945 dem Bestand 20234 Kreistag/Kreisrat Leipzig zugeordnet.
Die Gliederung wurde modifiziert, da einige Gruppen nur aus Gerichtsamtsakten bestanden, andere durch die Einarbeitung der Nachträge unübersichtlich wurden (s. Bearbeitungsbericht). Die Reihung der Akten innerhalb der Klassifikationspunkte entspricht der des alten Findbuches (chronologisch oder alphabetisch). Unklare Titel oder Namensangaben wurden nach Möglichkeit anhand der Akten überprüft. Namen von Orten, Personen und Firmen wurden indiziert, so dass das Findbuch nun erstmals ein Register enthält.
Bei der Bearbeitung wurde festgestellt, dass die Akten mit den Signaturen 4359 – 4611 (vorwiegend Wassersachen) nicht im masch. Findbuch verzeichnet waren. Sie mussten 2010 im Nachgang erschlossen werden.
Das vorliegende Findbuch enthält 4465 Verzeichnungseinheiten aus dem Zeitraum 1839 – 1948. Sie geben Auskunft über die territoriale, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Amtshauptmannschaft. Besonders umfangreich ist der Dualismus zwischen Stadt Leipzig und dem Umland überliefert (Eingemeindungen und Umbezirkungen). Ebenso wird die fortschreitende Industrialisierung sichtbar und deren Auswirkung auf die Entwicklung der Arbeiterbewegung mit Streiks, Zensur und Überwachung sowie den Ausbau der Infrastruktur (Verkehr, Energie).
Hinweise für die Benutzung
Das Findbuch enthält einige personenbezogene Unterlagen, deren Schutzfristen im Einzelfall erst 2022 enden. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach Verkürzung der Schutzfristen möglich.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
20024 Kreishauptmannschaft Leipzig
20096 Gerichtsamt Leipzig I
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20099 Gerichtsamt Markranstädt
20109 Gerichtsamt Taucha
20113 Gerichtsamt Zwenkau
20234 Kreistag/Kreisrat Leipzig
B. Richter
Dez. 2010[08]
[01] Gesetz, die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend. Nr. 39 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen 1873, S. 275 ff.- Verordnung, die Ausführung des Gesetzes über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung vom 21. April 1873 und der damit zusammenhängenden Gesetze betreffend. Nr. 101 vom 20. August 1874, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1874, S. 113 ff.
[02] Gesetz, die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretungen betreffend. Nr. 40 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1873, S. 284 ff.
[03] Sächsisches Wochenblatt für Verwaltung und Polizei 1938, Nr. 201, S. 1675.
[04] Vorläufige Bestimmungen über Behördenbezeichnungen. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 13 vom 8. Mai 1946, Teil II Amtliche Bekanntmachungen, S. 137.- Demokratische Kreisordnung für das Land Sachsen vom 16. Januar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 2 vom 31. Januar 1947, S. 22.- Bestimmung über die Bezeichnung der Selbstverwaltungskörperschaften und -organe vom 10. Februar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 4 vom 28. Februar 1947, S. 94.
[05] Vgl. Handbuch für die Amtshauptmannschaft Leipzig, hg. v. Karl Linke, Leipzig 1926, S. 1 ff.
[06] StA-L, 20028 AH Leipzig, Nr. 101, 102.
[07] Vgl. Staatshandbücher für das Königreich Sachsen, 1874 ff.- Adressbücher der Stadt Leipzig.- Handbuch für die Amtshauptmannschaft Leipzig, hg. v. Karl Linke, Leipzig 1926, S. 10.
20028 Amtshauptmannschaft Leipzig
Datierung | 1839 - 1948 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 91,44 |
Geschichte der Amtshauptmannschaften
Mit der Bildung der Amtshauptmannschaften im Jahr 1874 vollzog der sächsische Staat die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung auf lokaler Ebene. Dieser Prozess hatte bereits in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen und betraf zunächst die zentrale und mittlere Verwaltungsebene. Auf der unteren Ebene erfolgte eine sukzessive Verstaatlichung, die 1856 eingerichteten Gerichtsämter fungierten als lokale Justiz- und Verwaltungsbehörden in den vier Kreisdirektionsbezirken.
Mit dem "Gesetz über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung" vom 21. April 1873 sowie der dazu gehörigen Ausführungsverordnung vom 20. August 1874 übernahmen die Amtshauptmannschaften die Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter.[01] Gleichzeitig wurden die Kreisdirektionen zu Kreishauptmannschaften umgebildet. Die neu gegründeten Verwaltungsbehörden unterstanden einheitlich dem Ministerium des Innern. Bei den Gerichtsämtern verblieb noch bis 1879 (Gründung der Amtsgerichte) die Zuständigkeit für die Jurisdiktion.
