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Beständeübersicht

Bestand

20788 Karl Krause, Polygraphischer Maschinenbau, Leipzig

Datierung1853 - 1951
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)34,04
Zur Geschichte der Fa. Karl Krause [01]

Am 1. Februar 1855 eröffnete der Schlosser Johann Karl Gottfried Krause (1823-1902) eine kleine Werkstatt in der Leipziger Erdmannstraße, in der er zunächst insbesondere Maschinen für das Buchgewerbe reparierte, später auch selbst baute. So entstand noch im Gründungsjahr eine Steindruckpresse, bei der er eine Reihe selbst entwickelter Verbesserungen umsetzte. Sehr schnell wurden die ursprünglichen Geschäftsräume zu klein und so kaufte Karl Krause 1861 das Grundstück Inselstraße 3, das er später durch ein benachbartes ergänzte. In den neuen Räumen arbeiteten bereits 18 Arbeiter, wobei sich die Produktion zunehmend auf den Bereich der Buchbinderei spezialisierte. Das Unternehmen, das frühzeitig auch die Dampfkraft nutzte, wuchs rasch weiter, wozu auch zahlreiche Aufträge aus dem Ausland beitrugen. 1870 waren in ihm schon 56 Arbeiter und Angestellte tätig. Im gleichen Jahr wurde zur Erweiterung der Produktionsanlagen ein Grundstück im Leipziger Vorort Anger-Crottendorf gekauft, wo eine Gießerei entstand. 1877 folgte ein großes Fabrikgebäude. Bereits zwei Jahre später mussten die Produktionsräume erneut erweitert werden.

1880 – zur Fünfundzwanzigjahrfeier des Unternehmens – konnte man auf die stolze Zahl von 10.483 gefertigten Maschinen zurückblicken. Zu diesem Zeitpunkt waren 12 Beamte und 186 Arbeiter in der Fabrik von Karl Krause beschäftigt. Zwei Dampfmaschinen trieben die 101 Hilfsmaschinen an.

1881 heiratete Heinrich Biagosch die zweitgeborene Tochter von Karl Krause und übernahm in der Folgezeit schrittweise die Leitung des Unternehmens. 1893 trat er als offizieller Teilhaber in die Fabrik ein. Die Tatsache, dass 1897 die Fertigstellung der fünfzigtausendsten Maschine konstatiert werden konnte, belegt das enorme Wachstum des Unternehmens. Zur Produktpalette zählten Schneidemaschinen, Pressen, Scheren, Ausstanzmaschinen u. v. a. m.

1902 verstarb der Firmengründer. Als Erbin überließ seine Witwe die Leitung des Betriebes ihrem Schwiegersohn.

1903 zählte die Maschinenfabrik ca. 1.000 Beschäftigte. Die Firmengebäude umfassten eine Fläche von fast 82.000 Quadratmetern. Im Dezember dieses Jahres entstand ein verheerender Brand, der etwa die Hälfte der Fabrikanlagen vernichtete. Es gelang jedoch in kurzer Zeit durch Um- und Neubauten die Produktionskapazitäten wiederherzustellen und einen neuen Aufschwung herbeizuführen. Dieser setzte sich Mitte der 1920er Jahre fort und die Mitarbeiterzahl betrug zwischen 1.000 und 1.500.

1910 bzw.1918 traten die drei Söhne (Karl, Curt und Heinrich) von Heinrich und Anna Biagosch in die Leitung des Unternehmens ein, die sie nach dem Tod ihres Vaters 1924 allein wahrnahmen.

Mit dem Zweck der Pachtung, des Betriebes und Erwerbs von Maschinenfabriken, insbesondere der Pachtung der von der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) Karl Krause betriebenen Maschinenfabrik wurde 1919 die Karl Krause AG in Leipzig gebildet, die aber nur bis 1931 bestand. Ihr Vermögen ging auf die im gleichen Jahr gegründete Karl Krause Kommanditgesellschaft auf Aktien über. Deren Vermögen wiederum wurde 1937 auf die OHG unter der Firma Gebrüder Biagosch in Leipzig – so firmierte die OHG Karl Krause seit 1932 – übertragen. Ab April 1937 lautete der Firmenname wieder Karl Krause.

Nach dem Niedergang während der Weltwirtschaftskrise gelang es dem Leipziger Betrieb danach wieder, seine Position als ein weltweit führendes Unternehmen des Baus polygrafischer Maschinen zu festigen. Zunächst nur in geringem Umfang wurde die Maschinenfabrik später zunehmend in die Rüstungsproduktion eingebunden. Ab 1942/43 mussten die gesamten Kapazitäten für die Produktion von Panzerersatzteilen zur Verfügung gestellt werden, wobei auch verstärkt ausländische Zwangsarbeiter zum Einsatz kamen, deren Zahl bei Kriegsende 530 betrug.

Durch Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg und die Demontage zahlreicher Maschinen standen nach Kriegsende nur noch stark verminderte Produktionskapazitäten zur Verfügung. Auf Grund des Befehls Nr. 97 der SMAD vom 29. März 1946 wurde die Fa. Karl Krause unter Sequester gestellt. In der Folge wurde die bisherige Betriebsleitung (Karl, Curt und Heinrich Biagosch) am 17. Mai 1946 abgelöst und Wilhelm Poehlmann als Treuhänder eingesetzt. Am 30. Juni 1946 erfolgte die Enteignung durch den Volksentscheid (Liste C). Zum volkseigenen Betrieb wurde das Unternehmen per 3. März 1948 (Befehl Nr. 124 der SMAD und Beschluss des Gesamtministeriums der Landesregierung) bestimmt. Durch den Befehl Nr. 64 der SMAD vom 17. April 1948 wurde die Enteignung rechtsgültig.

