Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

21775 Kulturbund der DDR, Gesellschaft für Heimatgeschichte, Bezirksvorstand Leipzig

Datierung(1973) 1979 - 1990
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)1,20


Vorbemerkung

Das vorliegende Findbuch ist das Ergebnis einer Retrokonversion des bereits zu diesem Bestand vorhandenen maschinenschriftlichen Findbuches, das in zwei Schritten in den Jahren 1989 und 1990 erarbeitet worden war. Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank und die Online-Stellung der Verzeichnungsangaben. Eine weitergehende inhaltliche Überarbeitung erfolgte nicht. Die ausführlichen Einleitungen des Bearbeiters Manfred Unger aus den Jahren 1989 und 1990 wurden mit geringfügigen Veränderungen übernommen. Hinsichtlich der verwendeten Abkürzungen wird auf das Abkürzungsverzeichnis im Portal SED- und FDGB-Sammlungsgut beim Bundesarchiv verwiesen, siehe https://www.bundesarchiv.de/sed-fdgb-netzwerk/abkuerzungen.html.

Geschichte des Kulturbundes der DDR, Gesellschaft für Heimatgeschichte, Bezirksvorstand Leipzig

Mit der Verabschiedung der Leitsätze und der Berufung der Mitglieder des Zentralvorstandes konstituierte sich Anfang 1979 in Berlin die "Gesellschaft für Heimatgeschichte" im Kulturbund der DDR (KB). Neben der Historiker-Gesellschaft als der vor allem Berufshistoriker umfassenden Organisation entstand damit ein Rahmen für die Weiterentwicklung der Aktivitäten einer großen Zahl von Geschichtsfreunden, die es von jeher im KB gab. Im Frühsommer desselben Jahres zeichnete sich der Bezirksvorstand Leipzig ab, der dann auf einer Bezirksleitungssitzung des KB aus Anlass des 30. Jahrestages der DDR im Oktober 1979 berufen wurde.
Hervorgegangen ist diese Organisationsform aus den Natur- und Heimatfreunden. Im Bezirk hatten sie ihr Leitungsgremium in der Bezirkskommission "Natur und Heimat" bei der Bezirksleitung des KB. Ihr nachgeordnet waren mehrere Bezirksfachausschüsse (BFA), in deren Händen die fachspezifische Anleitung der Fachgruppen bzw. Arbeitsgemeinschaften in den Kreisen lagen. Kreiskommissionen "Natur und Heimat" hat es im Bezirk Leipzig über viele Jahre hinweg nur einzelne gegeben; hervorgetreten sind nur diejenigen von Altenburg und für die Stadt Leipzig. In dieser Form waren zusammengefasst sowohl natur- wie gesellschaftswissenschaftliche Interessengebiete. Das waren Gruppen der Freunde des Naturschutzes, der Geologie, Ornithologie, Astronomie, Botanik, Aquarien- und Terrarienkunde auf der einen Seite, auf der anderen waren es Freunde, die sich mit Numismatik, Zinnfiguren, Heimatgeschichte und Denkmalpflege befassten. Ende der 1970er Jahre waren in diesem Rahmen im Bezirk Leipzig fast 3.500 KB-Mitglieder tätig, die in etwa 100 Fachgruppen bzw. Arbeitsgemeinschaften organisiert waren. BFA gab es acht an der Zahl.
Ihre und die Wirksamkeit der Bezirkskommission selbst lagen neben der anleitenden Tätigkeit in der regelmäßigen Veranstaltung von Bezirksfachtagungen und in insgesamt zwei Bezirkstreffen, die Vertreter aller Fachgebiete zusammenführten. Das erste Treffen dieser Art im Bezirk Leipzig fand in Mutzschen statt, das zweite (1977) auf der Burg Gnandstein. Diese Treffen hatten je über 100 Teilnehmer. Mit den Bezirksfachtagungen waren allein 1977 über 1.500 Teilnehmer solcher Veranstaltungen nur auf der Bezirksebene zu verzeichnen. Das Wertvolle lag in der interdisziplinären Arbeitsweise, wo der Heimathistoriker etwas vom Botaniker oder Ornithologen usw. lernen konnte und umgekehrt. An die Stelle der Bezirkstreffen rückten dann die Landschaftstage, als landeskulturelle Bemühungen aktuell wurden. Vorausgegangen war ein landeskulturelles Kolloquium. Der erste Landschaftstag fand in Kössern statt, der zweite galt – 1978 – in Windischleuba der Bergbaufolgelandschaft. Die Bezirkskommission veranstaltete ferner regionalgeschichtliche Kolloquien. Hervorzuheben ist weiter die Ausstellungstätigkeit von Fachgruppen: Zinnfiguren im Torhaus Dölitz als ständige Ausstellung der entsprechenden Fachgruppe, Ausstellungen im Naturwissenschaftlichen Museum Leipzig und im Mauritianum Altenburg der naturwissenschaftlich orientierten Gruppen. Einen besonderen Rang hatten die Bezirksmünzausstellungen, deren zweite 1977 stattfand.
Die Bezirkskommission gab ein gedrucktes Jahresprogramm heraus, das die Aktivitäten vor allem der vielen Fachgruppen auswies. Die 8. und letzte Ausgabe erschien Anfang 1978 mit 80 Seiten Umfang. Als Publikationsorgane standen ihr die "Sächsischen Heimatblätter" und der "Rundblick", speziell noch die avifaunistische "Actitis" zur Verfügung. Als der KB zur Bildung von Gesellschaften überging, entstand 1977 aus dem BFA Denkmalpflege der Bezirksvorstand der gleichnamigen Gesellschaft. Bis dahin hatte es keine speziellen Fachgruppen auf diesem Gebiet gegeben, die Denkmalpflege war vielmehr in den heimatgeschichtlichen Gruppen integriert. Nun entstand in kurzer Zeit eine große Interessengemeinschaft Denkmalpflege in Leipzig, danach Kreisvorstände und auch Interessengemeinschaften in den Kreisen. Als sich die Gesellschaft für Heimatgeschichte bildete, stellte die Bezirkskommission ihre Tätigkeit ein, zumal sich die dritte Säule in Gestalt des Bezirksvorstandes der Gesellschaft "Natur und Umwelt" zu diesem Zeitpunkt schon abzeichnete. Die vierte konstituierte sich später: eine Bezirkskommission für Vivaristik. Vor allem durch die Landschaftstage hatte die Bezirkskommission vorbereitend gewirkt auch für die Gesellschaft "Natur und Umwelt".
An der Spitze der Bezirkskommission hatte in den 1960er Jahren W.-D. Beer (Naturwissenschaftliches Museum), um 1970 L. Noack (Zentralhaus für Kulturarbeit), danach ab 1971 M. Unger mit W.-D. Beer als stellvertretendem Vorsitzenden gestanden, wobei letzterer für den naturwissenschaftlich orientierten Teil zuständig war. Zum Zeitpunkt der Konstituierung 1979 waren der "Gesellschaft für Heimatgeschichte" etwa 50 Fachgruppen bzw. Arbeitsgemeinschaften im Bezirk zugeordnet, in denen rd. 1.300 KB-Mitglieder tätig waren. Bis zur Jahreswende 1985/86 erhöhten sich diese Ziffern auf etwa 75 Fachgruppen und 1.800 Mitglieder. 1988 stiegen die Zahlen auf 80 Fachgruppen mit über 2.000 KB-Mitgliedern.
Zuerst nur berufen, wurde der Bezirksvorstand auf der ersten Bezirksdelegiertenkonferenz der Gesellschaft im November 1980 gewählt. Auf der Bezirksebene standen ihm damals zwei BFA zur Seite: übernommen worden war der BFA Numismatik, neugebildet der für die Ortschronikarbeit. Hinzu kam ein Arbeitskreis für Agrargeschichte. In den Kreisen gab es 1980 fünf Kreisvorstände, und zwei waren in Vorbereitung. Im Jahr 1985 hatten alle Kreise Kreisvorstände, und auf der Ebene der BFA war einer für Ur- und Frühgeschichte hinzugekommen. Schließlich wurde der Stadtvorstand für Leipzig gebildet. Bis 1988 erreichte die Gesellschaft eine geradezu optimale Struktur, indem bis dahin noch 3 Stadtbezirksvorstände in Leipzig, ein BFA Kulturgeschichte/ Volkskunde und ein Arbeitskreis "1813" hinzukamen.
Auf der Bezirksebene bildeten zunächst weiter die regionalgeschichtlichen Kolloquien, dann aber Vortragszyklen Schwerpunkte der Arbeit. Der erste mit großer Resonanz galt der sächsischen Geschichte. Er ist 1982/84 unter dem Titel "Sächsische Geschichte im Überblick" publiziert worden. Es folgten der Zyklus zur Geschichte der Stadt Leipzig 1985/86, danach – beendet 1988 – einer zu Persönlichkeiten sächsischer Geschichte mit 18 Themen. In den Kreisen wurde auf Kolloquien wie z.B. in Torgau, Vortragreihen zur Regionalgeschichte der Kreise wie in Leipzig-Land und Torgau, auf Geschichtskonferenzen bzw. regelmäßige Tage der Heimatgeschichte orientiert. Diese Aktivitäten standen im Zeichen der Erbe- und Traditionskonzeption, die Anfang der 1980er Jahre der regionalgeschichtlichen Arbeit wesentliche Impulse gegeben hatte.
Ein Schwerpunkt entstand in der Anleitung der Ortschronikarbeit mit der Bildung der Kreis-Arbeitsgemeinschaften und schließlich der ersten Ortschronistenkonferenz des Bezirkes im Dezember 1985. Als Partner des Rates des Bezirkes, Abt. Kultur, kommt der Gesellschaft ein hoher Anteil am Aufbau der Ortschronikarbeit zu. In diesem Zusammenhang entstand eine Reihe von ortsgeschichtlichen Publikationen, unter denen die zur Leipziger Vorortsgeschichte sowie die zu Orten in den Kreisen Geithain und Delitzsch hervorzuheben sind. Unverändert blieb die Beteiligung an den "Sächsischen Heimatblättern", am "Rundblick". Daneben gab der Bezirksvorstand die "Arbeitshefte" heraus.
Auf numismatischem Gebiet wurden die Kreis- und Bezirksausstellungen fortgeführt, 1985 die 4. Bezirksmünzausstellung in Borna veranstaltet. Hervorgetreten sind die beiden größten Fachgruppen, die für Stadtgeschichte Leipzigs mit über 200 Mitgliedern (1985) und die für kulturhistorische Zinnfiguren mit 150 Mitgliedern und ihre Ausstellung im Torhaus Dölitz. Letztere beging 1985 ihren 25. Jahrestag (gleichzeitig mit dem 30. der Fachgruppe). Für die Fachgruppen zur Geschichte der Völkerschlacht bildete das Jubiläum im Oktober 1988 den bisherigen Höhepunkt, wobei sich über 300 Freunde am "Biwak" beteiligten. Durch die Aktivitäten in Ur- und Frühgeschichte, auch in Volkskunde usw., die Zunahme der Arbeit in den Kreisen und in der Stadt Leipzig wurde eine achtenswerte Breite und Wirksamkeit erreicht.
