Beständeübersicht
Bestand
20619 Stadt Pegau
Datierung | 1285 - 1945 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 94,64 |
Bestand enthält auch 2 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular
Einleitung
Zur Geschichte der Stadt Pegau
Die Stadt Pegau an der Weißen Elster unterstand bis zum 15. Jahrhundert dem benachbarten Benediktinerkloster St. Jakob, welches vor allem durch die hier im Hochmittelalter verfassten "Pegauer Annalen" (Annales Pegavienses) Bekanntheit erlangte. Die Gründung des Klosters im Jahr 1091 geht auf Wiprecht von Groitzsch (um 1050–1124) zurück. Bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden die ältere Ober- und die jüngere Niederstadt.[01] Während der Reformation wurde das Kloster 1539 aufgehoben. Der Stadtrat kaufte 1545 für 19.500 Gulden das Klostergebäude samt den dazugehörigen Grundstücken.
Die günstige Lage an der Handelsstraße von Leipzig nach Gera und der Bau des Elsterfloßgrabens im Jahr 1587 förderten die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, sichtbar im Bau des Rathauses nach den Plänen von Hieronymus Lotter ab 1559. Nach dem Dreißigjährigen Krieg und mehreren Stadtbränden wurde der wirtschaftliche Aufschwung gestoppt. Bis ins 19. Jahrhundert war die Stadt vorwiegend durch Weber-, Schuhmacher- und Gerberhandwerk geprägt. 1873 brachte die Eisenbahnlinie Leipzig-Zeitz-Gera die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Industriebetrieben, z. B. die Filz- und Hausschuhfabrik Ferdinand Fischer, die Schlossfabrik Schlegel & Lichtenberger, die Harmoniumfabrik Theodor Mannborg und die Stadtbrauerei C. Hoffmann & Sohn.
Im Laufe der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geriet Pegau unter die Landesherrschaft der Wettiner.[02] Seit 1460 war die Stadt Sitz eines kursächsischen Amts. Die städtische Gerichtsbarkeit oblag bis 1502 dem Kloster und ging dann an den Rat über. Eine eigenständige städtische Verwaltung, unter die auch das Ratsdorf Großwischstauden fiel, ist seit Ende des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Im 15. Jahrhundert bestand der Rat aus dem Bürgermeister und sechs Ratsherren. Ab 1662, als die Stadt vorübergehend zur Sekundogenitur Sachsen-Zeitz gehörte, regierten zwei Bürgermeister, acht Ratsherren und ein Stadtrichter, die sich jährlich abwechselten.[03] Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts standen Elstertrebnitz, Eulau, Großstorkwitz und Schnaudertrebnitz ganz oder teilweise unter der Jurisdiktion des Rates. Nach Einführung der Städteordnung 1833 setzte sich der Stadtrat aus sieben Ratsmitgliedern und zwei Senatoren zusammen, ein eigenständiges Stadtgericht mit dem Stadtrichter an der Spitze regelte die Justizangelegenheiten. Die Gerichtsbarkeit wurde am 20. Oktober 1855 an das Justizamt Pegau abgegeben. 1934 erfolgte die Eingemeindung von Carsdorf. Die Stadt vergrößerte sich nach 1945 durch die Eingemeindungen von Stöntzsch (1965), Wiederau, Großstorkwitz und Weideroda (1994) sowie Kitzen (2012).
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Der Hauptteil des Bestands, datierend ab 1502, war im Jahr 1965 depositarisch von der Stadt an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben worden. 1968 entstand eine erste, handschriftliche Findkartei, die aber nicht den gesamten Bestand abdeckte. Die Erschließung wurde in den 1980er Jahren wieder aufgenommen und 1989 durch ein maschinenschriftliches Findbuch (Akten Nr. 1 – 3872) abgeschlossen.
Im Jahr 1999 wurden aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden die ältesten Unterlagen der Stadt Pegau abgegeben, wo sie seit 1873 das Depositum Stadt Pegau bildeten. Diese Urkunden, Stadtbücher und Akten befanden sich ursprünglich im Ratsarchiv zu Pegau und waren in den Jahren 1873, 1887 und 1899 depositarisch von der Stadt an das Hauptstaatsarchiv in Dresden gegeben worden. Mit der Übernahme aus Dresden ist im Jahr 1999 der Bestand – im Einverständnis mit der Stadtverwaltung Pegau – in Leipzig zusammengeführt worden.
