Hauptinhalt

Beständeübersicht

Bestand

22051 Nachlass Heinz Meynhardt

Datierung1953 - 1989
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,00
Zur Biographie Heinz Meynhardts

Der am 21. April 1935 in Burg bei Magdeburg als Sohn eines Fleischermeisters geborene Heinz Meynhardt erlernte nach dem Besuch der Grundschule von 1949 bis 1952 den Beruf eines Elektroinstallateurs, absolvierte die Arbeiter-und-Bauern-Fakultät und legte 1956 nach entsprechender Ausbildung seine Meisterprüfung ab. Er übernahm einen privaten Handwerksbetrieb in Burg, qualifizierte sich zum Fernsehmechaniker und spezialisierte sich auf Verkauf und Installation von Fernseh-Gemeinschaftsantennen. Lange Zeit beschäftigte er vier Mitarbeiter.

Daneben interessierten ihn seit frühester Jugend Tiere und die Biologie. Er züchtete mit Erfolg insbesondere Sittiche und Papageien im großen Stil sowie Bullterrier als Jagdgebrauchshunde. Bereits Anfang der 1960er Jahre war er in seiner Region so bekannt und geachtet, dass er am 27. Januar 1962 zum Vorsitzenden des neugründeten Kreisverbandes des VKSK (Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter) gewählt wurde. Für die DDR-Erstzucht von Graupapageien erhielt er 1969 einen staatlichen Preis, einer seiner Bullterrier-Rüden wurde etwa zur gleichen Zeit auf einer Weltjagdausstellung in Budapest als "Weltmeister" geehrt. Nebenher war er zudem mit Mitgliedern einer benachbarten Jagdgesellschaft befreundet bzw. gehörte einer solchen an.

Wann Heinz Meynhardt genau zu filmen begonnen hat und warum, ist unklar, vermutlich um 1970. Wahrscheinlich ging es ihm vor allem um die visuelle Dokumentation seiner züchterischen Erfolge und weniger um künstlerische Reflexionen (wiewohl er guten Bildeinstellungen und einer angemessenen Musikuntermalung in seinen Werken stets einen wichtigen Platz einräumte). Er nahm als Amateurfilmer grundsätzlich mit 16mm auf, überwiegend arbeitete er mit der sowjetischen Kamera "Krasnogorsk". Meynhardt war ab den 1970er Jahren in die Amateurfilmszene seines Heimatbezirkes Magdeburg involviert, beteiligte sich nicht ohne Erfolg an Filmwettbewerben und hatte offenbar auch Kontakt zur Zentralen Arbeitsgemeinschaft Amateurfilm beim Zentralhaus für Kulturarbeit Leipzig. Er gehörte, soweit bekannt, nie einem Studiokollektiv an und galt somit als "Einzelfilmer", wenngleich er auch Beziehungen zum Zentralstudio Magdeburg hielt. In seinen Amateurfilmen, die oft keinen fertigen "Werkcharakter" tragen und gelegentlich für Vortragszwecke umgeschnitten wurden bzw. in mehr als einer Variante existieren, gibt es zwar Vor- bzw. Abspann mit seinem Namen, aber nie eine Datierung. Diese der offenbar fließenden Fertigstellung seiner Filme und Mehrfachverwendung von Filmsequenzen geschuldete Vorgehensweise erschwert die chronologische Zuordnung seiner Produkte, welche nur aus begleitenden Zeitdokumenten erfahrbar ist. Meynhardt hat sich auch nie als "Regisseur" bezeichnet bzw. in seinen Credits die Funktion "Regie" vermerkt.
