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Beständeübersicht

Bestand

20618 Stadt Oschatz (Stadtgericht)

Datierung1683 - 1838
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)3,50
Im 11. Jh. entwickelte sich im slawisch besiedelten Gau Daleminze am Übergang über die Döllnitz eine Kaufmannssiedlung, die Ausgangspunkt für die Stadtgründung war. Die erste urkundliche Erwähnung von 1065 gilt zwar als Fälschung, die Besiedlung des heutigen Stadtgebietes im 11. Jh. aufgrund anderer Belege aber als gesichert. [01]

In einer Urkunde des Markgrafen Heinrich des Erlauchten von Meißen vom 26. November 1238 wird Oschatz erstmalig als Stadt mit Gerichten und Zubehör erwähnt: "Item Civitates Ozzechs et Grime cum judiciis et pertinenciis." [02] Von 1297 ist erstmalig die namentliche Nennung eines Bürgermeisters überliefert, 1365 wurde der Rat als "obrigkeitliches Kollegium mit Bürgermeister und 11 Ratsleuten zu Oschatz" bezeichnet. Ein von der Stadt erworbener und im Ratsarchiv im Original vorhandener handschriftlicher Sachsenspiegel aus dem Jahre 1382 besagt, dass die Stadt nach "Magdeburger Recht" ihr Leben gestaltete. Vom hohen Stand des städtischen Rechts der Stadtgemeinde zeugen ferner vom Rat seit 1387 selbst verfasste örtliche Gesetze, Stadtwillküren genannt. [03] Zu den besonderen Rechten und Privilegien, die die Stadt erwarb, gehörten das Meilenrecht, die Einnahme von Wagengeld und die Zollgerechtigkeit. Seit 1395 durfte Oschatz jährlich einen Jahrmarkt, seit 1451 einen zweiten und seit 1540 sogar einen dritten, den Herbstmarkt abhalten. [04]

Der Collm bei Oschatz war ein Ort für mittelalterliche Gerichtsversammlungen der Markgrafen von Meißen. Das letzte Landding ist für 1259 auf dem Collm belegt. [05]
1478 erwarb die Stadt Oschatz die "hohe" Gerichtsbarkeit vom Landesherrn gegen Pachtzins. Die "niedere" Gerichtsbarkeit oder "Erbgerichtsbarkeit" übte der Rat von Oschatz bereits einige Jahrzehnte früher aus. Den Ausgangspunkt für die Herausbildung des Stadtgerichts bildete ein mittelalterliches Schöffenkollegium. Um 1814 setzte sich der Rat aus 6 Personen zusammen: dem regierenden und dem beisitzenden Bürgermeister, 2 Stadtrichtern und 2 Senatoren. [06] Enge Beziehungen bestanden zwischen Stadt- und Landgericht, letzteres war für das Amtsterritorium zuständig. So konnten beide Gremien im Rathaus tagen, ebenso das Stadtgefängnis nutzen. [07]

Im Zusammenhang mit der Verstaatlichung der Gerichtsbarkeit in der Mitte des 19. Jhs. wurde 1839 das Königliche Gericht Oschatz gegründet. [08] Eine Abschrift des dazu abgeschlossenen Rezesses mit dem Sächsischen Justizministerium konnte im Bestand Stadt Wurzen ermittelt werden. [09] Mit der Übernahme der städtischen Gerichtsbarkeit durch die neugeschaffene Behörde wurden auch die vorliegenden Akten in die staatliche Überlieferung einverleibt. Nachfolger des Königlichen Gerichts wurde das Gerichtsamt Oschatz (1856) sowie für Justizsachen das Amtsgericht Oschatz (1879). Von dort wurden die Unterlagen nach 1945 schließlich in das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden abgegeben. Zwischen 1954 und 1963 gelangte dann der Bestand als Abgabegemeinschaft "AG Oschatz" zum damaligen Landesarchiv Leipzig. [10] Hier wurde der Mischbestand provenienzgerecht getrennt, wobei auch der vorliegende Bestand mit der Bezeichnung "Stadtgericht Oschatz" entstand, der aber unverzeichnet blieb. Erst im Jahre 1997 konnte er im Rahmen der Bearbeitung der Bestandsgruppe erschlossen werden. Die Bestandsbezeichnung wurde aufgrund der Vermischung von Gerichts- und Verwaltungsangelegenheiten in "Stadt Oschatz" verändert. Als Provenienz treten der Rat und das Stadtgericht (StG) zu Tage.

Die Überlieferung ist rudimentär. Der zeitliche Umfang des Bestandes reicht von 1683 bis 1838. Für das 18. Jahrhundert sind nur sehr wenige Akten überliefert. Erst ab 1808 bis 1838 liegen relativ vollständig Kaufprotokolle und fragmentarisch Nachlass- sowie Zwangsversteigerungsakten vor. Damit werden Aussagen zu wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in Oschatz in dieser Zeit möglich. Als korrespondierende Bestände im Staatsarchiv sind Amt, Amtsgericht und Amtshauptmannschaft Oschatz zu nutzen. Die Mehrzahl der Akten der Stadt Oschatz befindet sich im Stadtarchiv von Oschatz.

Bei der Verzeichnung wurden sowohl die (Unter-)provenienzen als auch die Registratursignaturen mit erfasst. Die Ablage der Kaufprotokolle erfolgte lediglich chronologisch, wogegen die Nachlassakten mit einem Rep. A und die Zwangsversteigerungsakten mit einem Rep. B. und den entsprechenden Anfangsbuchstaben der Nachnamen gekennzeichnet wurden.
Die Erschließung erfolgte mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows, mit dem auch die Register erstellt wurden. Die Registratursignaturen ermöglichten eine grobe Vorordnung des Bestandes. Die endgültige Gliederung erfolgte in Anlehnung an ähnliche Gerichtsbestände im Staatsarchiv.

Der Bestand wurde mit einer ordnungsabhängigen Signatur versehen. Für die Bestellung und Zitierung ist: StA-L, Stadt Oschatz Nr. (fettgedruckte Ziffer) zu verwenden.

Richter/ Kretzschmar
August 1997

[01] Vgl. Eichler, Ernst und Walther, Hans, Die Ortsnamen im Gau Daleminze, Bd. 1, Berlin 1966, S. 233.- Oschatz. Beiträge zur Vergangenheit und Gegenwart, hg. v. Rat der Stadt Oschatz und vom Kulturbund der DDR, Kreisleitung Oschatz, Oschatz 1988, S. 3.
[02] Stadt Oschatz, hg. v. NovoPrint VerlagsGmbH Fellbach in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Oschatz, Fellbach o. J., S. 6.
[03] Vgl. Stadt Oschatz, ..., S. 8.
[04] Oschatz, die Garten- und Blumemstadt am Collm, Historischer Stadtführer, hg. v. ETRO Verlag für Wirtschaftswerbung in Zusammenarbeit der Stadtverwaltung Oschatz, Bad Soden-Salmünster o. J., S. 9.
[05] Vgl. Oschatz, Beiträge..., S. 12.
[06] Vgl. Keyser, Erich, Deutsches Städtebuch, Bd. 2: Mitteldeutschland, Stuttgart/Berlin 1941, S. 177.- Oschatz, Beiträge..., S. 14.
[07] Ebenda, S. 16.
[08] Vgl. Findbucheinleitung zur Bestandsgruppe Amtsgerichte von V. Jäger, 1997, S. 2.
[09] SächsStAL, Stadt Wurzen Nr. 3188.
[10] Vgl. Verwaltungsarchiv Nr. 187 (Zugangsbuch).
Gerichtsprotokolle.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.
Oschatz war eine schriftsässige Stadt im Territorium des Amts Oschatz. Die Erbgerichtsbarkeit übte der Stadtrat zu Oschatz bereits seit Anfang des 15. Jahrhunderts aus, die Obergerichtsbarkeit erhielt die Stadt 1478 gegen Pachtzins. Aus einem mittelalterlichen Schöffenkollegium entwickelte sich das Stadtgericht. Dieses Stadtgericht wurde nach Einführung der Allgemeinen Städteordnung 1832 mit veränderten Kompetenzen neu gegründet. Nur wenige Jahre später ging die dem Stadtgericht in Oschatz zustehende Gerichtsbarkeit am 7. Oktober 1839 an das Königliche Landgericht Oschatz.
  • 1997 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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