Beständeübersicht
Bestand
Geschichte des Ritterguts Großzschocher mit Windorf
Das altschriftsässige Rittergut Großzschocher lag südwestlich der Stadt Leipzig im Amt Leipzig (1856 Gerichtsamt Leipzig II, 1875 Amtshauptmannschaft Leipzig, Ort 1922 nach Leipzig eingemeindet). Es war wohl schon seit Ende des 14. Jahrhunderts mit dem in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Windorf kombiniert. Windorf hatte zwar die Qualität eines Ritterguts, wies aber nach 1683 keine eigenen Herrenhäuser mehr auf und wurde von Großzschocher aus verwaltet. Zum Rittergut Großzschocher gehörten eine Mühle und eine Brauerei. Anfang des 19. Jahrhunderts besaß es auch eine Ziegel-, Kalk- und Gipsbrennerei. Bis 1815 musste das halbe Dorf Großzschocher im Amt Lützen für das Stift Merseburg Frondienste leisten und das Rittergut Großzschocher für Merseburg zwei Ritterpferde stellen.[01] Die Gerichtsbarkeit beider Rittergüter ging im Juli 1856 an das Gerichtsamt Leipzig II über.
Als erster Herr auf Großzschocher wurde 1292 ein von Krolewicz erwähnt. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts besaß die Familie von Pflug sowohl Großzschocher als auch Windorf. Beide Rittergüter wurden wohl von Nickel Pflugk zusammengeführt.[02] Bis ca. 1590 blieb Großzschocher mit Windorf im Besitz der Familie, ehe es durch Einheirat an Carl von Dieskau (1548 – ?) auf Dieskau fiel. Danach gelangten die beiden Rittergüter an seinen Sohn Hieronymus Benno von Dieskau (1587 – 1630). Nach seinem Tod übernahm seine Witwe Agnis (?– 1676) für ihre unmündigen Söhne, Otto und Hieronymus Benno, Großzschocher mit Windorf. Mit ihrer Mündigkeit wurden sie die neuen Rittergutsbesitzer.[03] 1692 kaufte Johann Christoph von Ponickau (1652 – 1726) die kombinierten Rittergüter von den Erben des Hieronymus Benno von Dieskau. Sein Sohn, Johann Christoph von Ponickau der Jüngere, besaß Großzschocher und Windorf wohl nur kurz, ehe sie an seinen Vetter Johann Friedrich von Ponickau übergingen. Johann Friedrich von Ponickau ertrank jedoch 1735, so dass sein Sohn Johann George von Ponickau den Besitz erbte. Um 1794 übte seine Witwe Helena Dorothea die Gerichtsherrschaft aus.[04] 1797 musste die Ponickaus Großzschocher mit Windorf an den Oberhofgerichtsrat Dr. Heinrich Blümner verkaufen.[05] Da Blümner 1839 kinderlos starb, erbten seine Nichten, die Schwestern Henriette Konstanze von Falkenstein und Ernestine Laura von Gruner Großzschocher mit Windorf. Sie waren auch bei Abgabe der Patrimonialgerichtsbarkeit 1856 die Besitzer. Über Heirat gelangte das Rittergut Großzschocher mit Windorf an die Grafen von Wedel.[06] Im 2. Weltkrieg wurde das Gut zerstört. Besitzverhältnisse:
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Ein Großteil des Bestandes ist um 1960 aus dem Archiv des Amtsgerichts Leipzig in das Staatsarchiv gekommen (Nr. 1 – 443). 1962 kam aus dem Leipziger Stadtarchiv ein weiterer Teil der Überlieferung, der noch durch Akten der Amtshauptmannschaft Leipzig ergänzt wurde. 1963 konnte der Bestand mit 493 AE formiert und mit einer handschriftlichen Findkartei erschlossen werden. 2002 und 2012 wurden 19 AE provenienzgerecht ausgegliedert, wodurch Fehlsignaturen entstanden sind. 2012 wurde der Bestand im Rahmen einer Retrokonversion in die Augias-Datenbank eingeben. Dabei wurde ein Orts- und Personenregister erstellt.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand erstreckt sich über den Zeitraum von 1605 – 1856. Der zeitliche Schwerpunkt liegt in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Inhaltlich dominieren Gerichtsprotokolle sowie Grundstücks- und Nachlassangelegenheiten. Zur Gutswirtschaft und zum Familienarchiv gehören dagegen nur wenige Akten. Eine Besonderheit des Bestandes sind einige Nachlässe von Angehörigen der Familie von Dieskau.