Seine anscheinend ersten überlieferten Streifen, die, auch dies ist nur zu vermuten, um 1970 entstanden und in Schwarz-weiß produziert wurden, behandeln filmisch noch recht ungelenk, aber dokumentarisch durchaus interessant das Jagdtreiben im Grabower Forst bei Burg (auch Stresower Heide bzw. Wüstenjerichower Forst): "Hasenjagd der Jagdgesellschaft Burg" und - als Fragment ohne Ton - "Film von der Jagd". Darauf, dass es sich hierbei bereits um fertige Titel und keine bloßen Übungen handelte, verweist die Titelgebung, die im ersten Fall sogar mit Vor- und Abspann, im zweiten zumindest mit entsprechender Büchsenbeschriftung dokumentiert ist. Aus der vorhandenen Quellenüberlieferung schließend, wurden beide Streifen in der Öffentlichkeit nicht reflektiert, was auf Vorführintentionen im internen Kreis hindeutet; vielleicht sollten die bewegten Bilder auch nur die geselligen Zusammenkünfte der weidmännischen Zunft im Grabow-Stresower Wäldchen vergolden.
Während Meynhardt das Wissen um seine Hundeleidenschaft filmisch lediglich in einigen Fragmenten aus jener Zeit preisgab, gelang ihm mit der Verarbeitung seiner anderen Passion - den gefiederten Exoten - ein kleiner Durchbruch. Sein Film "Der Wellensittich - ein Hausgenosse unserer Zeit" wurde im Bezirksmaßstab ausgezeichnet, geriet immerhin auf den Zentralen Leistungsvergleich 1974 und wurde bei den Oberhofer Amateurfilmtagen 1975 sogar mit einem Sonderpreis für gute Kameraführung bedacht. Zwar wirkt dieser Streifen über den beliebtesten deutschen Schoß-Vogel mit seinem belehrenden Impetus eher wie ein recht trockener Anleitungsfilm für das Halten und Züchten von Wellensittichen, dennoch stellt der Autor in einigen Sequenzen bereits seine Gabe für leichten und schnippisch-ironischen Humor unter Beweis, der - von der anhaltinisch gefärbten Zunge Meynhardts artikuliert - in späteren Werken immer wieder anklingen sollte. Ebenso auf künftige Spezialitäten des angehenden Tierfilmers weist eine zeitgenössische Kritik, die den "Einsatz von Originalgeräuschen und sehr seltene Sprachaufzeichnungen eines Wellensittichs" lobt (Erfolgreiches Amateurfilmschaffen im Bezirk Magdeburg, Eine Dokumentation des Bezirkskabinetts für Kulturarbeit Magdeburg 1979, S. 43); tatsächlich wirkt eine längere Tonpassage eines Sittichs mit einer einem Menschen täuschend ähnlichen Stimme zugleich erheiternd wie wissenschaftlich höchst interessant. Und eine weitere Eigenart Meynhardts deutet sich bereits an - sein Auftreten vor der Kamera selbst, das er in späteren Filmen immer wieder kultivieren wird und womit er (neben sicher vorhandener Eitelkeit) ganz offensichtlich seine wissenschaftliche Präsenz und Bedeutung auch visuell demonstrieren, quasi seine "Marke" setzen wollte.

War "Der Wellensittich" noch ausschließlich in den häuslichen Volieren des Autors entstanden, konnte Meynhardt sich hingegen bei den nächsten Werken schon ganz als Tierfilmer in freier Natur erproben - mit langen Brennweiten, Kamera-Zeltversteck und Funkfern-Bedienung. Er reiste nach Polen und nach Rumänien, um mit der Kamera Tierparadiese zu erkunden, allen voran das Donau-Delta, das er sehr häufig aufsuchte und über das einige Streifen entstanden. Für "Die Bläßralle" hatte der kenntnisreiche Ornithologe den am häufigsten vorkommenden Wasservogel Deutschlands ein Jahr lang beobachtet und räumte damit 1976/77 bei Bezirks- und DDR-Wettbewerben einige Preise ab. Eher als "Zwischenspiel" und "Fingerübung" gedacht war wohl ein nicht minder häufig gekürter, mithin kleinerer Streifen aus der gleichen Zeit, in dem Meynhardt sich in Makroaufnahmen versuchte und für eine "ökologische Schädlingsbekämpfung" aussprach: "So oder so?"
Seit dem Jahre 1973 eröffnete sich ihm ein völlig neues und zukunftsträchtiges Betätigungsfeld. Durch Zufall kam er "durch Vermittlung" seiner Jagdgemeinschaft mit Wildschweinen im nahen Grabower Busch in Berührung und bewies bei der Kontaktaufnahme ein "goldenes Händchen"; ganz offensichtlich besaß der an vielerlei Tierarten geschulte Meynhardt ein Sensorium für die Eigenarten auch der wilden Kreatur. Ihm gelang es, einen Sozialkontakt zu einer Rotte von Bachen und ihren Frischlingen aufzubauen, sie verhaltensbiologisch zu untersuchen und gleichzeitig zu filmen. So konnte er 1976 sein erstes Material zur Schwarzwild-Thematik vorlegen: "Die ‚Kinderstube' der Wildschweine". Der Film erregte zunächst nur in Amateurfilmkreisen Aufsehen, wurde aber auch im September 1976 im DDR-Fernsehen innerhalb der Programmnische "Amateurfilmkino" ausgestrahlt, was Meynhardt zusätzliche Popularität, aber noch nicht vollends den Durchbruch verschaffte. Der kam erst durch die Veröffentlichung eines Interviews mit ihm, welches die beliebte DDR-Gazette "Wochenpost" im Spätsommer 1977 (Nr. 34/1977), geführt von Michael Grüning, abdruckte und in dem ihm mit der Überschrift erstmals auch der Titel verliehen wurde, der ihn wenig später deutschlandweit bekannt und berühmt machen sollte: "Wildschwein ehrenhalber". Die Reaktion auf diesen Bericht muss wohl enorm gewesen sein und gelangte auch aus dem westlichen Teil Deutschlands zur Redaktion und zu Meynhardt selbst. Dieser Umstand veranlasste schließlich das nun endlich hellhörig gewordene Fernsehen der DDR dazu, im Rahmen der Reihe UMSCHAU zur Vorweihnachtszeit 1977 unter eben diesem Titel "H. Meynhardt - Wildschwein ehrenhalber" eine erste halbstündige Dokumentation mit dessen Material auf den Sender zu bringen, die, als Porträt bzw. "Erlebnisbericht" gedacht, einen populär gestalteten, etwas fiktionalen Charakter trug und in der die Sprecherparts von populären DDR-Schauspielern übernommen wurden: die "Ich"-Stimme für Meynhardt sprach Kurt Böwe, eine eher objektiv-allgemeine Rolle spielte der Kommentar von Wolfgang Winkler (in der zweiten Folge von Arno Wyzniewski). Einen Monat darauf wurde ein zweiter Teil ausgestrahlt, kurz vor Weihnachten 1978 der dritte. Diese Folgen machten in der DDR und darüber hinaus derart Furore, dass Meynhardt künftig wohl im Sender ein- und ausgehen konnte, letztendlich bis zu seinem Tod 32 Titel mitgestaltete und/oder -produzierte und zudem als Buchautor mit Publikationsmöglichkeiten auch im Westen Deutschlands agieren konnte. Sie verschafften ihm zugleich wohlwollende Einschätzungen des renommierten West-Tierfilmers Heinz Sielmann. Eine zehnteilige, an Kinder gerichtete Reihe namens "Wildschweingeschichten" (1981) - wieder leicht narrativ gestaltet, vom gestandenen Synchronsprecher Walter Wickenhauser erzählt und vom renommierten Thomas Natschinski mit Musik untermalt - wird das Jahr darauf auch in der ARD ausgestrahlt. Parallel dazu kann sich Meynhardt nun auch leisten, einige seiner privat produzierten Expeditionsfilme im Fernsehen - teilweise nach neuer Bearbeitung und mit professionellen Kommentarsprechern bestückt - zu zeigen, entstanden nach Reisen, die er vor allem mit dem Leipziger Tierfilmer Joachim Stein und dem Direktor des Naturkundemuseums Moritzburg, Dr. Herrmann Thomas, unternommen hatte. Herausragend hier besonders "Wilde Schweine im Donaudelta" (1981), wo der schon angesehene "Wildschwein-Forscher" die Rückwilderungen von Hausschweinen in den rumänischen Fluss-Mündungsgebieten dem Zuschauer wissenschaftlich engagiert und dabei doch unterhaltsam nahebringt. Aus heimatlichen Gefilden stammen dagegen zwei im Jahre 1983 ausgestrahlte Streifen, in denen sich wieder einmal der Ornithologe in Meynhardt im besten Sinne des Wortes "austobt" - "Heimische Vögel in Wald und Flur" und "Vögel an unseren Seen und Teichen". Vorgesehen war - gewissermaßen zur Vollendung einer "Trilogie" - ein dritter Teil mit dem etwaigen Titel "Vögel der Städte", der allerdings über einige - übrigens einfallsreiche und vielversprechende - fragmentarische Sequenzen nicht hinauskam.

Während verschiedene Resultate seiner Forschungen mit dem und am Schwarzwild über die Jahre kontinuierlich auf Zelluloid gebannt wurden, so Untersuchungen zur Kommunikation der Wildschweine untereinander, zum Brunftverhalten, zu Ablenkfütterungen usw., wirkte Meynhardt nicht minder intensiv an der "akademischen Front". Er versuchte stets, seine Forschungen mit aktuellem wissenschaftlichen "Hinterland" abzudecken, mit wissenschaftlichen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, sich selbst auf verhaltensbiologischem Gebiet fortzubilden und seine Ergebnisse in seriösen Fachorganen zu publizieren. Im Juli 1987 wurde er an der Karl-Marx-Universität Leipzig zum Dr. agr. promoviert.

Ab Anfang der 1980er Jahre unternahm Meynhardt auch Forschungs- und Vortragsreisen ins westliche Ausland einschließlich der BRD, die ihm schließlich wegen seiner Bekanntheit auch gewährt wurden. Im Zuge einer Einladung zur Teilnahme an einer Reise internationaler Jagdexperten nach Nordafrika in die tunesischen Ausläufer des Atlasgebirges stellte Meynhardt u. a. verhaltensbiologische Untersuchungen an dort vorkommenden Wildschweinen an, allein, ein offenbar fürs Fernsehen 1984 geplanter Film kam aus dem Rohschnittstadium nicht hinaus (ein Arbeitstitel unter mehreren: "Wildschweine in Nordafrika"). Hingegen wurde zu Ende 1986 eine zweite Reise des mittlerweile berühmten Forschers und Filmers auf den afrikanischen Kontinent in acht Halbstünder eingepackt und für den Bildschirm spektakulär aufgezogen: "Mit Heinz Meynhardt in Afrika". Der Reiselustige und Wissenshungrige weilte gemeinsam mit dem Magdeburger Sprachlehrer und Fotografen Eckhard Schulz im Sommer/Herbst 1985 mehr als drei Monate in Tansania und besuchte dort mehrere Nationalparks, um freilebende Warzenschweine, Schimpansen, Giraffen, Flusspferde u. a. zu beobachten. Nach einem seinerzeit in der DDR auch in offiziellen Kreisen vielbeachteten filmischen "Zwischenspiel" über das bekannte niedersächsische Zoogehege "Walsrode - Ein Park für Vögel" (1987) vermochte er 1988 nach Australien zu reisen und auf Einladung der Universität Queensland Nationalparks und Tierreservate besuchen. Heraus kam eine diesmal zweiteilige Reihe - seine letzte abgeschlossene Produktion. Im Jahre 1989 begann er mit Bild- und Tonaufnahmen über den in der saarländischen Stadt Merzig lebenden, ehemaligen Bundeswehr-Stabsfeldwebel Werner Freund, auch als "Mister Abenteuer" oder "Wolfsmensch" bekannt, der im dortigen Kammerforst ein Rudel - allerdings gefangener - Wölfe betreute. Einen Film darüber konnte Meynhardt allerdings nicht mehr vollenden, da er am 27. Oktober 1989 in seiner Heimatstadt verstarb. "Mister Abenteuer und seine Wölfe" wurde vom Deutschen Fernsehfunk fertiggestellt und am 25. Oktober 1990 ausgestrahlt.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Der Nachlass wurde am 1. September 1998 von der Witwe Heinz Meynhardts als Schenkung übernommen. Den Kontakt zum Sächsischen Staatsarchiv vermittelte der Leipziger Natur- und Tierfilmer Joachim Stein, der Meynhardts Partner bei verschiedenen Filmvorhaben war. Die Erschließung des Bestandes wurde 2011 durch Dr. Volker Petzold vorgenommen.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand umfasst 55 Titel mit über 400 Stücken, darunter fertige Filme, Roh- und Schnittmaterial, Tonbänder und Mischungen. Den Schwerpunkt bilden Filme über Vögel und Wildschweine sowie zu Forschungsreisen nach Afrika.

Hinweise zur Benutzung

Die im Bestand enthaltenen Unterlagen waren bereits bei ihrer Entstehung für die Veröffentlichung bestimmt und unterliegen nicht den Schutzfristen nach Absatz 1 SächsArchivG. Zu beachten sind die Urheber- und Verwertungsrechte nach Heinz Meynhardt sowie etwaige noch bestehende Verwertungsrechte, die sich aus den vertraglichen Vereinbarungen von Heinz Meynhardt mit dem Fernsehen der DDR ergeben.

Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS 8.3. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 22051, NL Meynhardt, Nr. (fettgedruckte Zahl).

Volker Petzold

Juni 2011
Filme über Vögel und Wildschweine sowie zu Forschungsreisen nach Afrika.
Heinz Meynhardt (1935 - 1989) betrieb zunächst als Elektroinstallateurmeister einen privaten Handwerksbetrieb in Burg und spezialisierte sich später auf den Verkauf und die Installation von Fernsehgemeinschaftsantennen. Er züchtete daneben mit Erfolg insbesondere Sittiche und Papageien im großen Stil sowie Bullterrier als Jagdgebrauchshunde. Um 1970 begann er zu filmen, zunächst vor allem Vögel. Bekannt wurde er später mit seinen zahlreichen Filmen über Wildschweine, die verhaltensbiologische Studien wiedergaben und auch im DDR-Fernsehen ausgestrahlt wurden. 1987 wurde H. Meynhardt an der Universität Leipzig zum Dr. agr. promoviert.
  • 2016 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
Sitemap-XML zurück zum Seitenanfang