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Beständeübersicht

Bestand

20900 Leipziger Wellpapierfabrik Moll & Söhne, Lucka

Datierung1896, 1900 - 1946
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)8,00
Zur Geschichte der Leipziger Wellpapierfabrik Moll & Söhne

Im Jahre 1900 gründeten A. G. Graessle, H. R. Laupitz und Jacob Moll die "Leipziger Wellpapierfabrik Graessle, Laupitz & Co" in Leipzig-Lindenau. Es wurden Prägepapiere v. a. für die Süßwaren- sowie Glas- und Porzellanindustrie gefertigt. Die Produktion konnte auf Grund des großen Bedarfs ständig ausgebaut werden, so daß sich eine räumliche Vergrößerung notwendig machte. 1903 erfolgte deshalb die Verlagerung nach Lucka. Aber bald waren auch diese Räumlichkeiten zu knapp. Erweiterungsbauten wurden ausgeführt, Werk II in Lucka errichtet, Zweigwerke in Leipzig, Dessau und Berlin unterhalten.

Der Bedarf an Prägepapieren ging stark zurück. Diese Produktion wurde bald nur noch als Nebenartikel weitergeführt. Haupterzeugnis wurde die Wellpappe, die seit den 1890er Jahren in Deutschland bekannt ist. Ab Mitte der 1920er Jahre nahm die Starkwellpappe eine Vorrangstellung ein. Sie galt als gleichwertiger Ersatz für Holzverpackungen, hatte aber viele Vorteile, u. a. war sie billiger. 1908 hatte man die Produktion von Umdruckpapieren aufgenommen. Bald war "Original Graufeucht Lucka" ein bekannter Artikel. Über lange Jahre wurden in der Schlosserei, gewissermaßen nebenbei, Mähmesser-Schleifapparate der Marke "Record" gebaut. In einer Saison wurden bis zu 1000 Stück produziert. Seit dem Ausscheiden von Graessle und Laupitz führte Jacob Moll, bis dahin stiller Teilhaber, die Firma allein weiter. Seit 1915 lautete der Name "Leipziger Wellpapierfabrik Jacob Moll, Lucka". Nachdem seine Söhne in die Geschäftsführung eintreten waren, wurde der Name in "Leipziger Wellpapierfabrik Moll & Söhne, Lucka" geändert.

Trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten während und nach dem ersten Weltkrieg, durch die Inflation, die Wirtschaftskrise, die Regulierungsmaßnahmen von Seiten des Staates in Vorbereitung des zweiten Weltkrieges konnte die Firma ihre Produktion stetig ausbauen und ihre Umsätze steigern. Umfangreiche Werbemaßnahmen, die auf die Vorteile von Wellpappe gegenüber Holzverpackung gerichtet waren, trugen zur Erhaltung und Vergrößerung des Kundenkreises bei. Mitte der 1920er Jahre waren 400 Arbeiter und Angestellte und 20 Vertreter für die Firma tätig. Ende der 1930er Jahre waren es in allen vier Werken, Lucka, Leipzig, Dessau und Berlin, ca. 900. Jährlich wurden zu dieser Zeit 20-25 Mill. kg Papier zu Wellpappe verarbeitet, davon allein in Lucka 15-17 Mill. kg. Während des Krieges wurden 80% der Produktion für direkten oder indirekten Wehrmachtsbedarf verwendet.

Die Firma Moll war zu einem Begriff geworden. Ihre Erzeugnisse wurden als Qualitätsprodukte anerkannt. Als Vorsitzender des Reichsverbandes Deutscher Wellpappe-Fabrikanten nahm Dr. Walter Moll direkten Einfluß auf die Entwicklung dieser Branche.

1945 erfolgte auf der Grundlage des Befehls Nr. 124 der SMAD die Sequestrierung der Firma und 1948 dann die endgültige Überführung in Volkseigentum.

