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Beständeübersicht

Bestand

20096 Gerichtsamt Leipzig I

Datierung1820 - 1879
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,70

Für die Bestandsgruppen Königliche Bezirksgerichte und Gerichtsämter im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig (StA-L) wurde eine bestandsübergreifende Findbucheinleitung erarbeitet. [01] Die Einleitung zum Einzelbestand enthält deshalb nur in verkürzter Form einen historischen Abriss der Entwicklung des Registraturbildners, Angaben zur Bestandsgeschichte und -bearbeitung sowie Hinweise auf Überlieferungsschwerpunkte im Bestand.

Bis Mitte des 19. Jh. oblag die Gerichtsbarkeit im Amtsbezirk Leipzig für die Gemeinden des Leipziger Umlandes dem dortigen Kreisamt Leipzig und dem Leipziger Ratslandgericht. Obwohl bereits im Jahr 1848 ein Gesetz zur Umgestaltung der Untergerichte in Sachsen mit dem Ziel der Trennung von Rechtspflege und Verwaltung erlassen wurde, [02] war es bis zur Einrichtung der Leipziger Gerichtsämter noch ein langer Weg. Zunächst gab es zwischen dem Stadtrat Leipzig, der Königlichen Staatsregierung, dem Sächsischen Justizministerium und einer Königlichen Kommission längere Diskussionen über den Standort der "neuen Königlichen Bezirksgerichte". Konkretere Pläne für zwei Bezirksgerichte - eines für die Stadt, das andere für die Umgebung - stammen aus dem Jahr 1852. [03] Errichtet wurden jedoch letztlich das Königliche Bezirksgericht Leipzig, das zugleich Gerichtsamt für die Stadt Leipzig und deren Weichbild war, sowie zwei Gerichtsämter für den Landbezirk zu Leipzig. Dieser Landbezirk sollte, wie es im "Gehorsamsten Vortrag" des Kreisamtmanns Dr. Lucius an das Königliche Ministerium der Justiz vom Oktober 1855 heißt, [04] durch eine gedachte Nord-Süd-Linie in zwei annähernd gleich große Gerichtsbezirke unterteilt werden, die Gerichtsämter Leipzig I und Leipzig II.

Auf der Grundlage des Gesetzes vom 11. August 1855 über die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für die Rechtspflege und Verwaltung in Sachsen wurde im Oktober 1856 das Königliche Gerichtsamt Leipzig I eröffnet. [05] Seine Zuständigkeit erstreckte sich auf das Gebiet östlich der o. g. Nord-Süd-Linie mit 22 Gemeinden sowie auf die Universitäts-Waldung und das Oberholz (Übersicht siehe Anlage 1). Dieses Gebiet umfasste 2,345 Quadratmeilen und hatte in den ersten Jahren der Gerichtsamtszeit etwa 24 000 Einwohner. Darüber hinaus war das Gerichtsamt Leipzig I zuständig für die nicht dem Stadtrat Leipzig zufallenden Verwaltungsaufgaben innerhalb des Stadtgebiets. Am 15. Oktober 1874 erhielt das Gerichtsamt Leipzig I auch die juristischen Befugnisse für 12 Gemeinden des zu diesem Zeitpunkt aufgelösten Gerichtsamts Rötha. [06] Das Gerichtsamt Leipzig I unterstand dem Königlichen Bezirksgericht Leipzig.

Der Sitz des Gerichtsamtes Leipzig I befand sich während der gesamten Zeit seines Bestehens in der zweiten Etage des Turmgebäudes im Schloss Pleißenburg [07] , wo zuvor Teile des Kreisamts Leipzig untergebracht waren.

Als Amtsblatt wurde für den Gerichtsamtsbezirk Leipzig I das Wochenblatt "Leipziger Dorfanzeiger" gewählt.

Zum Gerichtsamtmann berief das Ministerium der Justiz August Adolph Wilhelm Köllner, der zuvor Amtmann beim Justizamt Borna war. Die Zahl der Bediensteten betrug bei der Eröffnung des Gerichtsamts 17, im Jahr 1879 erreichte sie 27 (Verzeichnis des Personalbestands von 1856 - 1879 siehe Anlage 2).

