Beständeübersicht
Bestand
20792 Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG, Leipzig
Datierung | 1889 - 1971 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 7,92 |
Geschichte der Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG[01]
Die Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG, die 1939 mit 500 Gästen ihr 50-jähriges Firmenjubiläum feierte, ging zurück auf den Erfinder Wilhelm von Pittler (1854-1910) und seine 1889 gegründete Maschinenfabrik "Invention" im damaligen Leipziger Vorort Gohlis. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1895 erhielt sie den Namen "Leipziger Werkzeug-Maschinen-Fabrik vorm. W. v. Pittler AG". 1899 fand die Übersiedlung des Unternehmens in einen Fabrikneubau in Wahren (1920 Eingemeindung nach Leipzig) statt. Von 1900-1905 bestand eine Zweigniederlassung in Berlin. Produziert wurden Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung, vor allem Revolver-Drehbänke, seit 1901 auch sogenannte halbautomatische und automatische Drehbänke (Ein- und Mehrspindelautomaten) nach amerikanischen Vorbildern. Diese ermöglichten die Bedienung mehrerer Drehbänke durch nur einen Arbeiter. Da die Drehbänke auch zur Herstellung von Gewehren und Geschossteilen benötigt wurden, stieg der Umsatz in beiden Weltkriegen. Bereits vor 1920 warb das Unternehmen in seinem Briefkopfbogen mit der Bezeichnung als "Bedeutendste Spezialfabrik des Kontinents für Revolver und Automaten". Um das Personal zu halten, investierte die Gesellschaft in soziale Belange. Zum Beispiel gründete sie 1918 eigens zum Wohnungsbau für die Pittler AG die Elster GmbH in Leipzig und gab Mietzuschüsse für Niedrigverdiener. Seit 1922 firmierte die Gesellschaft als "Pittler Werkzeugmaschinenfabrik Aktiengesellschaft". 1925 erwarb sie eine Gießerei in Leipzig-Plagwitz. In der 1938 gegründeten Tochtergesellschaft Mechanik GmbH Rochlitz konnte 1939 der Betrieb aufgenommen werden, ebenso im Werk II in Leipzig-Wahren, das im angekauften ehemaligen Polyphonwerk (Polyphon Musikwerke AG) entstand. Dort befanden sich auch die Ausbildungsabteilung und die Umschulungsabteilung. 1939 begann der Betrieb mit der Umschulung von Frauen. Er beschäftigte auch zahlreiche Ausländer und Zwangsarbeiter. Im Dezember 1942 entstand das Tochterunternehmen Tromka Apparatebau GmbH in Leipzig-Schönefeld.[02]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma sequestriert und das Stammwerk demontiert. Das Unternehmen wurde, wie auch die Tromka GmbH, auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 enteignet und im August 1948 im Handelsregister Leipzig gelöscht. Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte gründeten 1948 in Langen (Hessen) die Pittler Maschinenfabrik AG. Um in Leipzig für einen Teil der ehemaligen Belegschaft Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, wurde im Februar 1946 die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, gegründet. Das ehemalige Konstruktionsbüro verblieb unter der Verwaltung der SMAD und wurde 1949 ein Betrieb der SAG Transmasch. Die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, wurde zum 1. September 1946 aufgelöst und das Unternehmen Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig gegründet. Zum 31. Dezember 1949 erlosch diese Firma. Das Vermögen wurde für den Aufbau einer neuen Firma, des VEB Drehmaschinenwerk Leipzig, eingesetzt.
Bestandsgeschichte und –bearbeitung
Der Bestand wurde vom Staatsarchiv Leipzig aus dem VEB Drehmaschinenwerk Leipzig übernommen, 1980 die Signaturen 1-409 (7 lfm) mit einer Findkartei und 1990 etwa 1,5 lfm mit einem Ablieferungsverzeichnis. Außerdem gab 2009 das Bundesarchiv 0,14 lfm mit der Provenienz Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG ab.
2013 erfolgte die Retrokonversion, das heißt die Überführung der Verzeichnungsangaben aus der Findkartei in die Archivdatenbank AUGIAS, anschließend 2013 und 2015 im Rahmen der Ausbildung von Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Fachrichtung Archiv auch eine Verbesserung der Verzeichnung und Prüfung von Signaturen, schließlich auch die Verzeichnung der Abgabe aus dem Bundesarchiv.
