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Beständeübersicht

Bestand

20228 Kreisbauernschaft Rochlitz

Datierung1936 - 1944
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,50

Geschichte

Durch das "Gesetz über die Zuständigkeit des Reichs für die Regelung des ständischen Aufbaues der deutschen Landwirtschaft" vom 15. Juli 1933 [01] verloren die Länder und Provinzen ihre bisherige landwirtschaftliche Selbstverwaltung zugunsten des Reiches. Im September 1933 wurde per Gesetz [02] der Reichsnährstand als wirtschaftsständische NS-Organisation gebildet, welcher an die Stelle bestehender landwirtschaftlicher Verbände und Vereinigungen trat. Eingegliedert wurden u. a. die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, der Reichslandbund, der Reichsverband landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine und der landwirtschaftliche Verein in Bayern. Aufgelöst wurden dagegen u. a. die christlichen Bauernvereine, die Deutsche Bauernschaft, der Reichsgrundbesitzerverband, während die Züchterverbände, Reitervereine und der Reichsbund der Diplom-Landwirte dem Reichsnährstand angegliedert wurden. [03] Da die Landwirtschaftskammern der Länder ebenfalls im Reichsnährstand mit allen ihren Funktionen aufgingen, wurde eine Gesamtvertretung der deutschen Landwirtschaft geschaffen, die sich über das gesamte Reichsgebiet erstreckte und durch Zwangsmitgliedschaft und Umlage die Mitglieder an sich band.

Vom Reichskanzler erfolgte die Berufung des Reichsbauernführers, der an der Spitze des Reichsnährstandes stand. Dieses Amt nahm der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft in Personalunion wahr. Beigeordnet waren ihm zwar der Reichsbauernrat und der Reichsbauerntag, sie übten jedoch lediglich propagandistische Funktionen aus. Die oberste Verwaltung erfolgte durch Stabsamt und Verwaltungsamt. Erst 1939 wurde der Reichsnährstand auch formell dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft unterstellt. [04]

Untergeordnet waren ihm als rechtlich nicht selbständige Untergliederungen auf Landes- und Provinzialebene die Landesbauernschaften, für die Gebiete der Amtshauptmannschaften (ab 1939 Landkreise) die Kreisbauernschaften und in den einzelnen Orten die Ortsbauernschaften. Die Kreisbauernschaft Rochlitz erstreckte demnach ihre Zuständigkeit nur auf das Gebiet der Amtshauptmannschaft Rochlitz bzw. ab 1939 des Landkreises Rochlitz.

Der Reichsnährstand war nicht nur für die Landwirtschaft im engeren Sinne, sondern auch für Gartenbau, Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen, den Landhandel sowie alle Be- und Verarbeiter landwirtschaftlicher Erzeugnisse zuständig. Aufgaben waren dabei die kontrollierende Lenkung des gesamten inländischen Warenverkehrs mit landwirtschaftlichen Produkten sowie deren Erzeugung, die Führung des Reichssortenregisters, die Aufsicht über Körungen, der Pflanzenschutz und vor allem die Ernährungssicherung. Während des 2. Weltkrieges organisierte der Reichsnährstand die gesamte Kriegsernährungswirtschaft. Dazu gehörte die Sicherstellung des Ernährungsbedarfs, die Nahrungsverteilung (Lebensmittelkarten), aber auch die Klärung von Fragen des Arbeitseinsatzes, die Freistellung von Arbeitskräften und die Zuteilung von Betriebsmitteln.

Mit dem Ende des Krieges stellte auch der Reichsnährstand seine Tätigkeiten ein.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Der Bestand, der 100 Akteneinheiten umfasst und bereits durch eine Findkartei erschlossen war, wurde im Dezember 1999 im Rahmen der Beständebereinigung vom Hauptstaatsarchiv Dresden an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben.

Im Jahre 2002 konnte im Rahmen einer AB-Maßnahme die Eingabe in das Archivprogramm AUGIAS erfolgen. Aufgenommen wurden neben der laufenden Signatur der Aktentitel, die Datierung sowie in einigen Fällen die alte Archivsignatur, ein erweiternder Enthält-Vermerk und die Bandzahl bei Bandreihen. Die alphabetische Ordnung der Akten musste in wenigen Fällen korrigiert werden. Innerhalb der Aktenbände erfolgte die Sortierung nach der überlieferten Zählung der Höfe, welche anhand der zumeist enthaltenen "Listen der Betriebsinhaber" ermittelt werden kann. Der angelegte Ortsindex erleichtert die Recherche. Im Bestand wurden Ortsteile, wenn sie separat aufgeführt wurden, nicht dem Hauptort zugeordnet.