Hatte der Bezirksvorstand Anfang der 1980er Jahre Wert auf eigene wissenschaftliche Veranstaltungen gelegt, auch eine Artikelreihe in der "LVZ" und anderen Bezirksorganen betreut, so war er ab Mitte der 80er Jahre mehr bemüht, die Basis in den Kreisen und in der Stadt Leipzig zu stärken. Das galt den Ortsjubiläen, der ortsgeschichtlichen Arbeit mit dem Bestreben, eine zunehmend wissenschaftliche Durchdringung zu erreichen. Insgesamt wird man für die erste Hälfte der 1980er Jahre in diesem Rahmen von einem bemerkenswerten Aufschwung in der Regionalgeschichte sprechen können. Das kommt vor allem auf der Kreis- und Fachgruppenebene zum Ausdruck, wo die Arbeit anspruchsvoller und kulturpolitisch effektiver geworden ist. An Neubildung von Fachgruppen sind z. B. Anfang 1986 eine für Heraldik und eine für Archäologie, Anfang 1989 eine für Messegeschichte – alle in Leipzig – zu nennen. Bemerkenswerte Ereignisse waren z. B. im November 1988 das Kolloquium aus Anlass des 50. Jahrestages der Pogromnacht (mit fast 200 Teilnehmern) und im Februar 1989 das aus Anlass des Wettin-Jubiläums, die sehr große Resonanz fanden. Der Bezirksvorstand arbeitete nicht zuletzt in Partnerschaft mit der Historiker-Gesellschaft, ihrem Bezirkskomitee, und ordnete sich den Aktivitäten der Bezirkskommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung zu, wie auch in den Kreisen eine Zusammenarbeit zwischen den Kreisvorständen und den Kreiskommissionen Arbeiterbewegung entstanden ist.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung, Stand 1989

Der 10. Jahrestag der Gründung der Gesellschaft war im Jahr 1989 Anlass, die Dokumente des Bezirksvorstands zu sichten, zu ordnen und zu verzeichnen, um sie – hervorgegangen aus der Tätigkeit seiner Leitung – als Quelle der Organisationsgeschichte zu bewahren und für KB-Geschichte nutzen zu können.
Die vom Vorsitzenden des Bezirksvorstands in seiner ehrenamtlichen Funktion geführte Schriftgutablage wurde als Bestand konstituiert. Parallel dazu ist die Registratur im Bezirkssekretariat des KB zu beachten, wo beim hauptamtlichen Sekretär – zuständig für alle drei Gesellschaften – eine, wahrscheinlich größere, Ablage entstanden ist. Die vorliegende enthält Pläne, Programme, Drucksachen, Schriftwechsel und dergleichen, die sowohl die Aktivitäten des Bezirksvorstandes wie von BFA, von Kreisen und auch einzelnen Fachgruppen reflektieren. Eine Protokoll- und Beschlussreihe wurde beim Vorsitzenden nicht ausgefertigt. Niederschriften der jährlich zwei bis drei Bezirksvorstandssitzungen sowie der – häufigeren – Sitzungen des Arbeitsausschusses gab es nur als stenografische Notizen, die nicht oder selten in die Ablage genommen wurden. Es ist im Grunde eine ungegliederte Serie. Da es zwischen der Bezirkskommission der 1970er Jahre und dem Bezirksvorstand nicht wenig Kontinuität gab, schien es zweckmäßig, die Dokumente der ersten Phase (bis 1979) mit aufzunehmen, so dass es sich eigentlich um einen zusammengefassten Bestand "Natur und Heimat" und "Gesellschaft für Heimatgeschichte" handelt. Die Bestandsbezeichnung richtet sich dabei nach dem zeitlich und (schon jetzt) im Umfang überwiegenden Teil. Von den älteren Dokumenten der Bezirkskommission " Natur und Heimat", der Registratur der 1950er und 60er Jahre, die damals beim Vorsitzenden entstanden sein muss, ist offensichtlich nichts überliefert. Es ist nur zu hoffen, dass es eine gewisse Parallel-Überlieferung aus dem Bezirkssekretariat des KB gibt.
