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Beständeübersicht

Bestand

20793 Rud. Sack, Landmaschinenbau, Leipzig

Datierung1851 - 1951
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)18,70
Geschichte der Firma Rud. Sack in Leipzig

Rudolph Sack (1824-1900) zog, auch auf Anraten von Karl Heine, 1863 nach Plagwitz und gründete dort in gemieteten Räumen mit fünf Arbeitern seine Firma, eine Schmiede zur Herstellung von Pflügen und anderen landwirtschaftlichen Geräten. Von Beginn an stellte er die Geräte nicht nur her, sondern er konstruierte unnd entwickelte sie selbst.[01]
1867 kaufte er ein erstes Grundstück am entstehenden Kanal (Karl-Heine-Str. 95) und siedelte 1868 in die eigene Fabrik über, die nun entlang des Kanals stetig wuchs.1870 ließ Rudolph Sack seine Firma in das Handelsregister eintragen.[02] . Sie firmierte bis zu ihrer Enteignung nach 1945 immer als "Rud. Sack" mit Sitz in Plagwitz (1891 Eingemeindung von Plagwitz nach Leipzig). Er entwarf auch das Firmenlogo (Schutzmarke) selbst, mit dem jedes Erzeugnis als Original gekennzeichnet wurde: einen zugebundenen Sack mit den Initialen RSP. 1891 beteiligte Rudolph Sack seine Familie und weitere Familienangehörige am Unternehmen und sie führten es als Kommanditgesellschaft fort. Neben ihm wurden seine Söhne Paul (Ingenieur) und Fritz (Kaufmann) sowie sein Schwiegersohn Paul Wichmann (Ingenieur) persönlich haftende Gesellschafter, seine Ehefrau Adolphine geb. Franke sowie seine Töchter Rosa Koch in Bösdorf, Helene Wichmann in Leipzig-Lindenau, Elise Petri in Hannover, Emma Sack (seit 1900 verehelichte Johlige) und sein noch nicht volljähriger Sohn Walter stille Gesellschafter bzw. Kommanditisten.
Am 24. Juni 1900 starb Rudolph Sack. Sein Sohn Paul (1863-1923) übernahm die Leitung des Unternehmens, bis 1912 gemeinsam mit seinem Bruder Fritz Sack und Paul Wichmann. 1920 trat ihm Otto Sack, ein Enkel des Firmenbegründers, als persönlich haftender Gesellschafter zur Seite. Dieser leitete das Unternehmen bis 1945, in den Jahren 1926-1938 gemeinsam mit seinem Bruder Hans Sack.
Folgende Zweigniederlassungen waren im Handelsregister eingetragen:
• 1901-1938 Bromberg
• 1927-1945 Bartenstein in Ostpreußen
• 1931-1938 Budapest
• seit 1940 Posen
• seit 1942 Schlettstadt im Elsaß
• seit 1942 Wien (gegründet 1898)

Die Firma Rud. Sack exportierte weltweit, pflegte schon vor 1900 intensive Kontakte z. B. nach Russland und Asien. Das Unternehmen beteiligte sich seit 1873 an den Weltausstellungen und erhielt dort Preise, z. B. 1900 in Paris. 1913 warb es im Briefkopfbogen mit dem Zusatz "größte Spezialfabrik der Erde".
Seit 1935 stellte Rud. Sack auf Rüstungsproduktion um. Während des zweiten Weltkrieges produzierten Hunderte von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen neben landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen z. B. Teile für die Panzerproduktion. Der Betrieb unterhielt eigene Lager für die ausländischen Arbeitskräfte. Das 75-jährige Firmenjubiläum im Jahr 1938 wurde aufwändig und im nationalsozialistischen Geist begangen.
Nach Kriegsende wurde Otto Sack als aktives NSDAP-Mitglied von den Amerikanern verhaftet und das Unternehmen im Oktober 1945 auf Befehl der SMAD beschlagnahmt. Die Enteignung erfolgte durch Volksentscheid vom 30. Juni 1946 zu Gunsten des Landes Sachsen, die Löschung im Handelsregister im August 1948. Nachfolgebetrieb war der VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig.
Seit Bestehen der Firma Rud. Sack gehörte zu ihr ein landwirtschaftliches Versuchsgut, auf dem schon der Firmengründer Rudolph Sack nicht nur die eigenen Geräte gründlich erprobte und vorführte, sondern Landwirtschaft betrieb. Er erprobte neue Methoden, seit 1888 in Leipzig-Kleinzschocher, und publizierte dazu. Von September 1919 bis 1939 bestand das Gut als eigene Firma, als Offene Handelsgesellschaft "Rudolf Sack´s landwirtschaftliche Versuchsstation" mit Sitz in Leipzig-Kleinzschocher, unter Beteiligung von Familienmitgliedern und mit Paul Sack als Inhaber (nach seinem Tod Otto Sack). 1939 ging diese mit Aktiven und Passiven auf die Firma Rud. Sack über, es erfolgte die Löschung im Handelsregister.[03] Nach der Enteignung 1945 im Rahmen der Bodenreform gehörte das Gut der Stadt Leipzig.
Eine zweite Firma war eng mit dem Unternehmen Rud. Sack und der Familie Sack verbunden. Hans Sack gründete nach seinem Ausscheiden bei Rud. Sack im März 1939 als alleiniger persönlich haftender Gesellschafter die Firma "Sonderbau von Landmaschinen Dr.-Ing. Hans Sack Kommanditgesellschaft" als deren alleinige Kommanditistin Rud. Sack im Handelsregister eingetragen war. Der Sitz war in Leipzig-Leutzsch, Am Ritterschlößchen 20. Der Rat der Stadt stellte das Unternehmen 1948 unter Treuhandschaft, 1950 erfolgte die Löschung im Handelsregister.[04]

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Der Bestand (Signaturen 1-714) wurde 1972 mit Ablieferungsverzeichnis vom VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig in das Staatsarchiv Leipzig übernommen. 17 enthaltene Filme, überwiegend aus den 1920er Jahren, wurden 1975 an das Staatliche Filmarchiv der DDR abgegeben. Eine Auflistung ist in der elektronischen Bestandsakte im StA-L abgelegt. Eine Verzeichnung der Akten erfolgte 1977 im Rahmen der Ausbildung zu Archivassistenten und Archivaren. Im Ergebnis standen eine handschriftliche Findkartei und eine maschinenschriftliche Einleitung.
2004 erhielt der Bestand 0,3 lfm Zuwachs durch eine Übernahme aus dem Deutschen Landwirtschaftsmuseum Markkleeberg. 2006 wurde er verfilmt und ist seitdem vorrangig in verfilmter Form zu nutzen. 2007 konnte die Findkartei in die Archivdatenbank retrokonvertiert, aufgrund unzureichender Verzeichnungsangaben aber noch nicht online zugänglich gemacht werden. 2020 wurden 450 Akten zur Auflösung doppelter Enthält-Vermerke innerhalb von Bandreihen geprüft und darüber hinaus insbesondere im Teil Leitung und Druckschriften die Verzeichnung verbessert, die Klassifikation etwas angepasst und unter Verwendung der 1977 noch nicht im StA-L archivierten Handelsregisterakten eine neue Einleitung verfasst.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand weist eine gute breitgefächerte Überlieferung auf, wobei die meisten Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Druckschriften (Kataloge fast vom Anbeginn an, Prospekte, aber auch Druckschriften zu den Betriebsjubiläen) sowie die Fotoalben über die außereuropäischen Reisen vor dem 1. Weltkrieg, aber auch die dichte Überlieferung zur Zusammenarbeit mit übergeordneten Stellen im nationalsozialistischen Deutschland. Eine Besonderheit stellt der Briefverkehr der Belegschaft mit den eingezogenen Kollegen an der Front dar.
Es handelt sich um einen zusammengefassten Bestand, der auch Unterlagen der beiden Firmen "Rudolf Sack´s landwirtschaftliche Versuchsstation" und "Sonderbau von Landmaschinen Dr.-Ing. Hans Sack Kommanditgesellschaft" enthält.

Hinweise für die Benutzung

Nur vereinzelt könnte es möglich sein, dass Akten wegen darin befindlichen personenbezogenen Daten, deren Schutzfristen noch nicht abgelaufen sind, Benutzungseinschränkungen unterliegen.

Verweise auf korrespondierende Bestände

20823 VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig
Bundesarchiv - Filmarchiv (Filme)

Dolores Herrmann

März 2020


[01] Rud. Sack Leipzig Plagwitz 1863-1913, Lebensgeschichte des Begründers – Entwicklung und heutiger Stand des Werkes (Festschrift der Firma zum 50-jährigen Firmenjubiläum), in: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (StA-L), 20793 Rud. Sack, Landmaschinenbau, Leipzig, Nr. 615.
[02] Zunächst Handelsregister (HR) des Gerichtsamtes Leipzig II, Folio 40, 1938 umgeschrieben Amtsgericht Leipzig, HRA 1212, in: StA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, HRA 1212 (4 Bde, 1890-1952).
[03] Ebenda, HRA 1120 (1919-1939). Beschreibung und Abbildungen auch in 20793 Rud. Sack, Landmaschinenbau, Leipzig, Nr. 615.
[04] Ebenda, HRA 5254 (1939-1950).
Calov, Carla: Die Herausbildung von Großbetrieben in der Leipziger Maschinenbauindustrie am Beispiel der Firmen Karl Heine und Rudolf Sack. Jahresarbeit 1987 (E XV III Lpzg d 138).-
Rudolf Sack Leipzig-Plagwitz 1863 - 1913. Lebensgeschichte des Begründers, Entwicklung und heutiger Stand des Werkes. Leipzig 1913 (L).-
Rudolf Sack, Leipzig: Die Chronik des Hauses Rudolf Sack, Leipzig 1863 - 1938 - 75. Jubiläum (L).-
Rudolf Sack, Leipzig: Sein Leben und sein Werk (L).- Dittrich, Erich: Sack, Rudolf, in: Sächsische Lebensbilder, hrsg. von der Sächs. Kommission für Geschichte, Bd. 3, S. 243 ff.- Graul, Andreas: Pioniere der industriellen Revolution..., in: Sächs. Heimatblätter, H. 2/1990, S. 52 ff.- Lindert, B.: Die Erfolgsstory. 140jähriges Geschäftsjubiläum der Fa. Sack. In: Wirtschaft 7/8/2003.
Geschäftsberichte und Geschäftsführung.- Soziale Lage und Betreuung der Arbeiter und Angestellten.- Fremd- und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene.- Kataloge und Prospekte.- Fotos.- Jubiläumsschriften.- Familie Sack.- Betriebsrat.
1863 wurde die Firma Rud. Sack in Leipzig-Plagwitz gegründet. In den folgenden Jahren expandierte das Unternehmen, errichtete eine eigene Eisengießerei und Zweigniederlassungen, führte auch ein landwirtschaftliches Versuchsgut. Die Firma, seit 1891 KG der Familie Sack, gehörte zu den bedeutendsten Unternehmen der Landmaschinenindustrie weltweit. 1937 wurde die Firma Leonhardt, Holzbearbeitungsmaschinen, Leipzig aufgekauft. Zum 7. März 1940 schied Hans Sack aus und gründete eine eigene Firma in Leipzig-Leutzsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen sequestriert, auf der Grundlage des Volksentscheids vom 30. Juni 1946 enteignet und per 1. Juli 1948 rechtswirksam verstaatlicht. Es gehörte mit der Bezeichnung Leipziger Bodenbearbeitungsgeräte VEB der VVB Land-, Bau- und Holzbearbeitungsmaschinen (LBH) an.
Zum Bestand gehören auch Unterlagen der Firmen Sonderbau von Landmaschinen Dr. Ing. Hans Sack KG, Leipzig-Leutzsch und "Rudolf Sack´s landwirtschaftliche Versuchsstation".
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