Beständeübersicht
Bestand
20031 Polizeipräsidium Leipzig
Datierung | 1813 - 1959 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 492,33 |
Bestand enthält auch 298 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular
Behördengeschichte
Die Entstehung der Leipziger Polizeibehörde geht auf die unter französischer Besatzung gebildete Gendarmerie zurück. 1811 wurde das Polizeiamt der Stadt Leipzig gegründet. 1822 entstand das Vereinigte Kriminal- und Polizeiamt der Stadt Leipzig mit Zuständigkeit für Strafgerichtsbarkeit und Sicherheitspolizei in der Stadt. Die Behörde trug, nach weiteren Umstrukturierungen, ab 1841 die Bezeichnung "Polizeiamt". In Folge der Revolution 1848/49 und der Übertragung weiterer Aufgaben auf die Polizei (Verfolgung von Demokraten, Zensur) wurde neben der Polizeideputation zu Dresden auch das Polizeiamt zu Leipzig dem sächsischen Innenministerium unterstellt.[01] Bis zum Ende des 19. Jh. verselbständigte sich die Polizeibehörde immer mehr von der Stadtverwaltung.
Die gesellschaftlichen Umbrüche nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erforderten auch eine Änderung der polizeilichen Strukturen um Ordnung und Sicherheit weiterhin gewährleisten zu können. Mit dem Polizeiänderungsgesetz vom 27. Juni 1921[02] , der Verordnung über den Übergang der Ordnungs- und Kriminalpolizei auf den Staat vom 14. September 1922 und der Ausführungsverordnung vom 15. September 1922[03] ging die Ordnungspolizei (bisher Sicherheitspolizei, später Schutzpolizei) und die Verkehrspolizei in die Zuständigkeit des Freistaates Sachsen, Ministerium des Innern, über. Das Kriminalamt mit Zuständigkeit für den Landgerichtsbezirk Leipzig unterstand nunmehr dem Landeskriminalamt in Dresden, das die Verbrechensbekämpfung für ganz Sachsen koordinierte. Kriminalabteilungen bzw. -posten gab es in Leipzig, Wurzen und Borna. Gleichzeitig erfolgte die Umbenennung von Polizeiamt in Polizeipräsidium. Die Verwaltungspolizei, früher Wohlfahrtspolizei, verblieb unter städtischer Aufsicht. Sitz des Polizeipräsidiums war und ist noch heute das 1890 für das Polizeiamt Leipzig errichtete Gebäude in der Wächterstraße (heute Dimitroffstraße).
Dem Polizeipräsidium unterstanden bis in die dreißiger Jahre das 1919 als Hilfspolizei geschaffene, spätere Kommando der Bereitschaftspolizei (grüne Uniformen) mit fast 1000 Polizisten in acht Bereitschaften, die in der 106. Kaserne in Leipzig-Möckern stationiert waren, und das Kommando der Schutzpolizei sowie die Hauptkanzlei. Zur Schutzpolizei (blaue Uniformen) gehörten ca. 1100 Polizisten, die dem Kommando der Revierpolizei mit drei Polizeiinspektionen, neun Polizeirevieren und 36 Polizeiwachen und Polizeiposten zugeordnet waren. Direkt unterstellt waren die Verkehrspolizei, eine berittene Abteilung, ein Überfallkommando, die Versorgungsdienste, das Diensthundewesen und die Flugwache. Zur Hauptkanzlei mit Pressestelle und Fahndungsnachweis gehörten das Personalamt sowie die Kassen- und Wirtschaftsverwaltung. Es gab sieben Fachabteilungen: allgemeine Polizei- und Strafsachen (Abt. I), Lustbarkeits-, Jagd- und Sittensachen (Abt. II), Pass- und Ausländeramt (Abt. III), Politische Abteilung (Abt. IV), Meldeamt (Abt. V), Polizeivollzugsabteilung mit Polizeigefängnis und Polizeikrankenhaus (Abt. VI), Verkehrsabteilung (Abt. VII). 1928 kam als Abteilung VIII der Gesundheitsdienst hinzu.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten[04] ging die Polizeigewalt der Länder auf das Reich über. 1935 erfolgte die Übernahme der Bereitschaftspolizei in die Wehrmacht. Mit dem schon vorher begonnenen Herauslösen der politischen Abteilung wurde 1937 die Staatspolizeileitstelle Leipzig, die dem Geheimen Staatspolizeiamt Berlin direkt unterstellt war, geschaffen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es unter der amerikanischen Besatzung nur zögerlich zu Veränderungen. Mehr als 80% des Personals verblieb vorerst im Amt. Erst ab Juli 1945, mit dem Wechsel der Besatzungsmacht, erfolgten grundlegende Umgestaltungen.
Im Ressort Inneres der Landesverwaltung Sachsen (nach den Wahlen 1946 Landesregierung Sachsen) gab es die Polizeiverwaltung, aus der dann die Landesbehörde der Polizei gebildet wurde. Ihr unterstanden sowohl das Polizeipräsidium Leipzig, als auch das Kreispolizeiamt Leipzig, welches 1948 wieder aufgelöst wurde.
In der Verordnung über das Polizeiwesen im Bundesland Sachsen vom 2. August 1946 wird festgelegt, dass die Polizei eine Einrichtung der Landkreise und der Stadtkreise Chemnitz, Dresden, Görlitz, Leipzig, Plauen und Zwickau ist. An deren Spitze stand der Bezirkspolizeipräsident. Er war in Nordwestsachsen für den Stadtkreis Leipzig und für die Landkreise Borna, Döbeln, Grimma, Leipzig, Oschatz und Rochlitz sowie für das Kriminalamt Leipzig, zuständig.
Im Herbst 1949, nach der Gründung der DDR, übernahm das Ministerium des Innern in Berlin, die Aufgaben der Deutschen Verwaltung des Innern, der bereits 1948 die Landesbehörden der Polizei unterstellt worden waren.
Der Name Volkspolizei wurde mit dem 4. Jahrestag der Neugründung, ab 1. Juni 1949 eingeführt. So nannte sich das Polizeipräsidium Leipzig fortan Volkspolizeipräsidium Leipzig.
Mit der 1952 durchgeführten Verwaltungsreform wurde in jedem der 14 Bezirke der DDR eine Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei gebildet. Die Landesbehörden der Volkspolizei wurden aufgelöst, das Volkspolizeipräsidium Leipzig ging in das Volkspolizeikreisamt Leipzig über und nahm am 1.8.1952 offiziell die Arbeit auf.