In Sachsen wurden 25 Amtshauptmannschaften in vier Kreishauptmannschafts-Bezirken eingerichtet:
im Bereich der Kreishauptmannschaft Bautzen: Bautzen, Kamenz, Löbau, Zittau
im Bereich der Kreishauptmannschaft Dresden: Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg, Großenhain, Meißen, Pirna
im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig: Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz, Rochlitz
im Bereich der Kreishauptmannschaft Zwickau: Annaberg, Auerbach, Chemnitz, Flöha, Marienberg, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg, Zwickau.
In den Folgejahren gab es mehrere territoriale Veränderungen: Aus den Schönburgischen Rezessherrschaften wurde 1878 die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet, während kleinere Teile an die Amtshauptmannschaften Zwickau und Schwarzenberg fielen. 1880 wurde die Amtshauptmannschaft Dresden in die zwei Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geteilt (1924 wieder vereinigt). Im Jahr 1900 wurde von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine neue Kreishauptmannschaft Chemnitz mit den Amtshauptmannschaften Chemnitz, Annaberg, Flöha, Glauchau und Marienberg abgetrennt.
1910 entstand die Amtshauptmannschaft Stollberg durch Abspaltung von der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Die Kreishauptmannschaft Bautzen wurde 1932 mit Dresden vereinigt.
Die Amtshauptmannschaften führten neben den Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter die Tätigkeiten der sog. "älteren" Amtshauptmannschaften sowie der der Straßen- und Wasserbaukommissionen fort. Sie fungierten als untere Verwaltungsinstanz in allen Angelegenheiten, für die es keine besonderen Behörden gab. Sie führten die Aufsicht über alle Gemeinden (mit Ausnahme der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz), überwachten die örtliche Polizeiverwaltung und übten sie in vielen Gemeinden selbst aus. Zu den "Polizeiangelegenheiten" gehörten außer der Sicherheitspolizei auch die Armenversorgung und die Medizinalfürsorge, die Aufsicht über Handel und Gewerbe sowie über die Land- und Forstwirtschaft, die Bau- und Feuerpolizei, die Versicherungsangelegenheiten und das Sparkassenwesen, ferner Staatsangehörigkeitssachen und das Personenstandswesen.
In jeder Amtshauptmannschaft bildeten der Amtshauptmann und ein Bezirksschulinspektor zusammen die Bezirksschulinspektion (ab 1919 Bezirksschulämter). Diese unterstanden dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts.
Jeder Amtshauptmannschaft war ein Bezirksverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung angeschlossen.[02] Der Bezirksverband wurde durch die Bezirksversammlung vertreten, die sich auf Bezirkstagen versammelte. Der Amtshauptmann berief den Bezirkstag mindestens einmal jährlich ein, führte den Vorsitz und leitete die Verhandlungen. Die Bezirksversammlung konnte für gemeinnützige Zwecke Einrichtungen und Ausgaben beschließen und verwaltete das Bezirksvermögen. Sie wählte die Mitglieder des Bezirksausschusses und des Kreisausschusses. Der Bezirksausschuss diente dem Amtshauptmann bei bestimmten Entscheidungen als mitwirkendes oder beratendes Organ (z. B. Wohlfahrtspflege, Neuanlage von öffentlichen Wegen, Konzessionen).
Im Rahmen der Verwaltungsvereinheitlichung im Deutschen Reich wurde ab 1939 die Bezeichnung "Kreis" für den Amtsbezirk und gemäß dem Führerprinzip für die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat", für deren Leiter Landrat eingeführt.[03] Diese Behördenstruktur bestand bis 1945. Die Landkreise blieben nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unverändert bestehen, die neuen Behörden fungierten unter den Bezeichnungen Landratsamt, ab 1947 Kreisrat.[04]Geschichte der Amtshauptmannschaft Leipzig
Die Amtshauptmannschaft Leipzig wurde 1874 aus den Gerichtsamtsbezirken Leipzig I und II, Markranstädt, Taucha und Zwenkau gebildet und unterstand der Kreishauptmannschaft Leipzig. Die Behörde bezog Räume in der Weststraße 76, ab Jahresende 1890 in der Wilhelm-Seyffert-Straße 6 im neu erbauten Gebäude der Kunstgewerbeschule (Akademie für Graphik und Buchkunst).