Hinweise für die Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch Orts- und Personenregister erstellt wurden.
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 20409, RG Großzschocher mit Windorf, Nr. (fettgedruckte Zahl).
Verweise auf korrespondierende BeständeStaatsarchiv Leipzig:
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20383 Rittergut Frohburg
20485 Rittergut Möckern (Patrimonialgericht)
20522 Rittergut Pomßen (Patrimonialgericht)
Dr. Carsten Voigt
Mai 2012
[01] August Schumann, fortgeführt von Albert Schiffer, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, Bd. 16, Zwickau 1828, S. 519 und 521.
[02] Ebd. S. 520
[03] Valentin König, Genealogische Adels-Historie, Bd. 1, Leipzig 1727, S. 324-329; StA-L, 20409 RG Großzschocher mit Windorf, Nr. 173 f., 201 f., Nr. 466-469
[04] StA-L, 20409 RG Großzschocher mit Windorf, Nr. 366, Nr. 472-475..
[05] Axel Flügel, Bürgerliche Rittergüter. Sozialer Wandel und politische Reform in Kursachsen (1680-1844), Göttingen 2000, S. 157.
[06] Landwirtschaftliches Adressbuch der Güter und Wirtschaften im Freistaat Sachsen. Hrsg. von Ernst Ullrich und Ernst Seyfert, Leipzig, Ausgaben 1910 und 1925.
20409 Rittergut Großzschocher mit Windorf
Datierung | 1605 - 1856 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 11,60 |
Geschichte des Ritterguts Großzschocher mit Windorf
Das altschriftsässige Rittergut Großzschocher lag südwestlich der Stadt Leipzig im Amt Leipzig (1856 Gerichtsamt Leipzig II, 1875 Amtshauptmannschaft Leipzig, Ort 1922 nach Leipzig eingemeindet). Es war wohl schon seit Ende des 14. Jahrhunderts mit dem in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Windorf kombiniert. Windorf hatte zwar die Qualität eines Ritterguts, wies aber nach 1683 keine eigenen Herrenhäuser mehr auf und wurde von Großzschocher aus verwaltet. Zum Rittergut Großzschocher gehörten eine Mühle und eine Brauerei. Anfang des 19. Jahrhunderts besaß es auch eine Ziegel-, Kalk- und Gipsbrennerei. Bis 1815 musste das halbe Dorf Großzschocher im Amt Lützen für das Stift Merseburg Frondienste leisten und das Rittergut Großzschocher für Merseburg zwei Ritterpferde stellen.[01] Die Gerichtsbarkeit beider Rittergüter ging im Juli 1856 an das Gerichtsamt Leipzig II über.
Als erster Herr auf Großzschocher wurde 1292 ein von Krolewicz erwähnt. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts besaß die Familie von Pflug sowohl Großzschocher als auch Windorf. Beide Rittergüter wurden wohl von Nickel Pflugk zusammengeführt.[02] Bis ca. 1590 blieb Großzschocher mit Windorf im Besitz der Familie, ehe es durch Einheirat an Carl von Dieskau (1548 – ?) auf Dieskau fiel. Danach gelangten die beiden Rittergüter an seinen Sohn Hieronymus Benno von Dieskau (1587 – 1630). Nach seinem Tod übernahm seine Witwe Agnis (?– 1676) für ihre unmündigen Söhne, Otto und Hieronymus Benno, Großzschocher mit Windorf. Mit ihrer Mündigkeit wurden sie die neuen Rittergutsbesitzer.[03] 1692 kaufte Johann Christoph von Ponickau (1652 – 1726) die kombinierten Rittergüter von den Erben des Hieronymus Benno von Dieskau. Sein Sohn, Johann Christoph von Ponickau der Jüngere, besaß Großzschocher und Windorf wohl nur kurz, ehe sie an seinen Vetter Johann Friedrich von Ponickau übergingen. Johann Friedrich von Ponickau ertrank jedoch 1735, so dass sein Sohn Johann George von Ponickau den Besitz erbte. Um 1794 übte seine Witwe Helena Dorothea die Gerichtsherrschaft aus.[04] 1797 musste die Ponickaus Großzschocher mit Windorf an den Oberhofgerichtsrat Dr. Heinrich Blümner verkaufen.[05] Da Blümner 1839 kinderlos starb, erbten seine Nichten, die Schwestern Henriette Konstanze von Falkenstein und Ernestine Laura von Gruner Großzschocher mit Windorf. Sie waren auch bei Abgabe der Patrimonialgerichtsbarkeit 1856 die Besitzer. Über Heirat gelangte das Rittergut Großzschocher mit Windorf an die Grafen von Wedel.[06] Im 2. Weltkrieg wurde das Gut zerstört. Besitzverhältnisse:
