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Beständeübersicht

Bestand

20232 Kreistag / Kreisrat Döbeln

Datierung(1919 - 1944)1945 - 1957 (1960, 1966)
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)23,54

Bestand enthält auch 4 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Zur Geschichte von Kreistag und Landkreisverwaltung Döbeln nach 1945

Der Neuaufbau kommunaler Verwaltungen in der Sowjetischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von grundlegenden Umbrüchen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens begleitet. An die Stelle der seit 1874 bestehenden Amtshauptmannschaft Döbeln (seit 1939 Landkreis) trat seit dem Frühjahr 1945 die Kreisverwaltung Döbeln. Seit Anfang Mai 1945 stand der Landkreis unter sowjetischer Militärverwaltung.

Die wirtschaftliche und soziale Struktur des Landkreises wurde durch die Landwirtschaft sowie die Leicht- und Textilindustrie und den Maschinenbau bestimmt. Großbetriebe waren fast ausschließlich in den Städten angesiedelt. Dabei handelte es sich u. a. um Spinnereien, Webereien, Gießereien und metallverarbeitende Betriebe. Hergestellt wurden dort z. B. Werkzeug- und Textilmaschinen, Armaturen, Elektromotoren, Feuerlöschgeräte, Möbel, Schuhe und Teppiche. Wirtschaftliche Bedeutung kam auch der Talsperre Kriebstein zu.

Nach der Volks- und Berufszählung in der sowjetischen Besatzungszone vom Oktober 1946 betrug die Wohnbevölkerung im Landkreis Döbeln damals 148.767 Einwohner. [01] Zum 1. Januar 1948 umfasste die Fläche des Kreises 528,22 km². Der Landkreis bestand aus 162 Gemeinden, davon sechs Städten (Döbeln, Hainichen, Hartha, Leisnig, Roßwein, Waldheim). Anfang 1947 wurde die Kreisfreiheit der Stadt Döbeln aufgehoben. Zwischen 1950 und 1952 erfolgte die Eingemeindungen bzw. Zusammenlegungen von 55 kreisangehörigen Gemeinden. Außerdem wechselten im Juli 1950 vier Gemeinden in den Landkreis Flöha.

Die Landkreisverwaltung unterlag in ihrem Entwicklungsprozess vielfachen strukturellen Änderungen. Die Konzentration der regionalen Verwaltung in einer Kreisbehörde führte zu einem erheblichen Bedeutungszuwachs. Ehemals selbständige untere staatliche Sonderbehörden, wie z. B. Arbeits-, Gesundheits-, Finanz-, Steuer-, Kataster- und Vermessungsämter, wurden in die Kreisverwaltung eingegliedert. Damit erstreckte sich die Zuständigkeit auf annähernd alle öffentliche Bereiche im Kreisgebiet. Daneben entstanden entsprechend der politischen und zeitbedingten Aufgabenstellung eine Reihe spezieller Einrichtungen und Abteilungen, die als Strukturteile in die Kreisverwaltung eingingen, wie z. B. die Kreisboden-, Kreissequester- und Kreisentnazifizierungskommission, das Umsiedler- und Wiederaufbauamt. Die Behördenbezeichnung für die Kreisverwaltungen wechselte mehrfach. So galt 1945/46 noch der alte Begriff "Der Landrat". Ab April 1946 wurde der Name "Landratsamt" verbindlich. Zwischen 1947 und 1951 hieß die Kreisbehörde "Kreisrat" und danach "Rat des Kreises" bzw. "Rat des Landkreises". Die Rechts- und Fachaufsicht über die Landkreise lag unmittelbar beim Sächsischen Ministerium des Innern.

Der Aufbau der neuen Kommunalverwaltung erfolgte in den ersten Wochen und Monaten unter Leitung der sowjetischen Kreiskommandantur mit Unterstützung von Ausschüssen, die die Verbindung von Verwaltung und Bevölkerung herstellen sollten und beratende Funktion hatten. Erste Aufgabe war es, Betriebe und Versorgungseinrichtungen wieder in Gang zu setzen sowie die Entnazifizierung der öffentlichen Verwaltung einzuleiten. Parallel dazu musste die Versorgung der Besatzungstruppen und -verwaltung gesichert werden. Die erste Reparationswelle kam zum Tragen.

Auf der Grundlage der "Verordnung zur Bildung von beratenden repräsentativen Körperschaften bei der Landesverwaltung und den Selbstverwaltungen im Bundesland Sachsen" vom 13. Mai 1946 entstanden Beratende Versammlungen bei den Verwaltungsorganen der Länder, Städte, Kreise und Gemeinden. [02] Die Beratenden Versammlungen stellten ein "Vorparlament" dar. Sie bestanden wie die Kreisausschüsse nur eine historisch relativ kurze Zeit, da sie im Herbst 1946 durch gewählte Körperschaften abgelöst wurden.

Rechtliche Grundlage für die Arbeit der Kreisverwaltungen war die vom Sächsischen Landtag beschlossenen "Demokratische Kreisordnung für das Land Sachsen" vom 16. Januar1947. [03] Nach der neuen Kreisordnung bildeten die Landgemeinden, einschließlich der nichtkreisfreien Städte, den Landkreis. Die Kreise waren Gebietskörperschaften, die sämtliche Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen hatten, die von den kreisangehörigen Gemeinden nicht direkt erfüllt werden konnten und sie hatten auf ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet zu erfüllen.

Mit den Gemeinde- sowie Kreistags- und Landtagswahlen im Herbst 1946 wurden Volksvertretungen gewählt. Oberstes Beschlussorgan auf Kreisebene war nunmehr der Kreistag, der sich jedoch im Rahmen der vom Sächsischen Landtag beschlossenen Gesetze und Verordnungen bewegen musste und der durch Befehle der Besatzungsmacht eingeschränkt wurde. Die Zahl der Kreistagsmitglieder des Landkreises Döbeln betrug 52. [04] Der Kreistag wählte den Landrat als Vorsitzenden des ihm unterstellten Kreisrates. Die Kreisverwaltung Döbeln bestand aus dem Landrat, zwei Stellvertretern und weiteren drei besoldeten und vier unbesoldeten Kreisräten, die jeweils ein oder mehrere Dezernate der Kreisverwaltung leiteten. Der Landrat war Dienstvorgesetzter sowohl für alle Kreisangestellten als auch für die Mitglieder des Kreisrates. Er vertrat im Auftrag des Kreistages den Kreis nach außen. Insbesondere regelte er die Zusammenarbeit mit der Landesregierung und den Dienststellen der Sowjetischen Militäradministration.

Nachdem am 13. Mai 1945 die Verwaltungstätigkeit im Landratsamt Döbeln unter den neuen Bedingungen wieder angelaufen war, wurde am 24. Mai 1945 Kurt Kränkel aus Döbeln einstimmig als Landrat gewählt. Als 1. Stellvertreter fungierte Otto Seibt. [05] Auf der 1. Kreistagssitzung am 14. Februar 1947 erfolgte die Wahl der Kreistagsabgeordneten und der Kreistagsausschüsse. Kreistagsvorsitzender wurde Johannes Vogelsang aus Döbeln.

Im Juli 1946 bestand die Verwaltung des Landratamtes Döbeln aus den folgenden sieben Ressorts, die in 35 Abteilungen untergliedert waren:

Hauptverwaltung

Handel und Versorgung

Land- und Forstwirtschaft

Finanzen und Steuern

Schule, Jugend, Kultur

Gesundheitswesen

Soziale Fürsorge

Der Personalbestand der Landkreisverwaltung Döbeln betrug zum gleichen Zeitpunkt 257 Beschäftigte. [06]

Die kommunale Handlungsfreiheit wurde seit 1948 im Zuge der zentralistischen Umstrukturierung des politisch-administrativen Systems in der Sowjetischen Besatzungszone (Eingriffe von Zentralverwaltungen und Deutscher Wirtschaftskommission) immer mehr eingeengt. Einschränkungen gab es zuerst auf dem Gebiet der Polizei und des Schulwesens, später auch im Finanzbereich.

Im Zuge der Auflösung des Landes Sachsen auf Grund des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR vom 23. Juli 1952 lösten territorial neu gegliederte Kreise und Bezirke die alten Verwaltungsstrukturen ab. So wurden die südlich gelegenen Teile des Landkreises Döbeln dem neu geschaffenen Kreis Hainichen im Bezirk Chemnitz zugeordnet. Dazu kamen einige Gemeinden aus dem Landkreis Grimma sowie insbesondere aus dem Landkreis Oschatz.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Die Unterlagen der Landkreisverwaltung Döbeln wurden im Zeitraum 1963 - 1966 vom Kreisarchiv Döbeln in mehreren Abgaben an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. Teilweise lagen Ablieferungsverzeichnisse vor. Der Umfang der Unterlagen betrug ursprünglich ca. 120 lfm. Die Bewertungsmaßnahmen erfolgten im Zuge der Erschließungsarbeiten. Mit Unterbrechungen wurden die archivwürdigen Unterlagen zwischen 1965 und 1980 im Staatsarchiv Leipzig erschlossen. Als Ergebnis der Bearbeitung entstand eine maschinenschriftliche Findkartei. Die Unterlagen sind verfilmt.

2009 wurde der Bestand durch Retrokonversion elektronisch nutzbar gemacht. In diesem Zusammenhang wurden einige Erschließungsverbesserungen vorgenommen. Diese beziehen sich auf die Konkretisierung von Aktentiteln, die Erweiterung durch Enthält-Vermerke, die Erstellung von Darin-Vermerken, die Ergänzung von Datierungen, die Fertigung eines Abkürzungsverzeichnisses sowie die Erstellung einer Einleitung. Die ursprünglich verwendete Terminologie wurde weitestgehend beibehalten.

Bei dem Bestand Kreistag/Kreisrat Döbeln handelt es sich um einen zusammengefassten Bestand. Er enthält Unterlagen des Kreistages (ab 1947) sowie Unterlagen der "Vorparlamente" (Kreisausschuss und beratende Versammlung). Zum anderen umfasst er die Unterlagen der Landkreisverwaltung hauptsächlich aus dem Zeitraum 1945 - 1952. Provenienzstellen können dabei sein: Landrat, Landratsamt, Kreisrat, Rat des Kreises, Rat des Landkreises. Außerdem sind im Bestand Unterlagen der ehemals eigenständigen lokalen Sonderbehörden, wie Gesundheits-, Arbeits-, Steuer- und Vermessungsämter enthalten, die nach 1945 in die Kreisverwaltungen eingegliedert worden sind.

Die Klassifikation des Bestands basiert auf dem 1966 von Dr. Heinz Welsch im Staatsarchiv Leipzig erarbeiteten Gliederungsschema für den Bestandstyp Kreisverwaltung als Vorläufer des Ordnungsmodells für die Bestandsgruppe Kreistag/Kreisrat, welches seit 1982 für diesen Bestandstyp in den sächsischen Staatsarchiven Anwendung fand. [07]


Überlieferungsschwerpunkte

Die überlieferten Unterlagen bieten vielfältige Auswertungsmöglichkeiten zur Entwicklung des Kreises Döbeln im Zeitraum 1945 bis 1952. Sie spiegeln die Nachkriegssituation auf lokaler und regionaler Ebene wider, die v. a. durch den Aufbau einer antifaschistischen, personell und strukturell erneuerten Verwaltung, der Beseitigung der Kriegschäden und der Wiederherstellung des öffentlichen Lebens und der Wirtschaftstätigkeit geprägt war.

Die Archivalien belegen die Durchführung der Bodenreform, die Entnazifizierung in Verwaltung und Wirtschaft, die Enteignung von "Nazi- und Kriegsverbrechern", Vermögenssequestrierungen im Bereich der Banken und Industrie, die Neuorganisation des Schulwesens sowie die Entwicklung im Gesundheitswesen.

Breiten Raum nehmen die Versorgung der Bevölkerung einschließlich der "Umsiedler" sowie deren Unterstützung und medizinische Versorgung ein.

Weitere Überlieferungsschwerpunkte sind Dokumente über die Durchführung und Ergebnisse der Gemeinde- und Kreistagswahlen 1946 und der Wahlen von 1950 sowie Unterlagen zum Volksentscheid vom Juni 1946 und zur Volksbefragung gegen Remilitarisierung und den Abschluss eines Friedensvertrages vom Mai 1951.

Die Tätigkeit und Rolle der sowjetischen Militäradministration beim Neuaufbau und der Entwicklung im Kreisgebiet nach 1945 spiegelt sich anhand der überlieferten Dokumente genauso wider wie die Auswirkungen von Demontagen und Reparationen. Tätigkeitsberichte der Polizei ab 1945 liegen ebenfalls vor.

Gut dokumentiert sind die Kreistags-, Kreisrats- sowie die Gemeindevertretersitzungen.

Eine besonders breite Überlieferung umfasst der Bereich Land- und Wasserwirtschaft.

Hinzuweisen ist auch auf eine größere Anzahl von Karten, Plakaten sowie Flugblättern.

Die Unterlagen des Rates des Landkreises Döbeln ab 1952 befinden sich im Kreisarchiv Döbeln beim Landratsamt Mittelsachsen, Außenstelle Döbeln.


Literatur

- Broszat, Martin, Weber, Hermann (Hrsg.): SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone 1945-1949. R. Oldenbourg Verlag, München, 1990.

- Schöneburg, K.-H. u. a.: Vom Werden und Wachsen unseres Staates, Staatsverlag der DDR, Bd. 1 1946-1949, Berlin 1966, Bd. 2 1949-1955, Berlin, 1968.

- Grohmann, Ingrid: Erschließung des Bestandtyps "Kreistag / Kreisrat" 1945-1952 im Staatsarchiv Dresden. In: Archivmitteilungen, Potsdam 1981, Nr. 4 S. 127 ff.

- Möller, Jutta: Die Entstehung revolutionär-demokratischer Machtorgane im Kreis Döbeln während der Zeit vom 8. Mai 1945 bis Anfang 1948. Diplomarbeit. Leipzig, 1976.

- Piersig, Erhard: Die Kreisverwaltung in der ersten und zweiten Etappe der Periode der antifaschistischen Umwälzung (Mai 1945 bis März 1948) und ihre archivalische Überlieferung. Eine verwaltungsgeschichtliche und quellenkundliche Untersuchung dargestellt an der Organisation und Tätigkeit der nordwestsächsischen Kreisverwaltung Grimma. Staatsexamensarbeit, Berlin 1966.



M. Bähr
August 2009



[01] Volks- und Berufszählung vom 29. Oktober 1946 in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Bd. 1: Amtliches Gemeindeverzeichnis. Deutscher Zentralverlag GmbH, Berlin 1948.
[02] Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesverwaltung Sachsen 1946, S. 242.
[03] Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen 1947, S. 22.
[04] Vgl. Hauptsatzung vom März 1947. In: StA-L, 20232 KT/KR Döbeln, Nr. 129.
[05] Vgl. StA-L, 20232 KT/KR Döbeln, Nr. 146.
[06] Vgl. StA-L, 20232 KT/KR Döbeln, Nr. 139.
[07] Grohmann, Ingrid: Erschließung des Bestandstyps Kreistag/Kreisrat 1945-1952 im Staatsarchiv Dresden. s. Literaturverzeichnis.

Kreistagsbüro.- Sitzungen und Ausschüsse des Kreistages.- Zusammenarbeit mit der Sowjetischen Militärverwaltung und der Landesregierung.- Leitung, Organisation und Information.- Personal und Umschulung.- Entnazifizierung.- Wahlen, Statistik und Personenstandswesen.- Anleitung der Gemeinden.- Kreis- und Gemeindehaushalt.- Banken und Sparkassen.- Steuern und Abgaben.- Vermögenssequestrierungen und Enteignungen.- Bodenreform.- Land- und Forstwirtschaft.- Wasserwirtschaft.- Örtliche Industrie, Bauwesen, Verkehr, Handwerk und Gewerbe.- Handel und Versorgung.- Wohnungswesen.- Eingliederung von Umsiedlern.- Gesundheits- und Sozialwesen.- Berufsausbildung.- Arbeitskräfteplanung und -lenkung.- Volksbildung.- Jugend, Kultur und Sport.- Betriebsgewerkschaftsleitung des Kreisrats.
Der 1945 neu strukturierte Landkreis Döbeln ging auf die 1874 gebildete gleichnamige Amtshauptmannschaft zurück. Anfang 1947 wurde die Kreisfreiheit der Stadt Döbeln aufgehoben. Zwischen 1950 und 1952 erfolgten 55 Eingemeindungen bzw. Zusammenlegungen kreisangehöriger Gemeinden. Weitere vier Gemeinden wechselten zum 1. Juli 1950 in den Landkreis Flöha. Im August 1952 erfolgte im Zuge der Bezirksbildung eine Neugliederung der Kreise, wobei der bisherige Landkreis Döbeln seine südlichen Gebiete zugunsten des neu geschaffenen Kreises Hainichen im Bezirk Chemnitz verlor.
Weitere Angaben siehe 3.4.
  • 2009 | Findbuch / Datenbank
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