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Beständeübersicht

Bestand

20030 Amtshauptmannschaft Rochlitz

Datierung1810 - 1956
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)65,36

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Geschichte der Amtshauptmannschaften

Mit der Bildung der Amtshauptmannschaften im Jahr 1874 vollzog der sächsische Staat die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung auf lokaler Ebene. Dieser Prozess hatte bereits in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen und betraf zunächst die zentrale und mittlere Verwaltungsebene. Auf der unteren Ebene erfolgte eine sukzessive Verstaatlichung, die 1856 eingerichteten Gerichtsämter fungierten als lokale Justiz- und Verwaltungsbehörden in den vier Kreisdirektionsbezirken.
Mit dem "Gesetz über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung" vom 21. April 1873 sowie der dazu gehörigen Ausführungsverordnung vom 20. August 1874 übernahmen die Amtshauptmannschaften die Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter.[01] Gleichzeitig wurden die Kreisdirektionen zu Kreishauptmannschaften umgebildet. Die neu gegründeten Verwaltungsbehörden unterstanden einheitlich dem Ministerium des Innern. Bei den Gerichtsämtern verblieb noch bis 1879 (Gründung der Amtsgerichte) die Zuständigkeit für die Jurisdiktion.
In Sachsen wurden 25 Amtshauptmannschaften in vier Kreishauptmannschafts-Bezirken eingerichtet:
­ im Bereich der Kreishauptmannschaft Bautzen: Bautzen, Kamenz, Löbau, Zittau
­ im Bereich der Kreishauptmannschaft Dresden: Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg, Großenhain, Meißen, Pirna
­ im Bereich der Kreishauptmannschaft Leipzig: Leipzig, Borna, Döbeln, Grimma, Oschatz, Rochlitz
­ im Bereich der Kreishauptmannschaft Zwickau: Annaberg, Auerbach, Chemnitz, Flöha, Marienberg, Oelsnitz, Plauen, Schwarzenberg, Zwickau.

In den Folgejahren gab es mehrere territoriale Veränderungen: Aus den Schönburgischen Rezessherrschaften wurde 1878 die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet, während kleinere Teile an die Amtshauptmannschaften Zwickau und Schwarzenberg fielen. 1880 wurde die Amtshauptmannschaft Dresden in die zwei Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geteilt (1924 wieder vereinigt). Im Jahr 1900 wurde von der Kreishauptmannschaft Zwickau eine neue Kreishauptmannschaft Chemnitz mit den Amtshauptmannschaften Chemnitz, Annaberg, Flöha, Glauchau und Marienberg abgetrennt.
1910 entstand die Amtshauptmannschaft Stollberg durch Abspaltung von der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Die Kreishauptmannschaft Bautzen wurde 1932 mit Dresden vereinigt.

Die Amtshauptmannschaften führten neben den Verwaltungsaufgaben der Gerichtsämter die Tätigkeiten der sog. "älteren" Amtshauptmannschaften sowie der der Straßen- und Wasserbaukommissionen fort. Sie fungierten als untere Verwaltungsinstanz in allen Angelegenheiten, für die es keine besonderen Behörden gab. Sie führten die Aufsicht über alle Gemeinden (mit Ausnahme der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz), überwachten die örtliche Polizeiverwaltung und übten sie in vielen Gemeinden selbst aus. Zu den "Polizeiangelegenheiten" gehörten außer der Sicherheitspolizei auch die Armenversorgung und die Medizinalfürsorge, die Aufsicht über Handel und Gewerbe sowie über die Land- und Forstwirtschaft, die Bau- und Feuerpolizei, die Versicherungsangelegenheiten und das Sparkassenwesen, ferner Staatsangehörigkeitssachen und das Personenstandswesen.
In jeder Amtshauptmannschaft bildeten der Amtshauptmann und ein Bezirksschulinspektor zusammen die Bezirksschulinspektion (ab 1919 Bezirksschulämter). Diese unterstanden dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts.
Jeder Amtshauptmannschaft war ein Bezirksverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung angeschlossen.[02] Der Bezirksverband wurde durch die Bezirksversammlung vertreten, die sich auf Bezirkstagen versammelte. Der Amtshauptmann berief den Bezirkstag mindestens einmal jährlich ein, führte den Vorsitz und leitete die Verhandlungen. Die Bezirksversammlung konnte für gemeinnützige Zwecke Einrichtungen und Ausgaben beschließen und verwaltete das Bezirksvermögen. Sie wählte die Mitglieder des Bezirksausschusses und des Kreisausschusses. Der Bezirksausschuss diente dem Amtshauptmann bei bestimmten Entscheidungen als mitwirkendes oder beratendes Organ (z. B. Wohlfahrtspflege, Neuanlage von öffentlichen Wegen, Konzessionen).

