Beständeübersicht
Bestand
22065 Nachlass Hermann Reichenbach
Datierung | 1911 - 1980 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 1,00 |
Zur Tätigkeit von Hermann Reichenbach
Biografische Daten zu Hermann Reichenbach ließen sich im Staatsarchiv Leipzig nicht ermitteln. Den Unterlagen des Bestandes ist zu entnehmen, dass er ab 1909 die Gaststätte "Zur Guten Quelle" in Großenhain (Grundbuch Großenhain, Blatt 132) betrieb. 1912 verkaufte er das Grundstück, um ein Lichtspielhaus mit Automaten-Restaurant in der Klostergasse 14 – 16 zu eröffnen. Die Grundstücke hatte er zuvor erworben und die Gebäude aufwendig umgebaut.[01]
Hermann Reichenbach engagierte sich im "Reichsverband Deutscher Lichtspieltheaterbesitzer" und im "Verein der Lichtspieltheaterbesitzer von Dresden und Umgebung e. V.". Dieses Engagement und der Geschäftsbetrieb seines Lichtspielhauses sind durch die überlieferten Unterlagen gut dokumentiert.
Mit zunehmendem Erfolg der Lichtspielhäuser spielte die Frage der Urheber- und Verwertungsrechte eine immer größere Rolle. Bei den Stummfilmen bezogen sich diese auf die Nutzung der Noten für die musikalische Begleitung, bei den Tonfilmen auf die im Film verwendeten musikalischen Werke. 1903 wurden unter Mitwirkung von Richard Strauß bereits die "Genossenschaft Deutscher Tonsetzer" (GDT)[02] und mit ihr die "Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht" (AFMA) gegründet. Sie vertraten die Ansprüche von Tonsetzern, Textdichtern und Verlegern. Es gab einen Vertrag mit der österreichischen "Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger" (AKM).[03]
1909 gründete die GDT die "Anstalt für mechanisch-musikalische Rechte GmbH" (AMMRE), deren Aufgabe die Verwertung mechanischer Vervielfältigungsrechte für Schallplatten war.[04]
1915 wurde die "Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte" (GEMA) gegründet, die sich 1930 mit der AKM zum "Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte für Deutschland" zusammenschloss.[05]
Es gab also auf der einen Seite den Verband aus GEMA/AKM, der hauptsächlich Verwertungsrechte für Werke der U-Musik besaß und auf der anderen Seite die GDT/AFMA mit Verwertungsrechten für Werke der E-Musik. Die AMMRE blieb zunächst eigenständig. Die GDT trat schließlich 1930 Verband bei.
Ab 1933 wurde aus dem GEMA-Verband die "Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte" (STAGMA). Der nationalsozialistische Staat hatte somit erheblichen Einfluss auf die Nutzung von Verwertungsrechten. 1938 wurde auch die AMMRE Teil der STAGMA.
Vor allem ab Ende der 1920er Jahre gab es immer wieder Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten bezüglich der Urheber- und Verwertungsrechte von Musik in Stumm- und Tonfilmen. Musiker kündigten ihre Verträge, die Verwertungsgesellschaften bestanden auf den Verwertungsrechten und verklagten die Lichtspieltheaterbesitzer, die oft nicht wussten, wer die Rechte an den Werken besaß usw. Änderungen des Urheberechtsgesetzes verkomplizierten die Situation zusätzlich.
Die Besitzer der Lichtspieltheater unterstützten sich gegenseitig. Die Lichtspieltheater-Vereine und -Verbände betrieben großen Aufwand, um die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen. Diese hatten Anfang der 1930er Jahre oft wirtschaftliche Probleme und konnten den ihrer Meinung nach überhöhten Forderungen der GEMA bzw. der STAGMA kaum nachkommen. Auch Hermann Reichenbach führte mehrere Prozesse. Er sammelte Fachzeitschriften, Stellungnahmen und verfasste selbst eine Denkschrift zum Urheberrecht.
1976 wurde das Lichtspielhaus in Großenhain geschlossen und 1985 nach einem Umbau als "Clubkino" wiedereröffnet. Ab den 1990er Jahren stand das Haus zunächst leer. 2010 wurde es zu einem Mehrfamilienhaus mit Zwei- und Dreizimmerwohnungen umgebaut.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Die Unterlagen wurden dem Staatsarchiv Leipzig 2003 aus Privatbesitz angeboten. Sie waren auf einem Flohmarkt erworben worden und hatten ursprünglich überwiegend Hermann Reichenbach gehört, der Lichtspieltheater in Großenhain und Nünchritz betrieben hatte. Im Rahmen seiner Vereins- und Verbandstätigkeit hatte er sich intensiv um die Klärung von Fragen der Musik-Verwertungsrechte im Film bemüht. Ein Teil der Unterlagen stammt von Reichenbach selbst, ein Teil aus unbekannter Provenienz. Um die Unterlagen zu sichern, nahm das Staatsarchiv Leipzig die Schenkung zur Ergänzung seiner Bestände entsprechend § 4 Abs. 4 SächsArchivG an. Der Bestand umfasst Unterlagen im Umfang von 0,73 lfm und betrifft den Zeitraum 1909 – 1949
Überlieferungsschwerpunkte
Neben Unterlagen zum Geschäftsbetrieb des Lichtspielhauses Großenhain enthält der Bestand vor allem zahlreiche Zeitungsausschnitte und Korrespondenzen zu Verwertungsrechten in Stumm- und Tonfilm. Teilweise sind ganze Ausgaben von Fachzeitschriften der Filmbranche überliefert.
Somit beinhaltet der Bestand einerseits umfangreiche Informationen zur deutschen Filmbranche insgesamt sowie zu Musikverwertungsrechten in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Andererseits bietet er konkrete Einblicke in die Arbeit Hermann Reichenbachs als Kinobetreiber.
Hinweise für die Benutzung
Bei den Filmplakaten handelt es um Plakate, die Spielzeit und Titel von Haupt- und Vorfilm nennen. Teilweise sind die Namen von Schauspielern und Schauspielerinnen genannt, häufig werden die Filme in kurzen Texten beworben. Sie zeigen keine Illustrationen. Die Hauptfilme wurden im Enthält-Vermerk mit verzeichnet
Verweise auf korrespondierende Bestände
Für weitere Forschungen zu den von Hermann Reichenbach betriebenen Lichtspielhäusern kommen die Bestände 11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern sowie 11417 Kreistag / Kreisrat Großenhain im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden infrage.
Nora Frießner
August 2021
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 22065 Nachlass Hermann Reichenbach, Nr. 33 bis Nr. 35.
[02] Deutsches Musikinformationszentrum, Verwertungsgesellschaften: http://www.miz.org/institutionen/verwertungsgesellschaften-s73-p0-d, letzter Abruf am 11.08.2021.
[03] Reinhold Kreile, Jürgen Becker, Karl Riesenhuber (Hrsg.) Recht und Praxis der GEMA. Handbuch und Kommentar, De Gruyter, Berlin 2008.
[04] Ebd.
[05] Deutsches Musikinformationszentrum, Verwertungsgesellschaften: http://www.miz.org/institutionen/verwertungsgesellschaften-s73-p0-d, letzter Abruf am 11.08.2021.
Biografische Daten zu Hermann Reichenbach ließen sich im Staatsarchiv Leipzig nicht ermitteln. Den Unterlagen des Bestandes ist zu entnehmen, dass er ab 1909 die Gaststätte "Zur Guten Quelle" in Großenhain (Grundbuch Großenhain, Blatt 132) betrieb. 1912 verkaufte er das Grundstück, um ein Lichtspielhaus mit Automaten-Restaurant in der Klostergasse 14 – 16 zu eröffnen. Die Grundstücke hatte er zuvor erworben und die Gebäude aufwendig umgebaut.[01]
Hermann Reichenbach engagierte sich im "Reichsverband Deutscher Lichtspieltheaterbesitzer" und im "Verein der Lichtspieltheaterbesitzer von Dresden und Umgebung e. V.". Dieses Engagement und der Geschäftsbetrieb seines Lichtspielhauses sind durch die überlieferten Unterlagen gut dokumentiert.
Mit zunehmendem Erfolg der Lichtspielhäuser spielte die Frage der Urheber- und Verwertungsrechte eine immer größere Rolle. Bei den Stummfilmen bezogen sich diese auf die Nutzung der Noten für die musikalische Begleitung, bei den Tonfilmen auf die im Film verwendeten musikalischen Werke. 1903 wurden unter Mitwirkung von Richard Strauß bereits die "Genossenschaft Deutscher Tonsetzer" (GDT)[02] und mit ihr die "Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht" (AFMA) gegründet. Sie vertraten die Ansprüche von Tonsetzern, Textdichtern und Verlegern. Es gab einen Vertrag mit der österreichischen "Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger" (AKM).[03]
1909 gründete die GDT die "Anstalt für mechanisch-musikalische Rechte GmbH" (AMMRE), deren Aufgabe die Verwertung mechanischer Vervielfältigungsrechte für Schallplatten war.[04]
1915 wurde die "Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte" (GEMA) gegründet, die sich 1930 mit der AKM zum "Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte für Deutschland" zusammenschloss.[05]
Es gab also auf der einen Seite den Verband aus GEMA/AKM, der hauptsächlich Verwertungsrechte für Werke der U-Musik besaß und auf der anderen Seite die GDT/AFMA mit Verwertungsrechten für Werke der E-Musik. Die AMMRE blieb zunächst eigenständig. Die GDT trat schließlich 1930 Verband bei.
Ab 1933 wurde aus dem GEMA-Verband die "Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte" (STAGMA). Der nationalsozialistische Staat hatte somit erheblichen Einfluss auf die Nutzung von Verwertungsrechten. 1938 wurde auch die AMMRE Teil der STAGMA.
Vor allem ab Ende der 1920er Jahre gab es immer wieder Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten bezüglich der Urheber- und Verwertungsrechte von Musik in Stumm- und Tonfilmen. Musiker kündigten ihre Verträge, die Verwertungsgesellschaften bestanden auf den Verwertungsrechten und verklagten die Lichtspieltheaterbesitzer, die oft nicht wussten, wer die Rechte an den Werken besaß usw. Änderungen des Urheberechtsgesetzes verkomplizierten die Situation zusätzlich.
Die Besitzer der Lichtspieltheater unterstützten sich gegenseitig. Die Lichtspieltheater-Vereine und -Verbände betrieben großen Aufwand, um die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen. Diese hatten Anfang der 1930er Jahre oft wirtschaftliche Probleme und konnten den ihrer Meinung nach überhöhten Forderungen der GEMA bzw. der STAGMA kaum nachkommen. Auch Hermann Reichenbach führte mehrere Prozesse. Er sammelte Fachzeitschriften, Stellungnahmen und verfasste selbst eine Denkschrift zum Urheberrecht.
1976 wurde das Lichtspielhaus in Großenhain geschlossen und 1985 nach einem Umbau als "Clubkino" wiedereröffnet. Ab den 1990er Jahren stand das Haus zunächst leer. 2010 wurde es zu einem Mehrfamilienhaus mit Zwei- und Dreizimmerwohnungen umgebaut.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Die Unterlagen wurden dem Staatsarchiv Leipzig 2003 aus Privatbesitz angeboten. Sie waren auf einem Flohmarkt erworben worden und hatten ursprünglich überwiegend Hermann Reichenbach gehört, der Lichtspieltheater in Großenhain und Nünchritz betrieben hatte. Im Rahmen seiner Vereins- und Verbandstätigkeit hatte er sich intensiv um die Klärung von Fragen der Musik-Verwertungsrechte im Film bemüht. Ein Teil der Unterlagen stammt von Reichenbach selbst, ein Teil aus unbekannter Provenienz. Um die Unterlagen zu sichern, nahm das Staatsarchiv Leipzig die Schenkung zur Ergänzung seiner Bestände entsprechend § 4 Abs. 4 SächsArchivG an. Der Bestand umfasst Unterlagen im Umfang von 0,73 lfm und betrifft den Zeitraum 1909 – 1949
Überlieferungsschwerpunkte
Neben Unterlagen zum Geschäftsbetrieb des Lichtspielhauses Großenhain enthält der Bestand vor allem zahlreiche Zeitungsausschnitte und Korrespondenzen zu Verwertungsrechten in Stumm- und Tonfilm. Teilweise sind ganze Ausgaben von Fachzeitschriften der Filmbranche überliefert.
Somit beinhaltet der Bestand einerseits umfangreiche Informationen zur deutschen Filmbranche insgesamt sowie zu Musikverwertungsrechten in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Andererseits bietet er konkrete Einblicke in die Arbeit Hermann Reichenbachs als Kinobetreiber.
Hinweise für die Benutzung
Bei den Filmplakaten handelt es um Plakate, die Spielzeit und Titel von Haupt- und Vorfilm nennen. Teilweise sind die Namen von Schauspielern und Schauspielerinnen genannt, häufig werden die Filme in kurzen Texten beworben. Sie zeigen keine Illustrationen. Die Hauptfilme wurden im Enthält-Vermerk mit verzeichnet
Verweise auf korrespondierende Bestände
Für weitere Forschungen zu den von Hermann Reichenbach betriebenen Lichtspielhäusern kommen die Bestände 11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern sowie 11417 Kreistag / Kreisrat Großenhain im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden infrage.
Nora Frießner
August 2021
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 22065 Nachlass Hermann Reichenbach, Nr. 33 bis Nr. 35.
[02] Deutsches Musikinformationszentrum, Verwertungsgesellschaften: http://www.miz.org/institutionen/verwertungsgesellschaften-s73-p0-d, letzter Abruf am 11.08.2021.
[03] Reinhold Kreile, Jürgen Becker, Karl Riesenhuber (Hrsg.) Recht und Praxis der GEMA. Handbuch und Kommentar, De Gruyter, Berlin 2008.
[04] Ebd.
[05] Deutsches Musikinformationszentrum, Verwertungsgesellschaften: http://www.miz.org/institutionen/verwertungsgesellschaften-s73-p0-d, letzter Abruf am 11.08.2021.
Führung des Lichtspieltheaters Großenhain und des Vereins der Lichtspieltheaterbesitzer.- Bauakten.- Rechnungen.- Filmwerbung (nicht illustriert).- Pressedokumentation zur Entwicklung von Urheber- und Verwertungsrechten in der Weimarer Republik.
Anfang der 1920er Jahre engagierte sich Hermann Reichenbach in Sachsen für die Interessen der Betreiber kleinerer Lichtspieltheaterhäuser. Die dabei entstandenen Unterlagen bewahrte er sorgfältig auf. Viele Jahre nach seinem Tod sind sie dem Staatsarchiv Leipzig übergeben worden, wohl teilweise mit Unterlagen aus unbekannter Provenienz angereichert.
- 2021 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5