Unter die Zuständigkeit der Amtshauptmannschaft fielen 93 Landgemeinden (Stand 1926) sowie die Städte Markranstädt, Taucha und Zwenkau,[05] aber nicht die kreisfreie Stadt Leipzig. Das Territorium unterlag v. a. durch Eingemeindungen nach Leipzig erheblichen Schwankungen. Es verringerte sich von 482 km2 (1888) auf ca. 389 km2 (1927). Dieser Gebiets- und der damit verbundene Bevölkerungsverlust führten immer wieder zu Vorstößen im sächsischen Innenministerium, Anzahl und Zuschnitt der Amtshauptmannschaften zu verändern. Insbesondere der Südraum mit den angrenzenden Amtshauptmannschaften Borna und Rochlitz war von den Überlegungen betroffen, die letztlich nicht realisiert wurden.[06]
Erster Amtshauptmann wurde Dr. Heinrich Alexander Platzmann, der vorher der I. (älteren) Amtshauptmannschaft vorstand. Ihm standen zwei Bezirks-Assessoren und sieben Kanzleimitarbeiter zur Seite. Bis 1913 hatte sich das Personal neben dem Amtshauptmann auf zwei Regierungsamtmänner, zwei Regierungsassessoren, einen Obersekretär, 10 Sekretäre sowie 18 weitere Mitarbeiter vergrößert. In den 1920er Jahren kamen noch Bausachverständige, Verwaltungs- und Kasseninspektoren dazu.
Amtshauptleute/ ab 1939 Landräte:[07]
Seit 1939 trug die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat zu Leipzig". In der Nachkriegszeit wurde das Landratsamt Leipzig mit gleichem Territorium Nachfolgebehörde, ab 1947 der Kreisrat Leipzig.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Die Unterlagen der Amtshauptmannschaft Leipzig gelangten zwischen 1955 und 1963 im Wesentlichen vom damaligen Rat des Kreises Leipzig und dem Kreisarchiv Leipzig in das Landesarchiv Leipzig. Die Bearbeitung erfolgte in den 1960er Jahren. Zunächst wurden die Vorakten der "Älteren Amtshauptmannschaften" aussortiert und zu einem eigenständigen Bestand formiert.
Anschließend erfolgte die Bewertung, Ordnung und Verzeichnung der Unterlagen, im Ergebnis entstand eine Findkartei. Grundlage für die Ordnung des Bestands war der Aktenplan für die Amtshauptmannschaften von 1874. Er teilte die Unterlagen in mehr als 20 Abteilungen, diese in Abschnitte ein. Die auf den Akten befindlichen Registratursignaturen sowie der Sachzusammenhang bildeten die Grundlage für die Ordnung des Bestands nach diesem Schema. Die Verzeichnungsangaben wurden 1979 in einem maschinenschriftlichen Findbuch mit den Akten Nr. 1 – 4875 (1815 – 1945) erfasst. Die Akten des Bezirksverbands der AH sind im Bestand enthalten, sie wurden nicht besonders gekennzeichnet.
Der Bestand umfasste zu diesem Zeitpunkt allerdings noch Vorakten der Gerichtsämter aus der Zeit ab 1856. Erst bei der Bearbeitung der Bestandsgruppe in den Jahren 2000 – 2001 wurden die Akten mit einer Laufzeit bis 1874 auf ihre Provenienzen geprüft und – unter Beibehaltung ihrer Archivsignaturen – virtuell den jeweiligen Gerichtsamtsbeständen zugeordnet. Im Findbuch erfolgte damals eine Kennzeichnung dieser mehr als 500 Akteneinheiten.
Im Jahr 2009 ist das Findmittel im Rahmen des DFG-Projekts "Retrokonversion archivischer Findmittel" digitalisiert worden. In diesem Zusammenhang sind die Daten im Staatsarchiv redaktionell bearbeitet worden. Das schloss eine Einarbeitung der verschiedenen Nachträge in die vorliegende Klassifikation und die Korrektur von Schreibfehlern ein. Die Vorakten der Gerichtsämter sind nicht mehr im Findmittel vorhanden, ebenso wurden 22 Akten nach 1945 dem Bestand 20234 Kreistag/Kreisrat Leipzig zugeordnet.