Im Rahmen der Verwaltungsvereinheitlichung im Deutschen Reich wurde ab 1939 die Bezeichnung "Kreis" für den Amtsbezirk und gemäß dem Führerprinzip für die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat", für deren Leiter Landrat eingeführt.[03] Diese Behördenstruktur bestand bis 1945. Die Landkreise blieben nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unverändert bestehen, die neuen Behörden fungierten unter den Bezeichnungen Landratsamt, ab 1947 Kreisrat.[04]

Geschichte der Amtshauptmannschaft Rochlitz

Die Amtshauptmannschaft Rochlitz wurde 1874 aus den Gerichtsamtsbezirken Burgstädt, Mittweida, Penig und Rochlitz gebildet. Ihr Amtssitz befand sich in der Leipziger Straße Nr. 474 (später Nr. 12 und 13) in Rochlitz. Vorgesetzte Behörde war die Kreishauptmannschaft Leipzig.
In den Zuständigkeitsbereich der Amtshauptmannschaft gehörten 143 Gemeinden, darunter die Städte Burgstädt, Mittweida (1924 ausgegliedert und kreisfrei), Penig, Rochlitz, Geringswalde und Lunzenau (Stand 1910).[05]
Der amtshauptmannschaftliche Verwaltungsbezirk umfasste 516,76 km² und war damit im Vergleich zu den anderen sächsischen Amtshauptmannschaften von mittlerem Umfang. 1910 lebten 122.564 Einwohner in der Amtshauptmannschaft. Die Bevölkerungsdichte betrug 237,2 Einwohner pro km² und lag damit erheblich unter dem Landesdurchschnitt.

Amtshauptleute / ab 1939 Landräte[06]

1874
Georg Otto von Ehrenstein
1875
Johann Georg Freiherr von Welck
1880
Wilhelm Alexander Schäffer
1894
Friedrich Wilhelm Albin Hänichen
1896
Johannes Anton Hallbauer
1898
Horst Süßmilch
1910
Bernhard Heinrich Roßberg
1919
Heinrich Rudolf Freiherr von und zu Mannsbach
1933
Dr. Pusch
1938
Hans Heinrich Garten
1939
Erich Rößler




Seit 1939 trug die Behörde die Bezeichnung "Der Landrat zu Rochlitz". Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war der Landkreis Rochlitz zunächst in ein unter amerikanischer Besatzung stehendes westliches und einen unter sowjetischer Besatzung stehendes östliches Gebiet unterteilt. Mit dem Abzug der amerikanischen Truppen unterstand der gesamte Verwaltungsbezirk ab Juli 1945 der sowjetischen Militäradministration. Der Behördenname lautete bis April 1946 "Der Landrat", von Mai bis Dezember 1946 "Landratsamt", vom Januar 1947 bis Juli 1951 "Kreisrat" und vom Juli 1951 bis August 1952 schließlich "Rat des Landkreises".[07]

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Die Unterlagen der Amtshauptmannschaft Rochlitz gelangten 1962 und 1963 aus den Kreisarchiven Rochlitz und Karl-Marx-Stadt sowie dem Landeshauptarchiv Dresden in das Landesarchiv Leipzig. Im Zuge von Provenienzprüfungen wurden zahlreiche Akten entnommen und in die Bestände von Stadtgerichten, Grundherrschaften und den Bestand Amt Rochlitz eingefügt.

1969 und 1970 erfolgten Bewertung, Ordnung und Verzeichnung der Unterlagen, im Ergebnis entstand eine Findkartei. Grundlage für die Ordnung des Bestands waren bereits erschlossene amtshauptmannschaftliche Bestände, die auf der Basis des Aktenplans für die Amtshauptmannschaften von 1874 systematisiert worden waren.

1987 wurde die Findkartei in ein maschinenschriftliches Findbuch übertragen. Der Bestand umfasste zu diesem Zeitpunkt allerdings noch Vorakten der Gerichtsämter aus der Zeit ab 1856. Erst bei der Bearbeitung der Bestandsgruppe in den Jahren 2000 – 2001 wurden die Akten mit einer Laufzeit bis 1874 auf ihre Provenienzen geprüft und – unter Beibehaltung ihrer Archivsignaturen – virtuell den jeweiligen Gerichtsamtsbeständen zugeordnet. Im Findbuch erfolgte damals eine Kennzeichnung dieser Akteneinheiten. Die Unterlagen des Bezirksverbands der Amtshauptmannschaft verblieben im Bestand, sie wurden nicht besonders gekennzeichnet.

