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Beständeübersicht

Bestand

20648 Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat Leipzig

Datierung1898 - 1947
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)16,50
Das vorliegende Findbuch ist das Ergebnis einer Konversion des bereits zu diesem Bestand vorhandenen maschinenschriftlichen Findbuches aus dem Jahr 1990. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die maschinenschriftlich vorliegenden Angaben ohne inhaltliche Veränderung in die digitale Form überführt. Das vorliegende Findbuch ist also nicht das Resultat einer neuen Bearbeitung; es spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand von 1990 wider.

Geschichte des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats

Das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat entstand 1909 aus dem Verkaufsverein der Sächsischen Braunkohlenwerke (1904 gegründet) und aus dem Verkaufsverein Thüringische Braunkohlenwerke (1907 gegründet). Schon am Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich mehrere Braunkohlenwerke im mitteldeutschen Raum aus ökonomischen Gründen zu Preis- bzw. Brikettvereinigungen zusammengeschlossen, so unter anderem 1884 die "Preisvereinigung Meuselwitz-Rositzer-Braunkohlenwerke" und 1897 die "Brikettvereinigung für das thüringisch-sächsische Gebiet".[01] Mit der Gründung des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats war eine gemeinsame Verkaufsorganisation für den Kohleabsatz entstanden, die fast ununterbrochen bis zum Ende des 2. Weltkrieges existierte. Auf Grund innerer Probleme löste sich das Syndikat zwischenzeitlich 1914 auf.[02] Sofort danach wurden Verhandlungen aufgenommen, um über einen erneuten Zusammenschluss der Braunkohlenwerke zu beraten. So entstand 1915/16[03] der "Preisverband mitteldeutscher Braunkohlenwerke G. m. b. H." mit Sitz in Leipzig. Ihm traten alle 59 Braunkohlenwerke des Territoriums bei. Mit dem Erlass des Kohlenwirtschaftsgesetzes vom 23. März 1919, das festlegte, dass sich die Besitzer der Kohlenbergwerke jedes Bezirkes zu einem Kohlensyndikat zusammenzuschließen hatten, wurde am 27. September 1919 wieder das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat mit Sitz in Leipzig gebildet.[04]

Das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat umfasste folgende Braunkohlenbergbaugebiete: westlich der Elbe, einschließlich des anhaltischen Kreises Zerbst; Braunkohlenvorkommen im westlichen Teil von Sachsen, in Thüringen, Anhalt, Braunschweig, in den preußischen Provinzen Sachsen und Hannover und im Regierungsbezirk Kassel.[05] In diesem Gebiet, dem Schwerpunkt des gesamten deutschen Braunkohlenbergbaus, gab es neun Reviere:[06]
1. Revier Borna
2. Revier Meuselwitz-Rositz
3. Revier Luckenau
4. Revier Merseburg
5. Revier Halle
6. Revier Oberröblingen
7. Revier Bitterfeld-Anhalt
8. Revier Helmstedt-Magdeburg
9. Revier Kassel
Mit der Bildung des Syndikats sollten die Förderung, der Eigenverbrauch und der Absatz der Erzeugnisse seiner Mitglieder an Rohkohle, Briketts, Naßpreßsteinen und Koks geregelt werden. Aus Gründen der Haftung existierte das Unternehmen in Form einer Doppelgesellschaft. So waren die Werkbesitzer einmal in der Mitteldeutschen Braunkohlensyndikat GmbH zusammengeschlossen und bildeten zum anderen mit dieser GmbH zusammen das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat, Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Die Organe der GmbH bestanden aus den Geschäftsführern, einem 33 Mitglieder umfassenden Aufsichtsrat sowie aus der Gesellschaftsversammlung. Diese setzten sich aus den Geschäftsführern der GmbH, dem Aufsichtsrat der GmbH, der Versammlung der Werksbesitzer und den Ausschüssen zusammen.[07] Die Versammlung der Werksbesitzer war das bedeutendste Organ, denn sie konnte ständige und nichtständige Ausschüsse mit besonderen Rechten berufen. Die Werksbesitzer besaßen unterschiedliches Stimmrecht, das sich nach ihren Beteiligungen an der GmbH richtete. Die Beteiligungen entsprachen der für den Verkauf festgelegten Menge an Produkten. Diese Menge war in unterschiedlichen Anteilen der verschiedenen Produkte auf Bahn-, Wasser- und Landabsatz untergliedert. Den Absatz der Produkte zum Verbraucher realisierte das Syndikat über sogenannte Verkaufsstellen, denen die gesamte Erzeugung zum selbständigen Vertrieb zur Verfügung gestellt wurde. Allerdings waren die Verkaufsstellen an die Weisungen zu den Preis- und Lieferungsbedingungen des Syndikats gebunden. Insgesamt gab es 16 Verkaufshandelsgesellschaften, über die der Absatz der Produkte lief (siehe Anlage). Für die Regelung des Absatzes bzw. der entsprechenden Absatzgebiete wurden mit anderen Kohlensyndikaten Grenzabkommen abgeschlossen. Das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat besaß für den Absatz der Produkte auch Außengebiete. Dazu gehörten die Küsten- und ausländische Gebiete sowie genau bezeichnete Regionen, die außerhalb der Linien der Grenzabkommen lagen. Für diese Außengebiete gab es eine besondere Verkaufsstelle des Syndikats, die Brikettverkauf "Sonne" GmbH. In den Jahren 1925, 1927, 1932 und 1937 schloss das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat neue Syndikatsverträge ab. Das zwar bestehende Syndikat befand sich dann über einen längeren Zeitraum in Liquidation. Daraus ist zu erklären, dass es 1945 z. B. das "Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat 1932 in Liquidation" und das "Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat 1937 GmbH" gab. Dabei blieben die Mitglieder des Syndikats bis auf wenige Ausnahmen immer die gleichen. Aus den Unterlagen des Bestandes geht leider nicht hervor, aus welchen Gründen diese neuen Syndikatsverträge jeweils abgeschlossen worden sind. Die endgültige Auflösung erfolgte auf Grund des SMAD-Befehls Nr. 154 vom 20. Mai 1946. Er ordnete die Liquidation von Kohlensyndikaten und die Errichtung von Verkaufskontoren für feste Brennstoffe an ihrer Stelle an.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Der Bestand wurde am 5. Januar 1990 auf Grund der Zuständigkeit vom Staatsarchiv Magdeburg dem Staatsarchiv Leipzig übergeben. Er umfasste 12 lfm und war nicht erschlossen.
Bei einer ersten Grobordnung des Bestandes war beim größten Teil der Akten eine gute Aktenbildung zu erkennen, die bei der Erschließung übernommen werden konnte. Kassiert wurden lediglich Mehrfachexemplare.

In Anlehnung an das vom Staatsarchiv Magdeburg 1978 erarbeitete Ordnungsmodell für Industriebetriebe aus der Zeit vor 1945 wurde die Verzeichnung und innere Ordnung des Bestandes vorgenommen. Sehr häufig wurde die Gruppenverzeichnung angewandt. Der Bestand "Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat" muss als zusammengefasster Bestand betrachtet werden. Das resultiert aus den vielfachen Neubildungen des Syndikats (jeweils Abschluss neuer Syndikatsverträge), die auch ihren Ausdruck in der jeweiligen Bezeichnung des Registraturbildners fanden, z. B. "Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat: GmbH 1925" und "Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat GmbH 1932". Da aber, wie schon weiter oben ausgeführt, zeitweilig mehrere Syndikate nebeneinander bestanden, ist eine Trennung des Schriftgutes nicht möglich und auch nicht angebracht. Außerdem ist die wesentlichste Voraussetzung - sachlicher und funktionaler Zusammenhang der Registraturbildner - gegeben (OVG § 21).