Bestandsgeschichte und –bearbeitung
Zur Bestandsgeschichte und den früheren Bearbeitungen ist kaum etwas überliefert. Eine Dokumentation der Bewertung und Verzeichnung ist offenbar nicht angelegt worden.
Wahrscheinlich hat es ein größeres zentrales Behördenarchiv gegeben, da die Akten zu den Personen unabhängig vom Delikt, ob politisch oder kriminell, einschließlich Führerscheinangelegenheiten und Meldesachen über sehr lange Zeiträume geführt worden sind. Sicher ist, dass die Gestapo, die die Akten der politischen Abteilung in den dreißiger Jahren übernahm, diese 1945 zu großen Teilen vernichtete. Weitere Verluste gab es nach Beendigung des Krieges durch unzureichende Sicherung. Aktenpläne bzw. Registraturordnungen sind kaum überliefert.
Ende der 1950er Jahre begann die stufenweise Übernahme der Akten in das damalige Landesarchiv Leipzig. 1961 war die Arbeit am Bestand Polizeipräsidium Leipzig Schwerpunkt der Aufgaben. In Zusammenarbeit mit dem Volkspolizeikreisamt Leipzig wurden 180 lfm übernommen und vor Ort ca. 540 lfm kassiert.[05] Die Verzeichnung der Strafakten (PP-S)[06] wurde begonnen. Besonders mühevoll und zeitaufwendig stellte sich dabei die Erschließung loser Schriftstücke dar. Noch vor Einführung der OVG[07] konnte die Verzeichnung des gesamten Bestandes Polizeipräsidium Leipzig abgeschlossen werden.
Um 1970 nahm man im Zuge der Vorbereitung der erweiterten Fassung der Quellennachweise der Arbeiterbewegung[08] eine erneute Bearbeitung vor, wobei besonders die Verzeichnung der dafür relevanten Daten im Vordergrund stand. 1981/82 erfolgte im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Bestandsübersicht, eine teilweise Überarbeitung. Hauptsächlich wurde die handschriftliche Kartei neu geordnet. Die Gliederung sollte sich mehr an der Organisationsstruktur der Behörde orientieren. So wurden v. a. die kriminellen und politischen Delikte sowie die aus der Zeit nach Beendigung des Krieges in gesonderte Gliederungspunkte eingeordnet. Der umfangreichste und damit größte Teilbestand "Ermittlungsverfahren und Strafmitteilungen" wurde unterteilt in
2.1. Verfahren gegen revolutionäre und oppositionelle Kräfte,
antifaschistischer Widerstandskampf, A-Z (Politische Delikte)
2.2. Verfahren wegen krimineller Delikte, A-Z
2.3. Verfahren nach 1945, A-Z
Nach 1995 bis um 2003 wurde in mehreren Etappen die Computereingabe des Teilbestandes "Vereine" vorgenommen. Im Rahmen des Projekts "Retrokonversion von Findbüchern" erfolgte 2006 und 2007 die Eingabe aller anderen Teilbestände in das Programm "AUGIAS-ARCHIV 7.4". 2011 - 2014 erfolgte die Einarbeitung von Akten, die bisher dem Bestand 20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei zugeordnet waren, so dass nunmehr rund 21 600 Datensätze der Recherche per Computer zur Verfügung stehen. Das ausgedruckte Findbuch umfasst neun Bände mit über 2700 Seiten.
Akten, die vom Polizeiamt der Stadt Leipzig angelegt und geführt worden sind und vor 1922 beginnen und enden, wurden, um Überlieferungszusammenhänge nicht zu zerstören, im Bestand belassen. Aus eben diesem Grund sind auch die Akten aus dem Zeitraum von 1945 bis 1952 trotz grundlegender Umbildung der Behörde im Bestand verblieben. Hier wurde in das Feld Provenienz die Endprovenienz Volkspolizeipräsidium Leipzig eingetragen. Die Bestandstrennung erfolgte mit dem 1. 8. 1952 (s. Abschnitt Behördengeschichte).
Die bisherigen Verzeichnungsangaben der handschriftlichen Kartei wurden in die jeweiligen Felder der Datenbank übertragen.
Überprüfungen der Akten fanden nur bei fehlenden Angaben, unklaren Formulierungen und offensichtlichen Fehlern statt.
Bei dem weitaus größten Teil der Akten besteht der Aktentitel aus dem Namen einer oder seltener mehrerer Personen, Bezeichnungen von Vereinen, Titeln von Zeitungen oder Zeitschriften.
Innerhalb der Klassifikationspunkte sind die Akten im Ausdruck überwiegend chronologisch angeordnet. Lediglich im Teil Meldewesen (PP-M) und Personalakten (PP-PA) wurde die alphabetische Ordnung angewandt, wobei die Umlaute unberücksichtigt blieben.
Bereits in den 1960er Jahren wurden Akten des Polizeipräsidiums Leipzig direkt aus der Behörde in das damalige zentrale Parteiarchiv in Berlin übernommen. Diese Akten wurden dort verzeichnet und unter der Bezeichnung PP-St eingeordnet, wobei "St" für Staat steht. Inhaltlich betreffen die Akten bedeutsame Ereignisse und Vorgänge sowie Personen der Arbeiterbewegung. Diese Akten wurden nach 1990 in das Staatsarchiv Leipzig zurückgeführt und in den Bestand eingearbeitet. Die Signaturen wurden beibehalten. Inhaltlich wurden sie nunmehr den jeweiligen Gliederungspunkten zugeordnet.
2022 wurden die aus dem Bestand 22236 Volkspolizeikreisamt Leipzig übernommenen Ausländerakten der Ablagejahrgänge 1945 bis 1952 erschlossen und dem neu erstellten Gliederungspunkt 06.04 Ausländerakten zugeordnet.
Überlieferungsschwerpunkte[09]
Der gesamte Bestand Polizeipräsidiums Leipzig umfasst 490 lfm aus dem Zeitraum 1822-1959. Die insgesamt rund 22000 Datensätze sind in neun Gliederungspunkte strukturiert. Einzelne Klassifikationen sind vielfach unterteilt, so z. B. die Überlieferung zu Vereinen (09) mit 45 Untergruppen. Die bei früheren Bearbeitungen vergebenen alphanumerischen Signaturen wurden beibehalten.
Die Zuordnung zu den Bezeichnungen PP-S, PP-V (Vereine) usw. ist nicht immer mit der Zuordnung zu den Gliederungspunkten identisch. So werden Akten mit allgemeinem Inhalt mit PP-V bezeichnet, wie auch Akten, die Prostituierte betreffen.