In den 1990er und 2000er Jahren erfolgten weitere Aktenübernahmen aus verschiedenen Einrichtungen, die z. B. die Wasserwirtschaft und Gemeindeangelegenheiten betrafen. Dieses Schriftgut wurde, wie auch bereits im Staatsarchiv vorliegende, bisher unerschlossen gebliebene Vormundschaftsakten, bewertet, verzeichnet und nachträglich in den Bestand eingearbeitet.

Im Jahr 2017 wurde das Findbuch im Rahmen des DFG-Projekts "Retrokonversion archivischer Findmittel" retrokonvertiert. In diesem Zusammenhang sind die Daten im Staatsarchiv redaktionell bearbeitet worden. Das schloss die Überarbeitung der Klassifikation, die Einarbeitung der verschiedenen Nachträge, die Präzisierung von Ortsangaben und die Korrektur von Schreibfehlern ein. Einige bei der Bearbeitung 2000 – 2001 nicht erfasste Akten von Gerichtsämtern aus der Zeit vor 1874 wurden virtuell den betreffenden Provenienzbeständen zugeordnet. Die über 1945 hinausgehenden Akten sind im Bestand belassen worden. Die Reihung der Akten innerhalb der Klassifikationspunkte entspricht der des alten Findbuches (chronologisch oder alphabetisch).

Der vorliegende Bestand hat einen Umfang von 65,36 lfm und umfasst den Zeitraum 1810 – 1956.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand enthält Unterlagen zur territorialen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Amtshauptmannschaft Rochlitz. Besonders umfangreich sind Gemeindeangelegenheiten, Handel und Gewerbe, Wasserbau und Wassernutzung sowie der Bau von Eisenbahnstrecken dokumentiert.

Hinweise für die Benutzung

Für die Einsichtnahme in Akten der Klassifikationsgruppen 03.06.02 Personalakten und 10.05 Amtsvormundschaften und Unterhaltszahlungen sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes[08] festgelegten Schutzfristen. Aktentitel mit personenbezogenen Daten und laufenden Schutzfristen sind in der Online-Version des Findbuchs nicht einsehbar.

Bei alphabetisch nach Ortsnamen sortierten Klassifikationsgruppen ist darauf zu achten, dass die Orte mitunter nach ihren Namenskernen gereiht wurden, Bsp.: Nieder- und Oberrossau unter R wie Rossau.

Verweise auf korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig

20005
Ältere Amtshauptmannschaften des Leipziger Kreises
20024
Kreishauptmannschaft Leipzig
20086
Gerichtsamt Burgstädt
20100
Gerichtsamt Mittweida
20104
Gerichtsamt Penig
20105
Gerichtsamt Rochlitz
20236
Kreistag/Kreisrat Rochlitz




K. Heil
März 2018


[01] Gesetz, die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend. Nr. 39 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen 1873, S. 275 ff.- Verordnung, die Ausführung des Gesetzes über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung vom 21. April 1873 und der damit zusammenhängenden Gesetze betreffend. Nr. 101 vom 20. August 1874, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1874, S. 113 ff.
[02] Gesetz, die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretungen betreffend. Nr. 40 vom 21. April 1873, in: Gesetz- und Verordnungsblätter für das Königreich Sachsen 1873, S. 284 ff.
[03] Sächsisches Wochenblatt für Verwaltung und Polizei 1938, Nr. 201, S. 1675.
[04] Vorläufige Bestimmungen über Behördenbezeichnungen. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 13 vom 8. Mai 1946, Teil II Amtliche Bekanntmachungen, S. 137.- Demokratische Kreisordnung für das Land Sachsen vom 16. Januar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 2 vom 31. Januar 1947, S. 22.- Bestimmung über die Bezeichnung der Selbstverwaltungskörperschaften und -organe vom 10. Februar 1947. In: Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen, veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen, Nr. 4 vom 28. Februar 1947, S. 94.
[05] Klein, Thomas, Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 – 1945, Bd. 14 Sachsen, S. 384 ff.
[06] Ebenda, S. 386.
[07] StA-L, 20236 Kreistag/Kreisrat Rochlitz, Findbucheinleitung.
[08] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl S.449), zuletzt durch das Gesetz vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. 2014 S. 2) geändert.

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Die Amtshauptmannschaft Rochlitz war für die ehemaligen Gerichtsamtsbezirke Burgstädt, Mittweida, Penig und Rochlitz sowie Teile der Gerichtsamtsbezirke Frohburg und Geringswalde zuständig. Nachfolgebehörde wurde das Landratsamt, ab 1947 der Kreisrat Rochlitz.
Weitere Angaben siehe 2.3.3.3 Amtshauptmannschaften (Landratsämter).
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