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Beständeübersicht

Bestand

20074 Königliches Gericht Rötha

Datierung1835 - 1856
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,10

Nach jahrzehntelangem Ringen um die Neugestaltung der überholten Gerichtsorganisation in Sachsen schrieb schließlich das Gesetz vom 11. August 1855 die generelle Übernahme aller Patrimonialgerichtsbarkeiten durch den Staat vor.

In den Zeitabschnitt der Durchsetzung dieses neuen Gesetzes fällt auch die Entstehung des Königlichen Gerichtes Rötha.

Rötha war 1592 durch die Adelsfamilie von Friesen für die Kaufsumme von 28400 Gulden erworben worden.[01] Das dortige Rittergut gehörte zu den wirtschaftlich stärksten im Königreich Sachsen.[02]

Friedrich Freiherr von Friesen repräsentierte jene Gutsbesitzer, die der Abtretung ihrer Gerichtsbarkeit an den Staat energischen Widerstand entgegensetzten. Er wandte sich 1854 mit einer Petition an die Ständeversammlung und betonte, dass die Patrimonialgerichtsbarkeit ein Privatrecht sei, welches durch die Verfassung geschützt werde und durch das Gesetz überhaupt nicht entzogen werden könne.[03]

Das Ministerium der Justiz ordnete für den 27. Februar 1856 die Eröffnung eines Königlichen Gerichtes in Rötha an und erklärte gleichzeitig die Patrimonialjurisdiktionen des Rittergutes Rötha und neun weiterer Rittergüter für erloschen und aufgehoben.[04] Der Freiherr von Friesen protestierte in mehreren Schreiben gegen die geforderte Abgabe seines Privateigentums an Akten, Urkunden, Depositen und Inventar. Selbst vier Monate nach Gründung des Königlichen Gerichtes teilte er dem Justizministerium mit, dass er die Gerichtssiegel von Rötha und Trachenau nicht herausgeben werde.[05]

Die Eröffnung des Königlichen Gerichtes Rötha fand wie vorgesehen am 27. Februar 1856 statt.

Als Justitiar wurde der bisherige Patrimonialgerichtsverwalter in Rötha, Ferdinand Knörich, in sein Amt eingeführt, das er nach dem Übergang des Justitiariats zum Gerichtsamt Rötha als Gerichtsamtmann weiterführte.

Ihm zur Seite standen ein Aktuar, ein Sporteleinnehmer, ein Sportelkontrolleur, ein Archivar und ein Gerichtsdiener. (Vgl. dazu Anlage 1)

Am gleichen Tag wurde die bisher dem Kreisamt Leipzig zustehende Gerichtsbarkeit über das Dorf Rüben[06] an das Königliche Gericht Rötha überwiesen. Insgesamt 12 Rittergüter gaben bis Juli 1856 ihre Jurisdiktionen ab. (Vgl. dazu Anlage 2)

Aus einem Bericht des Landbauamtes Oschatz geht hervor, dass für das neue Königliche Gericht ein Gerichtshaus mit angebautem Gefangenenhaus sowie ein Hof mit Garten und einem Holzschuppen zur Verfügung stand.[07]

Der Bestand Königliches Gericht Rötha besteht nur aus wenigen Akten.

Diese wurden im Rahmen der Bearbeitung der Justizbestände des 19. Jh. seit 1998 provenienzgerecht aus den Beständen der Patrimonialgerichte (Rötha, Zehmen, Großzössen, Oelzschau, Muckern) herausgelöst.

Die Verzeichnung der Akten für dieses Findbuch wurde mit dem Programm AUGIAS für Windows vorgenommen, mit dem auch das Orts- und Personenregister erstellt wurde.

Die Überlieferung ist bruchstückhaft. Der Bestand enthält u. a. Akten zu Zivilprozessen und Heimatangelegenheiten.

Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig können das Gerichtsamt Rötha sowie die Akten der o. g. Patrimonialgerichtsbestände herangezogen werden.

Für die gesamte Bestandsgruppe Königliche Gerichte ist eine übergreifende Findbucheinleitung erarbeitet worden[08] Die Einleitung zum Einzelbestand enthält deshalb nur in verkürzter Form einen historischen Abriss der Entwicklung des Registraturbildners, Angaben zur Bestandsgeschichte und -bearbeitung sowie Hinweise auf Überlieferungsschwerpunkte im Bestand.

Dem Zwecke übergreifender Recherchen dient die ebenfalls für die gesamte Bestandsgruppe erarbeitete Klassifikation, die diesem Findbuch zugrundeliegt. Da viele Klassifikationsgruppen nicht belegt sind, erscheint in Klammern der Vermerk "entfällt".


Anlage 1
Personalbestand des Königlichen Gerichtes Rötha 1856 Justitiar:
Ferdinand Knörich


Aktuar:
Hermann Hemleben


Sporteleinnehmer und Registrator:
Hermann Frenzel


Sportelkontrolleur:
Karl Heinrich Pöland


Archivar:
Gottlob Dittrich


Außerdem gab es noch einen Gerichtsdiener.





Anlage 2
Abgabe von Patrimonialgerichtsbarkeiten an das Königliche Gericht Rötha
OrtGerichtsherrschaftJahrMonatTag
Rötha

Rittergut

1856

02

27

Mölbis

Rittergut

1856

02

27

Muckern

Rittergut

1856

02

27

Neumuckershausen

Rittergut

1856

02

27

Oelzschau

Rittergut

1856

02

27

Trachenau

Rittergut

1856

02

27

Störmthal

Rittergut

1856

02

27

Kötzschwitz

Rittergut

1856

02

27

Kömmlitz

Rittergut

1856

02

27

Zehmen

Rittergut

1856

02

27

Großzössen

Rittergut

1856

04

21

Crostewitz

Rittergut

1856

07



[01] Deutsches Städtebuch, Bd. II, Mitteldeutschland, hrsg. v. E. Keyser, Stuttgart-Berlin 1941, S. 201.
[02] Vgl. Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen, hrsg. v. A. Schumann, Bd. 12, Zwickau 1825, S. 370.
[03] StA-L, Rittergut Rötha 2562.
[04] LZ, 02.03.1856, S. 1195.
[05] StA-L, Amt Leipzig 3627.
[06] StA-L, Amt Leipzig 3618.
[07] StA-L, Amt Leipzig 3627.
[08] Vgl. V. Jäger, Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Königliche Gerichte, 1998.

Gerichtsprotokolle.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit (nur Grundstücksangelegenheiten).- Lokalverwaltung (nur Heimatangelegenheiten).
Das Königliche Gericht Rötha wurde am 27. Februar 1856 eröffnet und übernahm am gleichen Tag die vom Justizministerium für erloschen und aufgehoben erklärte Patrimonialgerichtsbarkeit des Ritterguts Rötha. Gleiches gilt für die Rittergüter Kötzschwitz, Kömmlitz, Mölbis, Muckern, Neumuckershausen, Oelzschau, Trachenau, Störmthal und Zehmen. Das Kreisamt Leipzig übergab dem neuen Gericht die Gerichtsbarkeit über das Dorf Rüben. Im April und Juli 1856 erhielt das Königliche Gericht Rötha auch die Patrimonialgerichtsbarkeit der Rittergüter Großzössen bzw. Crostewitz. Nachfolger war das Gerichtsamt Rötha.
Weitere Angaben siehe 2.3.4.2.3 Königliche Gerichte.
  • 1999 | Findbuch / Datenbank
  • 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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