Der zeitliche Schwerpunkt liegt in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Über 8800 Akten beginnen vor 1922, davon rund 1100 vor dem Jahre 1900. Ca. 2450 Akten enden bereits vor 1922. Rund 500 Akten wurden erst nach 1945 angelegt und reichen teilweise bis 1959. Die nach 1952 angelegten Akten wurden dem Nachfolgebestand 20250 BDVP zugeordnet.
Der umfangreiche Bestand ist trotz seiner Fülle von Dokumenten nicht vollständig überliefert. Große Bereiche fehlen ganz. So gibt es von der Bereitschaftspolizei sowie den Revieren, keine Akten. Weder die berittene Abteilung noch das Überfallkommando oder die Diensthundestaffel sind nachweisbar. Die Akten der Leitung, v. a. die beim Polizeipräsidenten geführten Akten, sind nicht erhalten. Die Zusammenarbeit mit sowie die Anleitung und Kontrolle durch die übergeordnete Behörde ist an Hand des Bestandes nicht nachvollziehbar.
01 Verwaltung, innerer Dienstbetrieb
Von den rund 1100 Akten sind ca. 780 Personalakten und rund 300 Bände betreffen Register. Nur ca. 20 Akten beinhalten Berichte und Statistiken bzw. Angaben zur Struktur der Polizei. Leitungsakten sind nicht überliefert. Für die Einsichtnahme in die Personalakten sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 des Archivgesetzes[10] festgelegten Schutzfristen.
02 Überwachung
In diesen Gliederungspunkt wurden ca. 320 Akten eingeordnet. Neben der allgemeinen politischen Überwachung sind Unterlagen zur Aufsicht über Gewerbe, Kultur und Verkehr überliefert. Über 100 Bände beinhalten die sittenpolizeiliche Überwachung. Im Punkt 02.02.03 Ausländische Zwangsprostituierte wurden Unterlagen zu so genannten fremdvölkischen Personen, die für eine bestimmte Zeit (1941-1945) in Deutschland zur Prostitution gezwungen wurden, zusammengefasst. Diese Akten dokumentieren neben Aufenthaltsangelegenheiten hauptsächlich die gesundheitspolizeiliche Überwachung.
03 Polizeigefängnis
Eine unverzichtbare Quelle über den Nachweis von Inhaftierungen sind die 37 Gefangenentagebücher aus dem Zeitraum 1930 - 1945. Die Eintragungen erfolgten in der Reihenfolge der Einlieferung. Namenverzeichnisse ermöglichen das rasche Auffinden. Es ist neben den Personendaten der Grund der Inhaftierung, oft nur als Aktenzeichen, eingetragen und der Zeitpunkt der Verhaftung sowie die Entlassung bzw. der Verbleib vermerkt. Große Verhaftungswellen, wie 1938 nach der Pogromnacht mit über 500 verhafteten jüdischen Bürgern, sind nachweisbar. Offenbar war das Polizeigefängnis ein Sammelpunkt und Durchgangsstation für über 20 000[11] politisch Verfolgte. Nicht nachweisbar sind Personen, die in größeren Sammeltransporten dieses Gefängnis durchlaufen mussten. Die hierfür erstellten Sonderlisten sind nicht überliefert.
04 Feuerschutzpolizei
In 28 Bände aus dem Zeitraum 1882 - 1945 sind die Überwachung des Brandschutzes, vorwiegend im Theater, sowie Unterlagen zu Einsätzen der Feuerwehr v. a. bei Bränden in Firmen überliefert. Weitere 21 Akteneinheiten mit der Signatur PP-F dokumentieren Feuerwehreinsätze in und um Leipzig bei Luftangriffen im 2. Weltkrieg.
05 Opfer der Luftangriffe auf Leipzig
Vom Dezember 1943 bis zum April 1945 war Leipzig das Ziel für 38 Luftangriffe. Für 11 dieser Angriffe sind 590 Akten, die meist nur wenige Blatt umfassen, überliefert. Inhaltlich handelt es sich um das Auffinden unbekannter Toter, manchmal ganzer Hausgemeinschaften, deren Identität durch die Kriminalpolizei ermittelt werden mußte.
06 Meldewesen
Das Meldewesen der Stadt Leipzig wurde 1911 neu gestaltet. Die vom Polizeiamt über das gesamte 19. Jahrhundert geführten Meldebücher wurden nunmehr von der Meldekartei abgelöst. Hier wurden alle Einwohner der sich durch Eingemeindungen rasch vergrößernden Stadt, bis zum Jahre 1949/50 registriert. In 3352 Kästen sind über 1 Million Karten überliefert. Dennoch ist keine Vollständigkeit gegeben. Der Gesamtumfang beträgt 340 lfm.
Die Angaben auf den Karten umfassen neben dem Namen, Geburtstag und Adresse auch Eintragungen für den Ehepartner, die Kinder und deren Ehelichkeit. Vermerkt sind weiterhin Zu- und Wegzug sowie kurzzeitiger Aufenthalt außerhalb der Stadt, die Aushändigung eines Passes, Strafen, manchmal auch Daten zu den Eltern.
94 Bände Geburtenregister aus der Zeit 1878 - 1950 und 55 Bände Totenregister aus der Zeit 1873 - 1931 wurden in diesen Gliederungspunkt eingeordnet.
Die Ausländerakten sind innerhalb des Ablagejahrs alphabetisch sortiert und enthalten u. a. Anträge auf Ausstellung von Aufenthaltserlaubnissen, Anträge auf Ausstellung von Personalausweisen, Hinweise auf Rücktransport in Heimatländer und eingezogene Kennkarten für Ausländer. Sie umfassen meist ein oder nur wenige Dokumente, größtenteils mit Passfoto. Es sind auch Vorgänge von seit der Geburt oder schon längere Zeit in Leipzig lebenden Ausländern überliefert.
07 Ermittlungsverfahren, Strafmitteilungen sowie Ordnungsangelegenheiten
Mit über 60 lfm und mehr als 10 300 Datensätzen ist das der quantitativ größte Teilbestand. Der zeitliche Umfang reicht von 1875 bis 1952. Der Schwerpunkt liegt in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Rund 3750 Akten wurden den Gliederungspunkten für politische Verfahren und ca. 4700 Akten kriminellen Tatbeständen sowie über 1000 Akten Straftaten gegen die Sittlichkeit zugeordnet. Rund 900 Akten beinhalten Ordnungsangelegenheiten, wie Pass- und Meldesachen, aber auch Aufenthaltsgenehmigungen und Ausweisungen von jüdischen Bürgern (über 700 Akten). Zur Verkehrsüberwachung sind ca. 150 Akten überliefert.
Die Einordnung in die Gliederungspunkte hat sich relativ schwierig gestaltet. Es wurde versucht, immer das am höchsten stehende Delikt zu berücksichtigen, wobei politische Verfahren vorrangig berücksichtigt wurden. Die verschiedenen politischen Systeme, wie das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die Zeit des Faschismus, aber auch die entstehende DDR spiegeln sich in typischen zeitgenössischen Begriffen für die Bezeichnung der Delikte wider, wobei sich auch der Begriffsinhalt veränderte. Einzelne zeitbezogene Delikte wurden in entsprechenden Gliederungspunkten zusammengefasst.
Dieser Teilbestand war und ist von großer Bedeutung für die Geschichte der Arbeiterbewegung aber auch für soziologische Forschungen aller Art bietet er entsprechende Quellen.
Zum Auffinden einzelner Namen empfiehlt es sich, den Personenindex zu nutzen.
08 Presse
Zu den Aufgaben der Polizei gehörte auch die Aufsicht über Presseerzeugnisse. In der Ausführungsverordnung vom 15. September 1922 zum Gesetz über die Änderungen im Polizeiwesen vom 27. 6. 1921 wird dies nochmals ausdrücklich als ein Tätigkeitsfeld der Ordnungspolizei benannt. Die Überwachung betraf neben Zeitungen und Zeitschriften aus Politik und Wirtschaft auch Familien- und Unterhaltungsblätter. 721 Akten aus dem Zeitraum 1851 – 1942 sind überliefert. In der Regel enthalten die Akten nur wenige Blatt. In einigen Akten sind Exemplare der Zeitungen enthalten.
09 Vereine
Der Teilbestand zeichnet mit rund 5000 Akteneinheiten ein umfassendes Bild des Vereinswesens in Leipzig und Umgebung für den Zeitraum 1839 bis 1949. In mehr als 2200 Akten, die von der Polizei geführt wurden, sind Unterlagen zur Überwachung der Vereine überliefert. Ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurde diese Aufgabe von der Gestapo übernommen. Das ist in rund 350 Akten dokumentiert, die v. a. die Auflösung von politischen und religiösen Vereine betreffen. Über 2300 Akten beinhalten die Registrierung der Vereine und rund 50 Akten die der Genossenschaften beim Amtsgericht Leipzig. Da die Zuordnung dieser Akten zum Bestand Polizeipräsidium Leipzig bereits während der früheren Bearbeitung in den 60er Jahren erfolgt sein muss, wurde auf eine Herauslösung verzichtet und diese im Bestand belassen. Im Bestand 20124 Amtsgericht Leipzig, wo sich allerdings die dazugehörigen Registerbände befinden, wurde darauf entsprechend hingewiesen.
Hinweise für die Benutzung
Es gibt neun Bände, einige mit einer kurzen Einleitung mit Hinweisen auf die Spezifika des Teilbestands.
Datenschutz
Für die Einsichtnahme sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 des Archivgesetzes[12] festgelegten Schutzfristen.
Filmnummern
Bei der Übertragung der Findkartei in die Datenbank wurden die Filmnummern ergänzt. Sie sind mit der Bezeichnung F und einer Zählung in der linken Spalte des Findbuchs angeordnet und sind unbedingt für die Bestellung zu nutzen, da in der Regel nur die Filme vorgelegt werden.
Bandreihen
Im Ausdruck des Findbuches war es leider nicht möglich zusammengehörende Bände in entsprechender Reihenfolge auszudrucken. Durch Nutzung des Personenindex ist v. a. für den Gliederungspunkt 07 dieser Mangel zu kompensieren.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig:
20024 Kreishauptmannschaft Leipzig
20034 Strafanstalt Leipzig-Kleinmeusdorf
20035 Untersuchungshaftanstalten Leipzig
20114 Landgericht Leipzig
20124 Amtsgericht Leipzig
20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Leipzig
22236 Volkspolizeikreisamt Leipzig
Quellen und Literatur
Geschichte der Deutschen Volkspolizei 1945-1961. Hrsg. Ministerium des Innern,
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1979.
Müller, Gerd: Leipziger Polizei. 2005.
Müller, Gerd: Hier KRIPO LEIPZIG. 2011.
Wilhelm, Friedrich: Die Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1997.
Archivalische Quellennachweise zur Geschichte der Juden. Teil Organisationen, 1993.
Maren Worrich, Roswitha Franke, 2007, 2011, 2014
Andreas Nebelung, Doreen Wustig, 2022
[01] Staatshandbuch für das Königreich Sachsen, 1850, S. 203.
[02] Sächsisches Gesetzblatt Nr. 14, 1921, S. 199.
[03] Sächsisches Gesetzblatt Nr. 35, 1922, S. 547ff.
[04] Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30.1.1934, RGBl. I, S. 75.
[05] Jahresbericht des Landesarchivs Leipzig 1961, Bl. 4 und 6, die Angaben betreffen den Gesamtbestand Polizeipräsidium Leipzig.
[06] Der Begriff Strafakte ist ungenau, da die Akten inhaltlich nicht nur Straftatbestände sondern auch Ordnungsangelegenheiten oder das Auffinden von Toten nach Unfällen betreffen.
[07] OVG – Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der DDR. Hrsg. Staatliche Archivverwaltung im Ministerium des Innern der DDR. 1964.
[08] Archivalische Quellennachweise zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 8 (Teil 1 und 2). Hrsg. Staatliche Archivverwaltung des Ministeriums des Innern der DDR. 1973.
[09] Einzelnen Bänden des Findbuchs ist eine kurze Einleitung vorangestellt, die wesentliche Aspekte des jeweiligen Klassifikationspunktes erläutert.
[10] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
[11] Müller: Leipziger Polizei. S. 354.
[12] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
Die Entstehung der Leipziger Polizeibehörde geht auf die unter französischer Besatzung gebildete Gendarmerie zurück. 1811 wurde das Polizeiamt der Stadt Leipzig gegründet. 1822 entstand das Vereinigte Kriminal- und Polizeiamt der Stadt Leipzig mit Zuständigkeit für Strafgerichtsbarkeit und Sicherheitspolizei in der Stadt. Die Behörde trug, nach weiteren Umstrukturierungen, ab 1841 die Bezeichnung "Polizeiamt". In Folge der Revolution 1848/49 und der Übertragung weiterer Aufgaben auf die Polizei (Verfolgung von Demokraten, Zensur) wurde neben der Polizeideputation zu Dresden auch das Polizeiamt zu Leipzig dem sächsischen Innenministerium unterstellt.[01] Bis zum Ende des 19. Jh. verselbständigte sich die Polizeibehörde immer mehr von der Stadtverwaltung.
Die gesellschaftlichen Umbrüche nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erforderten auch eine Änderung der polizeilichen Strukturen um Ordnung und Sicherheit weiterhin gewährleisten zu können. Mit dem Polizeiänderungsgesetz vom 27. Juni 1921[02] , der Verordnung über den Übergang der Ordnungs- und Kriminalpolizei auf den Staat vom 14. September 1922 und der Ausführungsverordnung vom 15. September 1922[03] ging die Ordnungspolizei (bisher Sicherheitspolizei, später Schutzpolizei) und die Verkehrspolizei in die Zuständigkeit des Freistaates Sachsen, Ministerium des Innern, über. Das Kriminalamt mit Zuständigkeit für den Landgerichtsbezirk Leipzig unterstand nunmehr dem Landeskriminalamt in Dresden, das die Verbrechensbekämpfung für ganz Sachsen koordinierte. Kriminalabteilungen bzw. -posten gab es in Leipzig, Wurzen und Borna. Gleichzeitig erfolgte die Umbenennung von Polizeiamt in Polizeipräsidium. Die Verwaltungspolizei, früher Wohlfahrtspolizei, verblieb unter städtischer Aufsicht. Sitz des Polizeipräsidiums war und ist noch heute das 1890 für das Polizeiamt Leipzig errichtete Gebäude in der Wächterstraße (heute Dimitroffstraße).
Dem Polizeipräsidium unterstanden bis in die dreißiger Jahre das 1919 als Hilfspolizei geschaffene, spätere Kommando der Bereitschaftspolizei (grüne Uniformen) mit fast 1000 Polizisten in acht Bereitschaften, die in der 106. Kaserne in Leipzig-Möckern stationiert waren, und das Kommando der Schutzpolizei sowie die Hauptkanzlei. Zur Schutzpolizei (blaue Uniformen) gehörten ca. 1100 Polizisten, die dem Kommando der Revierpolizei mit drei Polizeiinspektionen, neun Polizeirevieren und 36 Polizeiwachen und Polizeiposten zugeordnet waren. Direkt unterstellt waren die Verkehrspolizei, eine berittene Abteilung, ein Überfallkommando, die Versorgungsdienste, das Diensthundewesen und die Flugwache. Zur Hauptkanzlei mit Pressestelle und Fahndungsnachweis gehörten das Personalamt sowie die Kassen- und Wirtschaftsverwaltung. Es gab sieben Fachabteilungen: allgemeine Polizei- und Strafsachen (Abt. I), Lustbarkeits-, Jagd- und Sittensachen (Abt. II), Pass- und Ausländeramt (Abt. III), Politische Abteilung (Abt. IV), Meldeamt (Abt. V), Polizeivollzugsabteilung mit Polizeigefängnis und Polizeikrankenhaus (Abt. VI), Verkehrsabteilung (Abt. VII). 1928 kam als Abteilung VIII der Gesundheitsdienst hinzu.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten[04] ging die Polizeigewalt der Länder auf das Reich über. 1935 erfolgte die Übernahme der Bereitschaftspolizei in die Wehrmacht. Mit dem schon vorher begonnenen Herauslösen der politischen Abteilung wurde 1937 die Staatspolizeileitstelle Leipzig, die dem Geheimen Staatspolizeiamt Berlin direkt unterstellt war, geschaffen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es unter der amerikanischen Besatzung nur zögerlich zu Veränderungen. Mehr als 80% des Personals verblieb vorerst im Amt. Erst ab Juli 1945, mit dem Wechsel der Besatzungsmacht, erfolgten grundlegende Umgestaltungen.
Im Ressort Inneres der Landesverwaltung Sachsen (nach den Wahlen 1946 Landesregierung Sachsen) gab es die Polizeiverwaltung, aus der dann die Landesbehörde der Polizei gebildet wurde. Ihr unterstanden sowohl das Polizeipräsidium Leipzig, als auch das Kreispolizeiamt Leipzig, welches 1948 wieder aufgelöst wurde.
In der Verordnung über das Polizeiwesen im Bundesland Sachsen vom 2. August 1946 wird festgelegt, dass die Polizei eine Einrichtung der Landkreise und der Stadtkreise Chemnitz, Dresden, Görlitz, Leipzig, Plauen und Zwickau ist. An deren Spitze stand der Bezirkspolizeipräsident. Er war in Nordwestsachsen für den Stadtkreis Leipzig und für die Landkreise Borna, Döbeln, Grimma, Leipzig, Oschatz und Rochlitz sowie für das Kriminalamt Leipzig, zuständig.
Im Herbst 1949, nach der Gründung der DDR, übernahm das Ministerium des Innern in Berlin, die Aufgaben der Deutschen Verwaltung des Innern, der bereits 1948 die Landesbehörden der Polizei unterstellt worden waren.
Der Name Volkspolizei wurde mit dem 4. Jahrestag der Neugründung, ab 1. Juni 1949 eingeführt. So nannte sich das Polizeipräsidium Leipzig fortan Volkspolizeipräsidium Leipzig.
Mit der 1952 durchgeführten Verwaltungsreform wurde in jedem der 14 Bezirke der DDR eine Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei gebildet. Die Landesbehörden der Volkspolizei wurden aufgelöst, das Volkspolizeipräsidium Leipzig ging in das Volkspolizeikreisamt Leipzig über und nahm am 1.8.1952 offiziell die Arbeit auf.
Bestandsgeschichte und –bearbeitung
Zur Bestandsgeschichte und den früheren Bearbeitungen ist kaum etwas überliefert. Eine Dokumentation der Bewertung und Verzeichnung ist offenbar nicht angelegt worden.
Wahrscheinlich hat es ein größeres zentrales Behördenarchiv gegeben, da die Akten zu den Personen unabhängig vom Delikt, ob politisch oder kriminell, einschließlich Führerscheinangelegenheiten und Meldesachen über sehr lange Zeiträume geführt worden sind. Sicher ist, dass die Gestapo, die die Akten der politischen Abteilung in den dreißiger Jahren übernahm, diese 1945 zu großen Teilen vernichtete. Weitere Verluste gab es nach Beendigung des Krieges durch unzureichende Sicherung. Aktenpläne bzw. Registraturordnungen sind kaum überliefert.