Als Gliederung bot sich an, zunächst zwischen der Bezirkskommission und dem Bezirksvorstand mit der Zäsur 1979 zu unterscheiden. Innerhalb des Bezirksvorstands der Gesellschaft für Heimatgeschichte bilden die kurze Phase zwischen Berufung des ersten Bezirksvorstands und der ersten Bezirksdelegiertenkonferenz von 1980 eine Aktengruppe. Dann liegen die Einschnitte immer bei den Delegiertenkonferenzen. Dazwischen gibt es nur einfache, chronologische Reihung. Von daher ist jederzeit eine Fortsetzung möglich. Was den Inhalt anbelangt, so ist eine Aussage sicher begrenzt. Die Dokumente vermögen vor allem einzelne Sachverhalte, Ereignisse in Form von Veranstaltungen (Daten, Namen, Themen) zu bieten. Analytische, Berichtstexte sind seltener. Man muss von vornherein damit rechnen, dass viele Leitungsvorgänge mündlich geblieben, schriftlich nicht fixiert sind. Wenn z. B. Dokumente der Koordinierung zwischen der Bezirkskommission Arbeiterbewegung, auch dem Bezirkskomitee der Historiker-Gesellschaft und dem BV der Gesellschaft und Heimat fehlen, dann deshalb, weil es sie gar nicht gegeben hat, das mündlich, auch oft nur telefonisch erfolgte. Leider gibt es aus den ersten Jahren nach 1971 wenig Überlieferung. Damals wurde davon ausgegangen, dass alles beim Bezirkssekretariat in der K.- Kollwitz-Str. 115 festgehalten sei und das genüge. Erst später stellte sich heraus, dass eine eigenständige Registratur des Vorsitzenden zweckmäßig, notwendig war. Auf diese Weise setzt die Überlieferung von der Person des Vorsitzenden her relativ spät ein. Und erst 1986 war klar, diese Akten als einen eigenen Bestand aufzustellen. Das war nicht ohne Wirkung auf die Überlieferungslage.
Das Findbuch wurde in drei Exemplaren ausgefertigt, eines davon ist an das Bezirkssekretariat des KB gegangen. Dort wurde Anfang 1989 eine Bewertung und Erschließung des Bestands Bezirksleitung des KB begonnen. Gleichzeitig gelang es bei der Stadtleitung Leipzig den entsprechenden Archivgutbestand zu bilden. Er wurde mit Studenten erschlossen und im März 1989 dem Staatsarchiv übergeben. Damit ist deutlich, dass die Aufmerksamkeit für archivalische Quellen als Voraussetzung für KB-Geschichte nun vorhanden ist. So war es am 16. Febr. 1989 möglich, vor dem Kreissekretariat des KB im Bezirk über diese Anliegen zu referieren.

Manfred Unger

Februar 1989

Nachtrag 1990 zur Einleitung

Am 22. Mai 1990 hat der Bezirksvorstand Leipzig der Gesellschaft für Heimatgeschichte – zusammen mit dem für Denkmalpflege – das letzte Mal beraten und seine Aufgaben dem gemeinsamen Regionalvorstand für den Bezirk in einem "Sächsischen Landesverband für Heimatgeschichte und Denkmalpflege" im Kulturbund, dessen Gründung sich abzeichnet, übertragen. Der kleine Vorstand wird aber lediglich koordinierende Belange wahrnehmen und auch diese wahrscheinlich nur bis zu dem Zeitpunkt, wo sich die Landestruktur durchgesetzt hat. Nach gut 10 Jahren ist damit ein deutlicher Einschnitt gegeben.