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Der Bestand wurde 1982 aus dem VEB Vereinigte Wellpappenbetriebe Leipzig, Zweigwerk Lucka übernommen. Er war über Jahre in einem Bodenraum eines abbruchreifen Hauses aufbewahrt worden und befand sich deshalb in einem sehr schlechten Zustand. Zirka ein Jahr vor der Ermittlung des Bestandes durch das Staatsarchiv Leipzig wurden von Seiten des Betriebes, aus Unkenntnis des historischen Wertes der Dokumente, umfangreiche Kassationen vorgenommen. So konnten nur noch Reste sichergestellt werden. Diese wurden 1983 auf der Grundlage der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze bearbeitet. Loses Schriftgut wurde zu Verzeichnungseinheiten formiert, noch im Zusammenhang befindliche Dokumente in der vorgefundenen Ordnung belassen. Die innere Ordnung des Bestandes wurde in Anlehnung an das "Ordnungsmodell für Bestände kapitalistischer Industriebetriebe" hergestellt. Dabei wurden sachliche Zusammenhänge als primär angesehen. Innerhalb dieser wurde chronologisch geordnet. Nach Abschluß der Bearbeitung umfaßt der Bestand 8 lfm mit 254 Verzeichnungseinheiten.

Überlieferungsschwerpunkte

Trotz aller Verluste bietet der Bestand wesentliche Aussagen zur Geschichte des Betriebes, seiner Bedeutung im Territorium, seines Zusammenwirkens mit den Wirtschaftsverbänden der Wellpappenbranche. Neben Dokumenten zur Rechtsstellung und zur Entwicklung der Firma finden sich im Gliederungspunkt Leitung und Organisation Informationen über das laufende Betriebsgeschehen in Berichten und Niederschriften über Beratungen der Leitung. Die relativ umfangreiche Überlieferung von Rundschreiben der Wirtschaftsverbände der Wellpappenindustrie enthält vielfältige Aussagen zum Konkurrenzkampf auf diesem Gebiet, zu Verhandlungen über Preisvereinbarungen, über Lohngestaltung in dieser Branche, zeigt aber auch das Reagieren auf die Auswirkungen der politischen Entwicklung auf die Wirtschaft.

Die Zusammenarbeit mit den Zweigwerken spiegelt sich in Form von regelmäßigen Besuchsberichten und Schriftwechsel im Sinne der Anleitung und Berichterstattung in 25 Bänden wider. Briefe an Familienangehörige und Geschäftsfreunde, z. T. private, z.T. aber auch geschäftliche Dinge betreffend, Unterlagen über Versicherungen und die Todesanzeigen für Jacob Moll geben einen kleinen Einblick in die persönlichen Angelegenheiten der Unternehmer.

Arbeits- und Betriebsordnungen sowie Lohnunterlagen zeigen die Arbeits- und Lebensbedingungen auf. Der umfangreichste Gliederungspunkt enthält Informationen über Finanzen und Vermögen. Rund 80 Geschäftsbücher zeigen das kaufmännische Geschehen im Betrieb auf. Sie werden ergänzt mit Angaben über Kosten, Preise und einige Bilanzunterlagen. Aus dem Bereich der Produktion sind Patente und Gebrauchsmuster und die Fabrikationsbücher zu erwähnen. Aussagen über Herstellung, Qualitäten und Verwendungsmöglichkeiten für Wellpappe und Umdruckpapiere sind in 10 Bänden enthalten. Papier- und Pappemuster zeigen, wie die Produkte aussahen. Der Punkt Absatz und Werbung enthält v. a. Verkaufsbücher und Werbeschriften sowie Angaben zur Auftragsbearbeitung und zum Kundenkreis.

R. Franke

November 1983
Produktion.- Bilanzen.- Werbung.- Erzeugnisgruppenarbeit.- Geschäftsbücher.- Lohn.
Die Firma wurde 1900 unter der Bezeichnung Leipziger Wellpapierfabrik Graessle, Laupitz & Co. in Leipzig-Lindenau gegründet und stellte zunächst Prägepapier für die Industrie her. Weitere Werke entstanden in Lucka, Dessau und Berlin. 1903 verlegte das Unternehmen seinen Sitz nach Lucka bei Altenburg/Thüringen. Rückgehende Aufträge führten zur Produktionsumstellung auf Wellpappe und Umdruckpapiere. Die Firmenbezeichnung änderte sich 1915 in Leipziger Wellpapierfabrik Jacob Moll, Lucka, später Leipziger Wellpapierfabrik Moll & Söhne, Lucka. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Firma enteignet und 1948 der VVB Papier, Heidenau, zugeordnet. 1952 erhielt sie unter der Bezeichnung VEB Wellpapierfabrik Lucka VVB Papierverarbeitung die juristische Selbständigkeit.
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