Beständeübersicht
Bestand
20238 Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle, Bezirksbevollmächtigter Leipzig
Datierung | 1946 - 1964 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 13,75 |
Bestand enthält auch 78 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular
Zur Geschichte der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle, Bezirksbevollmächtigter Leipzig
Im Juli 1948 wurde in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bei der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) eine Zentrale Kontrollkommission (ZKK) als Staatskontrollorgan nach sowjetischem Vorbild eingerichtet. Sie wurde zu einer Zeit ins Leben gerufen, als in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entscheidende Schritte auf dem Weg zur Zentralisierung von Wirtschaft und Verwaltung eingeleitet wurden. Die DWK wurde mit Befugnissen ausgestattet, die sie in den Rang einer Regierung für die sowjetische Besatzungszone erhob.
In den Ländern der SBZ wurden gleichzeitig Landeskontrollkommissionen (LKK) gebildet, die sowohl der ZKK als auch dem jeweiligen Ministerpräsidenten unterstanden. Auf unterer Ebene waren Kreiskontrollkommissionen mit jeweils ca. vier bis fünf Mitgliedern bzw. in den Städten, Gemeinden und Wohnbezirken Volkskontrollausschüsse (VKA) eingesetzt.
Die Zentrale der Kommission stand zu diesem Zeitpunkt unter Leitung von Fritz Lange, der in die Aufgabenfelder der Arbeitsgruppenleiter maßgeblichen Einfluss nehmen konnte.
Die LKK sollten die auf das jeweilige Land begrenzten Aufgabenbereiche übernehmen, die Aufgaben der ZKK und der LKK waren u. a. die Kontrolle der Durchführung der Wirtschaftspläne, die Überprüfung des Verwaltungsapparates und die Bekämpfung wirtschaftsschädigender und ungesetzlicher Handlungen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben standen ihnen verschiedene Befugnisse zu, u. a. das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Sekretariats der DWK bzw. der Länderkabinette, das Einsichtsrecht in alle Unterlagen von Verwaltung, Justiz und Wirtschaft, das Recht beim Verdacht ungesetzlicher Handlungen selbständig Ermittlungen vorzunehmen sowie die Veranlassung von Festnahmen verpflichtend anzuordnen.[01]
Ende 1952 existierten im Bezirk Leipzig 363 VKA mit insgesamt 2831 ehrenamtlichen Mitarbeitern.[02]
In den Anfangsjahren bis 1953 besaß die Kommission neben ihren sonstigen Befugnissen den Status eines Untersuchungsorgans in Wirtschaftsstrafsachen.
Die ZKK initiierte in dieser Zeit vornehmlich Wirtschaftsstrafverfahren gegen Institutionen bzw. Interessenvertretungen des privaten Handels und der privaten Industrie sowie gegen Betriebe mit innerdeutschen Handelsbeziehungen, aber auch gegen Verwaltungs- und Genossenschaftsangehörige, die als angebliche Saboteure für Fehler und Missstände innerhalb des Staats- und Wirtschaftsapparates verantwortlich gemacht wurden. Typische Vorwürfe waren die versuchte "Monopolbildung" zum Ziel der Marktbeherrschung und eine Sabotagetätigkeit im Auftrag des Westens.
Nach der Einleitung des "Neuen Kurses" im Juni 1953 verlor sich dieser Aspekt der Tätigkeit der Kommission. Fritz Lange verließ die Kommission 1954 und wurde zum Minister für Volksbildung ernannt. Sein Nachfolger war Ernst Wabra, der die ZKK immer stärker zu einem fachlich orientierten Kontrollapparat entwickelte.
Nach der Gründung der DDR setzte die ZKK gemäß des am 20. Oktober 1949 von der Provisorischen Regierung beschlossenen Strukturplans ihre Tätigkeit als Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK). Diese war nunmehr dem Ministerpräsidenten unmittelbar unterstellt und wurde von einem Mitglied der Provisorischen Regierung bzw. später des Ministerrates geleitet. Die LKK und die Organisationen der unteren Ebenen blieben zunächst weiterbestehen.