2018 enthielt der Bestand noch 1 lfm unverzeichnete Unterlagen, v. a. Kataloge und Betriebsanleitungen, also Druckschriften. Um eine Mehrfachüberlieferung ausschließen zu können, war die Verbesserung der bisherigen Verzeichnung unausweichlich. Ebenfalls neu wurden die Geschäftsberichte verzeichnet, die ebenfalls im Druck vorliegen, und Fotos. Aus dem bereits verzeichneten Teil sonderte die Bearbeiterin 20 Dubletten aus, aus dem unerschlossenen Teil 0,44 lfm. Alle so entstandenen Fehlsignaturen wurden wieder belegt. Für das Findbuch änderte die Bearbeiterin die Klassifikation, führte eine redaktionelle Bearbeitung zur Onlinestellung durch und erstellte eine bis dahin nicht vorhandene Einleitung.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand bietet eine selten überlieferte Vielfalt von Katalogen und Fotos. Neben Katalogen zu einzelnen Erzeugnissen sind besonders die Hauptkataloge hervorzuheben, die auch eine Beschreibung der Firma und ihrer Geschichte, oft mit Bildmaterial, beinhalten. Nicht nur die Firmen-Druckschriften, sondern auch die Firmen-Fotos sind vom Unternehmen nummeriert worden. Verzeichnisse dazu sind nicht überliefert. Für die Anfangsjahre ab 1889 liegen Fotoalben vor. Neben den Geschäftsberichten von 1899-1944 sind auch Auftrags- und Versandbücher in langer Reihe erhalten. Interessant sind auch die internen Drucke nur für Pittler-Vertreter mit Neuvorstellungen zu den Leipziger Messen (durchgehend überliefert für 1931-1941), ebenso die Betriebszeitungen 1937-1940. Der Bestand endet 1945, lediglich ein Zeichnungsbuch wurde von 1941 bis 1971 weitergeführt und ein Modellbuch.
Hinweise zur Benutzung
Einzige Beschränkung für die Benutzung liegt aus datenschutzrechtlicher Sicht bis 2020 für zwei Personalakten vor (Nr. 118 und 121).
Verweise auf korrespondierende Bestände
20824 VEB Drehmaschinenwerk Leipzig (Der Bestand beginnt 1945.)
Dolores Herrmann
August 2018
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (im Folgenden: StA-L), 20124 Amtsgericht Leipzig, HRB 30 (8 Bände Handelsregisterakten 1895-1952).
[02] StA-L, 20792 Pittler-Werkzeugmaschinenfabrik AG, Leipzig, Nr. 86 und 417.
Die Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG, die 1939 mit 500 Gästen ihr 50-jähriges Firmenjubiläum feierte, ging zurück auf den Erfinder Wilhelm von Pittler (1854-1910) und seine 1889 gegründete Maschinenfabrik "Invention" im damaligen Leipziger Vorort Gohlis. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1895 erhielt sie den Namen "Leipziger Werkzeug-Maschinen-Fabrik vorm. W. v. Pittler AG". 1899 fand die Übersiedlung des Unternehmens in einen Fabrikneubau in Wahren (1920 Eingemeindung nach Leipzig) statt. Von 1900-1905 bestand eine Zweigniederlassung in Berlin. Produziert wurden Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung, vor allem Revolver-Drehbänke, seit 1901 auch sogenannte halbautomatische und automatische Drehbänke (Ein- und Mehrspindelautomaten) nach amerikanischen Vorbildern. Diese ermöglichten die Bedienung mehrerer Drehbänke durch nur einen Arbeiter. Da die Drehbänke auch zur Herstellung von Gewehren und Geschossteilen benötigt wurden, stieg der Umsatz in beiden Weltkriegen. Bereits vor 1920 warb das Unternehmen in seinem Briefkopfbogen mit der Bezeichnung als "Bedeutendste Spezialfabrik des Kontinents für Revolver und Automaten". Um das Personal zu halten, investierte die Gesellschaft in soziale Belange. Zum Beispiel gründete sie 1918 eigens zum Wohnungsbau für die Pittler AG die Elster GmbH in Leipzig und gab Mietzuschüsse für Niedrigverdiener. Seit 1922 firmierte die Gesellschaft als "Pittler Werkzeugmaschinenfabrik Aktiengesellschaft". 1925 erwarb sie eine Gießerei in Leipzig-Plagwitz. In der 1938 gegründeten Tochtergesellschaft Mechanik GmbH Rochlitz konnte 1939 der Betrieb aufgenommen werden, ebenso im Werk II in Leipzig-Wahren, das im angekauften ehemaligen Polyphonwerk (Polyphon Musikwerke AG) entstand. Dort befanden sich auch die Ausbildungsabteilung und die Umschulungsabteilung. 1939 begann der Betrieb mit der Umschulung von Frauen. Er beschäftigte auch zahlreiche Ausländer und Zwangsarbeiter. Im Dezember 1942 entstand das Tochterunternehmen Tromka Apparatebau GmbH in Leipzig-Schönefeld.[02]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma sequestriert und das Stammwerk demontiert. Das Unternehmen wurde, wie auch die Tromka GmbH, auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 enteignet und im August 1948 im Handelsregister Leipzig gelöscht. Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte gründeten 1948 in Langen (Hessen) die Pittler Maschinenfabrik AG. Um in Leipzig für einen Teil der ehemaligen Belegschaft Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, wurde im Februar 1946 die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, gegründet. Das ehemalige Konstruktionsbüro verblieb unter der Verwaltung der SMAD und wurde 1949 ein Betrieb der SAG Transmasch. Die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, wurde zum 1. September 1946 aufgelöst und das Unternehmen Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig gegründet. Zum 31. Dezember 1949 erlosch diese Firma. Das Vermögen wurde für den Aufbau einer neuen Firma, des VEB Drehmaschinenwerk Leipzig, eingesetzt.
Bestandsgeschichte und –bearbeitung
Der Bestand wurde vom Staatsarchiv Leipzig aus dem VEB Drehmaschinenwerk Leipzig übernommen, 1980 die Signaturen 1-409 (7 lfm) mit einer Findkartei und 1990 etwa 1,5 lfm mit einem Ablieferungsverzeichnis. Außerdem gab 2009 das Bundesarchiv 0,14 lfm mit der Provenienz Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG ab.
2013 erfolgte die Retrokonversion, das heißt die Überführung der Verzeichnungsangaben aus der Findkartei in die Archivdatenbank AUGIAS, anschließend 2013 und 2015 im Rahmen der Ausbildung von Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Fachrichtung Archiv auch eine Verbesserung der Verzeichnung und Prüfung von Signaturen, schließlich auch die Verzeichnung der Abgabe aus dem Bundesarchiv.
2018 enthielt der Bestand noch 1 lfm unverzeichnete Unterlagen, v. a. Kataloge und Betriebsanleitungen, also Druckschriften. Um eine Mehrfachüberlieferung ausschließen zu können, war die Verbesserung der bisherigen Verzeichnung unausweichlich. Ebenfalls neu wurden die Geschäftsberichte verzeichnet, die ebenfalls im Druck vorliegen, und Fotos. Aus dem bereits verzeichneten Teil sonderte die Bearbeiterin 20 Dubletten aus, aus dem unerschlossenen Teil 0,44 lfm. Alle so entstandenen Fehlsignaturen wurden wieder belegt. Für das Findbuch änderte die Bearbeiterin die Klassifikation, führte eine redaktionelle Bearbeitung zur Onlinestellung durch und erstellte eine bis dahin nicht vorhandene Einleitung.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand bietet eine selten überlieferte Vielfalt von Katalogen und Fotos. Neben Katalogen zu einzelnen Erzeugnissen sind besonders die Hauptkataloge hervorzuheben, die auch eine Beschreibung der Firma und ihrer Geschichte, oft mit Bildmaterial, beinhalten. Nicht nur die Firmen-Druckschriften, sondern auch die Firmen-Fotos sind vom Unternehmen nummeriert worden. Verzeichnisse dazu sind nicht überliefert. Für die Anfangsjahre ab 1889 liegen Fotoalben vor. Neben den Geschäftsberichten von 1899-1944 sind auch Auftrags- und Versandbücher in langer Reihe erhalten. Interessant sind auch die internen Drucke nur für Pittler-Vertreter mit Neuvorstellungen zu den Leipziger Messen (durchgehend überliefert für 1931-1941), ebenso die Betriebszeitungen 1937-1940. Der Bestand endet 1945, lediglich ein Zeichnungsbuch wurde von 1941 bis 1971 weitergeführt und ein Modellbuch.
Hinweise zur Benutzung
Einzige Beschränkung für die Benutzung liegt aus datenschutzrechtlicher Sicht bis 2020 für zwei Personalakten vor (Nr. 118 und 121).
Verweise auf korrespondierende Bestände
20824 VEB Drehmaschinenwerk Leipzig (Der Bestand beginnt 1945.)
Dolores Herrmann
August 2018
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (im Folgenden: StA-L), 20124 Amtsgericht Leipzig, HRB 30 (8 Bände Handelsregisterakten 1895-1952).
[02] StA-L, 20792 Pittler-Werkzeugmaschinenfabrik AG, Leipzig, Nr. 86 und 417.
Pittler Werkzeugmaschinenfabrik, Leipzig: 50jähr. Bestehen 1889 - 1939. (L)- Maschinenkatalog 35 D Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG, Leipzig-Wahren o. J. (L)
Geschäftsberichte und Jahresabschlussberichte.- Grundstücksangelegenheiten.- Lehrausbildung.- Lage und soziale Betreuung der Arbeiter und Angestellten einschließlich Fremdarbeiter und Zwangsarbeiter.- Personal.- Werkzeitungen.- Fotos von Betriebsgelände, Gebäuden, Beschäftigten und Erzeugnissen.- Kataloge.
Wilhelm von Pittler gründete 1889 das Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Maschinen und anderen Erzeugnissen der Metallindustrie. 1895 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Zur Firma gehörten ein eigenes Kraftwerk sowie eine Gießerei in Leipzig-Plagwitz. Das Unternehmen spezialisierte sich auf die Herstellung von Revolverdrehbänken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma sequestriert und das Stammwerk demontiert. Das Unternehmen wurde auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 enteignet und im August 1948 im Handelsregister gelöscht. Um für einen Teil der ehemaligen Belegschaft Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, wurde im Februar 1946 die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, gegründet. Das ehemalige Konstruktionsbüro verblieb unter der Verwaltung der SMAD und wurde 1949 ein Betrieb der SAG Transmasch. Die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, wurde zum 1. September 1946 aufgelöst und das Unternehmen Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig gegründet. Zum 31. Dezember 1949 erlosch diese Firma. Das Vermögen wurde für den Aufbau einer neuen Firma, des VEB Drehmaschinenwerk Leipzig, eingesetzt.
- 2018 | Findbuch / Datenbank
- 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5