Die ehemaligen Firmeninhaber gingen nach der Enteignung nach Neuss und gründeten dort die Krause-Biagosch GmbH, die sie 1948 nach Bielefeld verlegten.

Nach der Verstaatlichung des Leipziger Betriebes erfolgte seine Umbenennung in Polygraph Karl Krause VEB, Betrieb der VVB Polygraph Radebeul. Ab 1951 firmierte der Betrieb als VEB Buchbindereimaschinenwerk Leipzig.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Die Unterlagen des Bestandes wurden 1979 beginnend in mehreren Schritten vom VEB Kombinat Polygraph Leipzig übernommen. 2003 wurden dem Bestand noch mehrere Bände aus einer Abgabe der IHK zu Leipzig zugeordnet.

Für die Bestandsabgrenzung ist das Stichdatum 17. Mai / 30. Juni 1946 von Bedeutung. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte eine entscheidende Veränderung mit der Einsetzung einer neuen Leitung und der Enteignung durch den Volksentscheid. Bei den frühen Bearbeitungen des Bestandes ist diese Zäsur nicht durchgängig berücksichtigt worden, so dass sich zahlreiche Akten mit längeren Laufzeiten im Bestand befinden. Da diese bereits mehrfach benutzt und auch mit den vorhandenen Signaturen zitiert wurden, sind die betreffenden Akten mit wenigen Ausnahmen im Bestand belassen worden. Bei Benutzungen des Bestandes ist daher in der Regel der Folgebestand 20826 VEB Leipziger Buchbindereimaschinenwerke mit heranzuziehen.

Im Jahre 2008 wurden verschiedene zwischen 1982 und 1997 entstandene Findmittel (Findbuch, Findkartei, Word-Datei) in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv konvertiert. Eine Überarbeitung erfolgte nicht, lediglich missverständliche oder offenkundig falsche Verzeichnungsangaben wurden nach Akteneinsicht ergänzt bzw. korrigiert, Verzeichnungseinheiten aus bis dahin nicht gegliederten Findmitteln in die Systematik des Bestandes eingearbeitet. Dabei erfolgte eine teilweise Überarbeitung der Systematik. Das vorliegende Findbuch spiegelt im Wesentlichen den Bearbeitungstand der übertragenen Findmittel wider.


Überlieferungsschwerpunkte

Neben den Unterlagen zur Leitung/Organisation und zu Finanzen und Vermögen enthält der Bestand auch umfangreiche Personalunterlagen, Baupläne und Bauzeichnungen der Fabrikgebäude und Privatgebäude sowie Patente, Maschinenprospekte und Kataloge. Hervorzuheben sind auch die umfangreichen familiengeschichtlichen Unterlagen.


Hinweise zur Benutzung

Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS 8.3. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 20788 Karl Krause, Polygraphischer Maschinenbau, Leipzig, Nr. (fettgedruckte Zahl).


Volker Jäger

Oktober 2013

[01] Jubiläumsschrift der Maschinenfabrik Karl Krause, Leipzig 1905; Andreas Graul, Pioniere der industriellen Revolution und ihr Anteil bei der Entwicklung der Industrie in Leipzig, in: Sächsische Heimatblätter, 2/1990, S. 52 ff.; Armin Müller, Institutionelle Brüche und personelle Brücken, Köln 2006, S. 68 ff.; StA-L, 20788 Karl Krause, Polygraphischer Maschinenbau, Leipzig, Nr. 256.
Karl Krause und sein Werk. Jubiläumsschrift der Maschinenfabrik Karl Krause. Leipzig 1905.- Graul, Andreas: Pioniere der industriellen Revolution und ihr Anteil bei der Entwicklung der Industrie in Leipzig, in: Sächsische Heimatblätter, Heft 2/1990, S. 52 ff.
Leitung und Organisation.- Finanzen und Vermögen.- Familiengeschichtliche Unterlagen.- Soziale Lage und Betreuung der Arbeiter und Angestellten, einschließlich Fremdarbeiter und Zwangsarbeiter.- Baupläne und Bauzeichnungen der Fabrikgebäude und Privatgebäude.- Patente.- Maschinenprospekte und Kataloge.
Die 1855 von Karl Krause gegründete Firma gehörte schon bald zu den bedeutendsten Unternehmen des polygraphischen Maschinenbaus in Leipzig. Hergestellt wurden vor allem Apparate und Maschinen für Buchbindereien und die Verpackungsindustrie. Die Firma wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter Sequester gestellt und auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 enteignet. Nachdem die Verstaatlichung zum 17. April 1948 rechtskräftig wurde, erfolgte die Umbenennung in Polygraph Karl Krause Leipzig-VEB, Betrieb der VVB Polygraph Radebeul. Ab 1951 firmierte der Betrieb als VEB Buchbindereimaschinenwerk Leipzig.
  • | Ohne Findmittel 0,4 lfm
  • 2008 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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