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Ein Großteil des Bestandes ist um 1960 aus dem Archiv des Amtsgerichts Leipzig in das Staatsarchiv gekommen (Nr. 1 – 443). 1962 kam aus dem Leipziger Stadtarchiv ein weiterer Teil der Überlieferung, der noch durch Akten der Amtshauptmannschaft Leipzig ergänzt wurde. 1963 konnte der Bestand mit 493 AE formiert und mit einer handschriftlichen Findkartei erschlossen werden. 2002 und 2012 wurden 19 AE provenienzgerecht ausgegliedert, wodurch Fehlsignaturen entstanden sind. 2012 wurde der Bestand im Rahmen einer Retrokonversion in die Augias-Datenbank eingeben. Dabei wurde ein Orts- und Personenregister erstellt.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand erstreckt sich über den Zeitraum von 1605 – 1856. Der zeitliche Schwerpunkt liegt in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Inhaltlich dominieren Gerichtsprotokolle sowie Grundstücks- und Nachlassangelegenheiten. Zur Gutswirtschaft und zum Familienarchiv gehören dagegen nur wenige Akten. Eine Besonderheit des Bestandes sind einige Nachlässe von Angehörigen der Familie von Dieskau.
Hinweise für die Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch Orts- und Personenregister erstellt wurden.
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 20409, RG Großzschocher mit Windorf, Nr. (fettgedruckte Zahl).
Verweise auf korrespondierende BeständeStaatsarchiv Leipzig:
20097 Gerichtsamt Leipzig II
20383 Rittergut Frohburg
20485 Rittergut Möckern (Patrimonialgericht)
20522 Rittergut Pomßen (Patrimonialgericht)
Dr. Carsten Voigt
Mai 2012
[01] August Schumann, fortgeführt von Albert Schiffer, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, Bd. 16, Zwickau 1828, S. 519 und 521.
[02] Ebd. S. 520
[03] Valentin König, Genealogische Adels-Historie, Bd. 1, Leipzig 1727, S. 324-329; StA-L, 20409 RG Großzschocher mit Windorf, Nr. 173 f., 201 f., Nr. 466-469
[04] StA-L, 20409 RG Großzschocher mit Windorf, Nr. 366, Nr. 472-475..
[05] Axel Flügel, Bürgerliche Rittergüter. Sozialer Wandel und politische Reform in Kursachsen (1680-1844), Göttingen 2000, S. 157.
[06] Landwirtschaftliches Adressbuch der Güter und Wirtschaften im Freistaat Sachsen. Hrsg. von Ernst Ullrich und Ernst Seyfert, Leipzig, Ausgaben 1910 und 1925.
Grundlagen des Ritterguts.- Gerichtsverwaltung.- Gerichtsbücher.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.- Einziehung landesherrlicher Steuern und Zölle.- Grundherrlich-bäuerliche Verhältnisse.- Gutswirtschaft.- Familienarchive von Dieskau und von Ponickau.
Das altschriftsässige Rittergut Großzschocher, südwestlich von Leipzig im Amt Leipzig gelegen, stand in enger Verbindung mit dem Rittergut in Windorf. Beide Rittergüter waren seit dem 14. Jahrhundert im Besitz der Familie von Pflugk. Ende des 16. Jahrhunderts gelangten die Güter an die Familie von Dieskau, Ende des 17. an die Familie von Ponickau. Im Jahr 1797 erwarb Heinrich Blümner das Gut und vererbte es 1839 an seine Nichten, die Schwestern von Gruner und von Falkenstein. Im Juli 1856 ging die Gerichtsbarkeit über Großzschocher und Windorf auf das Gerichtsamt Leipzig II über.
- 2012 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5