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Beständeübersicht

Bestand

20225 Arbeitsamt Leipzig

Datierung1914 - 1945
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,11
Geschichte des Arbeitsamts Leipzig

Der Prozess der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hatte auch nachhaltige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die alten Formen der Arbeitsplatzvermittlung, wie z. B. die Gesindemärkte, erwiesen sich nun als überholt. Die durchaus vorhandene Erkenntnis der Notwendigkeit einer effektiveren Organisation des Arbeitsmarktes wurde jedoch bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges nur unzureichend in der Praxis umgesetzt. Das bis dahin aufgebaute, relativ differenzierte Arbeitsnachweiswesen war noch zu wenig leistungsfähig. Neben den weniger bedeutsamen gewerbsmäßigen Stellenvermittlungen existierten die nicht-gewerbsmäßigen Arbeitsnachweise, bei denen die öffentlichen reichlich ein Drittel des Vermittlungsanteils aufwiesen. Deren Träger waren zumeist Städte, Kreise, z. T. auch Vereine.

Im Zusammenhang mit der Demobilmachung nach dem Ersten Weltkrieg stellte die einheitliche Organisation der Arbeitsvermittlung ein dringendes Erfordernis dar. Schon am 09.12.1918 hatte das Reichsamt für wirtschaftliche Demobilmachung die Landesregierungen diesbezüglich zu weitgehenden Maßnahmen ermächtigt, was zur Bildung der Landesämter für Arbeitsvermittlung führte. Am 01.01.1920 wurde dann das Reichsamt für Arbeitsvermittlung gebildet. Insbesondere mit den Arbeitsnachweisgesetz vom 22.07.1922 sowie dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16.07.1927 bzw. vom 12.10.1928 wurde die Organisation der öffentlichen Arbeitsvermittlung weiter vereinheitlicht. Als Träger fungierten die neu geschaffene Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, die Landesarbeitsämter sowie die Arbeitsämter in größeren Städten bzw. für bestimmte Territorien. Die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung oblag nun nicht mehr ausschließlich den Städten und Gemeinden. Die Arbeitsämter hatten die Aufgabe der Arbeitsvermittlung (einschließlich Berufsberatung und Nachwuchslenkung) sowie des Einsatzes der Arbeitskräfte, entsprechend volkswirtschaftlicher Erfordernisse.

Dem Landesarbeitsamt Sachsen unterstanden insgesamt 28 Arbeitsämter. Als Selbstverwaltungsorgane wurde jeweils ein Verwaltungsausschuss gebildet. An der Spitze der Arbeitsämter stand ein Vorsitzender. Nach 1933 nahm der an staatspolitischen Zielen ausgerichtete dirigistische Arbeitseinsatz mehr und mehr die Stelle der beratenden Arbeitsvermittlung ein. Um einen entsprechenden Arbeitseinsatz zu sichern, schrieb das Gesetz vom 26.02.1935 für alle Arbeiter und Angestellten (einschließlich der Lehrlinge), selbständige Berufstätige sowie mithelfende Familienangehörige die Führung eines Arbeitsbuches vor. Dieses wurde auf Antrag durch das Arbeitsamt ausgestellt und enthielt Angaben zur Berufsausbildung, zur beruflichen Entwicklung sowie zum Wechsel der Arbeitsstellen. Hierüber hatten die Arbeitsämter Karteien zu führen. Während des Zweiten Weltkrieges bedurfte z. B. jede Kündigung von Betrieben und Verwaltungen sowie jeder Arbeitsplatzwechsel eines Beschäftigten der Zustimmung des Arbeitsamtes. Zugleich oblag den Arbeitsämtern die Vermittlung von Arbeitskräften für kriegswichtige Bereiche der Volkswirtschaft durch Dienstverpflichtungen.

Die Arbeitsämter bestanden nach 1945 weiter, erst 1951 wurden deren Aufgaben von den neu gebildeten Abteilungen für Arbeit der Räte der Städte bzw. Landkreise übernommen.

Das im Dezember 1919 aus der Vereinigung des städtischen Arbeitsnachweises und des seit 16.08.1916 bestehenden städtischen Arbeitslosenamtes hervorgegangene Arbeitsamt Leipzig war für den Stadt- und Landkreis Leipzig zuständig. Nebenstellen bestanden in Markranstädt, Taucha und Zwenkau


Überlieferungsschwerpunkte

Die im Bestand vorhandenen Filmrollen wurden 1987 vom Kreisarchiv Rochlitz übernommen. Beim Umzug des Kreisarchivs in ein anderes Gebäude hatte man sie entdeckt: in einem Nebengelass der Burg, das zu einer privaten Wohnung gehörte, fand man die Filmbüchsen unter einem Kohlenhaufen.
Die Filme stammen aus einer Sicherungsverfilmung, mit der wichtige Dokumente vor Kriegseinwirkungen geschützt werden sollten. Sie wurde im Auftrag des Arbeitsamtes Leipzig durch die Firma Ost-Film Horst von Tschirnitz, Krakau, vorgenommen. Nach der Fertigstellung lagerte man diese Filme außerhalb Leipzigs. Dadurch blieben sie erhalten, während die Originaldokumente bei der Zerstörung der Gebäude des Arbeitsamtes Leipzig durch anglo-amerikanische Bombenangriffe vernichtet wurden. Zum Bestand gehören 33 Filme (Negativfilme, 36 mm, unperforiert), wovon ein Teil eine schlechte Qualität aufweist. Diese Filme enthalten nur Meldungen, welche die Betriebe im Zeitraum Juni bis November 1944 an das Arbeitsamt Leipzig gaben, einschließlich der Arbeitsbuchkarteikarten der Belegschaften. Insgesamt umfassen die Angaben über 410 Leipziger Betriebe bzw. deren Beschäftigte.
Bei der Dokumentation zu den Betrieben sind große Lücken festzustellen. So sind einige für Leipzig wichtige Industriezweige, wie z. B. der Maschinenbau, kaum vertreten, andere, z. B. die polygraphische Industrie, relativ gut überliefert.
Trotz der Unvollständigkeit der Unterlagen bilden die vorhandenen umfangreichen Personalangaben eine gute Grundlage für sozialhistorische Untersuchungen. Auch den Auflagen der Betriebe zur Kriegsproduktion sowie die Erfassung der zur Wehrmacht eingezogenen Belegschaftsangehörigen sind aufschlussreiche Fakten zur Struktur einzelner Betriebe und Wirtschaftszweige sowie zur sozialen Lage der Beschäftigten zu entnehmen.

Jeweils am Beginn der Aufreihung der Arbeitsbuchkarteikarten des betreffenden Betriebes ist ein Formblatt eingefügt, welches folgende Angaben enthält:
- Name und Anschrift des Betriebes
- Art der Produktion
- zahlenmäßige Aufgliederung der Beschäftigten (einschließlich der zur Wehrmacht Einberufenen), u. a. tätige Inhaber und leitende Angestellte, Angestellte, kaufmännische und technische Lehrlinge, Anlernlinge und Praktikanten

Anschließend folgen ca. 27.800 Arbeitsbuchkarteikarten mit Angaben zu den Beschäftigten:
- Angaben zur Person (Name, Vorname, Geburtstag und –ort, Beruf, Wohnanschrift, fachliche Ausbildung)
- Arbeitsstellen seit Eintritt in das Berufsleben (Name, Sitz und Ort des Betriebes, Art der Beschäftigung, Zeitraum)
- Angaben über den Wehrdienst.

Im Findbuch sind die Filme nach Industriezweigen gegliedert, wobei die zahlreichen Handwerksbetriebe den entsprechenden Branchen zugeordnet wurden. Eine Ortsangabe zu den Betrieben erfolgte nur, wenn der Sitz außerhalb Leipzigs lag.

2015 konnte der Bestand um eine Akte mit Arbeitsbüchern von Fremdarbeitern ergänzt werden. Diese waren wahrscheinlich 1998 vom Bundesarchiv übergeben worden.

