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Beständeübersicht

Bestand

20464 Rittergut Lößnig

Datierung1615 - 1856
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,70

Geschichte des Rittergutes Lößnig
Die ersten Spuren einer Besiedlung Lößnigs durch die Altsorben werden auf die Zeit nach 700 datiert. Im 11. Jahrhundert siedelten sich flämische Kolonisten an, wodurch der Ort aber nur geringfügig erweitert wurde. Der Ursprung des Rittergutes lag in einem zum Hochstift Merseburg gehörenden Burgwardbezirk, der 1040 gegründet wurde und dessen Mittelpunkt Lößnig war.[01]
1170 ist Lößnig als Herrensitz nachgewiesen.[02] Ende des 14. Jahrhunderts ist das Rittergut eines der zahlreichen Güter der Meißnischen Adelsfamilie von Pflugk. 1460 wird es durch Heinrich von Pflugk an Wolf von Blasebalg verkauft. Das Rittergut Lößnig wurde erst 1702 schriftsässig[03] und befand sich im Süden von Leipzig im Territorium des Amtes Leipzig.
Nachdem der letzte männliche Angehörige des blasebalgschen Geschlechts, Johann Heinrich, im Jahre 1704 verstorben war, fiel das Rittergut an den sächsischen Oberpostmeister Johann Jacob Kees d. Ä. Sein Sohn Johann Jacob d. J. übernahm es ein Jahr später nach dem Tod seines Vaters. Das Rittergut erlebte nun einen Aufschwung. Neben der 1710 erbauten Schenke gehörten auch die Lößniger Mühle und eine Schmiede zum Rittergut. 1714 machte Johann Jacob Kees d. J. das soeben gekaufte Rittergut Zöbigker zum Wohnsitz der Familie. In der Folge wurde das Rittergut Lößnig zeitweilig verpachtet.[04]
1849 verkaufte Dr. Karl Jacob Kees das Lößniger Rittergut für 97.700 Reichstaler, um Miterben seines Onkels, Heinrich Kabisch Freiherren von Lindenthal, der mit einer Charlotte Kees verheiratet war, auszuzahlen.[05] Der neue Besitzer des Lößniger Rittergutes wurde der Ökonom Friedrich August Graichen, der anstelle der Mühle 1850 eine Papierfabrik errichtete, die nur zwei Jahre später abbrannte. Das Rittergut gab unter Graichen seine Gerichtsbarkeit erst im Juli 1856 auf Anordnung des Justizministeriums an das Gerichtsamt Leipzig II ab.
Sein Sohn Wilhelm Hermann Graichen verkaufte das Gut 1883 an die Stadt Leipzig für 925.000 Mark. Zu dieser Zeit umfasste es 174,3 Hektar.[06] Graichen pachtete das Gut zurück und blieb bis zu seinem Tod 1894 der Rittergutspächter.[07]Lehnsherren bzw. Besitzer:
Ende des 14. Jh. bis 1460
Familie von Pflugk
1460 - 1704
Familie von Blasebalg, letzter Angehöriger Johannes Heinrich von Blasebalg
1704 - 1705
Johann Jakob Kees d. Ä.
1705 - 1726
Johann Jakob Kees d. J.
1726 - 1780
Jacob Friedrich Kees
1780 - 1821
Dr. Jacob Friedrich Kees
1821 - 1831
Carl Jacob Kees
1831 - 1849
Dr. Carl Jacob Kees
1849-?
August Friedrich Graichen
bis 1883
Wilhelm Hermann Graichen
ab 1883
Stadt Leipzig
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Vom Stadtarchiv Leipzig wurde der Bestand Rittergut Lößnig (0,5 lfm, 32 AE) zusammen mit anderen Gutsarchiven im Mai 1962 vom Staatsarchiv Leipzig übernommen. Vermutlich ebenfalls Anfang der 60er Jahre bot das Amtsgericht Leipzig dem Staatsarchiv 42 AE des Patrimonialgerichts Lößnig an, von denen schließlich 28 AE übernommen wurden. Die Akten waren bei Auflösung der Patrimonialgerichtsbarkeit 1856 an das Gerichtsamt Leipzig II gegangen und wurden 1879 dem neu gebildetem Amtsgericht Leipzig zugeschlagen. Der gesamte Bestand von nunmehr 60 AE ist 1965 durch eine Findkartei erschlossen worden. Die Findkartei ist nicht gegliedert und die Titel entsprechen zumeist den Angaben auf den Deckblättern der Akten.
Im November 2008 wurde die Neubearbeitung des Bestandes im Rahmen eines Praktikums durchgeführt. Die Akten wurden nach der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs verzeichnet und in die Augias-Datenbank eingegeben. Dabei wurde eine neue Gliederung auf Grundlage des Ordnungsschemas für Rittergutsbestände erstellt. Zu allen AE wurde ein neuer Aktentitel formuliert und wenn nötig Enthält-Vermerke sowie Darin-Vermerke verfasst.

1. Patrimonialgericht:
Für den Teilbestand, der vom Amtsgericht Leipzig zum Staatsarchiv gelangte, existiert eine Abgabeliste. Darin befinden sich auch zwei AE, die vom Gerichtsamt Leipzig II nach 1856 weitergeführt wurden. Die Registratursignaturen wurden vermerkt. Der Bestand umfasst inhaltlich die Gerichts- und Verwaltungstätigkeit des Patrimonialgerichts des Ritterguts und wurde nach Bedarf weiter untergliedert.
2. Gutswirtschaft:
In diesem Teil wurden die Akten erfasst, die mit der Rittergutswirtschaft in Verbindung stehen.
3. Familiennachlass
Unter diesem Punkt wurden zum einen Akten erfasst, welche die juristischen und die Vermögensverhältnisse der Familienmitglieder der Rittergutsbesitzer Kees beinhalten. In einen zweiten Untergliederungspunkt kamen die Akten, welche das sächsische Postwesen betreffen und die Tätigkeit der Oberpostmeister Kees beleuchten.

In einem vierten Punkt wurden während der Bearbeitung vorläufig Fremdbestände mit den Provenienzen Rittergut Zöbigker und Gerichtsamt Leipzig II erfasst. Während die beiden Gerichtsakten (RG Lößnig Nr. 3 und 4) dem betr. Bestand 20097 Gerichtsamt Leipzig II zugeordnet wurden, verbleiben aufgrund der familiären und registraturmäßigen Verbindungen die vier Akten mit der Provenienz "Rittergut Zöbigker" beim vorliegenden Bestand RG Lößnig.

Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand Rittergut Lößnig umfasst nach der Bearbeitung 58 Akten, insgesamt 0,7 lfm. Der Zeitraum erstreckt sich von 1615 bis 1856. Die Akten geben einen, freilich sehr lückenhaften, Einblick in die Tätigkeit des Patrimonialgerichts. Als Besonderheiten seien hier ausführliche Akten zur Lößniger Mühle hervorgehoben. Aus dem Gutsarchiv sind vor allem einige Pachtverträge überliefert. Neben juristischen Akten sind im Familienarchiv Dokumente zum sächsischen Postwesen enthalten, die den Erwerb der sächsischen Post durch Johann Jacob Kees d. Ä. und die spätere Verstaatlichung widerspiegeln.

Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit dem Archivprogramm AUGIAS für Windows, mit dem auch das Orts- und das Personenregister erstellt wurden.
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: Sächsisches Staatsarchiv, StA-L, 20464 RG Lößnig Nr. (fettgedruckte Zahl)

Verweis auf korrespondierende Bestände

20586 RG Zöbigker
20097 Gerichtsamt Leipzig II
10980 Oberpostamt Leipzig (im Hauptstaatsarchiv Dresden)

Literatur

Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen. Stadt Leipzig. Bd. 1: Südliche Stadterweiterung, hg. Vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, bearb. von Christoph Kühn und Brunhilde Rothbauer, Berlin 1998.
Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, hg. von Karl Heinz Blaschke, bearb. von ders. und Susanne Baudisch, Leipzig 2006 (Neuausgabe).
Höhn, Andreas, Von Postmeistern, Geschäftssinn und herrlichen Anwesen. Die Familie Kees auf Zöbigker und Gautzsch. In: Leipziger Blätter, 43/2003, S. 78-80.
Im Leipziger Pleißeland. Connewitz – Lößnig – Dölitz, hg. von Pro Leipzig, Leipzig 1996.
Raabe, Monika, Lößnig. 950 Jahre, Leipzig 1990.
Schumann, August, fortgeführt von Schiffer, Albert, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, Bd. 17, Supplement Bd. 4, Zwickau 1830.

Dr. Carsten Voigt
November 2008


[01] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen. Stadt Leipzig. Bd. 1: Südliche Stadterweiterung, hg. Vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, bearb. von Christoph Kühn und Brunhilde Rothbauer, Berlin 1998, S. 410.
[02] Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen, hg. von Karl Heinz Blaschke, bearb. von ders. und Susanne Baudisch, , 1. Hlbd.: A-M, Leipzig 2006 (Neuausgabe), S. 444.
[03] Schumann, August, fortgeführt von Schiffer, Albert, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen, Bd. 17, Supplement Bd. 4, Zwickau 1830, S. 967 f.
[04] Raabe, Monika, Lößnig. 950 Jahre, Leipzig 1990, S. 21-23.
[05] Ebd., S. 24; Höhn, Andreas, Von Postmeistern, Geschäftssinn und herrlichen Anwesen. Die Familie Kees auf Zöbigker und Gautzsch. In: Leipziger Blätter, Ausgabe 43, 2003, S. 78-80, hier S. 80.
[06] Raabe benennt einen Carl Graichen, aus den Akten geht aber hervor, dass er Friedrich August hieß, vgl.: 20464 RG Lößnig, Nr. 26; Raabe, S. 24.
[07] Vgl. Nachlass Wilhelm Hermann Graichen. In: SächsStAL, AG Leipzig, Nr. 8054.
Grundlagen der Patrimonialherrschaft.- Gerichtsverwaltung.- Gerichtsbücher.- Gerichtsprotokolle.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Grundherrlich-bäuerliche Verhältnisse.- Gutswirtschaft.- Familienarchiv Kees.
Das Rittergut Lößnig, das erst 1702 schriftsässig wurde, befand sich im Süden Leipzigs im Territorium des Amts Leipzig. Das Gut gehörte ursprünglich der Familie von Pflugk, kam dann an die Herren von Blasebalg und befand sich seit 1704 im Besitz der Leipziger Familie Kees. Erst auf Anordnung des Justizministeriums wurde die Gerichtsbarkeit des Ritterguts an den Staat abgetreten und im Juli 1856 dem Gerichtsamt Leipzig II übertragen.
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