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Beständeübersicht

Bestand

20494 Rittergut Nischwitz

Datierung1598 - 1936
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,40
Geschichte des Rittergutes Nischwitz
Das nordwestlich von Wurzen gelegene Rittergut Nischwitz gelangte im 12. Jahrhundert in den Besitz des Bistums Meißen, das es dem Kollegiatstift Wurzen überwies. Das im 15. Jahrhundert in zwei Teile zerfallende Rittergut befand sich dann bis zum 17. Jahrhundert in wechselndem Besitz der Familien von Nitzschwitz und von Gaudlitz. Nach schweren Brandschäden im 16. Jahrhundert und wirtschaftlichem Niedergang im Dreißigjährigen Krieg erhielt der Leipziger Kaufmann Franz Bex am 5. September 1654 den niederen Teil des Rittergutes sowie das Kirchlehen und die Fischerei in der Mulde bei Nischwitz als Lehen. [01] Nach seinem Tod am 7. Juni 1661 wurden am 18. Februar 1662 sein Sohn Mathias, seine Witwe Elisabeth sowie seine drei erwachsenen Töchter [02] mit dem Gut Nischwitz "niederen Teils" belehnt. Bereits am 21. Februar 1662 verkauften sie es an den Schwager des Verstorbenen, Heinrich Becker von Rosenfeld, weiter. [03] Nach ihm wurde am 18. September 1693 sein Sohn Georg Heinrich Becker von Rosenfeld mit dem Rittergut belehnt. [04] Im Juni 1708 verkauften es die Beckerschen Erben an den sächsischen Kammerherren und Stallmeister Gustav Carl Freiherr zu Racknitz. Er veräußerte es am 14. November 1721 an Friederike Charlotte von Wendt. [05] In ihrem Besitz blieb das Rittergut bis 1739. Dann verkaufte sie es ihrer Tochter Marianne Sophie Amalie von Jarmouth. [06]

Am 18. Januar 1744 wurde Heinrich Graf von Brühl mit dem Rittergut Nischwitz, niederer Teil, inkl. der Dörfer Pönitz, Nepperwitz, Grubnitz und Bennewitz belehnt und das Gut aus der Gerichtsbarkeit des Amtes Grimma herausgenommen. Bei seinem Tod am 28. Oktober 1763 hinterließ von Brühl vier Söhne. [07] In der Erbauseinandersetzung fiel dann das Gut per Los an Carl Adolph von Brühl. Am 26. Mai 1777 kaufte Philipp Heinrich von Lastrop das Gut. Nach dessen Tod am 18. Februar 1801 folgte ihm seine Witwe Christiane Wilhelmine, geb. Küstner, als Gutsbesitzerin. Da die Ehe kinderlos geblieben war, ging das Erbe nach deren Tod am 14. September 1815 an die zehn Kinder ihrer Geschwister bzw. bei deren Tod an mildtätige Stiftungen. [08]

Am 13. September 1817 ersteigerte der preußische Geheime Rat und Konsistorialpräsident Christian Friedrich von Ritzenberg das Gut. Nach seinem Tod am 4. Februar 1830 folgte ihm sein Sohn Ferdinand Eduard Theodor. Dessen Universalerbin wurde wiederum 1849 seine Witwe Amalie Caroline Jacobine geb. von Krauseneck. Das Testament verfügte allerdings zugleich, dass nach ihrem Tode das Gut oder der Gegenwert von 120.000 Talern der Stadt Berlin zum Besten armer und hilfsbedürftiger Personen zufallen solle. [09] 1863 wurde demzufolge das Gut mit 120.000 Talern zugunsten Berlins belastet, die beim Tode der Besitzerin fällig werden sollten. Die Stadt Berlin verzichtete im Gegenzug auf Ansprüche auf das Gut. Das ging laut Eintrag im Grundbuch vom 20. April 1878 auf die Mutter der Verstorbenen, Charlotte verw. von Krauseneck, über, die aber kurz darauf ebenfalls starb. [10]
Am 1. Juli 1878 erwarb der Major Friedrich Ernst von Busse auf Zschortau bei Delitzsch das Rittergut Nischwitz von den Erben der Verstorbenen. 1889 verkaufte er es weiter an Curt Zimmermann aus Salzmünde, der 1901 in den Adelsstand erhoben wurde. [11] Dessen Erbe trat 1919 Hans Christian August von Zimmermann an. [12] 1945 wurde das Rittergut im Rahmen der Bodenreform enteignet.

Ein Anschlag für das Rittergut Nischwitz aus dem Jahr 1625 weist Abgabepflichtige in Nischwitz, Dehnitz (10 Mann), Pönitz, Röcknitz (5 Mann) und Lüptitz (?) aus. [13] Mitte des 18. Jahrhunderts werden auch Einnahmen aus Wasewitz, Wurzen, Lüptitz und Collmen verzeichnet. [14] Im 17. Jahrhundert erhielt das Rittergut erheblichen Zuwachs. Das Amtsdorf Dehnitz kam 1662 hinzu. Die vom Kammer- und Hofrat Dr. David von Döring (1577 – 1638) 1621 erworbenen Dörfer Bennewitz und Nepperwitz verkaufte dessen Enkel Wolf David von Döring 1669 an den Nischwitzer Rittergutsbesitzer, Anfang der 70er Jahre dann auch noch Grubnitz. Seit dem 18. Jahrhundert war das altschriftsässige Rittergut Pönitz mit dem Rittergut Nischwitz verbunden. Ein Verzeichnis von 1791 stellte zu Pönitz fest: "Rittergut und Dorf geh. jezo zu Nischwitz im Stift Wurzen". [15] Das Rittergut Pönitz spiegelt sich in den überlieferten Unterlagen allerdings nicht wider im Gegensatz zu dem dortigen, offensichtlich wegen der großen Entfernung von Nischwitz eingerichteten Gericht.

Bei Nischwitz wechselte die verwaltungsmäßige Zugehörigkeit vom Amt Wurzen über das Amt Grimma wieder zurück zu Wurzen. Die Dörfer Bennewitz, Dehnitz, Deuben und Grubnitz gehörten zunächst zum Amt Grimma. 1839 wurden sie dem Wurzener Amt zugeordnet. [16] Pönitz gehörte bis 1815 zum Amt Delitzsch, danach zum Amt Leipzig. Röcknitz war zunächst dem Amt Wurzen zugeordnet, dann bis 1815 dem Amt Torgau, danach wieder dem Amt Wurzen.

Bis zum 17. Jahrhundert besaß das Rittergut nur die Erbgerichtsbarkeit über die zugehörigen Dörfer. Die Obergerichtsbarkeit lag teilweise beim Amt Grimma und beim Amt Wurzen. 1662 erhielt Heinrich Becker von Rosenfeld die Obergerichtsbarkeit über den halben Rittersitz Nischwitz. Mit dem Erwerb des Rittergutes durch Heinrich Graf von Brühl wurde auch die Obergerichtsbarkeit über die hinzugekommenen Dörfer auf das Gut übertragen. Im Zusammenhang mit den Reformen der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde die dem Rittergut zustehende Gerichtsbarkeit an den Staat abgetreten. Die über Pönitz ging am 30. Juni 1843 an das Kreisamt Leipzig, die über Nischwitz sowie Bennewitz, Dehnitz, Grubnitz, Nepperwitz und den Röcknitzer Anteil am 28. August 1848 an das Königliche Landgericht Wurzen. [17]

Mit den Neuregelungen in der Gerichts- und Verwaltungsorganisation wurden die bei Wurzen liegenden Dörfer des Rittergutes ab 1856 dem Gerichtsamt Wurzen zugeordnet, ab 1874 der Amtshauptmannschaft Grimma, ab 1939 unter der Bezeichnung Landratsamt Grimma. Ab 1945 gehörten sie zum Landkreis Grimma, ab 1952 zum Kreis Wurzen.

Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Der Bestand ist offensichtlich um 1960 vom damaligen Landeshauptarchiv Dresden in das Staatsarchiv Leipzig gelangt und aus den Lagerungsgemeinschaften AG Wurzen, AG Leipzig, AH Grimma und AH Leipzig gebildet worden. Die Unterlagen wurden 1965 in einer Findkartei verzeichnet. 1999 und 2003 sind bei der Prüfung auf weitergeführte Akten neun Akteneinheiten herausgelöst und zu den Beständen RG Röcknitz, Kgl. Landgericht Wurzen, Amt Leipzig und Bezirksschulamt Grimma hinzugefügt worden. 2012 wurde der Bestand neu bearbeitet und in die AUGIAS-Datenbank eingefügt. Eine Akte aus dem Bestand RG Nitzschka wurde dem Bestand hinzugefügt, drei Akten daraus sind dagegen dem RG Püchau zugeordnet worden, eine dem Bestand Stadt Delitzsch. Da die Gerichtsbarkeit in Pönitz auf Grund der räumlichen Entfernung von Nischwitz separat ausgeübt wurde, ist die Provenienzstelle jeweils mit erfasst worden.

Die Verzeichnung erfolgte in der Regel in einfacher Form. Es entstand ein Register der Orts- und Personennamen. Die im Bestand 12613 Gerichtsbücher befindlichen 39 Gerichtsbücher des Rittergutes Nischwitz mit Pönitz wurden virtuell erfasst.