Eine Klassifikation des Bestandes war nicht notwendig, da nur ein Betreff vorliegt. Die Signierung konnte beibehalten werden.

Vor und während der Bearbeitung wurden im Bestand Fremdprovenienzen ermittelt. Drei Akten wurden an das Hauptstaatsarchiv Dresden übergeben, da dort die Provenienz "Landesbauernschaft Sachsen" festgestellt wurde. Aus der Akte Nr. 36 wurden zwei Vorgänge mit der Provenienz "Finanzamt Adorf/Vogtl." entnommen und dem Staatsarchiv Chemnitz übergeben.


Überlieferungsschwerpunkte

Die Überlieferung der Kreisbauernschaft Rochlitz besteht nur aus Hofkarten für die einzelnen Ortschaften im Bereich der Amtshauptmannschaft/des Landkreises Rochlitz. Anderweitige Unterlagen, wie zum Beispiel Verwaltungsakten oder Handakten der Ortsbauernführer sind nicht vorhanden.

Hofkarten wurden für die einzelnen Höfe geführt, wobei jeder Hof eine Ordnungsnummer erhielt. Sie geben einen Überblick über die betriebswirtschaftliche Situation und dienten der Kontrolle und Lenkung der landwirtschaftlichen Produktion ("Aufrüstung des Dorfes") sowie ab 1939 als Grundlage für die Berechnung von Ablieferungsmengen. Dazu wurden u. a. die Beschäftigtenzahlen, die Größe der bewirtschafteten Fläche, die Erntemenge und der Vieh- und Maschinenbestand aufgenommen.

Gelegentlich auftretende Lücken in der Ordnungsnummer belegen die Unvollständigkeit des Bestandes. Die Gesamtüberlieferung beläuft sich auf ca. 90 %.

Die Hofkarten lassen Aussagen zur Landwirtschaft in der Amtshauptmannschaft/im Landkreis Rochlitz im Allgemeinen zu, aber auch für einzelne Ortschaften oder Höfe. Vereinzelt sind Hinweise zur Anzahl beschäftigter Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter vorhanden. In der Rubrik "Ständige Beschäftigte" der Hofkarten sind diese als "sonstige familienfremde Arbeitskräfte" unter den Kürzeln "K. G." oder "Kr. Gef." angegeben.


Verweise und korrespondierende Bestände

Staatsarchiv Leipzig

20226, Kreisbauernschaft Döbeln

20227, Kreisbauernschaft Grimma

20025, Amtshauptmannschaft Borna

20026, Amtshauptmannschaft Döbeln

20027, Amtshauptmannschaft Grimma (u. a. Signatur 1801: Ortsbauernschaftsverzeichnisse für Albrechtshain und Zweenfurth, o. D.)

20028, Amtshauptmannschaft Leipzig (u. a. Signaturen 2827 - 2851: Hofkarten über landwirtschaftliche Betriebe in den Gemeinden Abtnaundorf bis Zwenkau, 1936 - 1944)

20029, Amtshauptmannschaft Oschatz

20030, Amtshauptmannschaft Rochlitz


Hauptstaatsarchiv Dresden

11511, Landesbauernschaft Sachsen


Literatur

- Nussbaum, Helga und Zumpe, Lotte (Hrsg.): Wirtschaft und Staat in Deutschland. Eine Wirtschaftsgeschichte des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1945, Bd. 3: Zumpe, Lotte: Wirtschaft und Staat in Deutschland 1933 bis 1945, Berlin 1980, S. 99 ff.

- Jeserich, Kurt G. A. und Pohl, Hans (Hrsg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Band IV: Das Reich als Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 1985, S. 811 ff.




Etzold
Februar 2004





[01] Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1933, Teil 1, S. 495
[02] Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1933, Teil 1, S. 626 f.
[03] Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1933, Teil 1, S. 1060
[04] Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1939, Teil 1, S. 1519


Hofkarten.
Angaben siehe 2.4.5 Reichsnährstand.
  • 2004 | Findbuch / Datenbank
  • 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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