Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

20989 Textilgroßhandlung Carl August Becker GmbH, Leipzig

Datierung1839 - 1972
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,32

Bestand enthält auch 2 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Geschichte der Textilgroßhandlung Carl August Becker GmbH, Leipzig

Am 15. Februar 1846 eröffneten Hermann Carl August Becker und Georg Ludwig Philipp Surhoff in der Katharinenstraße 19 in Leipzig unter dem Firmennamen "Becker & Surhoff" ein "Callicos-Fabrikations-Geschäft". Bereits zu Jahresbeginn 1848 trat Surhoff wieder aus dem Unternehmen aus. Die gemeinsame Firma erlosch am 1. Februar 1848. Hermann Carl August Becker übernahm das Geschäft in alleiniger Verantwortung und führte es ab dem 8. Februar 1848 unter seinem Namen weiter.[01] Der Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Leinen- und Baumwollwaren.
Am ersten Oktober 1887 nahm Hermann Carl August Becker seinen Sohn Georg Carl August Becker als gleichberechtigten Teilhaber in die Firma auf.[02] Nach dem Tod des Vaters am 19. August 1892 führte er das Unternehmen allein weiter. Die positive wirtschaftliche Entwicklung führte 1914 zur Errichtung einer Zweigniederlassung in Berlin.[03]
Georg Carl August Becker ermöglichte seinem Neffen Arno Ulrich Hans Thümmler den Einstieg in die Textilgroßhandlung und erteilte ihm 1920 Prokura. Im April desselben Jahres wurde die Firma in eine Kommandit-Gesellschaft umgewandelt, in die in den folgenden Jahren neben dem persönlich haftenden Gesellschafter Georg Carl August Becker auch Maria von Tauffkirchen, geb. Becker, im September 1920, Sophie Berta Becker, geb. List, im Juni 1922 und der seit 1924 als Teilhaber wirkende Hans Thümmler als ebenfalls persönlich haftender Gesellschafter eintraten.[04]
Am 1. Oktober 1925 bezog die Firma neue Geschäftsräume am Richard-Wagner-Platz 1, geriet aber bald darauf durch die Auswirkungen der beginnenden Weltwirtschaftskrise in eine schwierige ökonomische Lage.[05] Die KG war Ende Juli 1926 gezwungen, einen Vergleich mit ihren Gläubigern zu suchen um den drohenden Konkurs abzuwenden. Der von der sächsischen Revisions- und Treuhand AG Leipzig aufgestellte Status ergab eine bedeutende Unterbilanz. Es kam zum außergerichtlichen Vergleich, nach welchem die Gläubiger mit 60% abgefunden wurden.
Nach dem Tod des Georg Carl August Becker am 16. Juli 1926 änderte sich die Gesellschaftsform der Großhandlung. Es kam zur Gründung einer GmbH mit einem Stammkapital von 400.000 RM. Die GmbH beschäftigte sich laut Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1926 mit dem "Vertrieb von Manufakturwaren aller Art, insbesondere der Übernahme und des Fortbetriebes des bisher von der Firma Carl Aug. Becker, Kommanditgesellschaft in Leipzig betriebenen Handelsgeschäftes".[06]
Gesellschafter der Firma waren bei Gründung: Hans Thümmler, Marie von Tauffkirchen, geb. Becker, Sophie Berta Becker, geb. List verw. Becker und Ritter von Langheinrich, Rechtsberater der Firma, der im Auftrag der Württembergischen Cattunmanufaktur Heidenheim an der Brenz, der Neuen Augsburger Kattunfabrik und der Eilenburger Kattunmanufaktur AG handelte.[07] Geschäftsführer wurde Hans Thümmler.
Die Witwe und die Tochter des Georg Carl August Becker waren seit September 1929 keine Gesellschafterinnen mehr, da sie ihre Anteile veräußert hatten. Sie erhielten von der GmbH eine Rente, die 1939 mit einer einmaligen Abfindung abgegolten wurde, da beide nach den Bestimmungen des faschistischen Staates als "Nichtarier" galten.[08]
1934 wurde in Wuppertal-Elberfeld eine Zweigniederlassung gegründet und der bisherige Prokurist der Firma, Georg Herbert Schiebler, zum Geschäftsführer bestimmt.[09] Die Niederlassung wurde seit Februar 1939 als eigenständiges Unternehmen "Schiebler & Co., vormals Carl Aug. Becker, KG" geführt.[10]
Im Februar 1939 schied Hans Thümmler als Geschäftsführer der Firma und im September 1940 als ihr Gesellschafter aus. Im Juni 1942 verließ Ritter von Langheinrich die Gesellschaft. Der GmbH traten neue Gesellschafter bei, unter ihnen nun offiziell die o. g. Textilunternehmen Württembergische Cattunmanufaktur in Heidenheim an der Brenz und die Neue Augsburger Kattunfabrik. Hinzu kamen außerdem die Manufaktur Koechlin, Baumgartner & Cie., AG in Lörrach sowie der neue Geschäftsführer Ernst Adolf Koch.[11]
Am 10. Dezember 1945 wurde das Unternehmen sequestiert und unter die Treuhandschaft von Günter Mackenthun gestellt. Bereits im Februar 1946 erfolgte aber die Rückgabe an den Geschäftsführer Ernst Koch.[12] Dieser wurde am 29. Mai 1951 als Geschäftsführer abberufen, blieb aber bis 1953 Gesellschafter.[13] Sein Nachfolger als Geschäftsführer wurde Gerhard Dreßler.
Aufgrund des Paragraphen 6 der Verordnung des Ministeriums des Innern der DDR vom 17. Juli 1952 zur Sicherung von Vermögenswerten wurde das Unternehmen unter Verwaltung gestellt, als Betriebsleiter wurde Erich Rudolf Schäfer eingesetzt. 1954 wurde die Verwaltung wieder aufgehoben. Die GmbH wurde am 1. August 1962 in die Carl August Becker K. G. umgewandelt. Komplementär der K. G. wurde der volkseigene Anteil, als dessen Rechtsträger die Deutsche Investitionsbank agierte. Als Kommanditisten wurden die o. g. Textilfirmen ins Handelsregister eingetragen.[14] Zu einem späteren, unbekannten Zeitpunkt wurde das Unternehmen als volkseigener Betrieb in die Großhandelsgesellschaft Textilwaren Leipzig eingegliedert. Die Löschung der K. G. erfolgte von Amts wegen am 11. Dezember 1998.

Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Der Bestand Textilgroßhandlung Carl August Becker GmbH, Leipzig wurde am 10. Juli 1973 von der Großhandelsgesellschaft Textilwaren Leipzig mit einem Umfang von 1 lfm an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. Eine erste Erschließung der Unterlagen erfolgte im Rahmen der Ausbildung von Praktikanten der Humboldt-Universität zu Berlin im Juli 1982. Am Bestand konnte keine Registraturordnung festgestellt werden. Es war aber eine Ordnung der Dokumente nach sachlichem Inhalt erkennbar. Bei der Bearbeitung wurden neue Verzeichnungseinheiten formiert. Aufgrund der lückenhaften Überlieferung wurde eine Kassation von Schriftgut ausgeschlossen.
Bei einer geplanten Retrokonversion des zuvor nur maschinenschriftlich vorliegenden Findbuchs im Jahr 2015 wurden Mängel in der Verzeichnung festgestellt. Die Unterlagen wurden daher teilweise neu verzeichnet, die Verzeichnungsangaben in der Erschließungssoftware AUGIAS-Archiv erfasst und ein Findbuch mit überarbeiteter Einleitung im Rahmen der Ausbildung von Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste erstellt.

Überlieferungsschwerpunkte

Gut dokumentiert sind die finanzielle Situation und die Umstrukturierung der Textilgroßhandlung in den 1920er und 1930er Jahren, als dem Unternehmen aufgrund der angespannten Wirtschaftslage nach dem ersten Weltkrieg und in Folge der Weltwirtschaftskrise der Konkurs drohte. Einen Einblick in die Korrespondenz der Firma bieten die drei Kopierbücher aus dem Zeitraum 1892 – 1906.
Die Überlieferung umfasst den Zeitraum 1839 - 1954. Lediglich ein Personalbuch (Nr. 5) wurde bis 1972 weitergeführt.

Heike Garbe / Katrin Heil

1982 / 2015


[01] 20989 Textilgroßhandlung Carl August Becker GmbH, Leipzig, Nr. 44.
[02] Ebenda, Nr. 44 und 58.
[03] Ebenda.
[04] Ebenda, Nr. 44, 58 und 62.
[05] Ebenda, Nr. 26.
[06] Ebenda, Nr. 35; 20124 Amtsgericht Leipzig, HRA 24507 und HRB 23.
[07] Ebenda, Nr. 24.
[08] 20989 Textilgroßhandlung Carl August Becker GmbH, Leipzig, Nr. 48.
[09] Ebenda, Nr. 35.
[10] Ebenda, Nr. 44.
[11] Ebenda, Nr. 66 und 47.
[12] Ebenda, Nr. 47.
[13] 20124 Amtsgericht Leipzig, HRB 23, S. 166, 171.
[14] 22175 Register der Stadt Leipzig, Nr. 76.
Gesellschafterverträge.- Gesellschaftsversammlung.- Kopierbücher.- Geschäftsberichte.- Absatz und Werbung.- Personal.- Betriebsgeschichte.- Familienunterlagen.
Im Februar 1846 eröffneten Hermann Carl August Becker und Georg Ludwig Philipp Surhoff in Leipzig ein Unternehmen, welches mit Leinen- und Baumwollwaren handelte. 1848 wurde H. C. A. Becker Alleininhaber. 1887 nahm Becker seinen Sohn als Teilhaber in das Geschäft auf. Dieser führte nach dem Tod des Vaters 1892 das Unternehmen allein weiter. 1914 entstand eine Zweigniederlassung in Berlin. 1926 wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt. Die GmbH wurde am 1. August 1962 in die Carl August Becker K. G. umgewandelt. Zu einem späteren, unbekannten Zeitpunkt wurde das Unternehmen als volkseigener Betrieb in die Großhandelsgesellschaft Textilwaren Leipzig eingegliedert.
  • 2015 | Findbuch / Datenbank
  • 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang