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Beständeübersicht

Bestand

20389 Geistliche Vorsteherei Geithain (Patrimonialgericht)

Datierung1633 - 1852
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,00
Der Kirche in Geithain gehörten in der Stadt und in ihrer Umgebung einige Grundstücke, bei denen ihr außer den Einnahmen auch die niedere Gerichtsbarkeit zustand. Der 1484 erneuerte Erbgerichtsbrief bestätigte dem Pfarramt die Gerichtsbarkeit über einzelne Lehen in Altdorf, Wickershain, Bruchheim, Oberpickenhain, Seifersdorf und Pürsten. Dem Pfarramt war einst auch die Verwaltung des Hospitals anvertraut, und daher stammt die ursprüngliche Bezeichnung "Geistliche Hospital-Vorsteherei-Gerichte", aus denen verkürzt dann die "Geistlichen Vorstehereigerichte" wurden. Sie erhielten Einkünfte aus Lehen benachbarter Dörfer, "wovon ein Theil dem Gerichtshalter bei den Erbgerichten, und zweien Lehrern angewiesen ist, das übrige der geistlichen Casse verbleibt." [01] Schon 1788 erging an den Amtmann in Rochlitz, bei dem die Obergerichtsbarkeit lag, eine Anfrage aus der Kanzlei des Königs: "...du wollest, was es um sothane geistliche Vorsteherey Gerichte eigentlich für Bewandnis habe ... Erkundigung einziehen". Erst ein Dreivierteljahr später zeigte man sich auskunftsfähig: "Seit undenklicher Zeit ist die Verwaltung dero sogenannten Geistlichen Vorsteherey Gerichten alhier ein annexum des hiesigen Pastorats, und die Oberpfarrer hiesigen Orts haben jederzeit die Erb und Lehn und Gerichten über verschiedene Unterthanen in denen Dörfern Altdorf, Wickershayn, Bruchheim, Oberpickenhayn und Narsdorf frey und ungehindert dergestalt exerciret, daß selbige die zu solchen Gerichten geschlagenen revenüen sonst durch eine Persohn aus hiesigen Raths Collegio, dermahln aber auf hohen Consistorial Befehl durch einen aus der Bürgerschaft Mitteln, unter den Nahmen eines Geistlichen Obervorstehers besorgen, und zugleich durch selbigen, und den zu solchen Gerichten mitverpflichteten jedesmaligen hiesigen Stadtschreiber die der Pfarre anklebenden Erb und Lehn Gerichten ... administriren lassen haben." [02]

Die Obervorsteher hatten über die Gerichtseinkünfte vor der Rochlitzer Kircheninspektion Rechnung zu legen. Während das Kirchenamt eine reine Pfarrverwaltungsbehörde war, bediente sich das Geistliche Vorstehereigericht für seine Amtshandlungen der juristischen Kenntnisse des Stadtschreibers bzw. Stadtrichters, der dann als "Gerichtsverwalter" zeichnete. Kosten entstanden der Kirche dadurch nicht, aber der Stadt verschaffte diese Regelung einen gewissen Einfluß im kirchlichen Machtbereich, wenn auch nicht unbedingt den entscheidenden, wie der Streit um Stellenbesetzungen im Jahre 1809 zeigt. [03] Mit der Übergabe der Stadtgerichtsbarkeit an das Königliche Gericht in Geithain 1852 wurde auch das Geistliche Vorstehereigericht an diese staatliche Behörde abgetreten. [04]

Der Bestand kam 1856 an das Gerichtsamt Geithain und 1879 an das Amtsgericht Geithain. Von dort gelangte er an das Hauptstaatsarchiv in Dresden und wurde ab 1956 mit der Bezeichnung "Amtsgericht Geithain" dem Landes- bzw. Staatsarchiv Leipzig übergeben. Hier wurde der Mischbestand nach Provenienzen getrennt, wobei der Bestand "Stadtgericht Geithain" gebildet und mit einer Findkartei über 783 Einheiten zugänglich gemacht wurde. Die Akten des Geistlichen Vorstehereigerichts waren hier zunächst mit einsortiert. Bei der Bearbeitung der Bestandsgruppe "Stadtgerichte" wurden 1998 zwei getrennte Bestände formiert: der Bestand "Stadt Geithain" für die städtische Gerichtsbarkeit und der Bestand "Geistliche Vorstehereigerichte" für die kirchliche Gerichtsbarkeit. Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind außerdem das "Amt Geithain" und das "Amt Rochlitz" zu nutzen.

Die Bestandsbezeichnung "Geistliche Vorsteherei Geithain" wurde gewählt, weil sich außer Gerichts- auch Verwaltungsvorgänge fanden und für die Provenienz der einzelnen Akten die Geistliche Vorsteherei (GV), das Geistliche Vorstehereigericht (GVG) und das Kirchenamt festgestellt wurden.

Der Bestand erstreckt sich über einen Zeitraum von 1633 bis 1852 und umfaßt 145 Akteneinheiten, in denen alle Bereiche der unteren Gerichtsbarkeit vertreten sind: die Gerichtsverwaltung, die Straf- und Zivilgerichtsbarkeit, die Freiwillige Gerichtsbarkeit, Vorgänge der Lokalverwaltung, und natürlich sind auch Protokolle zu den Gerichts- und Verwaltungsvorgängen vorhanden. Die Pflicht zur Rechenschaft über den Haushalt der Kirche dokumentieren besonders die mehr als 30 überlieferten Akten zu Einnahmen und Ausgaben eines laufenden Jahres.

Der Bestand wurde mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows verzeichnet, mit dem auch das Register erstellt wurde. Alte Signaturen wurden aufgenommen, hinzu kam eine ordnungsabhängige Signatur für den Bestand "Geistliche Vorsteherei Geithain".

Bei Bestellung und Zitierung ist anzugeben: SächsStAL, Geistliche Vorstehrei Geithain, Nr. (fettgedruckte Ziffer).

Dietlind Gentsch
1998



[01] Vgl. Die Inspectionen Penig, Rochlitz, Colditz und Waldheim als elfte Abtheilung der Kirchen-Galerie Sachsens. In: Sachsens Kirchen-Galerie. Bd 10. Dresden 1844, S. 41.
[02] Vgl. SächsStAL, Amt Rochlitz, Nr. 1732, S. 1, 12ff.
[03] Vgl. SächsStAL, Stadt Geithain, Nr. 2.
[04] Vgl. Beilage zur Leipziger Zeitung, vom 3.7.1852, S. 3171.
Gerichtsverwaltung.- Gerichtsprotokolle.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.- Ablösungen.
Der Kirche in Geithain gehörten in der Stadt und deren Umgebung einige Grundstücke, für die ihr neben den Einnahmen auch die niedere Gerichtsbarkeit zustand. Das betraf einzelne Lehen in Altdorf, Bruchheim, Kolka, Narsdorf, Oberpickenhain, Pürsten, Seifersdorf und Wickershain. Am 29. Juni 1852 ging diese Gerichtsbarkeit auf das Königliche Gericht Geithain über.
  • 1998 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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