Mit der Verwaltungsreform von 1952 wurden die LKK aufgelöst und in den geschaffenen Bezirken, so auch in Leipzig, zunächst Bezirksinspektionen eingerichtet, ab 1953 schließlich Bezirksbevollmächtigte der ZKSK eingesetzt. Die Dienststelle des Bevollmächtigten des Bezirkes Leipzig beschäftigte Ende 1953 45 Mitarbeiter, darunter fünf in leitender Position (u. a. Bevollmächtigter, Stellvertreter des Bevollmächtigten, Leiter der Kaderabteilung) sowie 23 Kontrolleure und Hilfskontrolleure in den Kontrollgruppen Industrie und Verkehr (7), Land- und Forstwirtschaft, Erfassung und Aufkauf (5), Handel und Versorgung (6), und Briefe der Werktätigen (5). Bei den anderen Mitarbeitern handelte es sich um Stenosekretärinnen, Kraftfahrer und Pförtner.[03]
Am 1. Mai 1953 trat ein Statut der ZKSK und ihrer Organe in Kraft, dass die Unabhängigkeit der Bezirksbevollmächtigten von den örtlichen Verwaltungen festschrieb. Gleichzeitig wurden die Kreiskontrollkommissionen und Volkskontrollausschüsse aufgelöst und stattdessen in ausgewählten Schwerpunktbetrieben und staatspolitisch wichtigen Einrichtungen Beauftragte für die Kontrolle eingesetzt.
Die Sonderstellung der Kontrollkommission, insbesondere deren Eingriffsmöglichkeiten in die Rechtsprechung, wurde durch das Statut von 1953 erheblich eingeschränkt. Die Aufgaben der ZKSK sollten sich fortan im Wesentlichen auf die Überwachung der Durchführung von Gesetzen und Verordnungen der Regierung und auf die Kontrolle der Produktions-, Wirtschafts-, Finanz- und allgemeinen Verwaltungstätigkeit beschränken.
Da die ZKSK der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Ansicht der Partei- und Staatsführung nur unzureichend nachkam, wurde bereits 1958 der Unterbau der ZKSK wieder erweitert, indem in allen Kreisen Kreiskontrollbeauftragte eingesetzt und in Anlehnung an die früheren VKA eine breite ehrenamtliche Helferorganisation aufgebaut wurde.
In ausgewählten Kommunen wurden sogenannte Helferstützpunkte errichtet, die dem jeweiligen Kreiskontrollbeauftragten unterstanden. Die Stützpunktleiter wiederum standen einzelnen Aktivs vor, die in Gemeinden und Betrieben eingerichtet wurden.
Als Helfer kamen "bewährte Arbeiter und fortschrittliche Werktätige" in Betracht, denen für die Erfüllung ihrer Aufgaben befristete Kontrollaufträge ausgehändigt wurden (vgl. Statut der ZKSK vom Oktober 1958).[04]
Trotz dieser Reorganisation erwiesen sich jedoch die Organisations- und Personalstrukturen der ZKSK auch weiterhin als untauglich, so dass sie Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle mit Wirkung vom 13. Mai 1963 aufgelöst wurde.
Als Nachfolgeinrichtung errichtete man durch gemeinsamen Beschluss des ZK der SED und des Ministerrates der DDR vom 13. Mai 1963 die Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der DDR als staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan.[05]
Bestandsgeschichte
Mit Auflösung der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK) 1963 übergab deren Nachfolgeorganisation Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) das bei der ZKSK entstandene Schriftgut an das Deutsche Zentralarchiv (DZA), Dienststelle Coswig/Anhalt. Ausgenommen waren lediglich Unterlagen, die zur Erledigung laufender Arbeiten noch von der ABI benötigt wurden. Eine Nachlieferung an das DZA erfolgte 1966.
1990 übernahm das Bundesarchiv das Schriftgut und übergab die Unterlagen regionaler Provenienz an die zuständigen Staatsarchive. Die Übergabe an das Staatsarchiv Leipzig erfolgte in den Jahren 1993 bis 1996 im Gesamtumfang von 21,50 lfm. Bei der Abgabe handelte es sich um ca. 16,00 lfm in Aktenordnern und um ca. 6,5 lfm in Aktenbündeln.[06]
Bestandsbearbeitung
Die ZKK/ZKSK war das zentrale Kontrollorgan des Ministerrates der DDR. Die Überlieferung der ZKSK, Bezirksbevollmächtigter Leipzig, stellt eine wichtige Quelle zur Erforschung der Leitungsstrukturen und Steuerungsmechanismen in der DDR auf regionaler Ebene dar. Daher wurde auf eine hohe Erschließungstiefe Wert gelegt, was eine erweiterte Verzeichnung notwendig machte.
Vernichtet wurden im Zuge der Bearbeitung in erster Linie Mehrfachüberlieferungen, Wochenpläne und –berichte sowie Haushaltsunterlagen u.a. Rechnungsbelege). Insgesamt wurden 6 lfm kassiert.
Eine innere Ordnung der Unterlagen sowie die Anwendung eines Aktenplanes waren bei der Überlieferung nicht zu erkennen.
Es wurde eine Gliederung anhand der Struktur und Aufgaben der ZKK/ZKSK vorgenommen.
Titelaufnahme und Verwendung von Enthält-Vermerken orientieren sich in Grundsätzen und Gestaltung an der "Erschließungsrichtlinie Akten" des Sächsischen Staatsarchivs und an den "Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätzen für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik" (OVG); gegebenenfalls wird zusätzlich der "Darin"-Vermerk in erster Linie für die gelegentliche Fotodokumentation verwendet.
Zur besseren Recherche im Findbuch wurde neben dem Personenregister und dem Ortsregister ein Firmen-, Institutionen- und Organisationenregister erstellt.
Die Erschließung erfolgte mit Hilfe von AUGIAS - Archiv 7.4, 2002/2004.
Bei einer Reihe Akteneinheiten war auf Grund des vorgefundenen Umfangs die Aufteilung in mehrere Bände unumgänglich.
Ein Teil der Akten mit personenbezogenen Daten wurde gemäß § 10 SächsArchivG vom 17. Mai 1993 für die Benutzung gesperrt.
Überlieferungsschwerpunkte
Aus den Jahren 1948/49, in denen die ZKSK nur als "Zentrale Kontrollkommission" geführt wurde, sind nur wenige Unterlagen vorhanden. Den bedeutenderen Anteil nehmen die Überlieferungen des Bezirksbevollmächtigten Leipzig sowie ab 1952 der Kreiskontrollbeauftragten ein.
Die Ermittlungstätigkeit der ZKSK gegen so genannte Saboteure wird anschaulich durch eine Reihe überlieferte Wirtschaftsstrafsachen dargestellt.
Ferner sind in größerem Umfang Personalunterlagen der Mitarbeiter der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle überliefert, die allerdings teilweise aus datenschutzrechtlichen Gründen für die Benutzung gesperrt sind.
Interessante Einblicke zur Situation in verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft, speziell zur Versorgung der Bevölkerung gewähren die zahlreich überlieferten Berichte aus den Kreisen, Städten, Gemeinden und Wirtschaftseinrichtungen aus dem Bezirk Leipzig.
Hinweise für die Benutzung
Der Bestand enthält Unterlagen, die nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes erst zehn Jahre nach dem Tod bzw. einhundert Jahre nach der Geburt der betroffenen Person benutzt werden dürfen. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach gesonderter Prüfung im Wege des Antragsverfahrens zur Schutzfristenverkürzung möglich. Aus Datenschutzgründen werden Verzeichnungsangaben, die einer personenbezogenen Schutzfrist unterliegen, in der Online-Fassung des Findbuchs nicht angezeigt.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Unterlagen zur Arbeit der ZKSK befinden sich ebenfalls in den Beständen 20237 Rat des Bezirkes Leipzig, 20233 Kreistag/Kreisrat Grimma, 20235 Kreistag/Kreistag Oschatz, 21706 FDGB Bezirksvorstand Leipzig und 20832 VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig, die sich ebenfalls im Staatsarchiv Leipzig befinden.
