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Beständeübersicht

Bestand

20368 Rittergut Dahlen

Datierung1610 - 1929
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)10,80

Die Stadt Dahlen liegt nordwestlich von Oschatz. Erstmals wird Dahlen im Jahr 1188 als "Tollanum" urkundlich erwähnt [01] und 1228 in der Urkunde, in welcher Papst Gregor IX. die Besitzungen des Hochstifts Naumburg bestätigte, als oppidum aufgeführt. [02]

Bis ins 14. Jahrhundert hatten Dahlen, Strehla und Oschatz fast ausschließlich die gleichen Herren und gehörten zum Meißnischen Haupt- bzw. Böhmischen Afterlehen. Im Jahre 1464 wurde Dietrich von Schleinitz aus den hinterbliebenen Besitzungen seines Vaters mit dem Rittergut und Städtchen Dahlen samt Vorwerk, mit dem Dorf Schmannewitz und weiteren Ortschaften belehnt. [03] Das Rittergut Dahlen besaß die Schriftsässigkeit.

Unter die Ober- und Erbgerichtsbarkeit des Ritterguts, auch "Haus Dahlen" genannt, gehörten das Vasallenstädtchen Dahlen mit den Ortsteilen Zissen und Geckelsberg, das Dorf Schmannewitz sowie die Fluren der Wüstungen Dittersdorf, Gräfenhain und Wolfersdorf. Neben dem Gerichtsdirektor bzw. dem Gerichtsverwalter des Herrschaftsgerichts gab es in Dahlen und Schmannewitz je einen Stadt- bzw. Ortsrichter und in Dahlen zusätzlich noch mehrere Feldrichter, die für die einzelnen Fluren zuständig waren. Ein Stadtrat ist in Dahlen bereits seit 1435 nachweisbar, und Dietrich von Schleinitz übergab 1479 dem "Rat zu Dahlen das Rathaus gegen jährliche Zins". [04] Doch dieser Rat besaß niemals einen eigenen Anteil an der Gerichtsbarkeit.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts trat kurzzeitig Christoph von Loß als Besitzer des Ritterguts Dahlen in Erscheinung. Mit dem Traditionsrezess vom 12. Juli 1619 übergab er das Gut gegen Überlassung des Ritterguts Stösitz an Kurfürst Johann Georg von Sachsen, in dessen Besitz es bis 1632 als Kammergut geführt wurde. [05] 1632 kaufte der Geheime Kammerrat Dr. David von Döring das Rittergut, das fast ein Jahrhundert im Besitz seiner Familie blieb. 1726 gelangte das Gut an den Grafen Heinrich von Bünau, der Auguste Helene von Döring geheiratet hatte. Heinrich von Bünau ließ die herrschaftlichen Gebäude so umbauen bzw. neu errichten, dass ein schlossartiger Wohnsitz entstand. In diesem Schloss hielt sich der preußische König Friedrich II. während des Siebenjährigen Kriegs des Öfteren auf; hier weilte er auch während der Verhandlungen zum Abschluss des Friedens von Hubertusburg. Die Gerichtsbarkeit des Ritterguts ging nach freiwilliger Abtretung an den Staat durch Auguste Gräfin von Bünau bereits am 31. Januar 1851 auf das Königliche Landgericht Oschatz über. [06] In den Folgejahren bis 1854 gelangte das Gut an die Familie Sahrer von Sahr, in deren Besitz es bis zur Enteignung im Zuge der Bodenreform 1945 verblieb.

Mit der Abgabe der Gerichtsbarkeit gelangten auch die Patrimonialgerichtsakten des Ritterguts Dahlen an das Königliche Landgericht Oschatz. Über die nachfolgenden Justizbehörden kamen sie ins Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden (HStA) und von dort 1962 in Lagerungsgemeinschaften an das damalige Landesarchiv Leipzig (heute: Staatsarchiv Leipzig, StAL). Hier wurde der neue Bestand formiert; 1964 erfolgte die Verzeichnung der Akten (Nr. 1-363) in einer Findkartei und 1999 im Rahmen der Bearbeitung der Bestandsgruppe die Erfassung im vorliegenden Findbuch neu aufgenommen. Dabei wurden vorhandene alte Registratursignaturen mit erfasst und die bisherige ordnungsunabhängige Signatur übernommen.

Am 2. Dezember 1999 erhielt das StAL vom HStA die dort gelagerten Akten des Gutsarchivs Dahlen (Nr. 364-522), erschlossen mit einem maschinenschriftlichen Findbuch aus dem Jahr 1969. Dieser Teil der Rittergutsakten war durch die Bodenreform enteignet worden und gelangte 1955 an das damalige Sächsische Landeshauptarchiv. [07] Im StAL konnten die Akten 2002 mit Erfassung der Signaturen des HStA und Vergabe neuer Signaturen in das computergestützte Findbuch eingearbeitet werden. Akten, die für den Benutzer auf Grund starken Schimmelbefalls zur Zeit nicht zur Verfügung stehen, wurden mit dem Vermerk "Aus Erhaltungsgründen gesperrt" gekennzeichnet.

Insgesamt sind 509 Akteneinheiten aus einem Zeitraum von 1610 bis 1929 überliefert. Mit 90 Bänden nehmen die Protokolle, in denen Kauf-, Tausch- und Pachtangelegenheiten, Konsense, Testamente und Erbvergleiche, aber auch Klagen enthalten sind, einen umfangreichen Platz im Bestand ein. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Grundstücksangelegenheiten, zu denen über 100 Einzelakten erhalten blieben. Mit ebenfalls mehr als 100 Akten ist die Überlieferung zur Rittergutswirtschaft gut vertreten. Von historischem Interesse sind ferner einige Akten mit Vergleichen zwischen Grundherrschaft und Untertanen (Punkt 7.2), die meist abschriftlich überliefert sind und bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Innerhalb des Familienarchivs dominieren Unterlagen aus der Herrschaftszeit derer von Bünau.

Die Erfassung erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: SächsStAL, 20368 RG Dahlen, Nr. (fettgedruckte Zahl).

Als korrespondierende Bestände im StAL sind zu nutzen: Stadt Dahlen, Königl. Landgericht Oschatz, Gerichtsamt Oschatz, Amtsgericht Oschatz, Amtshauptmannschaft Oschatz. Des Weiteren wird auf die verfilmten Gerichtsbücher für das Patrimonialgericht Dahlen nebst zugehörigen Orten verwiesen ("Gerichtsbücher AG Oschatz"). Überliefert sind 27 Gerichtshandelsbücher für die Jahre von 1644 bis 1847 sowie ein Erbbuch und sechs Konsensbücher, die den Zeitraum 1598 bis 1813 betreffen.


Ursula Hoffmann
März 2003II


[01] Vgl. Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, bearb. v. K. Blaschke, Leipzig 1957, S. 98.
[02] Vgl. Erdbeschreibungen der Churfürstlich- und Herzoglich-Sächsischen Lande, Band 2, bearb. v. M. F. G. Leonhardi, Leipzig 1803, S. 605ff.
[03] Vgl. Geschichte des Schleinitzschen Geschlechts, Berlin 1897, S. 396.
[04] Vgl. RG Dahlen, Nr. 344.
[05] Vgl. RG Dahlen, Nr. 342.
[06] Leipziger Zeitung, 06.02.1851, S. 709.
[07] Anordnung über die Sicherstellung und Verwertung des nichtlandwirtschaftlichen Inventars der durch die Bodenreform enteigneten Gutshäuser, in: Amtliche Bekanntmachungen der Landesverwaltung Sachsen Nr. 14 (1946) vom 28. Mai 1946, S. 183.
Grundlagen der Patrimonialherrschaft.- Gerichtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.- Patronat.- Grundherrlich-bäuerliche Verhältnisse.- Gutswirtschaft.- Familienarchive von Döring und von Bünau.
Das schriftsässige Rittergut Dahlen nordwestlich von Oschatz lag im Territorium des Amts Oschatz. Unter die Gerichtsbarkeit des Ritterguts fielen das Städtchen Dahlen, das Dorf Schmannewitz sowie die Fluren von Dittersdorf, Gräfenhain und Wolfersdorf. Die Herrschaft übten die Familien von Schleinitz, von Döring und von Bünau aus. Nach freiwilliger Abtretung an den Staat wurde die Gerichtsbarkeit des Ritterguts am 31. Januar 1851 dem Königlichen Landgericht Oschatz übertragen.
  • 2002 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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