Überlieferungsschwerpunkte

Mit der Bearbeitung des Bestandes wurde deutlich, dass der Bestand größte Lücken aufweist. So sind in der Aktengruppe Leitung und Organisation keine Akten des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats von 1909 vorhanden. Zur Gründung von 1919 gibt es nur die notarielle Niederschrift zum Vorgang selbst, aber leider keinen Vertrag. Die ersten Verträge sind erst von 1920 an überliefert. Auch die Protokolle von Sitzungen des Aufsichtsrates, der Werkbesitzerversammlungen und anderer Gremien des Syndikats beginnen fast ausschließlich erst in den 1930er Jahren. Die Beziehungen zu berufsständischen Organisationen, zu staatlichen Behörden, zu Parteien und Verbänden sind ebenfalls nur sehr sporadisch überliefert. Noch weniger Dokumente gibt es in der Aktengruppe Belegschaft. Es sind dort nur zeitlich sehr begrenzte Informationen über die soziale Lage der Werktätigen und deren Forderungen nach Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen z. B. über Streiks zu erlangen. Wesentlich umfangreicher sind die Dokumente zu Finanzen und Vermögen überliefert. Obwohl auch hier die Unterlagen der Jahre 1919 - 1925 fehlen, lassen sich aber die finanziellen Verhältnisse des Syndikats bis zu seiner Auflösung verfolgen. Am umfangreichsten ist die Aktengruppe Absatz und Werbung vertreten, die ja auch das Hauptarbeitsgebiet des Syndikats darstellt. Anhand von Berichten, Statistiken, Verträgen und Abkommen lässt sich das gesamte Spektrum der Geschäftstätigkeit des Syndikats und seiner Partner nachvollziehen. Abschließend ist festzustellen, dass dieser Bestand gegenüber den anderen Beständen des Braunkohlenbergbaus im Zeitraum bis 1945 im mitteldeutschen Gebiet eine übergreifende Funktion besitzt. Mit diesem Syndikats-Bestand besteht nun die Möglichkeit, eine umfassende historische Darstellung zur Geschichte des Braunkohlenbergbaus in Mitteldeutschland zu erarbeiten.

C. Enderlein, G. Gebauer, D. Herrmann, H. Hahn

Leipzig 1990

Anlage

Verkaufshandelsgesellschaften des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats
"Briko" Brikett- und Kohlenhandel A. G., Leipzig;
Deutsche Kohlenhandelsgesellschaft m.b.H., Leipzig;
Friedensgrube Vertriebsgesellschaft m.b.H.. Meuselwitz; 4. Gewerkschaft Lohser Werke, Berlin;
"Hako" Handels- und Kohlenvertriebsgesellschaft GmbH, Dresden;
Hallox-Brikett-Vertrieb GmbH, Halle;
Kohle A. G., Magdeburg;
Kohlenhandelsgesellschaft Riebeck m.b.H., Halle; 9. Leipziger Kohlenkontor GmbH, Leipzig;
"Leopold" Braunkohlen- und Brikett-Vertriebsgesellschaft m.b.H., Bitterfeld;
Riebeck - Meuselwitz Kohlenhandelsgesellschaft m.b.H., Leipzig;
Thüringische Kohlen- und Brikett-Verkaufsgesellschaft m.b.H., Leipzig;
Verkauf Hessischer Braunkohlen GmbH, Kassel;
Verkaufsgesellschaft der Michelwerke GmbH, Halle;
Vertriebsgesellschaft für Bergbauprodukte GmbH, Bergwitz;
Viktona-Handelsgesellschaft m.b.H., Lobstädt;


aus: Die Deutsche Braunkohlenindustrie. Erster Hauptband; G. Klein: Handbuch für den deutschen Braunkohlenbergbau. III. Band; W. De la Sauce u. M. W. Fox, Wirtschaftlicher Teil Verlag von W. Knapp, Halle (Saale) 1933, S. 61/62.

