Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

20097 Gerichtsamt Leipzig II

Datierung1752, 1804 - 1879
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)1,10

Für die Bestandsgruppen Königliche Bezirksgerichte und Gerichtsämter im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig (StA-L) wurde eine bestandsübergreifende Findbucheinleitung erarbeitet. [01] Die Einleitung zum Einzelbestand enthält deshalb nur in verkürzter Form einen historischen Abriss der Entwicklung des Registraturbildners, Angaben zur Bestandsgeschichte und -bearbeitung sowie Hinweise auf Überlieferungsschwerpunkte im Bestand.

Bis Mitte des 19. Jh. oblag die Gerichtsbarkeit im Amtsbezirk Leipzig für die Gemeinden des Leipziger Umlandes dem dortigen Kreisamt Leipzig und dem Leipziger Ratslandgericht. Obwohl bereits im Jahr 1848 ein Gesetz zur Umgestaltung der Untergerichte in Sachsen mit dem Ziel der Trennung von Rechtspflege und Verwaltung erlassen wurde, [02] war es bis zur Einrichtung der Leipziger Gerichtsämter noch ein langer Weg. Zunächst gab es zwischen dem Stadtrat Leipzig, der Königlichen Staatsregierung, dem Sächsischen Justizministerium und einer Königlichen Kommission längere Diskussionen über den Standort der "neuen Königlichen Bezirksgerichte". Konkretere Pläne für zwei Bezirksgerichte - eines für die Stadt, das andere für die Umgebung - stammen aus dem Jahr 1852. [03] Errichtet wurden jedoch letztlich das Königliche Bezirksgericht Leipzig, das zugleich Gerichtsamt für die Stadt Leipzig und deren Weichbild war, sowie zwei Gerichtsämter für den Landbezirk Leipzig. Die Grundlage dafür bildete das am 11. August 1855 verabschiedete Gesetz über die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für die Rechtspflege und Verwaltung in Sachsen. [04] Der Leipziger Landbezirk sollte, wie es im "Gehorsamsten Vortrag" des Kreisamtmanns Dr. Lucius an das Königliche Ministerium der Justiz vom Oktober 1855 heißt, [05] durch eine gedachte Nord-Süd-Linie in zwei etwa gleich große Gerichtsbezirke unterteilt werden, die Gerichtsämter Leipzig I und Leipzig II.

Im Unterschied zum Gerichtsamt Leipzig I und den anderen Gerichtsämtern der Kreisdirektion Leipzig, die erst im Oktober 1856 eröffnet wurden, nahm das Königliche Gerichtsamt Leipzig II bereits am 6. Juni 1856 seine Tätigkeit auf. [06] Mit diesem Datum ging die bisher vom Ratslandgericht zu Leipzig und dem Kreisamt Leipzig ausgeübte Gerichtsbarkeit über 11 bzw. 15 Ortschaften auf das Gerichtsamt Leipzig II über. Außerdem gaben im Juli 1856 im westlichen Leipziger Umland 14 Rittergüter die ihnen bis dahin zugestandene Gerichtsbarkeit an den Staat ab. Auch diese juristischen Befugnisse gingen auf das Gerichtsamt Leipzig II über. Anfang Oktober 1856 erstreckte sich die Zuständigkeit dieses Gerichtsamts auf das Gebiet westlich der o. g. Nord-Süd-Linie mit 44 Gemeinden sowie auf das Ehrenberger Forstrevier (Übersicht siehe Anlage 1). Dieses Gebiet umfasste 2,854 Quadratmeilen und hatte in den ersten Jahren der Gerichtsamtszeit etwa 26 000 Einwohner. Das Gerichtsamt Leipzig II unterstand dem Königlichen Bezirksgericht Leipzig.

Der Sitz des Gerichtsamtes Leipzig II befand sich während der gesamten Zeit seines Bestehens in der dritten Etage des Turmgebäudes im Schloss Pleißenburg [07] , wo zuvor Teile des Kreisamtes Leipzig untergebracht waren.

Als Amtsblatt für den Gerichtsamtsbezirk Leipzig II wurde das Wochenblatt "Leipziger Dorfanzeiger" gewählt.