Nach der Neustrukturierung der Gerichtsorganisation war für die Angelegenheiten der Verwaltung ab 1874 die Amtshauptmannschaft Leipzig zuständig, für die Angelegenheiten der Justiz ab 1879 das Amtsgericht Leipzig.

Der Bestand Gerichtsamt Leipzig I umfasst rund 360 Akten, die den Zeitraum von 1820 - 1879 betreffen. Die Akten gelangten größtenteils von 1954 bis 1968 im Rahmen der Übergabe von Archivgut der Provenienzen Amtshauptmannschaft Leipzig sowie Amtsgericht Leipzig und Vorgängerbehörden in das Landesarchiv Leipzig (heute: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, StA-L). Abgebende Stellen waren vor allem das Landeshauptarchiv Dresden (heute: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, StA-D), das Stadtarchiv Leipzig, das Kreisarchiv Leipzig sowie die Kreisgerichte Leipzig und Leipzig-Land. [08]

Die Bearbeitung des Bestandes erfolgte in mehreren Schritten in den Jahren 1999 - 2001 und 2003. Nur ein kleiner Teil der Akten bildet auch körperlich einen eigenen Bestand. Diese Akten wurden bei Provenienzprüfungen aus Rittergutsbeständen, dem Bestand Amtsgericht Rötha und dem Bestand Propsteigericht Leipzig herausgelöst. Alle anderen Akten befinden sich in den Beständen Amt Leipzig, Amtshauptmannschaft Leipzig und Amtsgericht Leipzig. Sie wurden nach entsprechenden Provenienzprüfungen virtuell erfasst. Eine körperliche Heraustrennung der Akten aus diesen schon technisch bearbeiteten Beständen erschien nicht sinnvoll, zumal viele von ihnen bereits unter den vorhandenen Signaturen benutzt worden waren. Die virtuelle Zusammenführung der Akten erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch das Orts- und Personenregister erstellt wurde. Erfasst wurden nach Möglichkeit auch die alten Registratursignaturen sowie die Vorprovenienzen. Enthält-Vermerke bilden die Ausnahme.

Verglichen mit der Zahl der für das Gerichtsamt Leipzig II überlieferten Akten, ist die Überlieferung für den Bestand Gerichtsamt Leipzig I wesentlich geringer. Die Akten der Gerichtsamtsverwaltung geben nur einen kleinen Einblick in den allgemeinen Dienstbetrieb. Die Unterlagen zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Lokalverwaltung sind in fast gleichem Umfang überliefert. Im erstgenannten Bereich dominieren die Akten mit Testaments- und Nachlassangelegenheiten sowie Grundstückssachen. Die Verzeichnungseinheiten zur Lokalverwaltung betreffen nahezu alle Bereiche auf diesem Gebiet. Quantitativ vorn liegen dabei die Akten mit Kirchen- bzw. Heimatangelegenheiten. Besondere Erwähnung bezüglich ihres Inhalts verdienen die Akten zum Eisenbahnbau, in denen die mit der beginnenden Industrialisierung verbundene stürmische Entwicklung im Verkehrswesen, aber auch damit zusammenhängende Probleme wie Grundstücksenteignungen deutlich werden. Trotz der relativ geringen Gesamtzahl an Akten der Lokalverwaltung lassen sich doch einige Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, vor allem aber auf die Rechtspflege im Gerichtsamtsbezirk Leipzig I in jener Zeit ziehen.

Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind zu nutzen:

- Amt Leipzig

- Ältere Amtshauptmannschaften

- Kreishauptmannschaft Leipzig

- Appellationsgericht Leipzig

- Gerichtsamt Leipzig II

- Königliches Bezirksgericht Leipzig

- Amtshauptmannschaft Leipzig

- Bezirksschulrat Leipzig

- Amtsgericht Leipzig

Auch die Bestände von Rittergütern, vor allem Abtnaundorf, Schönefeld, Sellerhausen, Stötteritz und Volkmarsdorf, können zur Ergänzung herangezogen werden.

Zur Vereinfachung übergreifender Recherchen wurde im vorliegenden Findbuch die für die Bestandsgruppe erarbeitete Klassifikation komplett übernommen; bei nicht belegten Klassifikationsgruppen erscheint in Klammern der Vermerk "entfällt". Die Bandbildung entstand in der Regel neu in chronologischer Folge. Soweit es zweckdienlich erschien, wurde ein Verweis auf Akten in anderen Beständen vorgenommen.



Anlage

Personalbestand des Gerichtsamtes Leipzig I

(Quellen: Staatshandbücher für das Königreich Sachsen, 1857 - 1878; Th. Klein, Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 - 1945, Bd. 14, Marburg 1982)


Gerichtsamtmann:

1856 - 1865: August Adolph Wilhelm Köllner (vorher Amtmann beim Justizamt Borna)

1866 - 1874: Friedrich Oskar Litzkendorf (vorher Gerichtsamtmann beim Gerichtsamt Löbau)

1874 - 1879: Karl Emil von Bose (vorher Gerichtsamtmann beim Gerichtsamt Königstein)



Assessoren, Aktuare, Referendare (in zeitlicher Folge):

- Berthold Holdefreund

- Adolph Hermann Schultz

- Carl Robert Schilling

- Samuel Ernst Gottlob Coccius

- Carl Kittler

- August Theodor Kühne

- Karl Adolf Weiske

- Karl Friedrich Eduard Schwerdfeger

- Albert Louis Ledig

- Friedrich Theodor Feller

- Hermann Hemleben

- Otto Heinrich Germann

- Karl Richard Böhmer

- Maximilian Eckstein

- Karl Hermann Hering

- Friedrich August Handke

- Richard Julius Scheidhauer

- Albert Julius von Herrmann

- Dr. William Göhring

- Moritz Hermann Tränkner

- Wilhelm Oskar Adolf Geuder

- Emil Schreiber

- Georg Kormann

- Theodor Karl Buhle

- Hermann Franz Adolf Spittel

- Karl Heinrich Gotthold Ihle

- Guido Lehmann

- Friedrich Rudolf von Sommerlatt

- Dr. Paul Friedrich Götz

- Hans Gerhard Richter

- Richard Karl August Kramer



Außerdem waren beim Gerichtsamt Leipzig I Expedienten (d. h. Registratoren, Depositen- und Sportelrendanten und -kontrolleure, Kopisten) sowie Gerichtsdiener und -boten angestellt.



[01] Vgl. V. Jäger, Findbucheinleitung zu den Bestandsgruppen Königliche Bezirksgerichte und Gerichtsämter, 2000.
[02] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1848, Dresden, S. 295ff.
[03] Stadtarchiv Leipzig, Tit. VII, G.144, Vol. I.
[04] StA-L, AG Leipzig 4112.
[05] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855, Dresden, S. 144ff.
[06] Ebenda, 1874, S. 73 ff.
[07] Leipziger Adressbücher, 1857 - 1879.
[08] Vgl. Zu- und Abgangsbuch des StA-L, 1954 - 1975, VA Nr. 187.

Statistik.- Gerichtsamtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Ablösungen und Gemeinheitsteilungen.- Lokalverwaltung.
Nach Teilung des Gerichtsbezirks des Kreisamts Leipzig durch eine gedachte Nord-Süd-Linie nahm im Oktober 1856 das Gerichtsamt Leipzig I seine Tätigkeit auf. Dieses Gerichtsamt unterstand dem Königlichen Bezirksgericht Leipzig. Zuständig war es für das Gebiet östlich der o. g. Linie mit 22 Gemeinden sowie für die Universitätswaldung und das Oberholz. Darüber hinaus besaß das Gerichtsamt Leipzig I die Zuständigkeit für die nicht dem Stadtrat zufallenden Verwaltungsaufgaben innerhalb des Stadtgebiets. Des Weiteren erhielt diese Gerichtsamt am 15. Oktober 1874 die juristischen Befugnisse für zwölf Gemeinden des zu diesem Zeitpunkt aufgelösten Gerichtsamts Rötha. Nach der Reorganisation der Gerichtsstrukturen gingen die Angelegenheiten der Verwaltung 1874 auf die Amtshauptmannschaft Leipzig über, die der Justiz 1879 auf das Amtsgericht Leipzig.
  • 2001 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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