Überlieferungsschwerpunkte
Der Schwerpunkt der Überlieferung liegt bei den Gerichtsprotokollen und den Nachlassregulierungen. Gemeindeangelegenheiten und Unterlagen zur Gutswirtschaft sind nur fragmentarisch überliefert.

Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS 8.3, mit der auch das Orts- und Personenregister erstellt wurde. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 20494, RG Nischwitz, Nr. (fettgedruckte Zahl).

Verweise auf korrespondierende Bestände
12613 Gerichtsbücher (StA-D)
10047 Amt Dresden (Zwangsverwaltung des Rittergutes Nischwitz, 1765 – 1768)
20009 Amt Leipzig
20109 Gerichtsamt Taucha
20024 Kreishauptmannschaft Leipzig
20071 Königliches Landgericht Wurzen
20112 Gerichtsamt Wurzen
20138 Amtsgericht Wurzen
20136 Amtsgericht Taucha
20190 Bezirksschulamt Grimma
20233 Kreistag/Kreisrat Grimma

Dr. Volker Jäger
Juni 2012

Eigentümer des Rittergutes Nischwitz

12. Jh.
Bistum Meißen
15. Jh.
Familie von Nitzschwitz, Familie von Gaudlitz
1654
Franz Bex
1662
Heinrich Becker von Rosenfeld
1693
Georg Heinrich Becker von Rosenfeld
1708
Gustav Carl Freiherr zu Racknitz
1721
Friederike Charlotte von Wendt
1739
Marianne Sophie Amalie von Jarmouth
1744
Heinrich Graf von Brühl
1769
Carl Adolph von Brühl
1777
Philipp Heinrich von Lastrop
1801
Christiane Wilhelmine von Lastrop, geb. Küstner
1817
Christian Friedrich von Ritzenberg
1830
Ferdinand Eduard Theodor von Ritzenberg
1849
Amalie Caroline Jacobine von Ritzenberg, geb. von Krauseneck
1878
Charlotte von Krauseneck
1878
Friedrich Ernst von Busse
1889
Curt Zimmermann
1919
Hans Christian August von Zimmermann



[01] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, O 6233. Aufstellung der Eigentumsverhältnisse nach: Volker Jäger, 675 Jahre Bennewitz, Deuben und Grubnitz, Beucha 2010, S. 11 ff.
[02] Ursula von Ryssel, Elisabeth Schede und Anna Gertraute Becker. Daneben hinterließ er noch drei minderjährige Töchter: Christine, Marie und Margarite.
[03] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, Nr. 139, S. 47f.
[04] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, A 145, S. 90 f.
[05] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, O 6234.
[06] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, O 6235.
[07] Aloisius Friedrich, Carl Adolph, Albrecht Christian Heinrich, Hans Moritz.
[08] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, O 6236.
[09] StA-D, 10080, Lehnhof Dresden, O 6236.
[10] Charlotte von Heyden verw. von Krauseneck starb am 27. Mai 1878 in Nischwitz.
[11] StA-L, 20494, RG Nischwitz, 181.
[12] StA-L, 20027, AH Grimma, 165.
[13] StA-L, 20373, RG Dölitz, 187.
[14] StA-L, 20467, RG Machern, 496.
[15] Allg. Verzeichnis aller in dem Churfürstenthum Sachsen … befindlichen Schrift- und Amtssäßigen…, Dresden 1791; vgl. auch August Schumann, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen, Zwickau 1821, S. 463.
[16] StA-L, 20019, Amt Wurzen, 1146.
[17] StA-L, 20019, Amt Wurzen, 1255.
Gerichtsverwaltung.- Gerichtsbücher.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.- Patronat.- Einziehung landesherrlicher Steuern und Zölle.- Grundherrlich-bäuerliche Verhältnisse.- Gutswirtschaft.- Familienarchiv.
Das nordwestlich von Wurzen gelegene und zeitweise zum Amt Grimma, zeitweise zum Amt Wurzen zählende Rittergut Nischwitz war schriftsässig. Dieses Rittergut war bis zum 17. Jahrhundert im Besitz derer von Nitzschwitz und von Gaudlitz. Ihnen folgten als Besitzer die Familien Becker von Rosenfeld, von Racknitz, von Brühl, von Lastrop und von Ritzenberg. Die dem Rittergut zustehende Gerichtsbarkeit über Pönitz ging am 30. Juni 1843 an das Kreisamt Leipzig, über Nischwitz sowie Teile von Bennewitz, Dehnitz, Grubnitz und Nepperwitz am 28. August 1848 an das Königliche Landgericht Wurzen.
  • 2012 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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