Die Gliederung wurde modifiziert, da einige Gruppen nur aus Gerichtsamtsakten bestanden, andere durch die Einarbeitung der Nachträge unübersichtlich wurden (s. Bearbeitungsbericht). Die Reihung der Akten innerhalb der Klassifikationspunkte entspricht der des alten Findbuches (chronologisch oder alphabetisch). Unklare Titel oder Namensangaben wurden nach Möglichkeit anhand der Akten überprüft. Namen von Orten, Personen und Firmen wurden indiziert, so dass das Findbuch nun erstmals ein Register enthält.
Bei der Bearbeitung wurde festgestellt, dass die Akten mit den Signaturen 4359 – 4611 (vorwiegend Wassersachen) nicht im masch. Findbuch verzeichnet waren. Sie mussten 2010 im Nachgang erschlossen werden.
Das vorliegende Findbuch enthält 4465 Verzeichnungseinheiten aus dem Zeitraum 1839 – 1948. Sie geben Auskunft über die territoriale, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Amtshauptmannschaft. Besonders umfangreich ist der Dualismus zwischen Stadt Leipzig und dem Umland überliefert (Eingemeindungen und Umbezirkungen). Ebenso wird die fortschreitende Industrialisierung sichtbar und deren Auswirkung auf die Entwicklung der Arbeiterbewegung mit Streiks, Zensur und Überwachung sowie den Ausbau der Infrastruktur (Verkehr, Energie).
Hinweise für die Benutzung
Das Findbuch enthält einige personenbezogene Unterlagen, deren Schutzfristen im Einzelfall erst 2022 enden. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach Verkürzung der Schutzfristen möglich.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig
20005 Ältere Amtshauptmannschaften
20024 Kreishauptmannschaft Leipzig
20096 Gerichtsamt Leipzig I
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20099 Gerichtsamt Markranstädt
20109 Gerichtsamt Taucha
20113 Gerichtsamt Zwenkau
20234 Kreistag/Kreisrat Leipzig
B. Richter
Dez. 2010[08]
[01] Gesetz, die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend. Nr. 39 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen 1873, S. 275 ff.- Verordnung, die Ausführung des Gesetzes über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung vom 21. April 1873 und der damit zusammenhängenden Gesetze betreffend. Nr. 101 vom 20. August 1874, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1874, S. 113 ff.
[02] Gesetz, die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretungen betreffend. Nr. 40 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1873, S. 284 ff.
[03] Sächsisches Wochenblatt für Verwaltung und Polizei 1938, Nr. 201, S. 1675.
[04] Vorläufige Bestimmungen über Behördenbezeichnungen. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 13 vom 8. Mai 1946, Teil II Amtliche Bekanntmachungen, S. 137.- Demokratische Kreisordnung für das Land Sachsen vom 16. Januar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 2 vom 31. Januar 1947, S. 22.- Bestimmung über die Bezeichnung der Selbstverwaltungskörperschaften und -organe vom 10. Februar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 4 vom 28. Februar 1947, S. 94.
[05] Vgl. Handbuch für die Amtshauptmannschaft Leipzig, hg. v. Karl Linke, Leipzig 1926, S. 1 ff.
[06] StA-L, 20028 AH Leipzig, Nr. 101, 102.
[07] Vgl. Staatshandbücher für das Königreich Sachsen, 1874 ff.- Adressbücher der Stadt Leipzig.- Handbuch für die Amtshauptmannschaft Leipzig, hg. v. Karl Linke, Leipzig 1926, S. 10.
Reichsverfassung und Landesverfassung.- Geschichte, Statistik, Topographie.- Bezirksverwaltung.- Verhältnisse mit auswärtigen Staaten.- Staatsangehörigkeit.- Kirchenangelegenheiten.- Gemeindeangelegenheiten.- Armenangelegenheiten und Wohltätigkeitsangelegenheiten.- Medizinalwesen und Gesundheitswesen.- Sicherheitspolizei.- Landwirtschaft.- Forstwesen, Jagdwesen und Fischereiwesen.- Handel, Gewerbe, Bergbau.- Bauwesen.- Verkehrswege.- Wasserangelegenheiten.
Die Amtshauptmannschaft Leipzig war für die ehemaligen Gerichtsamtsbezirke Leipzig I und II, Markranstädt, Taucha und Zwenkau zuständig. Nachfolgebehörde wurde das Landratsamt, ab 1947 der Kreisrat Leipzig.
Weitere Angaben siehe 2.3.3.3 Amtshauptmannschaften (Landratsämter).
Weitere Angaben siehe 2.3.3.3 Amtshauptmannschaften (Landratsämter).
- 2010 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5