Für die Urkunden lagen handschriftliche Regesten von C. F. von Posern-Klett (1873), H. Ermisch (1887) und H. Beschorner (1899) in unterschiedlicher Qualität vor. Im Jahr 2002 wurden diese Verzeichnungsangaben im Staatsarchiv Leipzig anhand der Regesten in die Archiv-Datenbank übertragen. Im Jahr 2012 erfolgte die Retrokonversion der Verzeichnungsangaben aus dem masch. Findbuch unter teilweiser Prüfung in die Archivdatenbank. 2013 folgte die Erschließung der Stadt- und Gerichtsbücher sowie der ältesten Ratsrechnungen. Die Pegauer Gerichtsbücher aus dem Bestand 12613 Gerichtsbücher wurden virtuell dem Bestand hinzugefügt. Umfangreiche redaktionelle Arbeiten betrafen die Verzeichnungsangaben des buchförmigen Archivguts sowie der Urkunden. Letztere erhielten durchgängig neue Archivsignaturen, die auf der chronologischen Reihung der Urkunden fußen (Nr. U 1 – 101). Mit der Erschließung der verbliebenen Archivalien des ehemaligen Dresdner Depositums (Nr. 3873 – 3922) konnte die Bearbeitung des Bestands 2014 abgeschlossen werden.Die Urkunden U 102 und U 103 konnten 2019 ermittelt und zum Bestand genommen werden.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand umfasst 4070 Verzeichnungseinheiten, darunter 101 Urkunden und 43 virtuell verzeichnete Gerichtsbücher. Die Überlieferung setzt mit Urkunden im Jahr 1285 und Akten im Jahr 1399 ein, es handelt sich jeweils um die älteste Überlieferung im Staatsarchiv Leipzig.
Mittelalterliche Pergamente
Der Bestand weist auffallend viele Archivalien mit Pergamenteinbänden aus z. T. farbigen Handschriften auf. Diese mittelalterlichen Handschriften werden Gegenstand eines Folge-Projekts an der Universitätsbibliothek Leipzig, die betreffenden Signaturen wurden daher 2013 tabellarisch erfasst.[04] Es handelt sich um insgesamt 87 Archivalien mit Rechtshandschriften, Noten und Urkunden bzw. Teilen davon. Festgestellt wurde, dass einige Einbände offensichtlich noch vor der Einrichtung des Depositums im Hauptstaatsarchiv von den Umschlägen gelöst und als eigene Archivalien aufgestellt wurden. Nachweislich der Angaben auf den Regesten handelt es sich beispielsweise bei den Urkunden U 1, U 20, U 21, U 30 und U 63 um frühere Umschläge. Die dazugehörigen Archivalien konnten ebenfalls identifiziert werden, sie weisen neuere Papp-Einbände auf bzw. fehlt der Einband. Die Handschriften müssen noch inhaltlich ausgewertet werden, bisher konnten bereits einzelne Blätter des "Sachsenspiegel Landrecht" und "Richtsteig Landrecht" identifiziert werden. Unter den jetzigen Einbänden finden sich 34 Urkunden bzw. Teilen von Urkunden des 15. bis 17. Jahrhunderts.
Urkunden
Die Urkunden stammen aus dem ehemaligen Dresdner Depositum. 29 Urkunden (1382 – 1539, Übernahme von 1873) waren in den Urkundenbestand des HStA eingeordnet und trugen die Signaturen "O.U. …", die anderen waren als "Dep. Pegau Nr…" geführt. Zwei dieser Unterlagen wurden nunmehr als Aktenstücke bestimmt, die übrigen 101 Urkunden in chronologischer Reihung neu signiert. Die früheren Signaturen sind im gedruckten Findbuch von 2014 enthalten. Die inhaltliche Erschließung geht nur wenig über die ältere Verzeichnung aus dem Hauptstaatsarchiv hinaus. Redigiert wurden die Namen der Äbte sowie nach Möglichkeit die Ortsangaben. Alle Urkunden wurden im Hinblick auf das frühere Depositum einem Gliederungspunkt zugeordnet, obwohl sie verschiedene Aussteller und Sachbetreffe aufweisen.
Der Urkundenbestand der Stadt Pegau war relativ stark von Kriegsverlusten im Hauptstaatsarchiv betroffen. Nach Abgleich mit den älteren Regesten muss von 122 früher als Urkunden geführten sowie 20 verlorenen Urkunden ausgegangen werden. Zwei Urkunden konnten 2019 aus einem Aktionshaus in den Bestand zurückgeführt werden. Eine entsprechende Übersicht ist dem Anhang zu entnehmen.
Leider ist die Papst-Urkunde vom Ende des 13. Jh. nur noch fragmentarisch erhalten, da sie jahrhundertelang als Einband diente. Eine größere Anzahl von Urkunden betrifft Religionsfragen, zwei Urkunden (1500 und 1507) sollten Ablass gewähren. Als Aussteller einer Vielzahl von Urkunden treten die Äbte des Jakobsklosters in Pegau in Erscheinung. Neben Lehns- und Vermögensangelegenheiten werden in weiteren Privaturkunden Handel und Gewerbe geregelt, z. B. das Marktwesen (1454, 1470, 1743, 1774, 1793) sowie Handwerks- und Innungsangelegenheiten (Böttcher, Schuhmacher, Tuchmacher, Brauer). Diese älteste Überlieferung der Stadt gibt Einblick in die vielfältigen Rechtsverhältnisse des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lebens in Pegau.
Stadt- und Rechnungsbücher
Die Überlieferung der sog. Amtsbücher – Stadt-, Gerichts-, Rechnungsbücher sowie Registerbände – setzt im Jahr 1399 mit den Pegauer Stadtrechnungen ein, die bereits durch Johannes Hohlfeld 1912 beschrieben worden sind.[05] Es folgen mit Beginn des 15. Jahrhunderts verschiedene Einnahmeregister der Stadt, die auf eine frühe Archivbildung hinweisen. Das älteste "Stadtbuch" datiert von 1480. Die Verzeichnungsangaben der städtischen Amtsbücher und älteren Registerbände wurden gegenüber früheren Verzeichnissen überprüft und aktualisiert. Das betrifft auch die im "Inventar der Stadtbücher" erfassten Archivalien.[06] Die Überlieferung dieser Unterlagen ragt gegenüber anderen Kommunalbeständen in Umfang und Alter hervor.
Akten
Der Aktenbestand spiegelt die städtische Entwicklung vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis 1945, vereinzelt bis um 1950, in nahezu allen Bereichen wider. Besonders gut dokumentiert sind die Bereiche Finanzen, Gerichtsbarkeit, Handel, Handwerk und Gewerbe. Überliefert ist ebenso eine breite Palette von Vereinen und Organisationen, vor allem aus dem beginnenden 20. Jahrhundert.
Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit dem Archivprogramm AUGIAS 8.3 für Windows, mit dem auch die Orts- und das Personenregister erstellt wurden.
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 20619 Stadt Pegau, Nr. (fettgedruckte Zahl).
Der Bestand enthält einige Personalakten, welche nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes erst zehn Jahre nach dem Tod bzw. hundert Jahre nach der Geburt der betroffenen Person benutzt werden dürfen. Aus Datenschutzgründen werden Verzeichnungsangaben, die einer personenbezogenen Schutzfrist unterliegen, in der online-Fassung des Findbuchs nicht angezeigt. Wir empfehlen bei Bedarf eine Nachfrage beim Staatsarchiv Leipzig. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach gesonderter Prüfung im Wege des Antragsverfahrens zur Schutzfristenverkürzung möglich.
Die ältesten Unterlagen weisen vielfältige Schädigungen bis hin zu Schimmel und Papierzerfall auf, daher kann die Benutzbarkeit eingeschränkt sein.
Literaturhinweise
Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen, Bd. 3, Zwickau 1821, S. 143-162.
Saxonia. Museum für sächsische Vaterlandskunde, Bd. 4, Dresden 1839, S. 65-66, 70-71.
Parochie Pegau, in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Borna, Leipzig 1903, Sp. 805-942.
Hohlfeld, Johannes, Stadtrechnungen als historische Quellen. Ein Beitrag zur Quellenkunde des ausgehenden Mittelalters. Dargestellt am Beispiel der Pegauer Stadtrechnungen des 14./15. Jhs., Leipzig 1912.
