Beständeübersicht
Bestand
21083 F. A. Brockhaus, Leipzig
Datierung | 1805 - 1948 (1966) |
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Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 23,07 |
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Geschichte der Firma F. A. Brockhaus, Leipzig, bis zur Enteignung[01]
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Die Verlagsbuchhandlung, auch Kommissions- und Exportbuchhandlung, graphischer Großbetrieb und Großbuchbinderei in Leipzig wurde 1805 von Friedrich Arnold Brockhaus (1772-1823) gegründet. Dieser entstammte einer alten westfälischen Pastorenfamilie, wurde aber wie sein Vater Kaufmann. 1795 bis 1804 betrieb er in Dortmund und Holland eine Tuchhandlung, 1805 gründete er in Amsterdam die Buchhandlung.[02] Sein Verlag umfasste zunächst eine Reihe von Zeitschriften und Bücher verschiedener Art, 1808 kaufte er das 1796 von [Renatus Gotthelf] Löbel und [Christian Wilhelm] Franke begonnene Konversationslexikon, das durch verschiedene Hände gegangen war. Sein Verdienst besteht darin, dass er in dem bis dahin misslungenen Unternehmen den Stoff zu einem Volksbuch erkannte und es durch seine Geschicklichkeit auch wirklich dazu machte. Das Konversationslexikon war seitdem eine unentbehrliche Buchgattung der Kulturwelt geworden.
Friedrich Arnold Brockhaus siedelte mit dem Verlag 1811 nach Altenburg, 1817/18 nach Leipzig über. Hier errichtete er eine eigene Druckerei. Der Verlag zählte bis 1823 zu seinen Autoren von Raumer [Friedrich, Historiker, Politiker], Schopenhauer [Arthur, Philosoph], Steffens [Heinrich, Dichter, Naturforscher, Philosoph], Rückert [Friedrich, Lyriker, Begründer der deutschen Orientalistik], Voss [Johann Heinrich, Dichter, Übersetzer, Altertumsforscher] u.a., ferner erschienen eine Reihe für die Zeitgeschichte bedeutsamer Zeitschriften und Jahrbücher, das Taschenbuch "Urania", die "Deutschen Blätter", [Lorenz] Okens "Isis", der seit 1820 vom Verleger selbst redigierte "Hermes oder kritisches Jahrbuch der Literatur" u.a. Das Wirken von Friedrich Arnold Brockhaus fiel in die Zeit heftiger Reaktion, Presse und Buchhandel wurden von den Regierungen Preußens und Österreichs stark bedrückt. Friedrich Arnold Brockhaus trat gegen diese Beschränkungen geistiger Freiheit mannhaft auf.
Nach dem frühen Tod des Gründers übernahmen seine Söhne Friedrich (1800-1865) und Heinrich (1804-1874) die Firma. Ein dritter, jüngerer Bruder, Hermann wurde Gelehrter [1806-1877, Orientalist, Prof. an der Universität Leipzig]. 1826 wurde die erste Königsche Schnellpresse in Leipzig bei F. A. Brockhaus aufgestellt. 1827 wurde eine Kommissionsbuchhandlung, 1831 der alte, bis ins 17. Jh. zurückreichende Verlag von J. F. Gleditsch erworben und damit die "Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste" von [Johann Samuel] Ersch und [Johann Gottfried] Gruber und ["]Das [Allgemeine] Bücherlexikon["] von [Wilhelm] Heinsius übernommen. 1856 wurde das "Sortiment & Antiquarium" angegliedert, das den Auslandsverkehr pflegte. Zu dieser Geschäftsperiode begannen die großen Sammelwerke, das "Historische Taschenbuch", hg. von Friedrich von Raumer (62 Jahrgänge, 1830-1892) und "Der neue Pitaval", hg. von [Julius Eduard] Hitzig und W. Häring (Alexis) (60 Teile, 1842-1891), zu erscheinen. Ferner wurde am 1. Okt. 1837 die "Leipziger Allgemeine Zeitung" (seit 1. April 1843 "Deutsche Allgemeine Zeitung") gegründet, sie vertrat einen gemäßigten Liberalismus. Neben der Tätigkeit für seine Firma fand Heinrich Brockhaus, 1850-1854 Alleininhaber, noch Zeit zu weiten Reisen und zu eifriger Betätigung in den buchhändlerischen Organisationen und im öffentlichen Leben. Auszüge aus seinen umfangreichen Tagebüchern gab sein Sohn Rudolf heraus (5 Teile, 1884-1887).
Seine Nachfolger wurden seine Söhne Eduard (1829-1914) und Rudolf (1838-1898). Eduard Brockhaus, seit 1854 Teilhaber, nahm mehr und mehr eine Führungsrolle im Buchhandel und im graphischen Gewerbe ein. Rudolf Brockhaus war seit 1863 Teilhaber, sein Sohn Max Brockhaus wurde 1893 der Gründer des gleichnamigen Musikverlages in Leipzig. Bis 1894 war Eduard Brockhaus Vorsitzender des Vereins Leipziger Buchhändler, seit 1872 des Deutschen Buchdruckervereins, 1892 bis 1895 Erster Vorsitzender des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. 1871 bis 1878 gehörte er als Mitglied der Nationalliberalen Partei dem Deutschen Reichstag an. 1875 regte er beim Börsenverein der Deutschen Buchhändler die Herausgabe einer großen wissenschaftlichen Geschichte des deutschen Buchhandels an. Dieses Werk, zu dessen viertem und Schlussband er noch 1913 die Vorrede schreiben konnte, wurde von [Friedrich] Kapp und [Johann] Goldfriedrich verfasst (1886-1913, Registerband 1923). Schon 1895 zogen sich Eduard Brockhaus und sein Bruder Rudolf von der Leitung der Firma zurück.