Als Gerichtsamtmann verpflichtete das Ministerium der Justiz Franz Christian Gustav Stimmel, der zuvor Direktor des Ratslandgerichts Leipzig war. Er übte dieses Amt bis zu seiner Ernennung zum 1. Regierungsrat bei der Kreisdirektion Leipzig nur wenige Monate aus. Sein Nachfolger wurde noch im Jahr 1856 Carl Moritz Böhme, zuvor Direktor des Königlichen Landgerichts Zwickau. Die Zahl der Bediensteten betrug bei der Eröffnung des Gerichtsamtes 18, im Jahr 1879 erreichte sie 22 (Verzeichnis des Personalbestands von 1856 - 1879 siehe Anlage 2).

Nach der Neustrukturierung der Gerichtsorganisation war für die Angelegenheiten der Verwaltung ab 1874 die Amtshauptmannschaft Leipzig zuständig, für die Angelegenheiten der Justiz ab 1879 das Amtsgericht Leipzig.

Der Bestand Gerichtsamt Leipzig II umfasst rund 1140 Akten, die den Zeitraum von 1804 - 1879 betreffen; eine Akte reicht sogar bis in die Mitte des 18. Jh. zurück. Die Akten gelangten größtenteils von 1954 bis 1968 im Rahmen der Übergabe von Archivgut der Provenienzen Amtshauptmannschaft Leipzig sowie Amtsgericht Leipzig und Vorgängerbehörden in das Landesarchiv Leipzig (heute: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, StA-L). Abgebende Stellen waren vor allem das Landeshauptarchiv Dresden (heute: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, StA-D), das Stadtarchiv Leipzig, das Kreisarchiv Leipzig sowie die Kreisgerichte Leipzig und Leipzig-Land. [08]

Die Bearbeitung des Bestandes erfolgte in mehreren Schritten in den Jahren 1999 - 2001 und 2003. Nur ein kleiner Teil der Akten bildet auch körperlich einen eigenen Bestand. Diese Akten wurden bei Provenienzprüfungen aus Rittergutsbeständen herausgelöst. Die anderen Akten befinden sich in den Beständen Amt Leipzig, Amtshauptmannschaft Leipzig und Amtsgericht Leipzig und wurden nach entsprechenden Provenienzprüfungen virtuell erfasst. Eine körperliche Heraustrennung der Akten aus diesen Beständen, die im Gegensatz zu den o. g. schon technisch bearbeitet waren, erschien nicht sinnvoll, zumal zahlreiche Akten bereits unter diesen Signaturen benutzt worden waren. Die virtuelle Zusammenführung der Akten erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch das Orts- und Personenregister erstellt wurde. Erfasst wurden nach Möglichkeit auch die alten Registratursignaturen sowie die Vorprovenienzen. Enthält-Vermerke bilden die Ausnahme.

Die Zahl der für das Gerichtsamt Leipzig II überlieferten Akten liegt vergleichsweise hoch, vom Inhalt her ist die Überlieferung jedoch relativ einseitig. Den absoluten Schwerpunkt bilden die Akten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Unter diesen dominieren die Akten mit Grundstücksangelegenheiten, bei denen es sich fast ausschließlich um Dismembrationen handelt. Testaments- und Nachlassangelegenheiten sind ebenfalls in größerem Umfang vertreten. Die überlieferten Verzeichnungseinheiten zur Lokalverwaltung betreffen nahezu alle Bereiche auf diesem Gebiet und gestatten somit einen relativ guten Einblick in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Gerichtsamtsbezirk Leipzig II in jener Zeit.

Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind zu nutzen:

- Amt Leipzig

- Ältere Amtshauptmannschaften

- Kreishauptmannschaft Leipzig

- Appellationsgericht Leipzig

- Gerichtsamt Leipzig I

- Königliches Bezirksgericht Leipzig

- Amtshauptmannschaft Leipzig

- Bezirksschulrat Leipzig

- Amtsgericht Leipzig

Auch die Bestände von Rittergütern, vor allem Breitenfeld, Dölitz, Groß- und Kleinzschocher, Lützschena, Markkleeberg, Wachau und Wahren, können zur Ergänzung herangezogen werden.

Zur Vereinfachung übergreifender Recherchen wurde im vorliegenden Findbuch die für die Bestandsgruppe erarbeitete Klassifikation komplett übernommen; bei nicht belegten Klassifikationsgruppen erscheint in Klammern der Vermerk "entfällt". Die Bandbildung entstand in der Regel neu in chronologischer Folge. Soweit es zweckdienlich erschien, wurde ein Verweis auf Akten in anderen Beständen vorgenommen.



Anlage

Personalbestand des Gerichtsamtes Leipzig II

(Quellen: Staatshandbücher für das Königreich Sachsen, 1857 - 1878; Th. Klein, Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 - 1945, Bd. 14, Marburg 1982)



Gerichtsamtmann:

1856: Franz Christian Gustav Stimmel (vorher Direktor des Ratslandgerichts Leipzig)

1856 - 1862: Carl Moritz Böhme (vorher Direktor des Landgerichts Zwickau)

1862 - 1874: Ottomar Friedrich August von Petrowsky (vorher Gerichtsamtmann beim Gerichtsamt Werdau)

1874 - 1879: Gustav August Hertel (vorher Gerichtsamtmann beim Gerichtsamt Freiberg)



Assessoren, Aktuare, Referendare (in zeitlicher Folge):

- Dr. Carl Christian Schmidt

- Eduard Pfotenhauer

- Arthur Werner Lampadius

- Christian Emil Günther

- Carl Eduard Conrad

- Dr. Eduard August Woldemar Zimmer

- Rudolph Nottrott

- Alexander Zinkeisen

- Karl Ludwig Erdmann

- Maximilian von Gerßdorf

- Karl Theodor Freiesleben

- Kurt Hermann Wittich

- Konrad Hermann Rüger

- Karl Anton Heinrich Clemens Benedikt Spann

- Bernhard Konstantin Kamillo Erttel

- Moritz Julius Bahrdt

- Karl Hippolyt Freiherr von Ardenne

- Karl August Wolf

- Georg Friedrich Eduard Wiesand

- Hans Rudolf Gottlob Freiherr von Kalitsch

- Karl Raimund Hugo Jacobitz

- Albrecht Berthold Rühle

- Dr. Daniel Paul Schreber

- Franz Emil Alexander Leonhard

- Dr. Emil Adolf Engel

- Georg Theodor Barth

- Heinrich Gottlob Dölling

- Maximilian Schulze

- Eduard Alfred Adam

- Paul Reinhold Mangelsdorf

- Rudolf Arthur Fischer


Außerdem waren beim Gerichtsamt Leipzig II Expedienten (d. h. Registratoren, Depositen- und Sportelrendanten und -kontrolleure, Kopisten) sowie Gerichtsdiener und -boten angestellt.



[01] Vgl. V. Jäger, Findbucheinleitung zu den Bestandsgruppen Königliche Bezirksgerichte und Gerichtsämter, 2000.
[02] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1848, Dresden, S. 295ff.
[03] Stadtarchiv Leipzig, Tit. VII, G.144, Vol. I.
[04] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855, Dresden, S. 144ff.
[05] StA-L, AG Leipzig 4112.
[06] LZ, 10.06.1856, S. 3273.
[07] Leipziger Adressbücher, 1857 - 1879.
[08] Vgl. Zu- und Abgangsbuch des StA-L, 1954 - 1975, VA Nr. 187.

Statistik.- Gerichtsamtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Ablösungen und Gemeinheitsteilungen.- Lokalverwaltung.
Das Gerichtsamt Leipzig II wurde bereits am 6. Juni 1856 eröffnet. Zuständig war es zunächst für die bisher vom Ratslandgericht zu Leipzig und dem Kreisamt Leipzig ausgeübte Gerichtsbarkeit über 11 bzw. 15 Ortschaften. Ab Anfang Oktober 1856 erstreckte sich die Zuständigkeit des Gerichtsamts Leipzig II auf das Gebiet westlich einer gedachten Nord-Süd-Linie auf 44 Gemeinden des Leipziger Umlands sowie auf das Ehrenberger Forstrevier. Dieses Gerichtsamt unterstand dem Königlichen Bezirksgericht Leipzig. Nach der Neustrukturierung der Gerichtsorganisation gingen die Angelegenheiten der Verwaltung 1874 an die Amtshauptmannschaft Leipzig, die juristischen Befugnisse 1879 an das Amtsgericht Leipzig.
  • 2001 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang