Beständeübersicht
Bestand
20622 Stadt Rochlitz (Stadtgericht)
Datierung | 1681 - 1855 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 7,00 |
Rochlitz, dessen erste schriftliche Erwähnung als Stadt in das Jahr 1010 fällt, als Bischof Thietmar von Merseburg über ihre Einäscherung im Ergebnis gräflicher Zwistigkeiten berichtete, [01] zählt zu den ältesten sächsischen Städten und gehörte seit 1143 den Wettinern. Mit seinen starken Mauern, seiner Burg und seiner Lage an einem Muldenübergang besaß es im Mittelalter wirtschaftliche und strategische Bedeutung. Die Bewohner ernährten sich mit verschiedenen handwerklichen Fertigkeiten wie Weberei und Brauerei, arbeiteten in Steinbrüchen und betrieben Landwirtschaft.
Die Stadt war schriftsässig und wurde von einem Rat regiert, zu dem um 1700 zwölf Leute gehörten, die von rund 1.400 Einwohnern in ihr Amt gewählt wurden. Um 1800 lebten etwa zweitausend und um 1850 rund viereinhalbtausend Einwohner in der Stadt. [02] Der Rat pachtete 1464 die obere und die niedere Gerichtsbarkeit für das Stadtgebiet, außerdem besaß er die Erbgerichtsbarkeit in einigen umliegenden Dörfern, den sogenannten Ratsdörfern, für deren Obergerichtsbarkeit das Amt zuständig war. 1571 konnte der Rat auch die Erbgerichtsbarkeit der Geistlichkeit durch Kauf der Pfarrliegenschaften hinzuerwerben und als "Geistliche Vorsteherei" bzw. "Pfarrverwaltung" ausüben. "Gerichts- und Lehnsherr der Vorsteherei ist der regierende Bürgermeister; der regierende Stadtrichter hingegen besorgt, als Pfarrverwalter, das Rechnungs- und Bauwesen und die Ausübung der Erbgerichte." [03] Die Verwaltungs- wie die Justizangelegenheiten wurden im Rathaus erledigt; dafür waren Bürgermeister und Stadtrichter, Senat und Stadtgericht zuständig. 1834 ließ die Allgemeine Städteordnung ein vom Rat getrenntes Stadtgericht entstehen, und von 1835 an wurden auch die Gerichtsangelegenheiten der Ratsdörfer von einem gesonderten Ratslandgericht bearbeitet. Rochlitz behielt sein Stadtgericht bis 1855. Erst am 14. Januar 1856 wurde es durch das Gerichtsamt Rochlitz abgelöst. [04]
Gleichzeitig wurde 1856 der Aktenbestand von Rat und Stadtgericht bzw. Ratslandgericht an das Gerichtsamt Rochlitz übergeben. Von dort kam er im Zuge der Gerichtsverfassung von 1879 zum Amtsgericht Rochlitz, dem Nachfolger des Gerichtsamtes, nun im Zuordnungsbereich des Landgerichts Chemnitz. Als nächstes erhielt das Hauptstaatsarchiv in Dresden die Rochlitzer Akten und gab sie ab 1956 an das Staatsarchiv Leipzig ab, wo der Mischbestand nach Provenienzen getrennt und der Bestand "Stadtgericht Rochlitz" gebildet wurde. Bei der Bearbeitung der gesamten Bestandsgruppe ab 1997 wurde er mit einem Findbuch zugänglich gemacht. Die Bestandsbezeichnung ist aufgrund der noch nicht vollzogenen Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung und der vorgefundenen Provenienzstellen Rat und Stadtgericht (StG) bzw. Ratslandgericht (RLG) in "Stadt Rochlitz" geändert worden. Korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind das Gerichtsamt Rochlitz und das Amtsgericht Rochlitz.
Die 267 Akteneinheiten des Bestandes wurden zwischen 1681 und 1855 gebildet. Auffallende Besonderheiten gegenüber den Gerichtsakten anderer sächsischer Städte sind nicht zu nennen. Aufbewahrt wurden Vermögens-, vor allem Grundstücksangelegenheiten, die noch in späteren Zeiten Beachtung finden sollten. Die Bedeutung der Pfarrverwaltung scheint durch 54 einzelne Bände "Einnahmen und Ausgaben der Gotteskästen" von 1707 bis 1793 eine Bestätigung zu finden.
Der Bestand wurde mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows verzeichnet, mit dem auch das Register erstellt wurde. Alte Signaturen wurden aufgenommen, hinzu kam eine ordnungsabhängige Signatur für den Bestand "Stadt Rochlitz".
Bei Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StAL, Stadt Rochlitz, Nr. (fettgedruckte Ziffer).
Dietlind Gentsch
Juni 1998
[01] Vgl. Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen. Bd. 9. Zwickau 1822, S. 270.
[02] Vgl. Deutsches Städtebuch. Hrsg. Erich Keyser. Bd. 2. Stuttgart, Berlin 1841, S. 199.
[03] Vgl. Schumann, a.a.O., S. 287.
[04] Vgl. SächsHStA, Kreishauptmannschaft Leipzig, Nr. 129, S. 90.
Die Stadt war schriftsässig und wurde von einem Rat regiert, zu dem um 1700 zwölf Leute gehörten, die von rund 1.400 Einwohnern in ihr Amt gewählt wurden. Um 1800 lebten etwa zweitausend und um 1850 rund viereinhalbtausend Einwohner in der Stadt. [02] Der Rat pachtete 1464 die obere und die niedere Gerichtsbarkeit für das Stadtgebiet, außerdem besaß er die Erbgerichtsbarkeit in einigen umliegenden Dörfern, den sogenannten Ratsdörfern, für deren Obergerichtsbarkeit das Amt zuständig war. 1571 konnte der Rat auch die Erbgerichtsbarkeit der Geistlichkeit durch Kauf der Pfarrliegenschaften hinzuerwerben und als "Geistliche Vorsteherei" bzw. "Pfarrverwaltung" ausüben. "Gerichts- und Lehnsherr der Vorsteherei ist der regierende Bürgermeister; der regierende Stadtrichter hingegen besorgt, als Pfarrverwalter, das Rechnungs- und Bauwesen und die Ausübung der Erbgerichte." [03] Die Verwaltungs- wie die Justizangelegenheiten wurden im Rathaus erledigt; dafür waren Bürgermeister und Stadtrichter, Senat und Stadtgericht zuständig. 1834 ließ die Allgemeine Städteordnung ein vom Rat getrenntes Stadtgericht entstehen, und von 1835 an wurden auch die Gerichtsangelegenheiten der Ratsdörfer von einem gesonderten Ratslandgericht bearbeitet. Rochlitz behielt sein Stadtgericht bis 1855. Erst am 14. Januar 1856 wurde es durch das Gerichtsamt Rochlitz abgelöst. [04]
Gleichzeitig wurde 1856 der Aktenbestand von Rat und Stadtgericht bzw. Ratslandgericht an das Gerichtsamt Rochlitz übergeben. Von dort kam er im Zuge der Gerichtsverfassung von 1879 zum Amtsgericht Rochlitz, dem Nachfolger des Gerichtsamtes, nun im Zuordnungsbereich des Landgerichts Chemnitz. Als nächstes erhielt das Hauptstaatsarchiv in Dresden die Rochlitzer Akten und gab sie ab 1956 an das Staatsarchiv Leipzig ab, wo der Mischbestand nach Provenienzen getrennt und der Bestand "Stadtgericht Rochlitz" gebildet wurde. Bei der Bearbeitung der gesamten Bestandsgruppe ab 1997 wurde er mit einem Findbuch zugänglich gemacht. Die Bestandsbezeichnung ist aufgrund der noch nicht vollzogenen Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung und der vorgefundenen Provenienzstellen Rat und Stadtgericht (StG) bzw. Ratslandgericht (RLG) in "Stadt Rochlitz" geändert worden. Korrespondierende Bestände im Staatsarchiv Leipzig sind das Gerichtsamt Rochlitz und das Amtsgericht Rochlitz.
Die 267 Akteneinheiten des Bestandes wurden zwischen 1681 und 1855 gebildet. Auffallende Besonderheiten gegenüber den Gerichtsakten anderer sächsischer Städte sind nicht zu nennen. Aufbewahrt wurden Vermögens-, vor allem Grundstücksangelegenheiten, die noch in späteren Zeiten Beachtung finden sollten. Die Bedeutung der Pfarrverwaltung scheint durch 54 einzelne Bände "Einnahmen und Ausgaben der Gotteskästen" von 1707 bis 1793 eine Bestätigung zu finden.
Der Bestand wurde mit dem PC-Programm AUGIAS für Windows verzeichnet, mit dem auch das Register erstellt wurde. Alte Signaturen wurden aufgenommen, hinzu kam eine ordnungsabhängige Signatur für den Bestand "Stadt Rochlitz".
Bei Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StAL, Stadt Rochlitz, Nr. (fettgedruckte Ziffer).
Dietlind Gentsch
Juni 1998
[01] Vgl. Schumann, August, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungs-Lexikon von Sachsen. Bd. 9. Zwickau 1822, S. 270.
[02] Vgl. Deutsches Städtebuch. Hrsg. Erich Keyser. Bd. 2. Stuttgart, Berlin 1841, S. 199.
[03] Vgl. Schumann, a.a.O., S. 287.
[04] Vgl. SächsHStA, Kreishauptmannschaft Leipzig, Nr. 129, S. 90.
Gerichtsverwaltung.- Gerichtsbücher.- Gerichtsprotokolle.- Strafgerichtsbarkeit.- Zivilgerichtsbarkeit.- Freiwillige Gerichtsbarkeit.- Lokalverwaltung.- Kirchenangelegenheiten.- Ablösungen.
In der schriftsässigen Stadt Rochlitz im Territorium des gleichnamigen Amts hatte der Stadtrat seit 1464 die höhere und die niedere Gerichtsbarkeit inne. Des Weiteren besaß der Rat die Erbgerichtsbarkeit in Köttern, Poppitz und Spernsdorf, den sog. Ratsdörfern. Das seit dieser Zeit bestehende Stadtgericht wurde nach Einführung der Allgemeinen Städteordnung 1834 zu einer eigenständigen Behörde neben dem Rat. Ab 1835 erledigte ein gesondertes Ratslandgericht die gerichtlichen Angelegenheiten der Ratsdörfer. Auf Anordnung des Justizministeriums ging die Gerichtsbarkeit des Ratslandgerichts am 27. November 1855 an das Justizamt Rochlitz, die städtische Gerichtsbarkeit folgte am 14. Januar 1856.
- 1998 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5