An der Jahreswende zählten beide Gesellschaften zusammen im Bezirk etwa 2.500 KB-Mitglieder, davon ungefähr 300 auf dem Gebiet der Denkmalpflege. Das war gut ein Zehntel der Mitglieder der gesamten Bezirksorganisation des Kulturbundes. Die Zahl der Fachgruppen, Arbeitsgemeinschaften usw. belief sich gemeinsam auf rund 90. Der Wunsch, wieder enger zusammenzurücken, hatte sich schon im vergangenen Jahr abgezeichnet, wo es erstmals zu einer gemeinsamen Sitzung beider Arbeitsausschüsse gekommen war. Es lag daher nahe, dass auf den Bezirksdelegiertenkonferenzen zu zwei Gesellschaften, die der Vorbereitung des außerordentlichen Bundeskongresses dienten – am 3. bzw. 10. Februar 1990 – der Vorschlag aufgegriffen wurde, künftig zusammenzugehen und sich auf der Landesebene zu organisieren. Ähnliche Vorstellungen gab es in Karl-Marx-Stadt und dann auch in Dresden. Sie mündeten in den "Sächsischen Landesverband für Heimatgeschichte und Denkmalpflege", wobei H.-H. Kasper (Freiberg) den Vorsitz des entsprechenden Initiativkomitees übernahm, dem jeweils Vorsitzender und Stellvertreter der drei Bezirke angehören. Das entsprach der gleichzeitigen Bildung einer Landesorganisation des KB.
Der Kulturbund hatte wohl nicht im Zentrum des politischen Systems der DDR gestanden. Allenfalls konnten Präsidialrat und Bundessekretariat dazu gerechnet werden. Sie wurden daher während der demokratischen Revolution im Herbst 1989 zuerst mit von der Krise des Systems erfasst. Der Zentralvorstand der Gesellschaft für Heimatgeschichte tagte das letzte Mal in Erfurt; faktisch stellte er danach seine Tätigkeit ein, wie auch die "Blätter für Heimatgeschichte" abbrachen.
Als die Umwälzung an Tiefe schnell zunahm, gerieten auch die regionalen und örtlichen Strukturen in Bewegung. Das vollzog sich bis zum Frühjahr 1990 in unterschiedlicher Weise. Im Mai wurde klar, dass mit der für Ende Juni angesagten Gründung der Sächsischen Numismatischen Gesellschaft um die 800 Mitglieder mit mehr als 20 Fachgruppen aus der bisherigen Gesellschaft ausscheiden, aber im KB verbleiben würden. Darin liegt eine Konsequenz, wie sie u. a. in den Aktivitäten des Arbeitskreises für sächsische Münzkunde angelegt war. Auf der Ebene anderer BFA, der Arbeitskreise "1813" und Agrargeschichte zeichneten sich keine Veränderungen ab, auch nicht bei der FG Stadtgeschichte Leipzig, in Wurzen, Eilenburg und Grimma. Dagegen konstituierten sich die Kreisvorstände Torgau und Altenburg zusammen mit Fachgruppen als Torgauer bzw. Osterländischer Geschichtsverein, wobei man in Altenburg auch die Trennung vom KB ins Auge fasste, was auch für den neuen Heimatverein Mügeln gilt, während die Schmöllner Freunde im KB verbleiben möchten. Dazu zeichnet sich für Altenburg und Schmölln das Ausscheiden nach Thüringen ab. Eine Vereinsgründung – innerhalb des KB und des Verbands für Heimatgeschichte und Denkmalpflege – hat sich in Oschatz vollzogen. Mit weiteren Änderungen ist zu rechnen. Ähnlich dem Erzgebirgsverein hat sich der Landesverein Sächsischer Heimatschutz neu gebildet; letzterer dürfte für den Bezirk anziehend wirken, auch wenn z. Z. ein Zögern, neue Mitgliederschaften einzugehen, verständlich ist. Voraussichtlich dauern die Strukturveränderungen bis in das nächste Jahr an.
Primär ist die eigentliche heimatgeschichtliche Arbeit, sind Vorträge, Exkursionen, Publikationen, sind der "Rundblick" und die Mitwirkung an den "Sächsischen Heimatblätter". Seit Anfang der 1980er Jahre ist die "Gesellschaft für Heimatgeschichte" des Bezirkes auf sächsische Geschichte orientiert, auf Regionalgeschichte der Kreisterritorien, Ortgeschichte von den Anfängen in ur- und frühgeschichtlicher Zeit bis zur Gegenwart mit dem Bemühen in mehreren Kreisen, auf ein Lexikon der Ortsgeschichte des Kreises zuzukommen, auf Biografisches, auf Genealogie, Heraldik, Numismatik, Zinnfiguren, Sammeln wie Ausstellen, ohne dass – im damaligen Blickwinkel – etwas ausgeklammert sein sollte. Allenfalls sind in der Heimatgeschichte Arbeiterbewegung und Betriebsgeschichte zu kurz gekommen. Auch war stets spürbar eine hohe Eigenständigkeit, damit verbunden war (ganz selbstverständlich), dass die Mitarbeit jedermann offenstand. Das drückte sich in der thematischen Vielseitigkeit aus. Fixpunkte der letzten Zeit waren auf der Bezirksebene z. B. das Kolloquium über jüdische Geschichte Ende 1988, der Leipziger Beitrag zur der Münzausstellung zum Wettin-Jubiläum auf der Albrechtsburg und das Kolloquium zu den Wettinern und der Mark Meißen von 1307 bis Anfang 1989. Zu nennen sind das "Biwak" im Oktober 1988 am Völkerschlachtdenkmal mit seinem Versuch, Geschichte szenisch darzustellen, bis hin zu internationalen Kontakten wie die beständige Ausstellungsarbeit in Leipzig-Dölitz mit immer wieder neuen Dioramen, auch mit Ausstellungsbeteiligungen im Ausland. Für die 850-Jahrfeier Leipzigs 1990 ist ein Heft der "Arbeitshefte" im Druck und eines der "Sächsischen Heimatblätter" (2. Halbjahr) erschienen. Im Februar / März 1990 wurde ein methodisches Seminar zu ortsgeschichtlicher Darstellung in vier Teilen vom entsprechenden BFA veranstaltet sowie ein Kolloquium über das Jahr 1790 vorbereitet.
Verglichen mit der Zuspitzung der ökonomischen Probleme im Ballungsraum Leipzig-Borna für die Gesellschaft Natur und Umwelt oder mit den nicht minder zugespitzten ökonomischen Zwängen in der Denkmalpflege mögen die Bemühungen in der "Gesellschaft für Heimatgeschichte" im Bezirk Leipzig geradezu unproblematisch anmuten. Für die Zukunft haben aber die demokratische Revolution im Herbst 1989 und die schnelle Übergangsperiode im Hinblick auf den Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland neue Fragen an die Geschichte aufgeworfen. Aus dieser Gegenwart heraus stellt sich auch Neues für die Heimatgeschichte. Es ist zu hoffen, dass sich eine Erweiterung und nicht eine Einengung des Geschichtsbildes ergibt. Bewährtes bei allen anstehenden Veränderungen nicht negiert wird. Gebraucht werden viel größere Mitgliederzahlen, z. B. in einem künftigen Leipziger Geschichtsverein nicht nur 300 Mitglieder, sondern tausend, darunter viele neue Kräfte, die gewillt sind, die fachliche und organisatorische Arbeit mitzutragen, wie man das z. B. von Geschichtslehrern erwarten sollte. Wesentlich ist, dass die materiellen Grundlagen für die Publikationstätigkeit erneuert werden. Entscheiden sind bei allem weniger die Strukturen als vielmehr die heimatgeschichtliche Arbeit selber. Nötig ist ein enger Kontakt zur Geschichtswissenschaft, zu Richtungen wie der Sozial- und Alltagsgeschichte. Erforderlich ist, dass Geschichtsfreunde über kommunale und staatliche Stellen des Landes tatsächlichen Einfluss erhalten auf die Bewahrung von Baudenkmalen, historischen Ortskernen angesichts der zu erwartenden Neubauwelle in den Stadt- und Ortzentren, auch dass sie Museen und Archive zur Seite stehen können. Nicht zuletzt wird es darauf ankommen, die DDR-Ära mit wissenschaftlichen Mitteln (Methoden) kritisch wie in differenzierter Weise aufzuarbeiten, nicht zu umgehen.
Im Unterschied zu den Leitungen der beiden anderen Gesellschaften blieb die des Bezirksvorstandes für Heimatgeschichte Ende 1989/90 unverändert. Bemerkenswert ist, dass die Kreisvorsitzenden von Torgau, Geithain und Altenburg in der Bürgerbewegung der Herbstmonate tätig gewesen sind. Einiges wird auch künftig vom Umfeld abhängen, von der Entwicklung der Sektion Geschichte der Universität, an den Museen in den Kreisstädten, vor allem im Museum für Geschichte der Stadt Leipzig, auch im Staatsarchiv Leipzig. Nicht zuletzt werden das Schicksal des Kulturbundes und die Impulse, die von der Landesebene ausgehen, in den nächsten ein bis zwei Jahren großen Einfluss ausüben können.
Was das Schriftgut anbelangt, so sind vom Ende 1988 bis zum Frühsommer 1990 nur wenige Aktenbände entstanden. Sie werden als zweiter Teil den ersten angefügt. Nicht anders als die vorausgegangenen stellen sie die vom Vorsitzenden des BV geführte Ablage dar. Die Aktenbände dürfen viele einzelne Daten von Veranstaltungen und Beratungen reflektieren, über die Thematik hinaus dagegen weniger Inhalt widerspiegeln. Da muss auf die Publikationen verwiesen werden. Und hinzuweisen wäre auf das Schriftgut bei Kreisvorständen oder größeren Fachgruppen und entsprechenden Organisationen wie den BFA, sofern es überliefert und einst benutzbar sein wird. Der Bestand soll archivalische Quelle sein zur Geschichte der Pflege der Heimatgeschichte in der Leipziger Region unter den Bedingungen der 1970er und 1980er Jahre. Er kann es auch zur Geschichte des Kulturbundes sein. Darin ordnet er sich dem Archivgut der KB-Stadtleitung und der KB-Bezirksleitung zu, das sich seit kurzem im Staatarchiv Leipzig befindet.

Manfred Unger

Juni 1990
Rechenschaftsberichte.- Arbeitspläne.- Konzeptionen.- Arbeitsprogramme.- Drucksachen.- Korrespondenzen.
Am 17. Januar 1979 fand die Gründungsversammlung der Gesellschaft für Heimatgeschichte in Berlin statt. Im Oktober 1979 konstituierte sich in Leipzig der Bezirksverband mit seinem Bezirksvorstand, der die historisch interessierten ehemaligen fast 1.300 Kulturbund-Mitglieder aus etwa 50 Fachgruppen und Arbeitsgemeinschaften im Bezirk Leipzig übernahm. Dem Bezirksvorstand unterstanden die Bezirksfachausschüsse für Numismatik und für Ortschronikarbeit, außerdem der Arbeitskreis für Agrargeschichte. Später kamen noch der Bezirksfachausschuss Kulturgeschichte/Volkskunde sowie der Arbeitskreis "1813" hinzu. Schwerpunkte der Arbeit des Vorstandes bildeten Vorträge zur sächsischen Geschichte, zur Geschichte der Stadt Leipzig und zu bedeutenden Persönlichkeiten der sächsischen Geschichte. Die letzte Beratung des Bezirksvorstandes fand am 22. Mai 1990 statt. In der Folge löste sich die Gesellschaft auf. Ihre Mitglieder traten mehrheitlich dem neu gegründeten "Sächsischen Landesverband für Heimatgeschichte und Denkmalpflege" bei.
  • 2020 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang