Beständeübersicht
Bestand
Geschichte des Vereins
Im Jahr 1920 gründete sich in Weimar als Vorläufer einer Dachorganisation aller genealogischen Vereine in Deutschland die Abteilung VI Genealogie und Heraldik beim Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Aus ihrer Mitte fanden sich am 29. November 1924 Forscher zusammen, die als Dachorganisation eine Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine anstrebten und als erstes gemeinschaftliches Unternehmen aller genealogischen und heraldischen Vereine ein "Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt" in Angriff nahmen. Nur der Verein Deutscher Roland zu Berlin lehnte eine Mitgliedschaft ab, da die beitretenden genealogischen Vereine sich nicht unter das von ihm geforderte Diktat einer "arischen" Abstammung begeben wollten. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft in der Abteilung VI wurde Stephan Kekulé von Stradonitz, der gleichzeitig Vorsitzender des Vereins Herold zu Berlin war, Geschäftsführer und Schriftleiter wurde Friedrich Wecken, Mitarbeiter der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig. 14 Mitglieder, davon Vertreter der acht größten genealogischen Vereine in Deutschland, unterzeichneten die Gründungsurkunde der Arbeitsgemeinschaft. Nach Querelen um die Mitgliedschaft des Halleschen genealogischen Abends e. V. und um die Finanzierung des Such- und Anzeigenblattes legte Wecken im April 1926 sein Amt als Geschäftsführer nieder. Peter von Gebhardt übernahm interimsmäßig das Amt und führte es nach seiner ordentlichen Wahl am 25. April 1926 bis zur Liquidation des Vereins im Dezember 1935 weiter. Nach 1933 begannen Bestrebungen der neuen, nationalsozialistischen Machthaber zur Gleichschaltung aller genealogischen Vereine in Deutschland im Sinne ihrer inhumanen nationalsozialistischen Rassen- und Bevölkerungspolitik. An der Spitze des Amtes, das man dafür schuf und das sich "Sachverständiger für Rasseforschung beim Reichsministerium des Innern" nannte, stand Achim Gercke (1902 – 1997). Er war es, der zusammen mit Bernhard Körner, dem Vorsitzenden des Vereins "Deutscher Roland" zu Berlin, am 10. März 1934 die Gründung eines Reichsvereins für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. (RSW) im Sinne des Führerprinzips und der "arischen" Abstammung organisierte und alle genealogischen Vereins aufforderte, dabei mitzuwirken. Sitz und Geschäftsstelle dieses Gesamtvereins war das Amt am Schifferbaudamm in Berlin selbst. Man gewann den genealogischen Fachverlag C. A. Starke in Görlitz für die Mitarbeit und installierte dessen "Praktische Forschungshilfe" als neues Publikationsorgan des Vereins. Die Vereine Herold in Berlin und Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig verwahrten sich entschieden gegen diese Vereinnahmungspolitik und verfassten eine Denkschrift, die man dem Reichsministerium des Innern am 28. März 1934 übergab und die die absurden Ziele des RSW bloß legte. Die Vereine wandten sich darin u. a. gegen eine unnötige zusätzliche zentrale Organisation, die die wirtschaftliche Selbständigkeit der Vereine zerstöre, gegen eine Vereinheitlichung von Zeitschriftenformaten sowie gegen eine vollständige zentrale Erfassung aller Kirchenbucheinträge. Mit der Amtsenthebung Gerckes und dem Machtantritt von Kurt Mayer am 18. März 1935, der auch das Amt des Sachverständigen für Rasseforschung zugleich in "Reichsstelle für Sippenforschung" umbenennen ließ, wurde erneut Anlauf zu einer Gleichschaltung genommen. Im Gegensatz zu Gercke ging Mayer jedoch diplomatischer vor. Es "könnte ein neuer Reichsbund die Gesamtheit der selbständig fortbestehenden Fachvereine zusammenschließen und die Sondergebiete dieser Fachvereine abgrenzen und schützen"[01] . Durch Diskussion, letztlich aber Diktat gegenüber den Vertretern des RSW einigte man sich auf eine Liquidation des RSW. Am 25. Mai 1935 wurde den Mitgliedern des RSW empfohlen, sich dem Volksbund der Deutschen Sippenkundlichen Vereine (VSV) anzuschließen, dessen Gründungsversammlung direkt der Liquidierungssitzung folgte. Zur 2. Arbeitssitzung 1936 in Stuttgart hatten sich schon alle größeren genealogischen Vereine dem VSV angeschlossen. Die "Praktische Forschungshilfe" blieb bis August 1937 das Mitteilungsblatt der neugegründeten Dachorganisation. Danach kam es zum Zerwürfnis mit dem Starke-Verlag, dem sich jahrelange Rechtsstreitigkeiten anschlossen. Ab August 1937 wurde von Mayer das "Allgemeine Suchblatt für Sippenforscher" als Teil der neuen Zeitschrift "Familie, Sippe, Volk" beim Alfred-Metzner-Verlag, Abt. Verlag für Standesamtswesen Berlin aus der Taufe gehoben. Nun konnte über dieses Organ direkt Einfluss auf die Sippenforscher genommen werden.
Für die Kontrolle und Überwachung der seit 1933 zahlreich praktizierenden Berufsgenealogen musste Kurt Mayer ebenfalls eine neue Organisation schaffen. Am 20. Dezember 1935 wurde auf seine Initiative hin die Vereinigung der Berufssippenforscher e. V. gegründet (VBS). Kommissarischer Obmann und Stellvertreter Mayers im Vorstand des VBS wurde zunächst Erich Wentscher. 1939 gab sich die Vereinigung der Berufssippenforscher, die mehr als 400 Mitglieder hatte, im Sinne der großdeutschen Machtansprüche eine neue Bezeichnung: "Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V." (RSH). Das Büro des VBS befand sich ebenso wie die Geschäftsstelle des VSV bis 1937 in den Räumen der Reichsstelle für Sippenforschung. Damit war das, was Gercke angestrebt und nicht erreicht hatte, unter Mayer Realität geworden. Die Reichsstelle für Sippenforschung, 1940 umbenannt in Reichssippenamt, hatte die vollständige Kontrolle über den berufsständischen Verein sowie die Dachorganisation aller genealogischen Verbände übernommen. Mit dem Zusammenbruch des NS-Staates endete auch dieser Verein.
Eine detaillierte chronologische Übersicht zur Geschichte der genannten Vereine finden Sie in der Anlage.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
In der Überlieferung der Familiengeschichtlichen Sammlungen des Reichssippenamtes fanden sich nach 1995 0,3 lfm Archivgut mit Material, das dem Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V. zugeordnet wurde. Eine detaillierte Erschließung ergab, dass es sich um verschiedene Provenienzen handelte, die zu einem Bestand zusammengefasst worden sind und wahrscheinlich im Büro von Dr. Kurt Mayer, dem Direktor des Reichssippenamtes, gelagert waren. Während die ersten sieben Akten nach ihrer Provenienz der 1924 gegründeten Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine zuzuschreiben sind und eine Laufzeit von 1926 bis 1932 besitzen, gehört die nachfolgende Akte aus den Jahre 1937 und 1938 zu dem 1934 gegründeten Reichsverein für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. sowie die anschließenden fünf Akten dem im Dezember 1935 gegründeten und 1939 umbenannten Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V. mit einer Laufzeit von 1939 bis 1942. Bei der Bearbeitung wurden keine Kassationen vorgenommen.
Im Mai 2014 erfolgten die Erschließung des Bestandes und die Erstellung des vorliegenden Findbuches. Hierbei wurde die Archivsoftware Augias 8.3 verwendet. Die bisherigen unzureichenden Verzeichnungsangaben mussten revidiert, gekürzt und z. T. erweitert werden, die vergebenen Archivaliensignaturen blieben erhalten. Es wurde eine vertiefte Verzeichnung mit umfassenden Enthält-Vermerken durchgeführt. Die Systematik wurde entsprechend den Struktureinheiten gewählt, wobei die Sortierung innerhalb der Ordnungsgruppen nach thematischen bzw. chronologischen Gesichtspunkten erfolgte. Zu einem früheren Zeitpunkt wurde bereits eine Reinigung, Entmetallisierung, Verpackung und Etikettierung des Bestandes durchgeführt.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand lässt sich thematisch in zwei Teile untergliedern. Den ersten, umfangmäßig größeren Teil bilden die Handakten der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine, von November 1924 bis April 1926 Dr. Friedrich Wecken, von April 1926 bis zur Liquidation im Dezember 1935 Peter von Gebhardt. Inhaltlich beziehen sie sich auf die Vorbereitung und Durchführung der jährlichen Mitgliederversammlungen sowie auf die Herausgabe des "Familiengeschichtlichen Such- und Anzeigenblattes". Zur Problematik der Gleichschaltung der genealogischen Vereine in der Zeit des Nationalsozialismus ist die Denkschrift des Vereins Herold zu Berlin und der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte zu Leipzig gegen die Gründung eines zusätzlichen Reichsvereins für Sippenforschung und Wappenkunde 1934 überliefert (vgl. Nr. 13). Die den Reichsverein der Sippenforscher und Heraldiker betreffenden Akten enthalten vorwiegend Anfragen zur Klärung von Abstammungsfragen einschließlich Vermittlung von Berufssippenforschern sowie Beschwerden über einzelne Mitglieder.
Korrespondierende Bestände
Bundesarchiv, Bestand R 1509 Reichssippenamt, darin: Akten zum Reichsverein für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. 1933 bis 1935 sowie zum Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker 1937 bis 1943
Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 21767 Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V., Nr. (fettgedruckte Zahl).
Literatur
Schulle, Diana; Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001,
Weiß, Volkmar; Vorgeschichte und Folgen des Arischen Ahnenpasses, Neustadt an der Orla 2013,
Archiv für Sippenforschung Jg. 14 (1937), S. 27 Mitteilung der Vereinigung der Berufssippenforscher.
Familiengeschichtliche Blätter, Jg. 1919 bis 1926, 1938
Mitteilungen des Roland, Jg. 1934 bis 1936
Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt, Jg. 1 (4) 1925ff.
Praktische Forschungshilfe, Jg. 1936
Allgemeines Suchblatt für Sippenforscher, Jg. 1937ff.
Martina Wermes
Mai 2014
Anlage: Chronologie zu den Vereinsgeschichten
Quellen:
Schulle, Diana; Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001,
Archiv für Sippenforschung Jg. 14 (1937), S. 27 Mitteilung der Vereinigung der Berufssippenforscher
Familiengeschichtliche Blätter, Jg. 1919 bis 1926, 1938
Mitteilungen des Roland, Jg. 1934 bis 1936
Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt, Jg. 1 (4) 1925ff.
Praktische Forschungshilfe, Jg. 1936
Allgemeine Suchblatt für Sippenforscher, Jg. 1937ff.
[01] Zitiert nach D. Schulle, Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001, S. 236 (Hervorhebung im Originalschreiben von Mayer an alle sippenkundlichen Fachvereine, GSTPK, HA I, Rep. 309/309 vom 19.12.1934)
21767 Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker
Datierung | 1926 - 1942 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 0,30 |
Geschichte des Vereins
Im Jahr 1920 gründete sich in Weimar als Vorläufer einer Dachorganisation aller genealogischen Vereine in Deutschland die Abteilung VI Genealogie und Heraldik beim Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Aus ihrer Mitte fanden sich am 29. November 1924 Forscher zusammen, die als Dachorganisation eine Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine anstrebten und als erstes gemeinschaftliches Unternehmen aller genealogischen und heraldischen Vereine ein "Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt" in Angriff nahmen. Nur der Verein Deutscher Roland zu Berlin lehnte eine Mitgliedschaft ab, da die beitretenden genealogischen Vereine sich nicht unter das von ihm geforderte Diktat einer "arischen" Abstammung begeben wollten. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft in der Abteilung VI wurde Stephan Kekulé von Stradonitz, der gleichzeitig Vorsitzender des Vereins Herold zu Berlin war, Geschäftsführer und Schriftleiter wurde Friedrich Wecken, Mitarbeiter der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig. 14 Mitglieder, davon Vertreter der acht größten genealogischen Vereine in Deutschland, unterzeichneten die Gründungsurkunde der Arbeitsgemeinschaft. Nach Querelen um die Mitgliedschaft des Halleschen genealogischen Abends e. V. und um die Finanzierung des Such- und Anzeigenblattes legte Wecken im April 1926 sein Amt als Geschäftsführer nieder. Peter von Gebhardt übernahm interimsmäßig das Amt und führte es nach seiner ordentlichen Wahl am 25. April 1926 bis zur Liquidation des Vereins im Dezember 1935 weiter. Nach 1933 begannen Bestrebungen der neuen, nationalsozialistischen Machthaber zur Gleichschaltung aller genealogischen Vereine in Deutschland im Sinne ihrer inhumanen nationalsozialistischen Rassen- und Bevölkerungspolitik. An der Spitze des Amtes, das man dafür schuf und das sich "Sachverständiger für Rasseforschung beim Reichsministerium des Innern" nannte, stand Achim Gercke (1902 – 1997). Er war es, der zusammen mit Bernhard Körner, dem Vorsitzenden des Vereins "Deutscher Roland" zu Berlin, am 10. März 1934 die Gründung eines Reichsvereins für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. (RSW) im Sinne des Führerprinzips und der "arischen" Abstammung organisierte und alle genealogischen Vereins aufforderte, dabei mitzuwirken. Sitz und Geschäftsstelle dieses Gesamtvereins war das Amt am Schifferbaudamm in Berlin selbst. Man gewann den genealogischen Fachverlag C. A. Starke in Görlitz für die Mitarbeit und installierte dessen "Praktische Forschungshilfe" als neues Publikationsorgan des Vereins. Die Vereine Herold in Berlin und Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig verwahrten sich entschieden gegen diese Vereinnahmungspolitik und verfassten eine Denkschrift, die man dem Reichsministerium des Innern am 28. März 1934 übergab und die die absurden Ziele des RSW bloß legte. Die Vereine wandten sich darin u. a. gegen eine unnötige zusätzliche zentrale Organisation, die die wirtschaftliche Selbständigkeit der Vereine zerstöre, gegen eine Vereinheitlichung von Zeitschriftenformaten sowie gegen eine vollständige zentrale Erfassung aller Kirchenbucheinträge. Mit der Amtsenthebung Gerckes und dem Machtantritt von Kurt Mayer am 18. März 1935, der auch das Amt des Sachverständigen für Rasseforschung zugleich in "Reichsstelle für Sippenforschung" umbenennen ließ, wurde erneut Anlauf zu einer Gleichschaltung genommen. Im Gegensatz zu Gercke ging Mayer jedoch diplomatischer vor. Es "könnte ein neuer Reichsbund die Gesamtheit der selbständig fortbestehenden Fachvereine zusammenschließen und die Sondergebiete dieser Fachvereine abgrenzen und schützen"[01] . Durch Diskussion, letztlich aber Diktat gegenüber den Vertretern des RSW einigte man sich auf eine Liquidation des RSW. Am 25. Mai 1935 wurde den Mitgliedern des RSW empfohlen, sich dem Volksbund der Deutschen Sippenkundlichen Vereine (VSV) anzuschließen, dessen Gründungsversammlung direkt der Liquidierungssitzung folgte. Zur 2. Arbeitssitzung 1936 in Stuttgart hatten sich schon alle größeren genealogischen Vereine dem VSV angeschlossen. Die "Praktische Forschungshilfe" blieb bis August 1937 das Mitteilungsblatt der neugegründeten Dachorganisation. Danach kam es zum Zerwürfnis mit dem Starke-Verlag, dem sich jahrelange Rechtsstreitigkeiten anschlossen. Ab August 1937 wurde von Mayer das "Allgemeine Suchblatt für Sippenforscher" als Teil der neuen Zeitschrift "Familie, Sippe, Volk" beim Alfred-Metzner-Verlag, Abt. Verlag für Standesamtswesen Berlin aus der Taufe gehoben. Nun konnte über dieses Organ direkt Einfluss auf die Sippenforscher genommen werden.
Für die Kontrolle und Überwachung der seit 1933 zahlreich praktizierenden Berufsgenealogen musste Kurt Mayer ebenfalls eine neue Organisation schaffen. Am 20. Dezember 1935 wurde auf seine Initiative hin die Vereinigung der Berufssippenforscher e. V. gegründet (VBS). Kommissarischer Obmann und Stellvertreter Mayers im Vorstand des VBS wurde zunächst Erich Wentscher. 1939 gab sich die Vereinigung der Berufssippenforscher, die mehr als 400 Mitglieder hatte, im Sinne der großdeutschen Machtansprüche eine neue Bezeichnung: "Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V." (RSH). Das Büro des VBS befand sich ebenso wie die Geschäftsstelle des VSV bis 1937 in den Räumen der Reichsstelle für Sippenforschung. Damit war das, was Gercke angestrebt und nicht erreicht hatte, unter Mayer Realität geworden. Die Reichsstelle für Sippenforschung, 1940 umbenannt in Reichssippenamt, hatte die vollständige Kontrolle über den berufsständischen Verein sowie die Dachorganisation aller genealogischen Verbände übernommen. Mit dem Zusammenbruch des NS-Staates endete auch dieser Verein.
Eine detaillierte chronologische Übersicht zur Geschichte der genannten Vereine finden Sie in der Anlage.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
In der Überlieferung der Familiengeschichtlichen Sammlungen des Reichssippenamtes fanden sich nach 1995 0,3 lfm Archivgut mit Material, das dem Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V. zugeordnet wurde. Eine detaillierte Erschließung ergab, dass es sich um verschiedene Provenienzen handelte, die zu einem Bestand zusammengefasst worden sind und wahrscheinlich im Büro von Dr. Kurt Mayer, dem Direktor des Reichssippenamtes, gelagert waren. Während die ersten sieben Akten nach ihrer Provenienz der 1924 gegründeten Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine zuzuschreiben sind und eine Laufzeit von 1926 bis 1932 besitzen, gehört die nachfolgende Akte aus den Jahre 1937 und 1938 zu dem 1934 gegründeten Reichsverein für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. sowie die anschließenden fünf Akten dem im Dezember 1935 gegründeten und 1939 umbenannten Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V. mit einer Laufzeit von 1939 bis 1942. Bei der Bearbeitung wurden keine Kassationen vorgenommen.
Im Mai 2014 erfolgten die Erschließung des Bestandes und die Erstellung des vorliegenden Findbuches. Hierbei wurde die Archivsoftware Augias 8.3 verwendet. Die bisherigen unzureichenden Verzeichnungsangaben mussten revidiert, gekürzt und z. T. erweitert werden, die vergebenen Archivaliensignaturen blieben erhalten. Es wurde eine vertiefte Verzeichnung mit umfassenden Enthält-Vermerken durchgeführt. Die Systematik wurde entsprechend den Struktureinheiten gewählt, wobei die Sortierung innerhalb der Ordnungsgruppen nach thematischen bzw. chronologischen Gesichtspunkten erfolgte. Zu einem früheren Zeitpunkt wurde bereits eine Reinigung, Entmetallisierung, Verpackung und Etikettierung des Bestandes durchgeführt.
Überlieferungsschwerpunkte
Der Bestand lässt sich thematisch in zwei Teile untergliedern. Den ersten, umfangmäßig größeren Teil bilden die Handakten der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine, von November 1924 bis April 1926 Dr. Friedrich Wecken, von April 1926 bis zur Liquidation im Dezember 1935 Peter von Gebhardt. Inhaltlich beziehen sie sich auf die Vorbereitung und Durchführung der jährlichen Mitgliederversammlungen sowie auf die Herausgabe des "Familiengeschichtlichen Such- und Anzeigenblattes". Zur Problematik der Gleichschaltung der genealogischen Vereine in der Zeit des Nationalsozialismus ist die Denkschrift des Vereins Herold zu Berlin und der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte zu Leipzig gegen die Gründung eines zusätzlichen Reichsvereins für Sippenforschung und Wappenkunde 1934 überliefert (vgl. Nr. 13). Die den Reichsverein der Sippenforscher und Heraldiker betreffenden Akten enthalten vorwiegend Anfragen zur Klärung von Abstammungsfragen einschließlich Vermittlung von Berufssippenforschern sowie Beschwerden über einzelne Mitglieder.
Korrespondierende Bestände
Bundesarchiv, Bestand R 1509 Reichssippenamt, darin: Akten zum Reichsverein für Sippenforschung und Wappenkunde e. V. 1933 bis 1935 sowie zum Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker 1937 bis 1943
Hinweise zur Benutzung
Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 21767 Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V., Nr. (fettgedruckte Zahl).
Literatur
Schulle, Diana; Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001,
Weiß, Volkmar; Vorgeschichte und Folgen des Arischen Ahnenpasses, Neustadt an der Orla 2013,
Archiv für Sippenforschung Jg. 14 (1937), S. 27 Mitteilung der Vereinigung der Berufssippenforscher.
Familiengeschichtliche Blätter, Jg. 1919 bis 1926, 1938
Mitteilungen des Roland, Jg. 1934 bis 1936
Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt, Jg. 1 (4) 1925ff.
Praktische Forschungshilfe, Jg. 1936
Allgemeines Suchblatt für Sippenforscher, Jg. 1937ff.
Martina Wermes
Mai 2014
Anlage: Chronologie zu den Vereinsgeschichten
Quellen:
Schulle, Diana; Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001,
Archiv für Sippenforschung Jg. 14 (1937), S. 27 Mitteilung der Vereinigung der Berufssippenforscher
Familiengeschichtliche Blätter, Jg. 1919 bis 1926, 1938
Mitteilungen des Roland, Jg. 1934 bis 1936
Familiengeschichtliches Such- und Anzeigenblatt, Jg. 1 (4) 1925ff.
Praktische Forschungshilfe, Jg. 1936
Allgemeine Suchblatt für Sippenforscher, Jg. 1937ff.
[01] Zitiert nach D. Schulle, Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik, Berlin 2001, S. 236 (Hervorhebung im Originalschreiben von Mayer an alle sippenkundlichen Fachvereine, GSTPK, HA I, Rep. 309/309 vom 19.12.1934)
Weiss, V.: Die Vorgeschichte des arischen Ahnenpasses. Genealogie 50 (2001) S. 417-436, 497-507, 615-627.
Nur für einzelne Jahre vollständige Handakten der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine, Wecken und von Gebhardt (1926 - 1932).- Verweise von Anfragenden an die zuständigen Berufssippenforscher des Reichsverbands der Sippenforscher und Heraldiker (1939 - 1942).
Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen familien- und wappenkundlichen Vereine als Dachverband der genealogischen Vereine wurde 1924 gegründet. Der am 10. März 1934 gebildete Reichsverein für Sippenforschung und Wappenkunde sollte diese als Dachorganisation ersetzen. Nachdem das Vorhaben der Gleichschaltung in seiner groben Form gescheitert war, entstand der Volksbund der deutschen sippenkundlichen Vereine. Daneben gründete man 1935 die Vereinigung der Berufssippenforscher e. V., die sich ab 1939 in Reichsverband der Sippenforscher und Heraldiker e. V. umbenannte. Die in dem Bestand überlieferten Schriftstücke gehörten 1945 zu den ausgelagerten Akten des Reichssippenamtes.
- 2014 | Findbuch / Datenbank
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