Im Zuge der Bestandsabgrenzung mit dem Hauptstaatsarchiv Dresden wurden im Jahr 2009 Personalakten des Arbeitsamtes Leipzig übernommen. Bei der Bearbeitung 2016 erfolgte bei diesen 78 Akten eine Bewertung, infolge derer 21 Personalakten als archivwürdig eingestuft und verzeichnet wurden. Grundlage der Bewertung bildete ein Buchstabenmodell (G, O, T und R). Zusätzlich wurden besonders inhaltsreiche Akten archiviert


Hinweise für die Benutzung

Die Filme sowie eine Akte (Nr. 1: Arbeitsbücher von Fremdarbeitern) unterliegen personenbezogenen Schutzfristen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes (Nr. 2). Die Vorlage ist deshalb nur mit Schutzfristenverkürzung möglich.

Die Ausgabe im Findbuch erfolgt innerhalb der Gliederungspunkte chronologisch und danach alphabetisch. Verweise auf korrespondierende Bestände

Staatsarchiv Leipzig:

20223 Arbeitsamt Döbeln
20224 Arbeitsamt Grimma
22214 Arbeitsamt Mittweida

Hauptstaatsarchiv Dresden:

11168 Ministerium für Wirtschaft
13175 Landesarbeitsamt Sachsen

Bundesarchiv:

R 3901 Reichsarbeitsministerium
R 3903 Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
R 3905 Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung

Literaturhinweise

Helfferich, Karl Theodor, Bekanntmachung über Arbeitsnachweise vom 14. Juni 1916, in: Reichsarbeitsblatt, XIV. Jg., Heft Nr. 6
Prinz von Baden, Maximilian Alexander Friedrich Wilhelm, Allerhöchster Erlass über die Errichtung des Reichsarbeitsamts vom 4. Oktober 1918 (nach dem Reichsgesetzblatt S. 1231), in: Reichsarbeitsblatt, XVI. Jg., Heft Nr. 10
Koeth, Joseph, Anordnung über Arbeitsnachweise vom 9. Dezember 1918, in: Reichsarbeitsblatt, XVI. Jg., Heft Nr. 12
Sächsisches Arbeitsministerium: Verordnung, die Errichtung eines Landesamts für Arbeitsvermittlung betreffend vom 12. April 1919, in: Reichsarbeitsblatt, XVII. Jg., Heft Nr. 5
Ebert, Friedrich; Brauns, Heinrich, Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922, in: Reichsarbeitsblatt, Jg. 1922, Heft Nr. 14
Syrup, Friedrich, Satzung der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 30. September 1927, in: Reichsarbeitsblatt, 7. Jg. (N. F.) 1927, Heft Nr. 28
Mackenroth, Gerhard, Die Entwicklung des öffentlichen Arbeitsnachweises unter der Verwaltung der Stadt Halle 1914 - 1928 (Beiträge zur mitteldeutschen Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftskunde), Halberstadt, 1928
Gesetz über die Einführung eines Arbeitsbuches vom 26.02.1935 (Reichsgesetzblatt 1935, S. 311) und Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes (Reichsgesetzblatt 1935, S.602ff.)

Bekanntmachung über das Muster für das Arbeitsbuch vom 16.05.1935 (Reichsarbeitsblatt 1935)

Anordnung des Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zur Einführung des Arbeitsbuches vom 18.05.1935 (Reichsarbeitsblatt 1935)

G. Strohbach / V. Jäger
1992

D. Etzold
2016
Arbeitsbuchkartei.- Arbeitsbücher.- Personalakten.
Das Arbeitsamt Leipzig war für den Stadt- und Landkreis Leipzig zuständig. Nebenstellen existierten in Markranstädt, Taucha und Zwenkau.
Überliefert sind lediglich die zu Sicherungszwecken angefertigten Filme, die Originale sind durch Kriegseinwirkungen verloren gegangen.
Weiter Angaben siehe 2.4.4 Reichsarbeitsverwaltung.
  • 2016 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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