Nach dem Beschluss vom 13. Mai 1963 wurde die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle aufgelöst und die Arbeiter – und - Bauern – Inspektion der DDR als neues staatliches Kontrollorgan gegründet. Der Bestand 20301 Arbeiter – und – Bauern – Inspektion, Bezirkskomitee Leipzig liegt im Staatsarchiv Leipzig vor.
Im Staatsarchiv Dresden werden die Bestände 11467 Landeskontrollkommission Sachsen und Arbeiter-und-Bauern-Inspektion Bezirkskomitee Dresden sowie einige Kreiskomitees von Arbeiter-und-Bauern-Inspektionen des Bezirkes Dresden verwahrt.
Das Bundesarchiv verwahrt den Bestand Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle. Darin überliefert sind u. a. Kontrollberichte zur Arbeit staatlicher Stellen, wirtschaftsleitender Organe und Betriebe, Eingriffe in die Rechtsprechung, Personal und Arbeitsweise der ZKSK.
Literaturhinweise
- Braun, Jutta, Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle 1949-1953 – Wirtschaftsrecht und Enteignungspolitik. In: Brau, Jutta/Klawitter, Nils/Werkentin, Falco (Hg.): Die Hinterbühne politischer Strafjustiz in den frühen Jahren der SBZ/DDR. Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Schriftenreihe Band 4, Berlin 1997, S. 6-23.
- Braun, Jutta, Justizkorrektur in der Gründungs- und Frühphase der DDR. Die Zentrale Kontrollkommission als Sonderbehörde im Auftrag der Parteiführung. In: Engelmann, Roger/Vollnhals, Clemens (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssicherheit in der DDR. Berlin 1999, S. 115-132.
- Brunner, Georg, Kontrollfunktion und Kontrollorgane in der Sowjetunion und Mitteldeutschland. (Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Nr. 16/1967).
- Engelmann, Roger, Staatssicherheitsjustiz im Aufbau. Zur Entwicklung geheimpolizeilicher und justitzieller Strukturen 1950-1963. In: Engelmann, Roger/Vollnhals, Clemens (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssicherheit in der DDR, Berlin 1999, S. 133-164.
- Feige, Gerhard/Müller, Heinz, Die Kontrolle der Durchführung. Eine Hauptmethode der Leitung unseres Staates der Arbeiter und Bauern. Berlin 1953.
- Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2002.
- Jendretzky, Hans, Die neuen Aufgaben der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle. Berlin 1962.
- Roesler, Joerg, Aufsicht und Kontrolle in den volkseigenen Betrieben der DDR 1945 bis Anfang der sechziger Jahre. In: JWG 1982/IV, S. 9-91.
Hans-Jürgen Voigt
Juni 2007
Abkürzungsverzeichnis
[01] Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Köln 2002, S. 85f.
[02] Braun, Jutta, Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle 1948 – 1953 – Wirtschaftsstrafrecht und Enteignungspolitik, in: Braun, Jutta/Klawitter, Nils/Werkentin, Falco (Hg.): Die Hinterbühne politischer Strafjustiz in den frühen Jahren der SBZ/DDR, Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Schriftenreihe Band 4, Berlin 1997, S. 6 - 23.
[03] Namentliche Aufstellung der Beschäftigten beim Bevollmächtigten der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle im Bezirk Leipzig lt. Stellenplan, Stand 31.12.1953, in: 20238 Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle, Bezirksbevollmächtigter Leipzig, Nr. 106.
[04] Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Köln 2002, S.84ff.
[05] Beschluss über die Aufnahme der Tätigkeit der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der Deutschen Demokratischen Republik, in: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil II Nr. 40 vom 15. Mai 1963, S. 261.
[06] 20238 Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle Bezirksbevollmächtigter Leipzig, Ablieferungsverzeichnisse vom 10. Mai 1963, und vom 3. März 1966.
Im Juli 1948 wurde in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bei der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) eine Zentrale Kontrollkommission (ZKK) als Staatskontrollorgan nach sowjetischem Vorbild eingerichtet. Sie wurde zu einer Zeit ins Leben gerufen, als in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entscheidende Schritte auf dem Weg zur Zentralisierung von Wirtschaft und Verwaltung eingeleitet wurden. Die DWK wurde mit Befugnissen ausgestattet, die sie in den Rang einer Regierung für die sowjetische Besatzungszone erhob.
