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Beständeübersicht

Bestand

20706 Willmar Schwabe Arzneimittel Leipzig

Datierung1802 - 1952
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)12,70
Vorbemerkung

Das vorliegende Findbuch ist das Ergebnis einer Konversion des bereits zu diesem Bestand vorhandenen maschinenschriftlichen Findbuches aus dem Jahr 1989. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die maschinenschriftlich vorliegenden Angaben (Einleitung und Verzeichnungsangaben) mit geringfügigen inhaltlichen Veränderungen in die digitale Form überführt.

Einleitung

Zur Geschichte der Fa. Willmar Schwabe

Im Dezember 1865 ließ Dr. Carl Emil Willmar Schwabe die Gründung der Firma "Homöopathische Central-Officin" ins Leipziger Handelsregister eintragen. Damit begann der Weg eines Unternehmens, das im Laufe der Jahre zu einem der Bedeutendsten auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebes homöopathischer Arzneimittel werden sollte. Nach langwierigen Kämpfen gelang es Schwabe, gegen den Widerstand der Leipziger Apotheker zu diesem Groß- und Exportgeschäft eine eigene Apotheke zu eröffnen. Die Arzneimittel wurden nach Originalvorschriften von Samuel Hahnemann bereitet, der als Begründer der Homöopathie gilt und von 1812 - 1821 die Grundsätze seiner Heilmethode an der Medizinischen Fakultät in Leipzig lehrte. Seine Lehre wurde zeitweise sehr heftig als Irrglaube bekämpft, fand aber trotzdem rasch Verbreitung. 1872 gab es in Deutschland schon über 600 homöopathische Ärzte. Über 1500 Werke zu diesem Thema waren erschienen, einen Lehrstuhl an einer Universität gab es aber nicht. Im selben Jahr erschien Willmar Schwabes "Pharmacopoea homeopathica polyglotta". Dieses homöopathische Arzneibuch war nach kurzer Zeit bereits in sechs Sprachen übersetzt worden, wurde aber erst 1934 amtlich für alle deutschen Apotheken eingeführt. Es sollte dazu beitragen, den Missbrauch, der im Namen der Homöopathie betrieben wurde, abzubauen und zu verhindern. Es enthält die Vorschriften über die Zusammensetzung und Zubereitung der Arzneien.
Trotz aller Widerstände entwickelte sich das Unternehmen erfolgreich. Die Produktion wurde ausgebaut. Willmar Schwabe war ein angesehener Bürger Leipzigs geworden, später wurde er Stadtrat. Bereits 1878 erwarb er die Apotheke "Täschner & Co". Sie ist die älteste Leipziger homöopathische Apotheke und war bereits 1836 als Dispensieranstalt eröffnet worden. Ab 1889 gehörte ihm dann auch das Grundstück Thomaskirchhof 12.
1882 wurde das Leipziger Unternehmen nach einem Umzug in die Querstraße erneut erweitert. So wurde z. B. die biochemische Abteilung gebildet. Bereits seit 1866 war ein eigener Verlag unterhalten worden, der über 200 Werke herausgab.
Seit 1891 gab es Niederlassungen der Firma Schwabe, meist als Abteilungen in normalen Apotheken, in anderen Städten. Bis 1926 stieg die Zahl auf ca. 2500 in aller Welt an. Seit 1895 gab es ein Auslieferungslager in Amsterdam, seit 1910 wurde dort auch produziert. Es folgten Zweigniederlassungen in anderen Ländern, z. B. in Brasilien, später in Argentinien. Die Beziehungen reichten bis nach Indien.
Bis 1923 war die Firma Schwabe das größte Unternehmen seiner Art in Deutschland. Erst danach entstand mit der Firma Madaus in Radebeul ein Konkurrenzunternehmen. Zwischen beiden Firmen fanden langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen statt.
Seit 1889 besaß die Familie Schwabe auch zwei Landgüter, Gleesberg und Förstel im Erzgebirge und (seit 1896) Augustusbad bei Dresden. Sie wurden als Heimstätten für Genesende eingerichtet und standen auch Patienten der Leipziger Ortskrankenkasse zur Verfügung.
1917 starb Carl Emil Willmar Schwabe. Die Firma wurde bis 1945 von den Söhnen bzw. von weiteren Familienmitgliedern weitergeführt. Es gelang, den Betrieb über alle wirtschaftlichen Schwierigkeiten (v. a. in der Zeit der Inflation) zu bringen und ihn den jeweils aktuellen Erfordernissen anzupassen.
1926 erfolgte die Einweihung des neuen Werkes in Paunsdorf. Die bisherigen Fabrikationsräume waren längst zu klein geworden. Die Belegschaft war mittlerweile auf 400-500 Mitarbeiter angewachsen. Eine Vielzahl von Vertretern war im In- und Ausland tätig. In homöopathischen Vereinen wurden, z. T. mit Lichtbildern, Vorträge durch Mitarbeiter gehalten. Für Forschungszwecke wurde ein großes Laboratorium eingerichtet. 1938 wurde ein Umsatz von 12 Millionen Packungen im Wert von 3 800 000 Reichsmark erreicht.
Auch während des Krieges wurde die Produktion aufrechterhalten. Homöopathische Medikamente und pharmazeutische Spezialitäten wurden gebraucht. Nach dem Ende des Krieges versuchte die Familie den Betrieb weiterzuführen, dies gelang bis 1949. Danach stand er unter Treuhandverwaltung und ging 1952 endgültig in Volkseigentum über.
Nach 1946 gründeten Mitglieder der Familie Schwabe ein neues Werk in Karlsruhe-Durlach. 1961 schloss sich die Dr. Willmar Schwabe GmbH mit dem Konkurrenzunternehmen Madaus & Co. unter dem Firmennamen Deutsche Homöopathie-Union (DHU) zusammen. Nach der Trennung der beiden Firmen 1969 blieb der Name erhalten. Die DHU ist heute eine Tochterfirma der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Der Bestand wurde im Rahmen der Erfassung von Archivgut kleinerer Wirtschaftsunternehmen aus der Zeit des Kapitalismus im Verwaltungsarchiv des Leipziger Arzneimittelwerkes, einem Betrieb, der heute zum VEB Arzneimittelwerk Dresden gehört, ermittelt und 1984 an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. Die Bearbeitung erfolgte auf der Grundlage der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze der DDR (OVG). Kassiert wurden Mehrfachüberlieferung sowie operatives Schriftgut und Unterlagen ohne historischen Wert. Der Geschäftsgang konnte nicht mehr rekonstruiert werden, da v. a. die unmittelbare Leitung und Organisation des Unternehmens schwach überliefert ist. Die innere Ordnung der Akteneinheiten wurde im Wesentlichen belassen, nur wenn notwendig wurden neue Verzeichnungseinheiten gebildet und gleiche Sachverhalte zusammengefasst. Angestrebt wurde eine einfache Verzeichnung, ergänzt durch Enthält-Vermerke bzw. Untertitel.
Als zum Bestand gehörig wurden Dokumente über die Familie Schwabe sowie über die Homöopathie und v. a. über deren Begründer Samuel Hahnemann betrachtet. Diese setzen bereits 1802 ein. Dadurch sind Zusammenhänge aus späteren Jahren besser verständlich.
Vereinzelt sind Dokumente aus der Zeit 1945 – 1952 im Bestand enthalten, da eine Trennung der Akteneinheiten aus praktischen Erwägungen nicht sinnvoll war bzw. es sich um Bücher handelt, die weitergeführt wurden. Dem Bestand wurden 94 Akteneinheiten aus dem Bestand Leipziger Arzneimittelwerke hinzugefügt, die die Provenienz Fa. Willmar Scjhwabe besaßen. Die innere Ordnung des Bestandes erfolgte im Wesentlichen auf der Grundlage des "Ordnungsmodells für kapitalistische Großbetriebe", Potsdam 1979. Sie erfolgte primär und innerhalb der Sachverhalte chronologisch.

Überlieferungsschwerpunkte

Die überlieferten Dokumente spiegeln anschaulich die Entwicklung der Firma von ihren Anfängen bis zum Übergang in Volkseigentum wider. Zahlreiche Verzeichnungseinheiten geben Einblick in die Entwicklung und Bedeutung der Homöopathie. Abbildungen von S. Hahnemann, zahlreichen homöopathischen Ärzten, Gebäuden sowie Pflanzenversuchen unterstreichen das noch. Zahlreich sind auch die Unterlagen zur Familie Schwabe. Umfangreich ist ebenso die Gruppe Finanzen und Vermögen überliefert. Die im Bestand enthaltenen Bildquellen bis zum Entstehungsjahr 1918 wurden in das Projekt "Bildquelleninventar zur sächsischen Industriegeschichte bis 1918" einbezogen, dessen Ergebnisse 2007 beim Leipziger Universitätsverlag publiziert wurden (CD-ROM mit Begleitheft).

Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 20706, Fa. Willmar Schwabe Nr. (fettgedruckte Zahl). Der Bestand enthält personenbezogene Unterlagen, deren Vorlage nur nach Verkürzung der Schutzfristen möglich ist.

Verweise auf korrespondierende Bestände
20715
VEB Arzneimittelwerke Leipzig



R. Franke (1989), T. Kluttig (2009)
Jäger, Volker: Carl Emil Willmar Schwabe. In: Jahrbuch zur sächsischen Geschichte, 1992, S. 23 - 24.
Jäger, Volker. Im Dienste der Gesundheit. Zur Geschichte der Fa. Willmar Schwabe. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Stuttgart 1993
Entwicklung der Homöopathie.- Kassenbücher, Journale, Bilanzen.- Steuern und Versicherungen.- Filialen.- Rezepturen.- Patente und Warenzeichen.- Ausstellungen und Messen.- Unterlagen der Familie Schwabe.
Im Dezember 1865 gründete der Apotheker Willmar Schwabe in Leipzig die Homöopathische Central-Officin, Dr. Willmar Schwabe, 1870 umbenannt in Homöopathische Central-Apotheke, Dr. Willmar Schwabe. Neben den Großhandel mit homöopathischen Produkten trat zunehmend deren Herstellung. Das Unternehmen expandierte rasch: 1925 existierten ca. 2.500 Niederlassungen in aller Welt, meist als Abteilungen in normalen Apotheken. 1947 wurde die Offene Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Bis 1949 führte die Familie Schwabe den Betrieb weiter, danach stand er unter Treuhandverwaltung. 1952 ging er in Volkseigentum über und hieß seitdem VEB Leipziger Arzneimittelwerk.
  • 2009 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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