Literatur

1. Dr. jur. Förster, Karl Wilhelm: Absatzfragen des mitteldeutschen Braunkohlenbergbaues. Freiberg/S. 1927, Verlagsanstalt Ernst Mauckisch

2. Leipzig und Mitteldeutschland. Herausgegeben von Stadtrat Dr. Leiske, Leipzig 1928

3. Klein, G.: Handbuch für den Deutschen Braunkohlenbergbau, Bd. 3, Verlag von Wilhelm Knapp, Halle (Saale) 1933

4. 50 Jahre Mitteldeutscher Braunkohlenbergbau. Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Deutschen Braunkohlen-Industrie-Vereins e. V. Halle (Saale) 1885 - 1935. Verlag von Wilhelm Knapp, Halle (Saale)

5. 20 Jahre Braunkohlenbergbau in der Deutschen Demokratischen Republik, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1966

6. Handbuch Wirtschaftsgeschichte. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1981

7. Welsch, Heinz: Archivgut von Organisationen und Verbänden der Braunkohlenindustrie im Staatsarchiv Leipzig, in: Archivmitteilungen 38/1988, Heft 1


[01] Welsch, Heinz: Archivgut von Organisationen und Verbänden der Braunkohlenindustrie im Staatsarchiv Leipzig, in: Archivmitteilungen 1/88.
[02] In der verwendeten Literatur werden unterschiedliche Daten zur Auflösung des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats angegeben. So findet sich in "Leipzig und Mitteldeutschland" (Leipzig 1928) als Datum das Jahr 1913 und im "Mitteldeutschen Braunkohlenbergbau (Festschrift zum 50jährigen Bestehen) das Datum 1912. In den Archivmitteilungen 1/88 wird das Jahr 1914 genannt. In den Akten des Bestandes selbst gibt es dazu keine Auskunft, da aus diesem Zeitraum keine Akten vorhanden sind.
[03] Auch zu dieser Gründung gibt es unterschiedliche Datenangaben in der verwendeten Literatur.
[04] Siehe Sächsisches Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig, 20648 Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat Leipzig, Nr. 5.
[05] Siehe Leipzig und Mitteldeutschland. Ein Beitrag zur Neugliederung des Reichs. Herausgegeben von Stadtrat Dr. Leiske. Leipzig, Sept. 1928, S. 275.
[06] Siehe ebenda, S. 275.
[07] Siehe Die Deutsche Braunkohlenindustrie. Erster Hauptband. G. Klein: Handbuch für den deutschen Braunkohlenbergbau, III. Band. W. De la Sauce u. H. W. Fox, Wirtschaftlicher Teil, Verlag von W. Knapp, Halle (Saale) 1933, S. 60 f.

Enderlein, Christine: Mitteldeutsches Braunkohlensyndikat GmbH Leipzig. IN: Sächsisches Archivblatt Nr. 2, Febr. 1993 S.15-16
Gesellschafts- und Syndikatsverträge.- Geschäftsberichte.- Beteiligungen.- Ausschusssitzungen.- Rundschreiben.- Jahresabschlüsse.- Preisbildung.- Absatz.
Das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat Leipzig entstand 1909 aus dem Verkaufsverein der Sächsischen Braunkohlenwerke und aus dem Verkaufsverein Thüringische Braunkohlenwerke. Mit seiner Bildung sollten die Förderung, der Eigenverbrauch und der Absatz seiner Mitglieder für Rohkohle, Briketts, Nasspresssteine und Koks geregelt werden. Das Syndikat umfasste neun Reviere: Borna, Meuselwitz-Rositz, Luckenau, Merseburg, Halle, Oberröblingen, Bitterfeld-Anhalt, Helmstedt-Magdeburg und Kassel. Der Absatz der Produkte wurde über Verkaufshandelsgesellschaften realisiert. 1946 wurde das Kohlensyndikat auf Grund eines SMAD-Befehls liquidiert. An seine Stelle traten das Mitteldeutsche Verkaufskontor für feste Brennstoffe, Leipzig.
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