Ende der 1950er Jahre begann die stufenweise Übernahme der Akten in das damalige Landesarchiv Leipzig. 1961 war die Arbeit am Bestand Polizeipräsidium Leipzig Schwerpunkt der Aufgaben. In Zusammenarbeit mit dem Volkspolizeikreisamt Leipzig wurden 180 lfm übernommen und vor Ort ca. 540 lfm kassiert.[05] Die Verzeichnung der Strafakten (PP-S)[06] wurde begonnen. Besonders mühevoll und zeitaufwendig stellte sich dabei die Erschließung loser Schriftstücke dar. Noch vor Einführung der OVG[07] konnte die Verzeichnung des gesamten Bestandes Polizeipräsidium Leipzig abgeschlossen werden.
Um 1970 nahm man im Zuge der Vorbereitung der erweiterten Fassung der Quellennachweise der Arbeiterbewegung[08] eine erneute Bearbeitung vor, wobei besonders die Verzeichnung der dafür relevanten Daten im Vordergrund stand. 1981/82 erfolgte im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Bestandsübersicht, eine teilweise Überarbeitung. Hauptsächlich wurde die handschriftliche Kartei neu geordnet. Die Gliederung sollte sich mehr an der Organisationsstruktur der Behörde orientieren. So wurden v. a. die kriminellen und politischen Delikte sowie die aus der Zeit nach Beendigung des Krieges in gesonderte Gliederungspunkte eingeordnet. Der umfangreichste und damit größte Teilbestand "Ermittlungsverfahren und Strafmitteilungen" wurde unterteilt in
2.1. Verfahren gegen revolutionäre und oppositionelle Kräfte,
antifaschistischer Widerstandskampf, A-Z (Politische Delikte)
2.2. Verfahren wegen krimineller Delikte, A-Z
2.3. Verfahren nach 1945, A-Z
Nach 1995 bis um 2003 wurde in mehreren Etappen die Computereingabe des Teilbestandes "Vereine" vorgenommen. Im Rahmen des Projekts "Retrokonversion von Findbüchern" erfolgte 2006 und 2007 die Eingabe aller anderen Teilbestände in das Programm "AUGIAS-ARCHIV 7.4". 2011 - 2014 erfolgte die Einarbeitung von Akten, die bisher dem Bestand 20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei zugeordnet waren, so dass nunmehr rund 21 600 Datensätze der Recherche per Computer zur Verfügung stehen. Das ausgedruckte Findbuch umfasst neun Bände mit über 2700 Seiten.
Akten, die vom Polizeiamt der Stadt Leipzig angelegt und geführt worden sind und vor 1922 beginnen und enden, wurden, um Überlieferungszusammenhänge nicht zu zerstören, im Bestand belassen. Aus eben diesem Grund sind auch die Akten aus dem Zeitraum von 1945 bis 1952 trotz grundlegender Umbildung der Behörde im Bestand verblieben. Hier wurde in das Feld Provenienz die Endprovenienz Volkspolizeipräsidium Leipzig eingetragen. Die Bestandstrennung erfolgte mit dem 1. 8. 1952 (s. Abschnitt Behördengeschichte).
Die bisherigen Verzeichnungsangaben der handschriftlichen Kartei wurden in die jeweiligen Felder der Datenbank übertragen.
Überprüfungen der Akten fanden nur bei fehlenden Angaben, unklaren Formulierungen und offensichtlichen Fehlern statt.
Bei dem weitaus größten Teil der Akten besteht der Aktentitel aus dem Namen einer oder seltener mehrerer Personen, Bezeichnungen von Vereinen, Titeln von Zeitungen oder Zeitschriften.
Innerhalb der Klassifikationspunkte sind die Akten im Ausdruck überwiegend chronologisch angeordnet. Lediglich im Teil Meldewesen (PP-M) und Personalakten (PP-PA) wurde die alphabetische Ordnung angewandt, wobei die Umlaute unberücksichtigt blieben.
Bereits in den 1960er Jahren wurden Akten des Polizeipräsidiums Leipzig direkt aus der Behörde in das damalige zentrale Parteiarchiv in Berlin übernommen. Diese Akten wurden dort verzeichnet und unter der Bezeichnung PP-St eingeordnet, wobei "St" für Staat steht. Inhaltlich betreffen die Akten bedeutsame Ereignisse und Vorgänge sowie Personen der Arbeiterbewegung. Diese Akten wurden nach 1990 in das Staatsarchiv Leipzig zurückgeführt und in den Bestand eingearbeitet. Die Signaturen wurden beibehalten. Inhaltlich wurden sie nunmehr den jeweiligen Gliederungspunkten zugeordnet.
2022 wurden die aus dem Bestand 22236 Volkspolizeikreisamt Leipzig übernommenen Ausländerakten der Ablagejahrgänge 1945 bis 1952 erschlossen und dem neu erstellten Gliederungspunkt 06.04 Ausländerakten zugeordnet.
Überlieferungsschwerpunkte[09]
Der gesamte Bestand Polizeipräsidiums Leipzig umfasst 490 lfm aus dem Zeitraum 1822-1959. Die insgesamt rund 22000 Datensätze sind in neun Gliederungspunkte strukturiert. Einzelne Klassifikationen sind vielfach unterteilt, so z. B. die Überlieferung zu Vereinen (09) mit 45 Untergruppen. Die bei früheren Bearbeitungen vergebenen alphanumerischen Signaturen wurden beibehalten.
Die Zuordnung zu den Bezeichnungen PP-S, PP-V (Vereine) usw. ist nicht immer mit der Zuordnung zu den Gliederungspunkten identisch. So werden Akten mit allgemeinem Inhalt mit PP-V bezeichnet, wie auch Akten, die Prostituierte betreffen.
Der zeitliche Schwerpunkt liegt in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Über 8800 Akten beginnen vor 1922, davon rund 1100 vor dem Jahre 1900. Ca. 2450 Akten enden bereits vor 1922. Rund 500 Akten wurden erst nach 1945 angelegt und reichen teilweise bis 1959. Die nach 1952 angelegten Akten wurden dem Nachfolgebestand 20250 BDVP zugeordnet.
Der umfangreiche Bestand ist trotz seiner Fülle von Dokumenten nicht vollständig überliefert. Große Bereiche fehlen ganz. So gibt es von der Bereitschaftspolizei sowie den Revieren, keine Akten. Weder die berittene Abteilung noch das Überfallkommando oder die Diensthundestaffel sind nachweisbar. Die Akten der Leitung, v. a. die beim Polizeipräsidenten geführten Akten, sind nicht erhalten. Die Zusammenarbeit mit sowie die Anleitung und Kontrolle durch die übergeordnete Behörde ist an Hand des Bestandes nicht nachvollziehbar.
01 Verwaltung, innerer Dienstbetrieb
Von den rund 1100 Akten sind ca. 780 Personalakten und rund 300 Bände betreffen Register. Nur ca. 20 Akten beinhalten Berichte und Statistiken bzw. Angaben zur Struktur der Polizei. Leitungsakten sind nicht überliefert. Für die Einsichtnahme in die Personalakten sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 des Archivgesetzes[10] festgelegten Schutzfristen.
02 Überwachung
In diesen Gliederungspunkt wurden ca. 320 Akten eingeordnet. Neben der allgemeinen politischen Überwachung sind Unterlagen zur Aufsicht über Gewerbe, Kultur und Verkehr überliefert. Über 100 Bände beinhalten die sittenpolizeiliche Überwachung. Im Punkt 02.02.03 Ausländische Zwangsprostituierte wurden Unterlagen zu so genannten fremdvölkischen Personen, die für eine bestimmte Zeit (1941-1945) in Deutschland zur Prostitution gezwungen wurden, zusammengefasst. Diese Akten dokumentieren neben Aufenthaltsangelegenheiten hauptsächlich die gesundheitspolizeiliche Überwachung.
03 Polizeigefängnis
Eine unverzichtbare Quelle über den Nachweis von Inhaftierungen sind die 37 Gefangenentagebücher aus dem Zeitraum 1930 - 1945. Die Eintragungen erfolgten in der Reihenfolge der Einlieferung. Namenverzeichnisse ermöglichen das rasche Auffinden. Es ist neben den Personendaten der Grund der Inhaftierung, oft nur als Aktenzeichen, eingetragen und der Zeitpunkt der Verhaftung sowie die Entlassung bzw. der Verbleib vermerkt. Große Verhaftungswellen, wie 1938 nach der Pogromnacht mit über 500 verhafteten jüdischen Bürgern, sind nachweisbar. Offenbar war das Polizeigefängnis ein Sammelpunkt und Durchgangsstation für über 20 000[11] politisch Verfolgte. Nicht nachweisbar sind Personen, die in größeren Sammeltransporten dieses Gefängnis durchlaufen mussten. Die hierfür erstellten Sonderlisten sind nicht überliefert.
04 Feuerschutzpolizei
In 28 Bände aus dem Zeitraum 1882 - 1945 sind die Überwachung des Brandschutzes, vorwiegend im Theater, sowie Unterlagen zu Einsätzen der Feuerwehr v. a. bei Bränden in Firmen überliefert. Weitere 21 Akteneinheiten mit der Signatur PP-F dokumentieren Feuerwehreinsätze in und um Leipzig bei Luftangriffen im 2. Weltkrieg.
05 Opfer der Luftangriffe auf Leipzig
Vom Dezember 1943 bis zum April 1945 war Leipzig das Ziel für 38 Luftangriffe. Für 11 dieser Angriffe sind 590 Akten, die meist nur wenige Blatt umfassen, überliefert. Inhaltlich handelt es sich um das Auffinden unbekannter Toter, manchmal ganzer Hausgemeinschaften, deren Identität durch die Kriminalpolizei ermittelt werden mußte.
06 Meldewesen
Das Meldewesen der Stadt Leipzig wurde 1911 neu gestaltet. Die vom Polizeiamt über das gesamte 19. Jahrhundert geführten Meldebücher wurden nunmehr von der Meldekartei abgelöst. Hier wurden alle Einwohner der sich durch Eingemeindungen rasch vergrößernden Stadt, bis zum Jahre 1949/50 registriert. In 3352 Kästen sind über 1 Million Karten überliefert. Dennoch ist keine Vollständigkeit gegeben. Der Gesamtumfang beträgt 340 lfm.
Die Angaben auf den Karten umfassen neben dem Namen, Geburtstag und Adresse auch Eintragungen für den Ehepartner, die Kinder und deren Ehelichkeit. Vermerkt sind weiterhin Zu- und Wegzug sowie kurzzeitiger Aufenthalt außerhalb der Stadt, die Aushändigung eines Passes, Strafen, manchmal auch Daten zu den Eltern.
94 Bände Geburtenregister aus der Zeit 1878 - 1950 und 55 Bände Totenregister aus der Zeit 1873 - 1931 wurden in diesen Gliederungspunkt eingeordnet.
Die Ausländerakten sind innerhalb des Ablagejahrs alphabetisch sortiert und enthalten u. a. Anträge auf Ausstellung von Aufenthaltserlaubnissen, Anträge auf Ausstellung von Personalausweisen, Hinweise auf Rücktransport in Heimatländer und eingezogene Kennkarten für Ausländer. Sie umfassen meist ein oder nur wenige Dokumente, größtenteils mit Passfoto. Es sind auch Vorgänge von seit der Geburt oder schon längere Zeit in Leipzig lebenden Ausländern überliefert.
07 Ermittlungsverfahren, Strafmitteilungen sowie Ordnungsangelegenheiten
Mit über 60 lfm und mehr als 10 300 Datensätzen ist das der quantitativ größte Teilbestand. Der zeitliche Umfang reicht von 1875 bis 1952. Der Schwerpunkt liegt in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Rund 3750 Akten wurden den Gliederungspunkten für politische Verfahren und ca. 4700 Akten kriminellen Tatbeständen sowie über 1000 Akten Straftaten gegen die Sittlichkeit zugeordnet. Rund 900 Akten beinhalten Ordnungsangelegenheiten, wie Pass- und Meldesachen, aber auch Aufenthaltsgenehmigungen und Ausweisungen von jüdischen Bürgern (über 700 Akten). Zur Verkehrsüberwachung sind ca. 150 Akten überliefert.
Die Einordnung in die Gliederungspunkte hat sich relativ schwierig gestaltet. Es wurde versucht, immer das am höchsten stehende Delikt zu berücksichtigen, wobei politische Verfahren vorrangig berücksichtigt wurden. Die verschiedenen politischen Systeme, wie das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die Zeit des Faschismus, aber auch die entstehende DDR spiegeln sich in typischen zeitgenössischen Begriffen für die Bezeichnung der Delikte wider, wobei sich auch der Begriffsinhalt veränderte. Einzelne zeitbezogene Delikte wurden in entsprechenden Gliederungspunkten zusammengefasst.
Dieser Teilbestand war und ist von großer Bedeutung für die Geschichte der Arbeiterbewegung aber auch für soziologische Forschungen aller Art bietet er entsprechende Quellen.
Zum Auffinden einzelner Namen empfiehlt es sich, den Personenindex zu nutzen.
08 Presse
Zu den Aufgaben der Polizei gehörte auch die Aufsicht über Presseerzeugnisse. In der Ausführungsverordnung vom 15. September 1922 zum Gesetz über die Änderungen im Polizeiwesen vom 27. 6. 1921 wird dies nochmals ausdrücklich als ein Tätigkeitsfeld der Ordnungspolizei benannt. Die Überwachung betraf neben Zeitungen und Zeitschriften aus Politik und Wirtschaft auch Familien- und Unterhaltungsblätter. 721 Akten aus dem Zeitraum 1851 – 1942 sind überliefert. In der Regel enthalten die Akten nur wenige Blatt. In einigen Akten sind Exemplare der Zeitungen enthalten.
09 Vereine
Der Teilbestand zeichnet mit rund 5000 Akteneinheiten ein umfassendes Bild des Vereinswesens in Leipzig und Umgebung für den Zeitraum 1839 bis 1949. In mehr als 2200 Akten, die von der Polizei geführt wurden, sind Unterlagen zur Überwachung der Vereine überliefert. Ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurde diese Aufgabe von der Gestapo übernommen. Das ist in rund 350 Akten dokumentiert, die v. a. die Auflösung von politischen und religiösen Vereine betreffen. Über 2300 Akten beinhalten die Registrierung der Vereine und rund 50 Akten die der Genossenschaften beim Amtsgericht Leipzig. Da die Zuordnung dieser Akten zum Bestand Polizeipräsidium Leipzig bereits während der früheren Bearbeitung in den 60er Jahren erfolgt sein muss, wurde auf eine Herauslösung verzichtet und diese im Bestand belassen. Im Bestand 20124 Amtsgericht Leipzig, wo sich allerdings die dazugehörigen Registerbände befinden, wurde darauf entsprechend hingewiesen.
Hinweise für die Benutzung
Es gibt neun Bände, einige mit einer kurzen Einleitung mit Hinweisen auf die Spezifika des Teilbestands.
Datenschutz
Für die Einsichtnahme sind die Regelungen zum Datenschutz zu beachten. Es gelten die im § 10 des Archivgesetzes[12] festgelegten Schutzfristen.
Filmnummern
Bei der Übertragung der Findkartei in die Datenbank wurden die Filmnummern ergänzt. Sie sind mit der Bezeichnung F und einer Zählung in der linken Spalte des Findbuchs angeordnet und sind unbedingt für die Bestellung zu nutzen, da in der Regel nur die Filme vorgelegt werden.
Bandreihen
Im Ausdruck des Findbuches war es leider nicht möglich zusammengehörende Bände in entsprechender Reihenfolge auszudrucken. Durch Nutzung des Personenindex ist v. a. für den Gliederungspunkt 07 dieser Mangel zu kompensieren.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig:
20024 Kreishauptmannschaft Leipzig
20034 Strafanstalt Leipzig-Kleinmeusdorf
20035 Untersuchungshaftanstalten Leipzig
20114 Landgericht Leipzig
20124 Amtsgericht Leipzig
20250 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Leipzig
22236 Volkspolizeikreisamt Leipzig
Quellen und Literatur
Geschichte der Deutschen Volkspolizei 1945-1961. Hrsg. Ministerium des Innern,
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1979.
Müller, Gerd: Leipziger Polizei. 2005.
Müller, Gerd: Hier KRIPO LEIPZIG. 2011.
Wilhelm, Friedrich: Die Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1997.
Archivalische Quellennachweise zur Geschichte der Juden. Teil Organisationen, 1993.
Maren Worrich, Roswitha Franke, 2007, 2011, 2014
Andreas Nebelung, Doreen Wustig, 2022
[01] Staatshandbuch für das Königreich Sachsen, 1850, S. 203.
[02] Sächsisches Gesetzblatt Nr. 14, 1921, S. 199.
[03] Sächsisches Gesetzblatt Nr. 35, 1922, S. 547ff.
[04] Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30.1.1934, RGBl. I, S. 75.
[05] Jahresbericht des Landesarchivs Leipzig 1961, Bl. 4 und 6, die Angaben betreffen den Gesamtbestand Polizeipräsidium Leipzig.
[06] Der Begriff Strafakte ist ungenau, da die Akten inhaltlich nicht nur Straftatbestände sondern auch Ordnungsangelegenheiten oder das Auffinden von Toten nach Unfällen betreffen.
[07] OVG – Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der DDR. Hrsg. Staatliche Archivverwaltung im Ministerium des Innern der DDR. 1964.
[08] Archivalische Quellennachweise zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 8 (Teil 1 und 2). Hrsg. Staatliche Archivverwaltung des Ministeriums des Innern der DDR. 1973.
[09] Einzelnen Bänden des Findbuchs ist eine kurze Einleitung vorangestellt, die wesentliche Aspekte des jeweiligen Klassifikationspunktes erläutert.
[10] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
[11] Müller: Leipziger Polizei. S. 354.
[12] SächsArchivG vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449).
Verwaltung.- Personal.- Ermittlungsverfahren und Strafmitteilungen.- Register des Polizeigefängnisses.- Überwachung von Presse und Vereinen.- Meldekartei der Stadt Leipzig (1911 - 1950).- Feuerschutz.- Ordnungsangelegenheiten.- Ausländerakten (1945 - 1952).
1810 wurde das Polizeiamt Leipzig als dem Rat der Stadt nachgeordnete Einrichtung gebildet. Die Zuständigkeit beschränkte sich auf das Stadtgebiet. In den 1880er Jahren konnte die Polizei in Leipzig durch zahlreiche Verordnungen und Gesetze einen strukturellen und personellen Ausbau sowie die Eigenständigkeit gegenüber dem Rat der Stadt erlangen. Mit der Verstaatlichung 1921/22 erfolgte die Umbenennung in Polizeipräsidium Leipzig. Nach der Einrichtung der Landesbehörde der Deutschen Volkspolizei wurde es bis 1952 als Volkspolizeipräsidium Leipzig weitergeführt.
Weitere Angaben siehe 2.3.3.4 Polizeibehörden.
Weitere Angaben siehe 2.3.3.4 Polizeibehörden.
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