Schlesinger, Walter, Die Anfänge der Stadt Chemnitz und anderer mitteldeutscher Städte. Untersuchungen über Königtum und Städte während des 12. Jahrhunderts, Weimar 1952.
Patze, Hans, Die Pegauer Annalen, die Königserhebung Wratislaws von Böhmen und die Anfänge der Stadt Pegau, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 12 (1963), S. 1-62.
Pegau, in: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands Bd. 8/Sachsen, Stuttgart 1965, S. 272-274.
Vogtherr, Thomas, Ludwig, Thomas, Die Äbtereihe des Benediktinerklosters St. Jakob in Pegau. in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 69/1998, S. 1-23.
Peter, Tylo, Studie zur topographischen Entwicklung der Stadt Pegau im 12. und 13. Jahrhundert, in: Wiprecht. Beiträge zur Geschichte des Osterlandes im Hochmittelalter, Beucha 1998, S. 131-149.
Im Elsterland. Zwischen Zwenkau, Groitzsch und Pegau, hrsg. von Pro Leipzig e.V., Leipzig 2002.
Pegau, in: Lutz Heydick, Der Landkreis Leipzig. Historischer Führer, Beucha 2014
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig
20016 Amt Pegau
20025 Amtshauptmannschaft Borna
20497 Obermühle Pegau
Hauptstaatsarchiv Dresden
12613 Gerichtsbücher
B. Richter
Juli 2014
Anhang
Überlieferung der Urkunden bzw. Regesten
[01] Patze, Hans, Die Pegauer Annalen, a. a. O..
[02] Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1349/1350, hrsg. von Woldemar Lippert, Leipzig 1903., S. 272.
[03] Deutsches Städtebuch, Bd. 2, hrsg. von Erich Keyser, Stuttgart/Berlin 1941, S. 180 f.
[04] Aktuelles DFG-Projekt läuft unter dem Namen "Erschließung von Kleinsammlungen mittelalterlicher Handschriften in Sachsen und dem Leipziger Umland" http://www.manuscripta-mediaevalia.de/?INFO_projectinfo/leipzig-klein#|5, letzter Zugriff 17.7.2014.
[05] J. Hohlfeld, Stadtrechnungen als historische Quellen. Ein Beitrag zur Quellenkunde des ausgehenden Mittelalters. Dargestellt am Beispiel der Pegauer Stadtrechnungen des 14./15. Jhs., Leipzig 1912.
[06]Inventar der Stadtbücher (1376-1800), bearb. v. Birgit Richter (Veröffentlichungen des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig, Bd. 3), Leipzig 1994. Die unter den Signaturen 277, 290, 375, 500, 581, 583, 584, 613, 614, 657, 862, 877, 1022, 1027, 1212, 2821, 3495, 3529 dort aufgeführten Stadtbücher müssen gestrichen werden, da sie als Akten identifiziert wurden.
Zur Geschichte der Stadt Pegau
Die Stadt Pegau an der Weißen Elster unterstand bis zum 15. Jahrhundert dem benachbarten Benediktinerkloster St. Jakob, welches vor allem durch die hier im Hochmittelalter verfassten "Pegauer Annalen" (Annales Pegavienses) Bekanntheit erlangte. Die Gründung des Klosters im Jahr 1091 geht auf Wiprecht von Groitzsch (um 1050–1124) zurück. Bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden die ältere Ober- und die jüngere Niederstadt.[01] Während der Reformation wurde das Kloster 1539 aufgehoben. Der Stadtrat kaufte 1545 für 19.500 Gulden das Klostergebäude samt den dazugehörigen Grundstücken.
Die günstige Lage an der Handelsstraße von Leipzig nach Gera und der Bau des Elsterfloßgrabens im Jahr 1587 förderten die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, sichtbar im Bau des Rathauses nach den Plänen von Hieronymus Lotter ab 1559. Nach dem Dreißigjährigen Krieg und mehreren Stadtbränden wurde der wirtschaftliche Aufschwung gestoppt. Bis ins 19. Jahrhundert war die Stadt vorwiegend durch Weber-, Schuhmacher- und Gerberhandwerk geprägt. 1873 brachte die Eisenbahnlinie Leipzig-Zeitz-Gera die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Industriebetrieben, z. B. die Filz- und Hausschuhfabrik Ferdinand Fischer, die Schlossfabrik Schlegel & Lichtenberger, die Harmoniumfabrik Theodor Mannborg und die Stadtbrauerei C. Hoffmann & Sohn.
Im Laufe der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geriet Pegau unter die Landesherrschaft der Wettiner.[02] Seit 1460 war die Stadt Sitz eines kursächsischen Amts. Die städtische Gerichtsbarkeit oblag bis 1502 dem Kloster und ging dann an den Rat über. Eine eigenständige städtische Verwaltung, unter die auch das Ratsdorf Großwischstauden fiel, ist seit Ende des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Im 15. Jahrhundert bestand der Rat aus dem Bürgermeister und sechs Ratsherren. Ab 1662, als die Stadt vorübergehend zur Sekundogenitur Sachsen-Zeitz gehörte, regierten zwei Bürgermeister, acht Ratsherren und ein Stadtrichter, die sich jährlich abwechselten.[03] Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts standen Elstertrebnitz, Eulau, Großstorkwitz und Schnaudertrebnitz ganz oder teilweise unter der Jurisdiktion des Rates. Nach Einführung der Städteordnung 1833 setzte sich der Stadtrat aus sieben Ratsmitgliedern und zwei Senatoren zusammen, ein eigenständiges Stadtgericht mit dem Stadtrichter an der Spitze regelte die Justizangelegenheiten. Die Gerichtsbarkeit wurde am 20. Oktober 1855 an das Justizamt Pegau abgegeben. 1934 erfolgte die Eingemeindung von Carsdorf. Die Stadt vergrößerte sich nach 1945 durch die Eingemeindungen von Stöntzsch (1965), Wiederau, Großstorkwitz und Weideroda (1994) sowie Kitzen (2012).
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Der Hauptteil des Bestands, datierend ab 1502, war im Jahr 1965 depositarisch von der Stadt an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben worden. 1968 entstand eine erste, handschriftliche Findkartei, die aber nicht den gesamten Bestand abdeckte. Die Erschließung wurde in den 1980er Jahren wieder aufgenommen und 1989 durch ein maschinenschriftliches Findbuch (Akten Nr. 1 – 3872) abgeschlossen.
Im Jahr 1999 wurden aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden die ältesten Unterlagen der Stadt Pegau abgegeben, wo sie seit 1873 das Depositum Stadt Pegau bildeten. Diese Urkunden, Stadtbücher und Akten befanden sich ursprünglich im Ratsarchiv zu Pegau und waren in den Jahren 1873, 1887 und 1899 depositarisch von der Stadt an das Hauptstaatsarchiv in Dresden gegeben worden. Mit der Übernahme aus Dresden ist im Jahr 1999 der Bestand – im Einverständnis mit der Stadtverwaltung Pegau – in Leipzig zusammengeführt worden.
Für die Urkunden lagen handschriftliche Regesten von C. F. von Posern-Klett (1873), H. Ermisch (1887) und H. Beschorner (1899) in unterschiedlicher Qualität vor. Im Jahr 2002 wurden diese Verzeichnungsangaben im Staatsarchiv Leipzig anhand der Regesten in die Archiv-Datenbank übertragen. Im Jahr 2012 erfolgte die Retrokonversion der Verzeichnungsangaben aus dem masch. Findbuch unter teilweiser Prüfung in die Archivdatenbank. 2013 folgte die Erschließung der Stadt- und Gerichtsbücher sowie der ältesten Ratsrechnungen. Die Pegauer Gerichtsbücher aus dem Bestand 12613 Gerichtsbücher wurden virtuell dem Bestand hinzugefügt. Umfangreiche redaktionelle Arbeiten betrafen die Verzeichnungsangaben des buchförmigen Archivguts sowie der Urkunden. Letztere erhielten durchgängig neue Archivsignaturen, die auf der chronologischen Reihung der Urkunden fußen (Nr. U 1 – 101). Mit der Erschließung der verbliebenen Archivalien des ehemaligen Dresdner Depositums (Nr. 3873 – 3922) konnte die Bearbeitung des Bestands 2014 abgeschlossen werden.Die Urkunden U 102 und U 103 konnten 2019 ermittelt und zum Bestand genommen werden.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand umfasst 4070 Verzeichnungseinheiten, darunter 101 Urkunden und 43 virtuell verzeichnete Gerichtsbücher. Die Überlieferung setzt mit Urkunden im Jahr 1285 und Akten im Jahr 1399 ein, es handelt sich jeweils um die älteste Überlieferung im Staatsarchiv Leipzig.
Mittelalterliche Pergamente
Der Bestand weist auffallend viele Archivalien mit Pergamenteinbänden aus z. T. farbigen Handschriften auf. Diese mittelalterlichen Handschriften werden Gegenstand eines Folge-Projekts an der Universitätsbibliothek Leipzig, die betreffenden Signaturen wurden daher 2013 tabellarisch erfasst.[04] Es handelt sich um insgesamt 87 Archivalien mit Rechtshandschriften, Noten und Urkunden bzw. Teilen davon. Festgestellt wurde, dass einige Einbände offensichtlich noch vor der Einrichtung des Depositums im Hauptstaatsarchiv von den Umschlägen gelöst und als eigene Archivalien aufgestellt wurden. Nachweislich der Angaben auf den Regesten handelt es sich beispielsweise bei den Urkunden U 1, U 20, U 21, U 30 und U 63 um frühere Umschläge. Die dazugehörigen Archivalien konnten ebenfalls identifiziert werden, sie weisen neuere Papp-Einbände auf bzw. fehlt der Einband. Die Handschriften müssen noch inhaltlich ausgewertet werden, bisher konnten bereits einzelne Blätter des "Sachsenspiegel Landrecht" und "Richtsteig Landrecht" identifiziert werden. Unter den jetzigen Einbänden finden sich 34 Urkunden bzw. Teilen von Urkunden des 15. bis 17. Jahrhunderts.
Urkunden
Die Urkunden stammen aus dem ehemaligen Dresdner Depositum. 29 Urkunden (1382 – 1539, Übernahme von 1873) waren in den Urkundenbestand des HStA eingeordnet und trugen die Signaturen "O.U. …", die anderen waren als "Dep. Pegau Nr…" geführt. Zwei dieser Unterlagen wurden nunmehr als Aktenstücke bestimmt, die übrigen 101 Urkunden in chronologischer Reihung neu signiert. Die früheren Signaturen sind im gedruckten Findbuch von 2014 enthalten. Die inhaltliche Erschließung geht nur wenig über die ältere Verzeichnung aus dem Hauptstaatsarchiv hinaus. Redigiert wurden die Namen der Äbte sowie nach Möglichkeit die Ortsangaben. Alle Urkunden wurden im Hinblick auf das frühere Depositum einem Gliederungspunkt zugeordnet, obwohl sie verschiedene Aussteller und Sachbetreffe aufweisen.
Der Urkundenbestand der Stadt Pegau war relativ stark von Kriegsverlusten im Hauptstaatsarchiv betroffen. Nach Abgleich mit den älteren Regesten muss von 122 früher als Urkunden geführten sowie 20 verlorenen Urkunden ausgegangen werden. Zwei Urkunden konnten 2019 aus einem Aktionshaus in den Bestand zurückgeführt werden. Eine entsprechende Übersicht ist dem Anhang zu entnehmen.
Leider ist die Papst-Urkunde vom Ende des 13. Jh. nur noch fragmentarisch erhalten, da sie jahrhundertelang als Einband diente. Eine größere Anzahl von Urkunden betrifft Religionsfragen, zwei Urkunden (1500 und 1507) sollten Ablass gewähren. Als Aussteller einer Vielzahl von Urkunden treten die Äbte des Jakobsklosters in Pegau in Erscheinung. Neben Lehns- und Vermögensangelegenheiten werden in weiteren Privaturkunden Handel und Gewerbe geregelt, z. B. das Marktwesen (1454, 1470, 1743, 1774, 1793) sowie Handwerks- und Innungsangelegenheiten (Böttcher, Schuhmacher, Tuchmacher, Brauer). Diese älteste Überlieferung der Stadt gibt Einblick in die vielfältigen Rechtsverhältnisse des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lebens in Pegau.
Stadt- und Rechnungsbücher
Die Überlieferung der sog. Amtsbücher – Stadt-, Gerichts-, Rechnungsbücher sowie Registerbände – setzt im Jahr 1399 mit den Pegauer Stadtrechnungen ein, die bereits durch Johannes Hohlfeld 1912 beschrieben worden sind.[05] Es folgen mit Beginn des 15. Jahrhunderts verschiedene Einnahmeregister der Stadt, die auf eine frühe Archivbildung hinweisen. Das älteste "Stadtbuch" datiert von 1480. Die Verzeichnungsangaben der städtischen Amtsbücher und älteren Registerbände wurden gegenüber früheren Verzeichnissen überprüft und aktualisiert. Das betrifft auch die im "Inventar der Stadtbücher" erfassten Archivalien.[06] Die Überlieferung dieser Unterlagen ragt gegenüber anderen Kommunalbeständen in Umfang und Alter hervor.
Akten
Der Aktenbestand spiegelt die städtische Entwicklung vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis 1945, vereinzelt bis um 1950, in nahezu allen Bereichen wider. Besonders gut dokumentiert sind die Bereiche Finanzen, Gerichtsbarkeit, Handel, Handwerk und Gewerbe. Überliefert ist ebenso eine breite Palette von Vereinen und Organisationen, vor allem aus dem beginnenden 20. Jahrhundert.
Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit dem Archivprogramm AUGIAS 8.3 für Windows, mit dem auch die Orts- und das Personenregister erstellt wurden.
Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 20619 Stadt Pegau, Nr. (fettgedruckte Zahl).
Der Bestand enthält einige Personalakten, welche nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes erst zehn Jahre nach dem Tod bzw. hundert Jahre nach der Geburt der betroffenen Person benutzt werden dürfen. Aus Datenschutzgründen werden Verzeichnungsangaben, die einer personenbezogenen Schutzfrist unterliegen, in der online-Fassung des Findbuchs nicht angezeigt. Wir empfehlen bei Bedarf eine Nachfrage beim Staatsarchiv Leipzig. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach gesonderter Prüfung im Wege des Antragsverfahrens zur Schutzfristenverkürzung möglich.
Die ältesten Unterlagen weisen vielfältige Schädigungen bis hin zu Schimmel und Papierzerfall auf, daher kann die Benutzbarkeit eingeschränkt sein.
Literaturhinweise
Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen, Bd. 3, Zwickau 1821, S. 143-162.
Saxonia. Museum für sächsische Vaterlandskunde, Bd. 4, Dresden 1839, S. 65-66, 70-71.
Parochie Pegau, in: Neue Sächsische Kirchengalerie, Ephorie Borna, Leipzig 1903, Sp. 805-942.
Hohlfeld, Johannes, Stadtrechnungen als historische Quellen. Ein Beitrag zur Quellenkunde des ausgehenden Mittelalters. Dargestellt am Beispiel der Pegauer Stadtrechnungen des 14./15. Jhs., Leipzig 1912.
Schlesinger, Walter, Die Anfänge der Stadt Chemnitz und anderer mitteldeutscher Städte. Untersuchungen über Königtum und Städte während des 12. Jahrhunderts, Weimar 1952.
Patze, Hans, Die Pegauer Annalen, die Königserhebung Wratislaws von Böhmen und die Anfänge der Stadt Pegau, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 12 (1963), S. 1-62.
Pegau, in: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands Bd. 8/Sachsen, Stuttgart 1965, S. 272-274.
Vogtherr, Thomas, Ludwig, Thomas, Die Äbtereihe des Benediktinerklosters St. Jakob in Pegau. in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 69/1998, S. 1-23.
Peter, Tylo, Studie zur topographischen Entwicklung der Stadt Pegau im 12. und 13. Jahrhundert, in: Wiprecht. Beiträge zur Geschichte des Osterlandes im Hochmittelalter, Beucha 1998, S. 131-149.
Im Elsterland. Zwischen Zwenkau, Groitzsch und Pegau, hrsg. von Pro Leipzig e.V., Leipzig 2002.
Pegau, in: Lutz Heydick, Der Landkreis Leipzig. Historischer Führer, Beucha 2014
Verweise auf korrespondierende Bestände
Staatsarchiv Leipzig
20016 Amt Pegau
20025 Amtshauptmannschaft Borna
20497 Obermühle Pegau
Hauptstaatsarchiv Dresden
12613 Gerichtsbücher
B. Richter
Juli 2014
Anhang
Überlieferung der Urkunden bzw. Regesten
[01] Patze, Hans, Die Pegauer Annalen, a. a. O..
[02] Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1349/1350, hrsg. von Woldemar Lippert, Leipzig 1903., S. 272.
[03] Deutsches Städtebuch, Bd. 2, hrsg. von Erich Keyser, Stuttgart/Berlin 1941, S. 180 f.
[04] Aktuelles DFG-Projekt läuft unter dem Namen "Erschließung von Kleinsammlungen mittelalterlicher Handschriften in Sachsen und dem Leipziger Umland" http://www.manuscripta-mediaevalia.de/?INFO_projectinfo/leipzig-klein#|5, letzter Zugriff 17.7.2014.
[05] J. Hohlfeld, Stadtrechnungen als historische Quellen. Ein Beitrag zur Quellenkunde des ausgehenden Mittelalters. Dargestellt am Beispiel der Pegauer Stadtrechnungen des 14./15. Jhs., Leipzig 1912.
[06]Inventar der Stadtbücher (1376-1800), bearb. v. Birgit Richter (Veröffentlichungen des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig, Bd. 3), Leipzig 1994. Die unter den Signaturen 277, 290, 375, 500, 581, 583, 584, 613, 614, 657, 862, 877, 1022, 1027, 1212, 2821, 3495, 3529 dort aufgeführten Stadtbücher müssen gestrichen werden, da sie als Akten identifiziert wurden.
Urkunden (Lehnbriefe, Privilegien, Konzessionen, Verkäufe).- Reichs- und Verfassungsangelegenheiten.- Statistik, Wahlen.- Gemeindeangelegenheiten.- Stadtgericht.- Finanzen und Vermögen.- Militär- und Kriegsangelegenheiten.- Ordnungs- und Sicherheitspolizei.- Kirche und Schule.- Gesundheits- und Sozialwesen.- Bauverwaltung.- Handel, Gewerbe und Industrie.- Landwirtschaft.- Brandschutz.- Verkehr.
Die Stadt Pegau an der Weißen Elster unterstand bis zum 15. Jahrhundert dem benachbarten Kloster und wurde 1460 Sitz eines kursächsischen Amts. Eine eigenständige städtische Verwaltung, unter die auch das Ratsdorf Großwischstauden fiel, ist seit Ende des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Im 15. Jahrhundert bestand der Rat aus dem Bürgermeister und sechs Ratsherren. Ab 1662, als die Stadt vorübergehend zur Sekundogenitur Sachsen-Zeitz gehörte, regierten zwei Bürgermeister, acht Ratsherren und ein Stadtrichter, die sich jährlich abwechselten. Die städtische Gerichtsbarkeit oblag bis 1502 dem Kloster und ging dann an den Rat über. Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts standen Elstertrebnitz, Eulau, Großstorkwitz und Schnaudertrebnitz ganz oder teilweise unter der Jurisdiktion des Rates. Nach Einführung der Städteordnung 1833 setzte sich der Stadtrat aus sieben Ratsmitgliedern und zwei Senatoren zusammen, ein eigenständiges Stadtgericht mit dem Stadtrichter an der Spitze regelte die Justizangelegenheiten. Die Gerichtsbarkeit wurde am 20. Oktober 1855 an das Justizamt Pegau abgegeben. 1934 erfolgte die Eingemeindung von Carsdorf.
Der Hauptteil des Bestands, datierend ab 1502, war im Jahr 1965 depositarisch von der Stadt an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben worden. Er wurde 1999 mit den Urkunden und ältesten Unterlagen aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden vereinigt, die dort seit 1873 das Depositum Stadt Pegau bildeten.
Der Hauptteil des Bestands, datierend ab 1502, war im Jahr 1965 depositarisch von der Stadt an das Staatsarchiv Leipzig abgegeben worden. Er wurde 1999 mit den Urkunden und ältesten Unterlagen aus dem Hauptstaatsarchiv Dresden vereinigt, die dort seit 1873 das Depositum Stadt Pegau bildeten.
- 2014 | Findbuch / Datenbank
- 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5