Eduards Sohn Albert (1855-1921), Teilhaber seit 1881, und Rudolfs Sohn, Rudolf jun., Teilhaber 1889 bis 1905, traten an ihre Stelle. Im Verlagsaufbau erfolgte eine gewisse Umstellung. Der alte universale Charakter und der Verlag von Zeitschriften traten zurück. Hauptunternehmen des Verlags blieb das "Konversationslexikon" (14. Auflage Neue revidierte Jubiläumsausgabe, 17 Bände, 1908-1910, Neudruck 1920; 15., völlig neu bearbeitete Auflage "Der Große Brockhaus", 20 Bände, seit 1928 im Erscheinen), außerdem "Kleines Konversationslexikon" (5. Auflage, 2 Bände, 1911), "Brockhaus", Handbuch des Wissens (4 Bände, 1921-1923), "Der Kleine Brockhaus" (1925). Daneben wurde namentlich der Verlag von populärwissenschaftlichen und Reisewerken ausgebaut. Zu den Autoren, wie Schliemann [Heinrich, Archäologe], Stanley [Henry Morton, britisch/amerikanischer Afrikaforscher], Schweinfurth [Georg, Botaniker, Afrikaforscher], Nordenskiöld [Adolf Erik Freiherr von, schwedischer Polarforscher], traten vor allem Fridtjof Nansen [norwegischer Polarforscher] und Sven Hedin [schwedischer Entdeckungsreisender]. 1890 wurde in Petersburg eine Schwesterfirma Brockhaus & Efron gegründet, die bis zum Weltkrieg u. a. ein russisches Konversationslexikon herausgab. In Paris und London bestanden bis 1914 Filialen. Die graphischen Zweige der Firma stellen heute [1929] einen Großbetrieb dar, der sämtliche Druckverfahren ausübt und eine Großbuchbinderei einschließt und Arbeiten nicht nur für den eigenen Verlag, sondern auch für Fremde herstellt. Die Exportbuchhandlung versorgt besonders ausländische Bibliotheken.
Albert Brockhaus hat auch im öffentlichen Leben und im deutschen und internationalen Berufsleben an führender Stelle gestanden. 1901 bis 1907 war er Erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. Von 1905 an leiteten die Firma Albert und sein jüngster Bruder Fritz, geb. 1874 [Rechtsanwalt, gest. am 3. Juli 1952 in Leipzig], seit 1914 auch Alberts Sohn Hans Brockhaus, geb. 1888 [gest. 1965]. Seit Alberts Tod 1921 waren Fritz und Hans Brockhaus Alleininhaber."
Bei dem schweren Bombenangriff auf Leipzig am 3. Dez. 1943 wurde die Privatvilla (in der Salomonstraße) vollständig und der Verlag (Karreebebauung Querstr. 16, Dörrienstraße bis zur Privatvilla in der Salomonstraße) weitgehend zerstört; dies betraf auch das Verlagsarchiv. Hans Brockhaus siedelte 1945 nach Wiesbaden über, wo sein Sohn Eberhard die Lizenz zur Eröffnung eines neuen Verlages erhielt. Am 1. Juli 1946 schlossen beide Firmen einen Vertrag, wonach sie gemeinsam die Rechte des Stammhauses ausübten.[03] 1948 wurde Karl Jäger (geb. 1888, Prokurist bei F. A. Brockhaus seit 1923) als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen. 1950 schied Hans Brockhaus als persönlich haftender Gesellschafter aus und wurde Kommanditist.
1951 bestellte zunächst der Rat der Stadt Leipzig einen Treuhänder, bevor dann seit September des Jahres durch Verfügung des Ministeriums für Leichtindustrie der DDR die VVB Druck die Treuhandschaft wahrnahm. Damit ruhte die Vertretungsmacht der beiden persönlich haftenden Gesellschafter Fritz Brockhaus und Karl Jäger. Karl Jäger flüchtete nach Wiesbaden und wurde in Abwesenheit vom Landgericht Leipzig wegen angeblicher "Spekulationsverbrechen" zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 17. Juni 1952 erfolgte die Enteignung, das Anlage- und Umlaufvermögen sowie der Grundbesitz gingen in Volkseigentum und Rechtsträgerschaft des VEB Kartographie, Querstr. 16, über. Im Mai 1953 erfolgte die Löschung im Handelsregister und im Juni 1953 der Eintrag des VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig in das Handelsregister der volkseigenen Wirtschaft.[04] Hans Brockhaus übertrug 1953 den alten Namen F. A. Brockhaus auf die Wiesbadener Filiale, die zum Stammsitz erklärt wurde.[05]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Vor 1943 unterhielt das Unternehmen F. A. Brockhaus ein eigenes Geschäftsarchiv.[06] Es enthielt – wie in vielen anderen familiengeführten Unternehmen - auch persönliche Unterlagen der Verleger. Die Familie legte Wert auf die in über hundert Jahren entstandene Sammlung von Autographen, zu einem großen Teil Autorenkorrespondenz des Verlags. Dieses einstige Verlagsarchiv wurde durch den verheerenden Bombenangriff auf das Leipziger Graphische Viertel am 3./4. Dezember 1943 weitgehend zerstört. Lediglich besonders wertvolle Unterlagen, die in einem gesonderten Keller untergebracht worden waren, überdauerten den Brand. Weitere Lücken entstanden, als der damalige Verlagsinhaber Hans Brockhaus ab Mai 1945 nach Wiesbaden übersiedelte und wichtige wie wertvolle Dokumente und Akten mitnahm.[07] Darunter befanden sich Geschäftsakten aus der Zeit des Nationalsozialismus, u. a. zur 15. Auflage des Großen Brockhaus, Autographen von literarischen und wissenschaftlichen Autoren und besondere Zimelien wie die handschriftlich verfassten Memoiren Giacomo Casanovas, die sich seit 1821 im Eigentum der Familie Brockhaus befanden.