In den Ländern der SBZ wurden gleichzeitig Landeskontrollkommissionen (LKK) gebildet, die sowohl der ZKK als auch dem jeweiligen Ministerpräsidenten unterstanden. Auf unterer Ebene waren Kreiskontrollkommissionen mit jeweils ca. vier bis fünf Mitgliedern bzw. in den Städten, Gemeinden und Wohnbezirken Volkskontrollausschüsse (VKA) eingesetzt.
Die Zentrale der Kommission stand zu diesem Zeitpunkt unter Leitung von Fritz Lange, der in die Aufgabenfelder der Arbeitsgruppenleiter maßgeblichen Einfluss nehmen konnte.
Die LKK sollten die auf das jeweilige Land begrenzten Aufgabenbereiche übernehmen, die Aufgaben der ZKK und der LKK waren u. a. die Kontrolle der Durchführung der Wirtschaftspläne, die Überprüfung des Verwaltungsapparates und die Bekämpfung wirtschaftsschädigender und ungesetzlicher Handlungen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben standen ihnen verschiedene Befugnisse zu, u. a. das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Sekretariats der DWK bzw. der Länderkabinette, das Einsichtsrecht in alle Unterlagen von Verwaltung, Justiz und Wirtschaft, das Recht beim Verdacht ungesetzlicher Handlungen selbständig Ermittlungen vorzunehmen sowie die Veranlassung von Festnahmen verpflichtend anzuordnen.[01]
Ende 1952 existierten im Bezirk Leipzig 363 VKA mit insgesamt 2831 ehrenamtlichen Mitarbeitern.[02]
In den Anfangsjahren bis 1953 besaß die Kommission neben ihren sonstigen Befugnissen den Status eines Untersuchungsorgans in Wirtschaftsstrafsachen.
Die ZKK initiierte in dieser Zeit vornehmlich Wirtschaftsstrafverfahren gegen Institutionen bzw. Interessenvertretungen des privaten Handels und der privaten Industrie sowie gegen Betriebe mit innerdeutschen Handelsbeziehungen, aber auch gegen Verwaltungs- und Genossenschaftsangehörige, die als angebliche Saboteure für Fehler und Missstände innerhalb des Staats- und Wirtschaftsapparates verantwortlich gemacht wurden. Typische Vorwürfe waren die versuchte "Monopolbildung" zum Ziel der Marktbeherrschung und eine Sabotagetätigkeit im Auftrag des Westens.
Nach der Einleitung des "Neuen Kurses" im Juni 1953 verlor sich dieser Aspekt der Tätigkeit der Kommission. Fritz Lange verließ die Kommission 1954 und wurde zum Minister für Volksbildung ernannt. Sein Nachfolger war Ernst Wabra, der die ZKK immer stärker zu einem fachlich orientierten Kontrollapparat entwickelte.
Nach der Gründung der DDR setzte die ZKK gemäß des am 20. Oktober 1949 von der Provisorischen Regierung beschlossenen Strukturplans ihre Tätigkeit als Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK). Diese war nunmehr dem Ministerpräsidenten unmittelbar unterstellt und wurde von einem Mitglied der Provisorischen Regierung bzw. später des Ministerrates geleitet. Die LKK und die Organisationen der unteren Ebenen blieben zunächst weiterbestehen.
Mit der Verwaltungsreform von 1952 wurden die LKK aufgelöst und in den geschaffenen Bezirken, so auch in Leipzig, zunächst Bezirksinspektionen eingerichtet, ab 1953 schließlich Bezirksbevollmächtigte der ZKSK eingesetzt. Die Dienststelle des Bevollmächtigten des Bezirkes Leipzig beschäftigte Ende 1953 45 Mitarbeiter, darunter fünf in leitender Position (u. a. Bevollmächtigter, Stellvertreter des Bevollmächtigten, Leiter der Kaderabteilung) sowie 23 Kontrolleure und Hilfskontrolleure in den Kontrollgruppen Industrie und Verkehr (7), Land- und Forstwirtschaft, Erfassung und Aufkauf (5), Handel und Versorgung (6), und Briefe der Werktätigen (5). Bei den anderen Mitarbeitern handelte es sich um Stenosekretärinnen, Kraftfahrer und Pförtner.[03]
Am 1. Mai 1953 trat ein Statut der ZKSK und ihrer Organe in Kraft, dass die Unabhängigkeit der Bezirksbevollmächtigten von den örtlichen Verwaltungen festschrieb. Gleichzeitig wurden die Kreiskontrollkommissionen und Volkskontrollausschüsse aufgelöst und stattdessen in ausgewählten Schwerpunktbetrieben und staatspolitisch wichtigen Einrichtungen Beauftragte für die Kontrolle eingesetzt.
Die Sonderstellung der Kontrollkommission, insbesondere deren Eingriffsmöglichkeiten in die Rechtsprechung, wurde durch das Statut von 1953 erheblich eingeschränkt. Die Aufgaben der ZKSK sollten sich fortan im Wesentlichen auf die Überwachung der Durchführung von Gesetzen und Verordnungen der Regierung und auf die Kontrolle der Produktions-, Wirtschafts-, Finanz- und allgemeinen Verwaltungstätigkeit beschränken.
Da die ZKSK der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Ansicht der Partei- und Staatsführung nur unzureichend nachkam, wurde bereits 1958 der Unterbau der ZKSK wieder erweitert, indem in allen Kreisen Kreiskontrollbeauftragte eingesetzt und in Anlehnung an die früheren VKA eine breite ehrenamtliche Helferorganisation aufgebaut wurde.
In ausgewählten Kommunen wurden sogenannte Helferstützpunkte errichtet, die dem jeweiligen Kreiskontrollbeauftragten unterstanden. Die Stützpunktleiter wiederum standen einzelnen Aktivs vor, die in Gemeinden und Betrieben eingerichtet wurden.
Als Helfer kamen "bewährte Arbeiter und fortschrittliche Werktätige" in Betracht, denen für die Erfüllung ihrer Aufgaben befristete Kontrollaufträge ausgehändigt wurden (vgl. Statut der ZKSK vom Oktober 1958).[04]
Trotz dieser Reorganisation erwiesen sich jedoch die Organisations- und Personalstrukturen der ZKSK auch weiterhin als untauglich, so dass sie Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle mit Wirkung vom 13. Mai 1963 aufgelöst wurde.
Als Nachfolgeinrichtung errichtete man durch gemeinsamen Beschluss des ZK der SED und des Ministerrates der DDR vom 13. Mai 1963 die Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der DDR als staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan.[05]
Bestandsgeschichte
Mit Auflösung der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK) 1963 übergab deren Nachfolgeorganisation Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) das bei der ZKSK entstandene Schriftgut an das Deutsche Zentralarchiv (DZA), Dienststelle Coswig/Anhalt. Ausgenommen waren lediglich Unterlagen, die zur Erledigung laufender Arbeiten noch von der ABI benötigt wurden. Eine Nachlieferung an das DZA erfolgte 1966.
1990 übernahm das Bundesarchiv das Schriftgut und übergab die Unterlagen regionaler Provenienz an die zuständigen Staatsarchive. Die Übergabe an das Staatsarchiv Leipzig erfolgte in den Jahren 1993 bis 1996 im Gesamtumfang von 21,50 lfm. Bei der Abgabe handelte es sich um ca. 16,00 lfm in Aktenordnern und um ca. 6,5 lfm in Aktenbündeln.[06]
Bestandsbearbeitung
Die ZKK/ZKSK war das zentrale Kontrollorgan des Ministerrates der DDR. Die Überlieferung der ZKSK, Bezirksbevollmächtigter Leipzig, stellt eine wichtige Quelle zur Erforschung der Leitungsstrukturen und Steuerungsmechanismen in der DDR auf regionaler Ebene dar. Daher wurde auf eine hohe Erschließungstiefe Wert gelegt, was eine erweiterte Verzeichnung notwendig machte.
Vernichtet wurden im Zuge der Bearbeitung in erster Linie Mehrfachüberlieferungen, Wochenpläne und –berichte sowie Haushaltsunterlagen u.a. Rechnungsbelege). Insgesamt wurden 6 lfm kassiert.
Eine innere Ordnung der Unterlagen sowie die Anwendung eines Aktenplanes waren bei der Überlieferung nicht zu erkennen.
Es wurde eine Gliederung anhand der Struktur und Aufgaben der ZKK/ZKSK vorgenommen.
Titelaufnahme und Verwendung von Enthält-Vermerken orientieren sich in Grundsätzen und Gestaltung an der "Erschließungsrichtlinie Akten" des Sächsischen Staatsarchivs und an den "Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätzen für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik" (OVG); gegebenenfalls wird zusätzlich der "Darin"-Vermerk in erster Linie für die gelegentliche Fotodokumentation verwendet.
Zur besseren Recherche im Findbuch wurde neben dem Personenregister und dem Ortsregister ein Firmen-, Institutionen- und Organisationenregister erstellt.
Die Erschließung erfolgte mit Hilfe von AUGIAS - Archiv 7.4, 2002/2004.
Bei einer Reihe Akteneinheiten war auf Grund des vorgefundenen Umfangs die Aufteilung in mehrere Bände unumgänglich.
Ein Teil der Akten mit personenbezogenen Daten wurde gemäß § 10 SächsArchivG vom 17. Mai 1993 für die Benutzung gesperrt.
Überlieferungsschwerpunkte
Aus den Jahren 1948/49, in denen die ZKSK nur als "Zentrale Kontrollkommission" geführt wurde, sind nur wenige Unterlagen vorhanden. Den bedeutenderen Anteil nehmen die Überlieferungen des Bezirksbevollmächtigten Leipzig sowie ab 1952 der Kreiskontrollbeauftragten ein.
Die Ermittlungstätigkeit der ZKSK gegen so genannte Saboteure wird anschaulich durch eine Reihe überlieferte Wirtschaftsstrafsachen dargestellt.
Ferner sind in größerem Umfang Personalunterlagen der Mitarbeiter der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle überliefert, die allerdings teilweise aus datenschutzrechtlichen Gründen für die Benutzung gesperrt sind.
Interessante Einblicke zur Situation in verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft, speziell zur Versorgung der Bevölkerung gewähren die zahlreich überlieferten Berichte aus den Kreisen, Städten, Gemeinden und Wirtschaftseinrichtungen aus dem Bezirk Leipzig.
Hinweise für die Benutzung
Der Bestand enthält Unterlagen, die nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes erst zehn Jahre nach dem Tod bzw. einhundert Jahre nach der Geburt der betroffenen Person benutzt werden dürfen. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach gesonderter Prüfung im Wege des Antragsverfahrens zur Schutzfristenverkürzung möglich. Aus Datenschutzgründen werden Verzeichnungsangaben, die einer personenbezogenen Schutzfrist unterliegen, in der Online-Fassung des Findbuchs nicht angezeigt.
Verweise auf korrespondierende Bestände
Unterlagen zur Arbeit der ZKSK befinden sich ebenfalls in den Beständen 20237 Rat des Bezirkes Leipzig, 20233 Kreistag/Kreisrat Grimma, 20235 Kreistag/Kreistag Oschatz, 21706 FDGB Bezirksvorstand Leipzig und 20832 VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig, die sich ebenfalls im Staatsarchiv Leipzig befinden.
Nach dem Beschluss vom 13. Mai 1963 wurde die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle aufgelöst und die Arbeiter – und - Bauern – Inspektion der DDR als neues staatliches Kontrollorgan gegründet. Der Bestand 20301 Arbeiter – und – Bauern – Inspektion, Bezirkskomitee Leipzig liegt im Staatsarchiv Leipzig vor.
Im Staatsarchiv Dresden werden die Bestände 11467 Landeskontrollkommission Sachsen und Arbeiter-und-Bauern-Inspektion Bezirkskomitee Dresden sowie einige Kreiskomitees von Arbeiter-und-Bauern-Inspektionen des Bezirkes Dresden verwahrt.
Das Bundesarchiv verwahrt den Bestand Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle. Darin überliefert sind u. a. Kontrollberichte zur Arbeit staatlicher Stellen, wirtschaftsleitender Organe und Betriebe, Eingriffe in die Rechtsprechung, Personal und Arbeitsweise der ZKSK.
Literaturhinweise
- Braun, Jutta, Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle 1949-1953 – Wirtschaftsrecht und Enteignungspolitik. In: Brau, Jutta/Klawitter, Nils/Werkentin, Falco (Hg.): Die Hinterbühne politischer Strafjustiz in den frühen Jahren der SBZ/DDR. Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Schriftenreihe Band 4, Berlin 1997, S. 6-23.
- Braun, Jutta, Justizkorrektur in der Gründungs- und Frühphase der DDR. Die Zentrale Kontrollkommission als Sonderbehörde im Auftrag der Parteiführung. In: Engelmann, Roger/Vollnhals, Clemens (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssicherheit in der DDR. Berlin 1999, S. 115-132.
- Brunner, Georg, Kontrollfunktion und Kontrollorgane in der Sowjetunion und Mitteldeutschland. (Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Nr. 16/1967).
- Engelmann, Roger, Staatssicherheitsjustiz im Aufbau. Zur Entwicklung geheimpolizeilicher und justitzieller Strukturen 1950-1963. In: Engelmann, Roger/Vollnhals, Clemens (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssicherheit in der DDR, Berlin 1999, S. 133-164.
- Feige, Gerhard/Müller, Heinz, Die Kontrolle der Durchführung. Eine Hauptmethode der Leitung unseres Staates der Arbeiter und Bauern. Berlin 1953.
- Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2002.
- Jendretzky, Hans, Die neuen Aufgaben der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle. Berlin 1962.
- Roesler, Joerg, Aufsicht und Kontrolle in den volkseigenen Betrieben der DDR 1945 bis Anfang der sechziger Jahre. In: JWG 1982/IV, S. 9-91.
Hans-Jürgen Voigt
Juni 2007
Abkürzungsverzeichnis
[01] Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Köln 2002, S. 85f.
[02] Braun, Jutta, Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle 1948 – 1953 – Wirtschaftsstrafrecht und Enteignungspolitik, in: Braun, Jutta/Klawitter, Nils/Werkentin, Falco (Hg.): Die Hinterbühne politischer Strafjustiz in den frühen Jahren der SBZ/DDR, Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Schriftenreihe Band 4, Berlin 1997, S. 6 - 23.
[03] Namentliche Aufstellung der Beschäftigten beim Bevollmächtigten der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle im Bezirk Leipzig lt. Stellenplan, Stand 31.12.1953, in: 20238 Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle, Bezirksbevollmächtigter Leipzig, Nr. 106.
[04] Horstmann, Thomas, Logik der Willkür – Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle in der SBZ/DDR von 1948 bis 1958, Köln 2002, S.84ff.
[05] Beschluss über die Aufnahme der Tätigkeit der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion der Deutschen Demokratischen Republik, in: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil II Nr. 40 vom 15. Mai 1963, S. 261.
[06] 20238 Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle Bezirksbevollmächtigter Leipzig, Ablieferungsverzeichnisse vom 10. Mai 1963, und vom 3. März 1966.
Organisation und Anleitung.- Berichte zu Kontrolleinsätzen.- Kontrollpersonal.- Arbeitspläne.
Zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität sowie zur Kontrolle der Einhaltung des Wirtschaftsplans entstand im Juli 1948 in der Sowjetischen Besatzungszone mit Zustimmung der SMAD bei der Deutschen Wirtschaftskommission die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKK). In den Ländern der SBZ wurden Landeskontrollkommissionen gebildet. Mit der Verwaltungsreform von 1952 wurden die letztgenannten aufgelöst und in den Bezirken, so auch in Leipzig, Bezirksbevollmächtigte mit dem entsprechenden Apparat eingesetzt. Außerdem wurden in ausgewählten Schwerpunktbetrieben Bevollmächtigte für die Kontrolle eingesetzt. Die ZKK war bis zum Mai 1963 tätig. Per Beschluss des ZK der SED und des Ministerrats der DDR wurde sie aufgelöst und die Arbeiter-und-Bauern-Inspektion als Rechtsnachfolger gegründet.
- 2023 | Findbuch / Datenbank
- 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5