Den überwiegenden Teil des erhaltenen und in Leipzig verbliebenen Bestandes übernahm das Staatsarchiv Leipzig 1965 aus dem VEB F. A. Brockhaus Leipzig (15 lfm, Signaturen 1-467). Weitere Übernahmen von Archivgut aus der Zeit vor der Verstaatlichung erfolgten seit 1986, in größerem Umfang noch 2009 aus der im Jan. 2009 geschlossenen Leipziger Brockhaus-Redaktion (F. A. Brockhaus GmbH) sowie im Mai und Juni 2013 von der Bibliographisches Institut GmBH in Mannheim – dies jeweils als Schenkung. Im Zuge der Auflösung des Standortes in Mannheim erfolgten seitens des Eigentümers auch weitere Abgaben an andere Einrichtungen, u. a. an das Verlagsarchiv am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg Universität Mainz (Mainzer Verlagsarchiv) und an das Stadtarchiv Mannheim. Am 25./26. März 2014 wurden schließlich Verlagsunterlagen (Verträge, Briefe von Autoren) in großem Umfang bei der Autographenhandlung J. A. Stargardt auktioniert und an verschiedene Bieter verkauft. Das Publikationsarchiv wurde 2013 an die Universitätsbibliothek Mannheim übergeben (ca. 19.000 Bücher, Zeitungen, Karten und elektronische Medien der Verlage Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus einschließlich Publikationen ihrer jeweiligen DDR-Parallelverlage VEB Bibliographisches Institut und VEB F. A. Brockhaus).[08]
Die 1965 in das Staatsarchiv übernommen Unterlagen wurden 1969 im Rahmen einer Abschlussarbeit an der Fachschule für Archivwesen Potsdam erschlossen. Im Ergebnis lag neben der Abschlussarbeit[09] ein maschinenschriftliches Findbuch mit überwiegend einfacher Verzeichnung vor. Die Autorenkorrespondenz war mit Enthält-Vermerken versehen, die lediglich die Anzahl der Briefe enthielten. Die Findbuchgliederung wurde während der Erschließung im Staatsarchiv erstellt, da das Verlagsarchiv selber nur einen alphabetisch angelegten Zettelkatalog geführt hatte (nach Namen und Schlagworten). Durch Nachträge von 1990 und 2004 (Signaturen 468-668) ergänzt, wurde dieses Findbuch 2005 durch eine Praktikantin in die Erschließungssoftware des StA-L retrokonvertiert und diente bis 2015 als Findmittel. 1999 konnte der gesamte bis dahin übernommene Bestand (bis Nr. 668) zur Schonung der Originale verfilmt werden, so dass die Benutzung bis zu dieser Nummer seitdem über die Schutzfilme erfolgt.
Eine Überarbeitung des Findbuchs wurde zunehmend notwendig: Zum einen waren im Rahmen der Retrokonversion bei Bandreihen Datierungen und Enthält-Vermerke nur für die Bandreihe, nicht aber für die einzelnen Akten erfasst worden. Zum zweiten entsprach die Nachtragsverzeichnung nicht den fachlichen Erfordernissen und die Übernahmen von 2009 und 2013 waren nicht verzeichnet. Im Zuge einer ersten Überarbeitung im März 2013 wurden durch Dolores Herrmann Aktentitel konkretisiert und Enthält-Vermerke ergänzt. Der Gliederungspunkt 7 (Materialsammlung zu Giacomo Casanova) wurde angelegt und die VZE dazu wurden neu verzeichnet. Bei der Autorenkorrespondenz erfolgte in der Regel nur die Überprüfung der richtigen Schreibweise der Namen, nicht die der angegebenen zeitlichen und mengenmäßigen Umfänge. Wegen der bereits erfolgten Verfilmung und starken Benutzung des Bestandes wurden die Aktenbildung und die Signaturen nicht verändert. Bei der abschließenden Bearbeitung durch Katrin Heil wurde 2015 der Nachtrag von 2013 (u. a. die zahlreichen Unterlagen zur 15. Auflage des "Großen Brockhaus") verzeichnet. Die Gliederung des Findbuches wurde verbessert und erweitert, wobei besonders auf die Trennung von Verlags- und privaten Unterlagen Wert gelegt wurde. Eine vollständige Neubearbeitung der 1969 erschlossenen Unterlagen konnte aber nicht erfolgen; sukzessive Verbesserungen durch erweiterte Verzeichnung sind vorgesehen.
Überlieferungsschwerpunkte
Die Autorenkorrespondenz umfasst mit über 260 Akten einen großen Teil des vorliegenden Bestandes. In den meisten Fällen sind ausschließlich die Briefe der Autoren an den Verlag überliefert. Abschriften der Antworten des Unternehmens liegen selten vor. Da nur exzerptartige Auszüge aus den Kopierbüchern des Verlages erhalten geblieben sind, ist die Kommunikation zwischen Verlag und Autoren nicht mehr vollständig zu rekonstruieren.
Durch die zahlreich vorliegenden Kataloge ist die verlegerische Tätigkeit des Unternehmens im 19. Jh. sehr gut dokumentiert. Dabei bildete seit 1808 die Herausgabe des Konversationslexikons die wirtschaftliche Basis der Firma F. A. Brockhaus. Planung, Erarbeitung und Herstellung der seit 1928 erscheinenden 15. Auflage dieses Nachschlagewerks unter dem Titel "Der Große Brockhaus" sind in 76 Akteneinheiten ausführlich dokumentiert.
Ein besonderes Projekt des Verlags war die Herausgabe der Memoiren des Giacomo Casanova, deren Originalmanuskript F. A. Brockhaus 1822 angekauft und nachfolgend veröffentlicht hatte. Da es sich um keine vollständige Ausgabe handelte, plante der Verlag eine Neuauflage. Dazu wurde eine Sammlung mit Beiträgen über Casanova und Veröffentlichungen zu Person und Werk angelegt, die in 19 Akteneinheiten im Bestand überliefert ist. Zum Briefwechsel zwischen Albert Brockhaus und Aldo Ravà liegt eine Edition von Furio Luccichenti vor, in die die Casanova-Sammlung einbezogen wurde.
Einen Schwerpunkt in der Überlieferung bilden auch die Unterlagen zu einzelnen Mitgliedern der Familie Brockhaus, z. B. die zehn Bände umfassende Tagebuchreihe des Heinrich Eduard Brockhaus über seine Tätigkeit als Mitglied des Deutschen Reichstages 1871 – 1878. Ein besonderes zeitgeschichtliches Zeugnis stellen die fast vierzig Akten mit der privaten und geschäftlichen Korrespondenz des Hans Brockhaus 1946 – 1948 dar. Im Zusammenhang mit den Unterlagen zur drohenden Enteignung des Leipziger Unternehmens und dessen wöchentlichen Geschäftsberichten bieten sie ein umfassendes Bild des privaten und wirtschaftlichen Lebens im Nachkriegsdeutschland. Im November 2016 wurden weitere Korrespondenzakten dieser Serie aus dem Mainzer Verlagsarchiv übernommen und eingearbeitet.
Hinweise für die Benutzung
Die Nummern 1 bis 668 sind verfilmt und werden über den Schutzfilm zur Benutzung vorgelegt, die Digitalisate vom Schutzfilm sind auch online zugänglich. Die Nummern 551 und 597 enthalten personenbezogene Daten zu Personal und werden aufgrund der noch laufenden Schutzfrist (bis 2026 bis 2028) nicht online ausgewiesen.
Korrespondierende Bestände
21110 VEB F. A. Brockhaus, Verlag, Leipzig
Quellen und Literatur
Betriebsfeiern bei F. A. Brockhaus. Wirtschaftliche Festkultur im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Hrsg. von Thomas Keiderling, Beucha: Sax Verlag 2001.
Brockhaus, Eduard: Die Firma F. A. Brockhaus von der Begründung bis zum hundertjährigen Jubiläum 1805–1905, Leipzig: F. A. Brockhaus 1905 [auch als Faksimile-Ausgabe mit einer Einleitung von Th. Keiderling, 2005].
Das Buch als Wille und Vorstellung. Arthur Schopenhauers Briefwechsel mit Friedrich Arnold Brockhaus. Hrsg. von Ludger Lütkehaus, München: C. H. Beck 1996.
Dietrich, Hans: Der Verlag F. A. Brockhaus als geistiges Zentrum des liberalen deutschen Bürgertums im 19. Jahrhundert, Dissertation Karl-Marx-Universität Leipzig, Maschinenschrift, Leipzig 1985.
F. A. Brockhaus 1905–2005. Hrsg. von Thomas Keiderling, Leipzig und Mannheim: F. A. Brockhaus 2005.
Götz von Olenhusen, Albrecht: Das Genie und die Geschäfte. Der Konflikt Dr. Johann Peter Eckermanns (Weimar) mit dem Verlag F.A. Brockhaus (Leipzig) über "Goethes Gespräche mit Eckermann". Zum Autor-Verleger-Verhältnis im 19. Jahrhundert, Sonderdruck, Bern 2010, S. 747–794.
Gruschka, Roland: Programm- und Vermarktungsstrategien populärwissenschaftlicher Reiseberichte im Verlag F. A. Brockhaus von 1874 bis 1945. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 13/2003, Wiesbaden, S. 33–106.
Heinrich Brockhaus Tagebücher. Italien, Spanien und Portugal 1834 bis 1872. Hrsg. von Volker Titel, Erlangen: Filos 2003.
Heinrich Brockhaus Tagebücher. Deutschland 1834 bis 1872. Hrsg. von Volker Titel, Erlangen: Filos 2004.
Hexelschneider, Erhard: Talvj und das Verlagshaus F. A. Brockhaus in Leipzig. In: Talvj, Therese Albertine Luise von Jakob-Robinson (1797–1870). Aus Liebe zu Goethe: Mittlerin der Balkanslawen. Hrsg. von Gabriella Schubert und Friedhilde Krause, Weimar 2001, S. 111–127.
Hingst, Anja zum: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie, Wiesbaden: Harrassowitz 1995.
Hübscher, Arthur: Hundertfünfzig Jahre F. A. Brockhaus 1805 bis 1955, Wiesbaden: F. A. Brockhaus 1955.
Keiderling, Thomas: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut ("Meyer") während des Nationalsozialismus. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1/2012, München, S. 69–92.
Leistner, Maria-Verena: Wilhelm Müllers Zusammenarbeit mit dem Leipziger Verlagshaus F. A. Brockhaus von 1819 bis 1827. In: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens im frühen 19. Jahrhundert. Hrsg. von Mark Lehmstedt, Wiesbaden 1993, S. 135–151.
Müller, Senya: Sprachwörterbücher im Nationalsozialismus. Die ideologische Beeinflussung von Duden, Sprach-Brockhaus und anderen Nachschlagewerken während des "Dritten Reichs", Stuttgart M & P-Verlag für Wissenschaft und Forschung 1994.
Schäfer, Roland: Die Frühgeschichte des Großen Brockhaus. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 3/1993, Wiesbaden, S. 69–84.
Dolores Herrmann / Katrin Heil
2013 / 2016
[01] Es wird im Folgenden der Lexikoneintrag F. A. Brockhaus wiedergegeben, in: Der Große Brockhaus, 3. Bd., Leipzig 1929; Ergänzungen des StA-L sind in eckiger Klammer gesetzt. Zu aktueller Forschungsliteratur siehe die Literaturangaben unten, für seine Hinweise danken wir Thomas Keiderling, Leipzig.
[02] Zunächst unter der Firma Rohloff & Co., zwei Jahre später umfirmiert in Kunst- und Industrie-Comptoir. Die Firmenbezeichnung F. A. Brockhaus wurde 1814 eingeführt.
[03] Siehe hierzu und zur weiteren Entwicklung des verstaatlichten Verlages in der DDR und nach ihrem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland: Christoph Links: Das Schicksal der DDR-Verlage. Die Privatisierung und ihre Konsequenzen, 2. Auflage Berlin 2010, S. 119-123.
[04] Handelsregisterakte F. A. Brockhaus: StA-L, 20320 Amtsgericht Leipzig, Nr. HRA 347, 2 Bde., 1862-1953.
[05] Siehe Links, S. 121 (wie Anm. 3).
[06] Eine prägnante Darstellung bietet Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus. Streiflichter auf 200 Jahre Firmengeschichte, Erlangen 2005, S. 4f.
[07] In den folgenden Jahren gab es noch intensiven Kontakt zwischen der Filiale in Wiesbaden und dem Leipziger Stammhaus, das erst 1951 unter Treuhandverwaltung gestellt wurde.
[08] Katalog: Autographen aus allen Gebieten : Auktion 25. und 26. März 2014, Kempinski Hotel Bristol Berlin, Berlin 2014.
[09] Mocker, Heinz, Abschlussarbeit zum Thema Bearbeitung des Archivbestandes "Brockhaus Verlag Leipzig", Leipzig 1969 (Bestandsakte in der Dienstregistratur des StA-L).
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Die Verlagsbuchhandlung, auch Kommissions- und Exportbuchhandlung, graphischer Großbetrieb und Großbuchbinderei in Leipzig wurde 1805 von Friedrich Arnold Brockhaus (1772-1823) gegründet. Dieser entstammte einer alten westfälischen Pastorenfamilie, wurde aber wie sein Vater Kaufmann. 1795 bis 1804 betrieb er in Dortmund und Holland eine Tuchhandlung, 1805 gründete er in Amsterdam die Buchhandlung.[02] Sein Verlag umfasste zunächst eine Reihe von Zeitschriften und Bücher verschiedener Art, 1808 kaufte er das 1796 von [Renatus Gotthelf] Löbel und [Christian Wilhelm] Franke begonnene Konversationslexikon, das durch verschiedene Hände gegangen war. Sein Verdienst besteht darin, dass er in dem bis dahin misslungenen Unternehmen den Stoff zu einem Volksbuch erkannte und es durch seine Geschicklichkeit auch wirklich dazu machte. Das Konversationslexikon war seitdem eine unentbehrliche Buchgattung der Kulturwelt geworden.
Friedrich Arnold Brockhaus siedelte mit dem Verlag 1811 nach Altenburg, 1817/18 nach Leipzig über. Hier errichtete er eine eigene Druckerei. Der Verlag zählte bis 1823 zu seinen Autoren von Raumer [Friedrich, Historiker, Politiker], Schopenhauer [Arthur, Philosoph], Steffens [Heinrich, Dichter, Naturforscher, Philosoph], Rückert [Friedrich, Lyriker, Begründer der deutschen Orientalistik], Voss [Johann Heinrich, Dichter, Übersetzer, Altertumsforscher] u.a., ferner erschienen eine Reihe für die Zeitgeschichte bedeutsamer Zeitschriften und Jahrbücher, das Taschenbuch "Urania", die "Deutschen Blätter", [Lorenz] Okens "Isis", der seit 1820 vom Verleger selbst redigierte "Hermes oder kritisches Jahrbuch der Literatur" u.a. Das Wirken von Friedrich Arnold Brockhaus fiel in die Zeit heftiger Reaktion, Presse und Buchhandel wurden von den Regierungen Preußens und Österreichs stark bedrückt. Friedrich Arnold Brockhaus trat gegen diese Beschränkungen geistiger Freiheit mannhaft auf.
Nach dem frühen Tod des Gründers übernahmen seine Söhne Friedrich (1800-1865) und Heinrich (1804-1874) die Firma. Ein dritter, jüngerer Bruder, Hermann wurde Gelehrter [1806-1877, Orientalist, Prof. an der Universität Leipzig]. 1826 wurde die erste Königsche Schnellpresse in Leipzig bei F. A. Brockhaus aufgestellt. 1827 wurde eine Kommissionsbuchhandlung, 1831 der alte, bis ins 17. Jh. zurückreichende Verlag von J. F. Gleditsch erworben und damit die "Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste" von [Johann Samuel] Ersch und [Johann Gottfried] Gruber und ["]Das [Allgemeine] Bücherlexikon["] von [Wilhelm] Heinsius übernommen. 1856 wurde das "Sortiment & Antiquarium" angegliedert, das den Auslandsverkehr pflegte. Zu dieser Geschäftsperiode begannen die großen Sammelwerke, das "Historische Taschenbuch", hg. von Friedrich von Raumer (62 Jahrgänge, 1830-1892) und "Der neue Pitaval", hg. von [Julius Eduard] Hitzig und W. Häring (Alexis) (60 Teile, 1842-1891), zu erscheinen. Ferner wurde am 1. Okt. 1837 die "Leipziger Allgemeine Zeitung" (seit 1. April 1843 "Deutsche Allgemeine Zeitung") gegründet, sie vertrat einen gemäßigten Liberalismus. Neben der Tätigkeit für seine Firma fand Heinrich Brockhaus, 1850-1854 Alleininhaber, noch Zeit zu weiten Reisen und zu eifriger Betätigung in den buchhändlerischen Organisationen und im öffentlichen Leben. Auszüge aus seinen umfangreichen Tagebüchern gab sein Sohn Rudolf heraus (5 Teile, 1884-1887).
Seine Nachfolger wurden seine Söhne Eduard (1829-1914) und Rudolf (1838-1898). Eduard Brockhaus, seit 1854 Teilhaber, nahm mehr und mehr eine Führungsrolle im Buchhandel und im graphischen Gewerbe ein. Rudolf Brockhaus war seit 1863 Teilhaber, sein Sohn Max Brockhaus wurde 1893 der Gründer des gleichnamigen Musikverlages in Leipzig. Bis 1894 war Eduard Brockhaus Vorsitzender des Vereins Leipziger Buchhändler, seit 1872 des Deutschen Buchdruckervereins, 1892 bis 1895 Erster Vorsitzender des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. 1871 bis 1878 gehörte er als Mitglied der Nationalliberalen Partei dem Deutschen Reichstag an. 1875 regte er beim Börsenverein der Deutschen Buchhändler die Herausgabe einer großen wissenschaftlichen Geschichte des deutschen Buchhandels an. Dieses Werk, zu dessen viertem und Schlussband er noch 1913 die Vorrede schreiben konnte, wurde von [Friedrich] Kapp und [Johann] Goldfriedrich verfasst (1886-1913, Registerband 1923). Schon 1895 zogen sich Eduard Brockhaus und sein Bruder Rudolf von der Leitung der Firma zurück.
Eduards Sohn Albert (1855-1921), Teilhaber seit 1881, und Rudolfs Sohn, Rudolf jun., Teilhaber 1889 bis 1905, traten an ihre Stelle. Im Verlagsaufbau erfolgte eine gewisse Umstellung. Der alte universale Charakter und der Verlag von Zeitschriften traten zurück. Hauptunternehmen des Verlags blieb das "Konversationslexikon" (14. Auflage Neue revidierte Jubiläumsausgabe, 17 Bände, 1908-1910, Neudruck 1920; 15., völlig neu bearbeitete Auflage "Der Große Brockhaus", 20 Bände, seit 1928 im Erscheinen), außerdem "Kleines Konversationslexikon" (5. Auflage, 2 Bände, 1911), "Brockhaus", Handbuch des Wissens (4 Bände, 1921-1923), "Der Kleine Brockhaus" (1925). Daneben wurde namentlich der Verlag von populärwissenschaftlichen und Reisewerken ausgebaut. Zu den Autoren, wie Schliemann [Heinrich, Archäologe], Stanley [Henry Morton, britisch/amerikanischer Afrikaforscher], Schweinfurth [Georg, Botaniker, Afrikaforscher], Nordenskiöld [Adolf Erik Freiherr von, schwedischer Polarforscher], traten vor allem Fridtjof Nansen [norwegischer Polarforscher] und Sven Hedin [schwedischer Entdeckungsreisender]. 1890 wurde in Petersburg eine Schwesterfirma Brockhaus & Efron gegründet, die bis zum Weltkrieg u. a. ein russisches Konversationslexikon herausgab. In Paris und London bestanden bis 1914 Filialen. Die graphischen Zweige der Firma stellen heute [1929] einen Großbetrieb dar, der sämtliche Druckverfahren ausübt und eine Großbuchbinderei einschließt und Arbeiten nicht nur für den eigenen Verlag, sondern auch für Fremde herstellt. Die Exportbuchhandlung versorgt besonders ausländische Bibliotheken.
Albert Brockhaus hat auch im öffentlichen Leben und im deutschen und internationalen Berufsleben an führender Stelle gestanden. 1901 bis 1907 war er Erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. Von 1905 an leiteten die Firma Albert und sein jüngster Bruder Fritz, geb. 1874 [Rechtsanwalt, gest. am 3. Juli 1952 in Leipzig], seit 1914 auch Alberts Sohn Hans Brockhaus, geb. 1888 [gest. 1965]. Seit Alberts Tod 1921 waren Fritz und Hans Brockhaus Alleininhaber."
Bei dem schweren Bombenangriff auf Leipzig am 3. Dez. 1943 wurde die Privatvilla (in der Salomonstraße) vollständig und der Verlag (Karreebebauung Querstr. 16, Dörrienstraße bis zur Privatvilla in der Salomonstraße) weitgehend zerstört; dies betraf auch das Verlagsarchiv. Hans Brockhaus siedelte 1945 nach Wiesbaden über, wo sein Sohn Eberhard die Lizenz zur Eröffnung eines neuen Verlages erhielt. Am 1. Juli 1946 schlossen beide Firmen einen Vertrag, wonach sie gemeinsam die Rechte des Stammhauses ausübten.[03] 1948 wurde Karl Jäger (geb. 1888, Prokurist bei F. A. Brockhaus seit 1923) als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen. 1950 schied Hans Brockhaus als persönlich haftender Gesellschafter aus und wurde Kommanditist.
1951 bestellte zunächst der Rat der Stadt Leipzig einen Treuhänder, bevor dann seit September des Jahres durch Verfügung des Ministeriums für Leichtindustrie der DDR die VVB Druck die Treuhandschaft wahrnahm. Damit ruhte die Vertretungsmacht der beiden persönlich haftenden Gesellschafter Fritz Brockhaus und Karl Jäger. Karl Jäger flüchtete nach Wiesbaden und wurde in Abwesenheit vom Landgericht Leipzig wegen angeblicher "Spekulationsverbrechen" zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 17. Juni 1952 erfolgte die Enteignung, das Anlage- und Umlaufvermögen sowie der Grundbesitz gingen in Volkseigentum und Rechtsträgerschaft des VEB Kartographie, Querstr. 16, über. Im Mai 1953 erfolgte die Löschung im Handelsregister und im Juni 1953 der Eintrag des VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig in das Handelsregister der volkseigenen Wirtschaft.[04] Hans Brockhaus übertrug 1953 den alten Namen F. A. Brockhaus auf die Wiesbadener Filiale, die zum Stammsitz erklärt wurde.[05]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Vor 1943 unterhielt das Unternehmen F. A. Brockhaus ein eigenes Geschäftsarchiv.[06] Es enthielt – wie in vielen anderen familiengeführten Unternehmen - auch persönliche Unterlagen der Verleger. Die Familie legte Wert auf die in über hundert Jahren entstandene Sammlung von Autographen, zu einem großen Teil Autorenkorrespondenz des Verlags. Dieses einstige Verlagsarchiv wurde durch den verheerenden Bombenangriff auf das Leipziger Graphische Viertel am 3./4. Dezember 1943 weitgehend zerstört. Lediglich besonders wertvolle Unterlagen, die in einem gesonderten Keller untergebracht worden waren, überdauerten den Brand. Weitere Lücken entstanden, als der damalige Verlagsinhaber Hans Brockhaus ab Mai 1945 nach Wiesbaden übersiedelte und wichtige wie wertvolle Dokumente und Akten mitnahm.[07] Darunter befanden sich Geschäftsakten aus der Zeit des Nationalsozialismus, u. a. zur 15. Auflage des Großen Brockhaus, Autographen von literarischen und wissenschaftlichen Autoren und besondere Zimelien wie die handschriftlich verfassten Memoiren Giacomo Casanovas, die sich seit 1821 im Eigentum der Familie Brockhaus befanden.
Den überwiegenden Teil des erhaltenen und in Leipzig verbliebenen Bestandes übernahm das Staatsarchiv Leipzig 1965 aus dem VEB F. A. Brockhaus Leipzig (15 lfm, Signaturen 1-467). Weitere Übernahmen von Archivgut aus der Zeit vor der Verstaatlichung erfolgten seit 1986, in größerem Umfang noch 2009 aus der im Jan. 2009 geschlossenen Leipziger Brockhaus-Redaktion (F. A. Brockhaus GmbH) sowie im Mai und Juni 2013 von der Bibliographisches Institut GmBH in Mannheim – dies jeweils als Schenkung. Im Zuge der Auflösung des Standortes in Mannheim erfolgten seitens des Eigentümers auch weitere Abgaben an andere Einrichtungen, u. a. an das Verlagsarchiv am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg Universität Mainz (Mainzer Verlagsarchiv) und an das Stadtarchiv Mannheim. Am 25./26. März 2014 wurden schließlich Verlagsunterlagen (Verträge, Briefe von Autoren) in großem Umfang bei der Autographenhandlung J. A. Stargardt auktioniert und an verschiedene Bieter verkauft. Das Publikationsarchiv wurde 2013 an die Universitätsbibliothek Mannheim übergeben (ca. 19.000 Bücher, Zeitungen, Karten und elektronische Medien der Verlage Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus einschließlich Publikationen ihrer jeweiligen DDR-Parallelverlage VEB Bibliographisches Institut und VEB F. A. Brockhaus).[08]
Die 1965 in das Staatsarchiv übernommen Unterlagen wurden 1969 im Rahmen einer Abschlussarbeit an der Fachschule für Archivwesen Potsdam erschlossen. Im Ergebnis lag neben der Abschlussarbeit[09] ein maschinenschriftliches Findbuch mit überwiegend einfacher Verzeichnung vor. Die Autorenkorrespondenz war mit Enthält-Vermerken versehen, die lediglich die Anzahl der Briefe enthielten. Die Findbuchgliederung wurde während der Erschließung im Staatsarchiv erstellt, da das Verlagsarchiv selber nur einen alphabetisch angelegten Zettelkatalog geführt hatte (nach Namen und Schlagworten). Durch Nachträge von 1990 und 2004 (Signaturen 468-668) ergänzt, wurde dieses Findbuch 2005 durch eine Praktikantin in die Erschließungssoftware des StA-L retrokonvertiert und diente bis 2015 als Findmittel. 1999 konnte der gesamte bis dahin übernommene Bestand (bis Nr. 668) zur Schonung der Originale verfilmt werden, so dass die Benutzung bis zu dieser Nummer seitdem über die Schutzfilme erfolgt.
Eine Überarbeitung des Findbuchs wurde zunehmend notwendig: Zum einen waren im Rahmen der Retrokonversion bei Bandreihen Datierungen und Enthält-Vermerke nur für die Bandreihe, nicht aber für die einzelnen Akten erfasst worden. Zum zweiten entsprach die Nachtragsverzeichnung nicht den fachlichen Erfordernissen und die Übernahmen von 2009 und 2013 waren nicht verzeichnet. Im Zuge einer ersten Überarbeitung im März 2013 wurden durch Dolores Herrmann Aktentitel konkretisiert und Enthält-Vermerke ergänzt. Der Gliederungspunkt 7 (Materialsammlung zu Giacomo Casanova) wurde angelegt und die VZE dazu wurden neu verzeichnet. Bei der Autorenkorrespondenz erfolgte in der Regel nur die Überprüfung der richtigen Schreibweise der Namen, nicht die der angegebenen zeitlichen und mengenmäßigen Umfänge. Wegen der bereits erfolgten Verfilmung und starken Benutzung des Bestandes wurden die Aktenbildung und die Signaturen nicht verändert. Bei der abschließenden Bearbeitung durch Katrin Heil wurde 2015 der Nachtrag von 2013 (u. a. die zahlreichen Unterlagen zur 15. Auflage des "Großen Brockhaus") verzeichnet. Die Gliederung des Findbuches wurde verbessert und erweitert, wobei besonders auf die Trennung von Verlags- und privaten Unterlagen Wert gelegt wurde. Eine vollständige Neubearbeitung der 1969 erschlossenen Unterlagen konnte aber nicht erfolgen; sukzessive Verbesserungen durch erweiterte Verzeichnung sind vorgesehen.
Überlieferungsschwerpunkte
Die Autorenkorrespondenz umfasst mit über 260 Akten einen großen Teil des vorliegenden Bestandes. In den meisten Fällen sind ausschließlich die Briefe der Autoren an den Verlag überliefert. Abschriften der Antworten des Unternehmens liegen selten vor. Da nur exzerptartige Auszüge aus den Kopierbüchern des Verlages erhalten geblieben sind, ist die Kommunikation zwischen Verlag und Autoren nicht mehr vollständig zu rekonstruieren.
Durch die zahlreich vorliegenden Kataloge ist die verlegerische Tätigkeit des Unternehmens im 19. Jh. sehr gut dokumentiert. Dabei bildete seit 1808 die Herausgabe des Konversationslexikons die wirtschaftliche Basis der Firma F. A. Brockhaus. Planung, Erarbeitung und Herstellung der seit 1928 erscheinenden 15. Auflage dieses Nachschlagewerks unter dem Titel "Der Große Brockhaus" sind in 76 Akteneinheiten ausführlich dokumentiert.
Ein besonderes Projekt des Verlags war die Herausgabe der Memoiren des Giacomo Casanova, deren Originalmanuskript F. A. Brockhaus 1822 angekauft und nachfolgend veröffentlicht hatte. Da es sich um keine vollständige Ausgabe handelte, plante der Verlag eine Neuauflage. Dazu wurde eine Sammlung mit Beiträgen über Casanova und Veröffentlichungen zu Person und Werk angelegt, die in 19 Akteneinheiten im Bestand überliefert ist. Zum Briefwechsel zwischen Albert Brockhaus und Aldo Ravà liegt eine Edition von Furio Luccichenti vor, in die die Casanova-Sammlung einbezogen wurde.
Einen Schwerpunkt in der Überlieferung bilden auch die Unterlagen zu einzelnen Mitgliedern der Familie Brockhaus, z. B. die zehn Bände umfassende Tagebuchreihe des Heinrich Eduard Brockhaus über seine Tätigkeit als Mitglied des Deutschen Reichstages 1871 – 1878. Ein besonderes zeitgeschichtliches Zeugnis stellen die fast vierzig Akten mit der privaten und geschäftlichen Korrespondenz des Hans Brockhaus 1946 – 1948 dar. Im Zusammenhang mit den Unterlagen zur drohenden Enteignung des Leipziger Unternehmens und dessen wöchentlichen Geschäftsberichten bieten sie ein umfassendes Bild des privaten und wirtschaftlichen Lebens im Nachkriegsdeutschland. Im November 2016 wurden weitere Korrespondenzakten dieser Serie aus dem Mainzer Verlagsarchiv übernommen und eingearbeitet.
Hinweise für die Benutzung
Die Nummern 1 bis 668 sind verfilmt und werden über den Schutzfilm zur Benutzung vorgelegt, die Digitalisate vom Schutzfilm sind auch online zugänglich. Die Nummern 551 und 597 enthalten personenbezogene Daten zu Personal und werden aufgrund der noch laufenden Schutzfrist (bis 2026 bis 2028) nicht online ausgewiesen.
Korrespondierende Bestände
21110 VEB F. A. Brockhaus, Verlag, Leipzig
Quellen und Literatur
Betriebsfeiern bei F. A. Brockhaus. Wirtschaftliche Festkultur im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Hrsg. von Thomas Keiderling, Beucha: Sax Verlag 2001.
Brockhaus, Eduard: Die Firma F. A. Brockhaus von der Begründung bis zum hundertjährigen Jubiläum 1805–1905, Leipzig: F. A. Brockhaus 1905 [auch als Faksimile-Ausgabe mit einer Einleitung von Th. Keiderling, 2005].
Das Buch als Wille und Vorstellung. Arthur Schopenhauers Briefwechsel mit Friedrich Arnold Brockhaus. Hrsg. von Ludger Lütkehaus, München: C. H. Beck 1996.
Dietrich, Hans: Der Verlag F. A. Brockhaus als geistiges Zentrum des liberalen deutschen Bürgertums im 19. Jahrhundert, Dissertation Karl-Marx-Universität Leipzig, Maschinenschrift, Leipzig 1985.
F. A. Brockhaus 1905–2005. Hrsg. von Thomas Keiderling, Leipzig und Mannheim: F. A. Brockhaus 2005.
Götz von Olenhusen, Albrecht: Das Genie und die Geschäfte. Der Konflikt Dr. Johann Peter Eckermanns (Weimar) mit dem Verlag F.A. Brockhaus (Leipzig) über "Goethes Gespräche mit Eckermann". Zum Autor-Verleger-Verhältnis im 19. Jahrhundert, Sonderdruck, Bern 2010, S. 747–794.
Gruschka, Roland: Programm- und Vermarktungsstrategien populärwissenschaftlicher Reiseberichte im Verlag F. A. Brockhaus von 1874 bis 1945. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 13/2003, Wiesbaden, S. 33–106.
Heinrich Brockhaus Tagebücher. Italien, Spanien und Portugal 1834 bis 1872. Hrsg. von Volker Titel, Erlangen: Filos 2003.
Heinrich Brockhaus Tagebücher. Deutschland 1834 bis 1872. Hrsg. von Volker Titel, Erlangen: Filos 2004.
Hexelschneider, Erhard: Talvj und das Verlagshaus F. A. Brockhaus in Leipzig. In: Talvj, Therese Albertine Luise von Jakob-Robinson (1797–1870). Aus Liebe zu Goethe: Mittlerin der Balkanslawen. Hrsg. von Gabriella Schubert und Friedhilde Krause, Weimar 2001, S. 111–127.
Hingst, Anja zum: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie, Wiesbaden: Harrassowitz 1995.
Hübscher, Arthur: Hundertfünfzig Jahre F. A. Brockhaus 1805 bis 1955, Wiesbaden: F. A. Brockhaus 1955.
Keiderling, Thomas: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut ("Meyer") während des Nationalsozialismus. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1/2012, München, S. 69–92.
Leistner, Maria-Verena: Wilhelm Müllers Zusammenarbeit mit dem Leipziger Verlagshaus F. A. Brockhaus von 1819 bis 1827. In: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens im frühen 19. Jahrhundert. Hrsg. von Mark Lehmstedt, Wiesbaden 1993, S. 135–151.
Müller, Senya: Sprachwörterbücher im Nationalsozialismus. Die ideologische Beeinflussung von Duden, Sprach-Brockhaus und anderen Nachschlagewerken während des "Dritten Reichs", Stuttgart M & P-Verlag für Wissenschaft und Forschung 1994.
Schäfer, Roland: Die Frühgeschichte des Großen Brockhaus. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 3/1993, Wiesbaden, S. 69–84.
Dolores Herrmann / Katrin Heil
2013 / 2016
[01] Es wird im Folgenden der Lexikoneintrag F. A. Brockhaus wiedergegeben, in: Der Große Brockhaus, 3. Bd., Leipzig 1929; Ergänzungen des StA-L sind in eckiger Klammer gesetzt. Zu aktueller Forschungsliteratur siehe die Literaturangaben unten, für seine Hinweise danken wir Thomas Keiderling, Leipzig.
[02] Zunächst unter der Firma Rohloff & Co., zwei Jahre später umfirmiert in Kunst- und Industrie-Comptoir. Die Firmenbezeichnung F. A. Brockhaus wurde 1814 eingeführt.
[03] Siehe hierzu und zur weiteren Entwicklung des verstaatlichten Verlages in der DDR und nach ihrem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland: Christoph Links: Das Schicksal der DDR-Verlage. Die Privatisierung und ihre Konsequenzen, 2. Auflage Berlin 2010, S. 119-123.
[04] Handelsregisterakte F. A. Brockhaus: StA-L, 20320 Amtsgericht Leipzig, Nr. HRA 347, 2 Bde., 1862-1953.
[05] Siehe Links, S. 121 (wie Anm. 3).
[06] Eine prägnante Darstellung bietet Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus. Streiflichter auf 200 Jahre Firmengeschichte, Erlangen 2005, S. 4f.
[07] In den folgenden Jahren gab es noch intensiven Kontakt zwischen der Filiale in Wiesbaden und dem Leipziger Stammhaus, das erst 1951 unter Treuhandverwaltung gestellt wurde.
[08] Katalog: Autographen aus allen Gebieten : Auktion 25. und 26. März 2014, Kempinski Hotel Bristol Berlin, Berlin 2014.
[09] Mocker, Heinz, Abschlussarbeit zum Thema Bearbeitung des Archivbestandes "Brockhaus Verlag Leipzig", Leipzig 1969 (Bestandsakte in der Dienstregistratur des StA-L).
Verlagskorrespondenz.- Rechtsangelegenheiten.- Personal.- Familienunterlagen.- Casanova-Sammlung.- Verlagsjubiläen.- Verlagskataloge.
Der Verlag wurde 1805 von Friedrich Arnold Brockhaus in Amsterdam gegründet. 1811 verlegte Brockhaus sein Unternehmen nach Altenburg. Seit 1817 arbeitete der Verlag in Leipzig. Zu diesem Zeitpunkt wies das Verlagprogramm bereits eine große Vielfalt auf. Neben dem Konversations-Lexikon und weiteren Nachschlagewerken erschienen populärwissenschaftliche Werke aus den Gebieten Geschichte, Literatur und Philosophie. Später folgen u. a. Zeitschriften, Biographien und schöngeistige Literatur. In Leipzig ließ Brockhaus 1818 eine eigene Druckerei errichten. Zum Verlag gehörten außerdem eine Verlagsbuchhandlung, ein Kommissionsgeschäft sowie ein Antiquariat. Im Dezember 1943 wurde das Betriebsgelände durch Bombeneinwirkung vollständig zerstört. 1953 wurde das Verlagshaus Brockhaus in das Handelregister der volkseigenen Wirtschaft eingetragen.
- 2016 | Findbuch / Datenbank
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